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Ad o rker^Woch enb l att. AV ittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Neunter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: , Thaler, bei Beziehung des Blattes durch Botengeleaenhelt- 20 Rengroschcn. » » - ^^36. Erscheint gebe Mittwoche. 4. Sept. 1844. .. . Blendung Statt der Todesstrafe? Bekanntlich läßt der deutsche Prinz in den Pariser Geheimnissen den „Schulmeister", der allerdings ein böser Bube ist, blenden und stößt ihn dann in's Elend hinaus, wo der Geblendete — auf's Neue sündigt. Diese Außerordentlichkeit hat man poetisch und wahr gefunden, und sie ist es. Ucberraschend war cs uns aber in sehr hohem Grade, diese, gelinde gesagt, außerordentliche Slrafart vcrlheidigcn, ja lehren zu Horen von einem Manne, dem Gefühl, oder Herzlo sigkeit, oder nur eine leise IlliberaUtat, geschweige Härte oder Grausamkeit zuzutrauen, fast ein Verb-c. chcn an unserer Naüonalehrc wäre. Es ist Hcin- rich Zschokke zu Aarau, der Dichter Aicmon- tades rc., der Verfasser der Stunden der Andacht, welcher in seiner neuesten „Aehrenlese" Briese an ei nen Fürsten giebt, worin er sich über Civilisation, Demoralisation und Todesstrafe auc-spricht. Dabei weist er nach, daß Todesstrafe keine Strafe, sondern unter anderen das geringere Uebel (z. B. bei Selbst mördern-, daß ferner Todesstrafe an sich ungerecht, eine Pflichlveiletzung, ja ein Verbrechen (S. >Gi- des Staates, endlich, daß sie unverständig, weil zweck widrig sei. Hierauf kommt Zschokke aus den dritten Theil seines Beweises, daß nämlich die To desstrafe auch entbehrlich (S. 152) sei und dabei auf die Vleuduttgsstrafc, welche er an deren Stelle gesetzt wissen will. Wagt cs der Einsender, darüber zu schreiben und in dieser großen Angelegenheit Zschokkcn, wenn auch nur in diesem kleinen Blatte gegenüber zu treten, so kann er sich wohl enthalten, seine Schüchternheit, mit Ler dies geschieht, zu versichern. Es ist kein nur halbwegcr Mann in Deutschland, der Zschokkcn picht achtele, nicht verehrte, und Niemand fühlt sich, thw gegenüber, kleiner als Schreiber dieses. Hier gilt es aber der Sache, nicht den Personen und da- rum: zur Sache (S. 154). Es ist nöthig, vorerst Zschokkc's eigene Worte herzuseben und seine Gründe zu rcfcrircn, damit ihn Niemand misvcrstcht und es nicht scheine, als wollten wir entstellen. Nachdem Zschokke vorher gesagt (S. 174): e» fordere keine Milde gegen verstockte Missethater, wenn schon er Todesstrafen für unzweckmäßig, für gerech- tigkeitslose Grausamkeit, für keine eigentliche Strafe halte, er fordere strenge, furchtbare Gerechtigkeit gegen den erwiesenen Verbrecher, eine Gerechtigkeit, die du^ch Lödtung nicht erreicht werden könne; fährt er im fünfzehnten Brief (S. 175) fort: „Sie hatten mich diesmal nicht errathen, theucr- stcr Prinz. Vielleicht wollten Sie cs nicht, aus Scheu vor dem widerwärtigen Geschäft, nach einem gräßlichen Lebenszustand umherzusinnen, der grauen- reicher sein könnte, als ein Tod auf dem Richtplatz. So will ich mich erklären. Die Stelle der To desstrafe kann in civilisinen Ländern durch eine bloße Freiheitsstrafe, jedoch der allcrschwersten Art, ersetzt werden. Soll sie aber das Blutgerüst verdrängen, so muß sie sämmtliche Schrecken desselben für den Sün der mit sich führen. Sie muß ihm die ganze Welt zum lebenslänglichen Kerker verwandeln, aus welchem keine Erlösung mehr zu erwarten ist, so wenig, als für den Todten im Grabe, Wiederkunft des Lebens. Sie muß in feinem Herzen den letzten Hoffnungsfun ken auslöschen, der doch sonst noch unter Ketten und Banden im engsten Kerker fortglimnrr, jemals durch Schlauheit oder Gewaltthat, durch Gunst der Uin- stände, oder durch Reue und Begnadigung, das Klei nod der Freiheit wieder zu erhalten. Ich spreche von der Blendung, von Berau bung des Augenlichts, die gegen die größten der Verbrecher zu verhängen sei. Sie schließt, alö