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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110209018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911020901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911020901
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-09
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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Bezugs-Prei» l-r und »«ron« durch «M« lrägn und Spedneure 2m«I täglich i»s H«u« -edrachl: VH nonatl., vierteiiL-rl Brt unteru Filialen ». Ln- »ahmrilrllen «dgrboln 7L a»natl., A.tL v errellLdrl. Lurch dtr D»k: >uo«rd«ld Demichland» und der deutschen I»Ionien »lerrrliätzrl. H.Gd mouarl. 1»«« audichl. Hoftdelrellaeld ,>ern«i tu vrlgi«ii, Dänemark, den Tonauslaateu, JtaUea. LurrnidnrL Niederlande, N«» «eaen O«IIerreich Ungarn, dtudlaud, Schweden, Schwei, u. Spanien. In alle» ütrigen Staaten nur direkt durch die Geich»!t«n«lle de« Matte« «rdttttich. Da« vetp,igei Lagrdlan erl-deim 2 «al täglich, Soun. » Ketcriaa« am morgend. Udonoe- eat»«nna>,mei Uugutludvlatz 8, de, unierrn IrLgern, Filiale». Lpediteuren und Lnnadmeftrllen. iowie Hoilämrer» nur Sr, eitriger». Stuzeldertaa>«pre>» »er Morgen» «usgade 10 der r.dead u«qad, S Redaktion aut Teschättdkrller ^odanniegaiie r- gernweecherr ldüvL t4«V» I4SV4. Morgen-Ausgabe ripMcr T agM aü Hanbelszeitung. Amtsblatt -es Aales und -cs Nolizeiamtes -er Ltaöl Leipzig. Auzeigeu-Preis Mr Yuterar» au« uowri, an» u»g«>«g, dw 6,e,palten« so au» d»M BetitMÜ» s dt, 74 lttt» drrtt» ReName^H» l^ss: »», ««»ä«« ck) dteNarimi I^ä) Iukerate »o, Seddkden i» «uuvche» Deü die 74 nu» brrtd» Hetittett, gl) «eichait«an»rigen MU S agoorichritte» au» tu der Adendaulgade >w Urrlie erhöht. Radari nach Land tteilagrgedithr b aT ». Dauieuo exkl. «aügadühr. liefterreilt» tlutträa, könne, nicht zuräck» ae^ogea werden, zür da« itttchem«, an veitimmren tagen and Blähen wird kein« Garantie übernommen Ln,eigen» tlnaahiue! Rugutt»«»l«tz h« iämUtchen qttlal« ». «Le» Luuou«»»' »Meditiouen de» Ln» au» «uRautwä Hauut.Mltat« RarN« Tiri »uaik,, Periogi Vage. Halduch. handlua, MlhowSrap« lOl ötal.vho» VI. «ir 4«^. Haodt-SUlal» Oreibe« Seeltt -he 4.1 lLeteptzou 4621). Nr. 40. Voanrrstsg, -en S. /edruar isit. 105. Jahrgang. Das Wichtigste. * Die Leipziger Stadtverordneten stimmten der Ratsoorlage wegen des Offen haltens der Schaufenster an Sonn- und Festtagen zu. fS. Bericht.) * Das Gerücht von einem Kaiserbesuch beim Papst wird offiziös dementiert. (S. Ttschs. R.) * Der Reichstag setzte diezweite Lesung des Gerichtsverfassungsgesetzes fort. (Siehe Reichstagsber.) * Die braunschweigische Landesver sammlung beschloß, die Landesregierung zu er suchen, dem braunschweigischen Landtage einen Ge setzentwurf zur Abänderung des Wahl rechtes vorzulegen. sS. Dtschs. R.) * Die Verdachtsmomente gegen den Ar beiter Fiicher, der sich des Mordes an dem Ritt meister o. Krosigk bezichtigt, das Geständnis später aber widerrufen hatte, sollen sich verdichtet haben. fS. Letzte Dep.) * Der Sommerpalastdes Zaren, Zarskoje Sselo, steht in Flammen. (S. Tageschr.) * Auf der französischen Insel Reunion wütet seit 3 Tagen ein heftiger Zyklon. sS. Tageschr.) * Die Stadt Iuarezin Mexiko ist von den A u f- st kindischen umzingelt. (S. Ausl.) Line Wshlpsrale. Das Interesse der deutschen Staatsbürger schwankt gegenwärtig zwischen den Arbeiten des stoffüberlasteten Reichstags und den Vor bereitungen für die nächsten Reichstagswahlen hin und her. Ungewiß ist, was die Volksvertreter in Berlin außer dem Etat an gesetzgeberischen Aufgaben noch alles bewältigen werden. Ungewiß ist auch der Zeitpunkt der allgemeinen Neuwahlen. Gewiß ist allein, daß der Ausfall dieser Wahlen mehr noch als die Blockwahlen vom Jahre 1907 von entscheidender Bedeutung für die Richtung unserer inneren Poli tik ist. Wer mit uns eine andere Orientierung der gesamten inneren Politik sehnlichst herbei wünscht, muß mit allen Mitteln danach streben, dem Reichsparlament ein anderes Aussehen zu verleihen. Der Liberalismus aller Schattierungen muß fraktionelle Eifersüchteleien ausschalten und sich zusammenfinden in dem energischen Willen, sich unter allen Umständen einen Erfolg zu erzwingen, unter Wiederaufnahme der Wahl parole, die Fürst Bülow einst proklamiert hatte, die aber nur unvollkommen zur Geltung gelangt ist. Der Schlachtruf: Wider Schwarz und Rot! hatte vor reichlich vier Jahren die Wähler zwar gründlich wach gerüttelt, aber schon während der Kampfzeit konnte man bemerken, daß der Stoß vor allen Dingen der Sozial demokratie galt, während das Zentrum ver hältnismäßig glimpflich wegkam und nur eine indirekte Schwächung erlitt, indem die Schar seiner roten Bundesgenoffen bedeutend dezimiert wurde. Der Gang der politischen Ereig nisse seit jenen Tagen nationaler Er hebung hat bewiesen, daß die Regierung nicht die Kraft besaß, das Bülowsche Wahlprogramm konsequent und rück sichtslos durchzuführen. Sie war befrie digt, die scheinbar größte Gefahr der Sozial demokratie gebannt zu haben, und glaubte sich dem Kampfe mit dem Ultramontanismus ent hoben: ja, sie akzeptierte sogar durch die ge fällige Vermittlertätigkeit der Konservativen die Hilfe des Zentrums zur Vollendung jenes Steuerwerkes, das man gemeinhin „Reichs finanzreform" nennt, das aber des Charakters einer Reform gänzlich entbehrt. Wider Schwarz und Rot kann allein die Parole des deutschen freiheitlich gesinnten Bürgertums bei den nächsten Reichstagswahlen lauten. Sie muß und wird so lauten, weil durch die Ereignisse in den letzten Wochen die Ueberheblichkeit und Anmaßung der Ultramon tanen in krassester Form in Erscheinung getreten ist, weil die Römlinge kein Mittel unversucht lasten, staatliche Institutionen zu willfährigen Dienern der Kurie zu machen. Ueber die furcht, bare Abhängigkeit der Regierung vom Zentrum »«mögen auch die elegantesten Redewendungen nicht hinwegzutäuschen. Ebensowenig ist die Tatsache aus der Welt zu schaffen, daß die Konservativen zum mindesten die „mora lische Mitschuld" für die Wiederherstellung der Zentrumsherrschaft triijt. Zentrum und Konservative haben sich — das predigt ja die „Deutsche Tagesztg." fast allsonntäglich — auf dem Boden der sogenannten gemeinsamen christ lichen Weltanschauung gefunden, ihre Politik der Hemmung namentlich auch auf kulturellem Gebiete erzeugt in weiten Kreisen tiefgehende Verstimmung und läßt den Weizen der Sozial demokratie üppiger denn je gedeihen. Vereinzelt warnen ja zwar auch konservative Organe vor allzu inniger Verbrüderung zwischen Konservativen und Klerikalen, und wir rechnen es dem „Reichs boten" hoch an, daß er geschrieben hat: „Wenn man das Zentrum im Kampfe gegen die Sozial demokratie nicht glaubt entbehren zu können, und darum lieber ruhig zusieht, wie ein großer Teil des Volkes dem Vaterland entfremdet wird, so ist das eine verhängnisvolle Politik, denn so schwer auch die Gefahr sein möge, die von der Sozialdemokratie droht, sie wird an ihrer stets wachsenden Begehrlichkeit selbst ver bluten." Die Leitung der konservativen Partei scheint darüber freilich ganz anders zu denken, sie kommt vom Zentrum nicht los, und deshalb ist es Pflicht des Liberalismus nicht nur nach links kräftigloszuschlagen, sondern auch nach rechts, wo das Zentrum und seine gefügigen Helfershelfer, die Konservativen, scharf getroffen werden müssen. Diese Erkenntnis bricht sich von Tag zu Tag siegreich immer mehr die Bahn. Mit lebhafter Genugtuung ist es zu begrüßen, wenn überall in konservativen Wahlkreisen liberale Kan didaten aufgestellt werden. Wir hegen nur den Wunsch, daß Labei die Schwäche der Zer splitterung zwischen den verschiedenen liberalen Gruppen vermieden werde, weil dadurch die Siegesaussicht für die Liberalen geschmälert werden könnte. Wir verdenken es den Konser vativen nicht, wenn sie auch ihrerseits Vor stöße gegen nationalliberale und freisinnige Kandidaten unternehmen, ja wir erkennen gern an, daß sie in dieser Beziehung, speziell für Sachsen, das Recht der Priorität für sich in Anspruch nehmen dürfen. Bereits vor Jahresfrist verkündete die „Kreuz zeitung", daß die sächsischen nationalliberalen Abgeordneten Junck, Stresemann und Weber auf die Proskriptionsliste der Konservativen gesetzt seien, also einen Gegenkandidaten der Rechtsparteien zu gewärtigen hätten. Der Leip ziger Konservative Verein war die erste sächsische Organisation der Konservativen, die ihren Be schluß, gegen Dr. Junck einen eigenen Kandidaten zu nominieren, öffentlich bekanntgab. Wir sind weit davon entfernt, darüber irgendwie auf gebracht zu sein, aber wir finden unter diesen Umständen das Gejammer der Konservativen in anderen Wahlkreisen sehr unverständlich, wo die Nationalliberalen den Rechtsparteien gegen über dasselbe tun, was diese vor Jahresfrist angekündigt und bereits durchgeführt haben. Wie gegen den Reichsparteiler v. Liebert ein National liberaler, gegen den Konservativen Dr. Giese ein fortschrittlicher Kandidat aufgestellt ist, so soll binnen kurzem auch gegen Dr. Wagner ein nationalliberaler Staatsbürger in den Wahl kampf eintreten. In einer Zuschrift an die „Dr. Nachr." spielt man auf dessen verwandt schaftliche Beziehungen zu einem konservativen Landtagsabgeordneten an, der einen ländlichen Wahlkreis vertritt, dessen Gebiet vom 9. Reichs tagswahlkreis mit umfaßt wird. Was in aller Welt haben familiäre Beziehungen mit der Politik zu tun! Hier handelt sichs um grund sätzliche sachliche Meinungsverschieden heiten allein. Das aber ist ja eben leider das Erundübel bei jeder politischen Betätigung im Deutschen Reiche, daß man das Persönliche in der Politik vom Sachlichen nicht zu trennen vermag, daß es uns an einer ge sunden politischen Ethik gebricht, wie sie die Engländer so vorteilhaft auszeichnet. Wenn sich die liberalen Staatsbürger zusammenfinden zum Kampfe gegen den Radikalismus und gegen die Reaktion in weitestem Sinne des Wortes, so handelt sich'» bei dem Austrag dieser Gegensätze um ein Ringen verschiedener Welt anschauungen. Mögen deshalb immerhin deren Vertreter im Geisteskampfe aufeinanderplatzen! Unser innerpolitisches Leben drängt geradezu nach dieser Auseinandersetzung, und dieser mäch tige Kampf wird schließlich neues Leben gebären. .- Die Weltteile ües üeuMen Kronprinzen. Von Dr. Oscar Bongard. IX. Aus der Fahrt von Peschawar nach Delhi, den 15. Januar. Der seit dem Verlassen der Kunststadt Agra bis heute zurüctgelegte Abschnitt der Reise trug zumeist militärischen Charakter. InMuttra, zwei Eisen bahnstunden von Agra entfernt, liegen zurzeit die Royal Dragoons, deren Chef der Deutsche Kaiser ist. Dorthin begab sich der K r o n p r i n z am 1. Januar, um die Grüße seines hohen Vaters an das Regiment zu überbringen, dann aber auch, um einige Tage zu verweilen und in engem Zusammenleben mit dem Osfizierkorps das Leben in einem englischen Regiment rn und außer Dreist, gewissermaßen als Kamerad unter Kameraden kennen zu lernen. An allem Dienst, vom Einzelexerzieren ois zu ge fechtsmäßigen Uebungen, nahm der Kronprinz mit Eifer teil, und man konnte hier ebenso, wie auch später in Peschawar, sehen, daß er mit Leib und Seele Soldat ist. Wiederholt habe ich zu Hause die Ansicht aus sprechen hören, der Kronprinz habe den militärischen Geist seines Vaters nicht geerbt. Nach dem, was ich auf der Reise durch Indien kennen gelernt habe, kann ich mit gutem Gewissen das Gegenteil be haupten. Für den künftigen Kaiser des Deutschen Reiches, das seine Weltmachtstellung seiner militä rischen Bedeutung verdankt, und das seine militärische Uederlegenheit erhalten muß, wenn es seinen Platz unter den Weltmächten behaupten will, ist dies ein wesentlicher Zug. Das Pferdematerial der Dragoner war ausge zeichnet, sowohl was Beine und Atmung, als auch Leistungsfähigkeit im ganzen anlangte. Für unsere Begriffe allerdings erscheinen die Pferde nicht so durchgearbeitet, wie wir sie in der Hand unserer Reiter zu sehen wünschen. — Das Reiten in schwie rigem Gelände war vorzüglich, und es kamen nur wenige Stürze vor. (Ich möchte sagen, die Pferde sind planmäßig zugeritten.j Beim Exerzieren waren die Schwadronen in sich geschloffen und folgten ihrem Führer. Die älteren Unteroffiziere und Sergeanten waren brillante Schützen und Fechter. Der Kron prinz und sein Gefolge fühlten sich wie in einem Offizierkorps in Deutschland, denn genau wie bei uns bilden die Offiziere eines jeden Regiments eine Familie. Hier draußen, wohin die englischen Regi menter der Reihe nach auf einige Jahre von der Heimat versetzt werden, ist das auch unbedingt nötig. Während der Aufenthalt in Muttra ein Bild gab von dem Leben und Dienst in einem englischen Kavallerieregiment überhaupt, zeigte der Besuch von Peschawar im Nordwesten Indiens an der Grenze von Afghanistan das Leben in der Kriegs bereitschaft vor dem Feind. Hier ist das uralte Einfalltor gegen Indien, das an seiner ganzen Nordgrenze durch die gewaltigsten Gebirge der Erde einen natürlichen Schutzwall hat. Hier sind ungefähr 2000 Jahre vor Christi Geburt die Arier, die heutigen Inder, eingedrungen, und haben, allmählich vorwärtsschreitend, die drawidische Urbevölkerung in jahrhundertelangen Kämpfen unterjocht. Hier brachen die Heere Alexanders des Großen 327 v. Chr., Timurs 1397, Schah Nadirs 1738 und der anderen Eroberer, dem Kabultal folgend, ein, und hier müßte auch der russische Bär hindurch, wenn er, seinem alten Plane folgend, den Versuch wagen sollte, den britischen Löwen in Indien zu be drohen. Hier ist daher auch der starke Stützpunkt für alle britischen Unternehmungen gegen Afghanistan, an dem Rußland wie England gleiches Interesse haben. Die Bevölkerung dort oben ist ebenso rauh wie die wilden Berge, in denen sie haust, und genau wie in den verflossenen drei Jahrtausenden leit der arischen Einwanderung herrscht dort ununterorochener Krieg. Nicht nur Stamm gegen Stamm. Dorf gegen Torf liegt in Fehde, sondern auch Familie gegen Familie, denn Blutrache ist eins der obersten Gesetze jener Völkerschaften. Daher bilden die einzelnen Gehöfte richtige stark befestigte Burgen. Aber während die Männer einander zer fleischen oder einer den anderen durch gedungene Mörder abschießen läßt, verrichten die Frauen, unbe helligt von allem Streit, friedlich ihre Feldarbeit, denn sie sind von der Blutrache ausgeschloffen. Diesen wilden Kriegsstämmen gegenüber haben die Engländer einen schweren Stand. Eine Herr schaft über sie auszuüben, ist unmöglich, und daher wird dies Gebiet gewissermaßen als neutrale Zone behandelt. Es ist ungefähr dasselbe Verhältnis, das auch bei uns in einzelnen Kolonien herrscht, wo wir an der Grenze gelegene unzuverlässige Gebiete für die Verwaltung und geglichen Europäeroerkehr gesperrt haben, um allen Reibungen und damit einer Kriegs gefahr aus dem Weg« zu gehen. Im Peschawar distrikt liegt es noch schlimmer, insofern, al» die Bergvölker einen unversöhnlichen Haß gegen die Eng länder hegen und jeden niederknallen, der in ihren Schußbereich kommt. Sechs Engländer aus Peschawar sind in den letzten zwei Jahren so aogeschoffen worden. Bon Banden nachts ausgeführte räuberische Ueberfälle auf Peschawar selbst haben von jeher statt gefunden. Der letzte größere Handstreich dieser Art war vor zwei Jahren. Eine vorzüglich organisierte Bande kam aus den Bergen nachts nach Peschawar, tötete ein halbes Dutzend Menschen in der Eingeborenen stadt und plünderte einige Kaufläden, worauf sie mit ungefähr 100 OVO Mark Beute wieder daoonzog. Gegen diese Horde mußte «in richtiger Feldzug er öffnet werden, und es dauerte geraume Zeit, bis sie nach - Zamrud. seinen Anfang, und Kilometer Länge, an Meter ansteigend, in Das Landschaftsbild unschädlich gemacht werden konnte. Ein Offizier und drei Mann sielen auf englischer Seite bei dem Feuer- zefecht und ein Offizier und mehrere Mann wurden chwer verwundet. Der Bandenführer und einige einer Leute fielen ebenfalls. Der Rest wurde ge ringen und später gehenkt. Wie sehr man auf der Hut sein muß, zeigte sich auch darin, daß jeder Reiseieilnehmer gleich nach der Ankunft dringend ermahnt wurde, nach Sonnenunter gang auf Anruf sofort englisch mit „Gut Freund" zu antworten, da die Posten und Patrouillen sonst un fehlbar schießen würden. Unsere indischen Diener durften abends nicht aus gehen, um ja mit der Bevölkerung in keinen Konflikt zu geraten, und im Gouoerneurshaus, wo der Kron prinz wohnte, waren sogar Posten auf dem Dache auf gestellt. Diesen Verhältnissen entsprechend liegen in der „Nordwestlichen Grenzprovinz" ungefähr 20 000 Mann englisch-indische Truppen und ist die Garnison Peschawar in vollkommenster Kriegsbereitschaft. Eine Viertelstunde nach dem Alarm kann stets ein Teil der Truppen gefechtsbereit sein, und in drei Viertelstunden steht ein Detachement aus In fanterie, Pionieren, Kavallerie, Feldartillerie, Ge birgsartillerie und dem großen Train mit Munition und Proviant für «ine Woche marschbereit mit Kavallerievorhut, Nachhut und Seitendeckungen. Als die Engländer sahen, welches Jntereffe der Kronprinz an den militärischen Einrichtungen nahm, befahl der kommandierende General einen Alarm und lieferte hiermit unserem Kronprinzen einen glänzenden Beweis von der Schlagfertigkeit seiner Truppe. Am folgenden Tage zeigte ein Manöver, was die indischen Regimenter ln dem unwirtlichen Gelände zu leisten vermögen. Der Uebung lag der Gedanke zugrunde, ein geschlagener eingeborener Gegner ohne Artillerie habe am Eingang des Khaiber-Passes eine Arriereaarde-Stellung einge nommen, aus der er vertrieben werden solle. Der markierte Feind hatte sich auf einem sehr steilen Berg eingenistet. Der Angriff erfolgte durch die Khaiber Rifles, eine indische Truppe aus dem Stamme der Afridis, denen die Bewachung des wichtigen Khaiber- Passes anvertraut ist, und die Gebirgsartillerie, deren Geschütze, auseinandergenommen, auf Maul eseln verladen sind. Die Artillerie bereitete aus ganz verdeckter Stellung den Angriff vor, der frontal erfolgte, ob gleich erne Umgehung möglich war, um den Zu schauern den schwierigen Sturm auf den Berghang zu zeigen. Als der Angriff auf halber Höhe war, nahm'die Artillerie einen Stellungswechsel vor, der sehr schnell und wie bei uns abschnittsweise vonstatten ging, so daß das Geschlltzfeuer nie stockte. Die Maultier« kletterten erstaunlich und das Montieren der Ge schütze, vom Ankommen in der neuen Feuerstellung bis zum ersten Schuß, dauerte nur 3^ Minuten. Die Energie der Durchführung des Angriffs war bemerkenswert. Die Afridis sind große, schlanke und kräftige Leute, und obgleich die Bataillone nur wenige eng lische Offiziere haben, vertrauen ihnen die Engländer vollkommen. Sie wollen ihnen sogar als einzigem Eingeborenenregiment das derzeitige Infanterie gewehr geben, während die anderen Regimenter mit älteren Schwarzpulvergewehren ausgerüstet sind. Letzteres geschieht noch im Hinblick aus die Lehren, welche die Meuterei der eingeborenen Truppen und der anschließende große Ausstand cm Jahre 1857 boten. Sicher ist man der eingeborenen Regimenter nie. deshalb besteht die Feldartillerie ganz aus Eng ländern, und nur während des Exerzierens finden indische Fahrer Verwendung. Der Khaiber-Paß, die Verbindung Afghanistan, nimmt ungefähr beim Fort I 17 Kilometer von Peschawar, führt auf einer Straße von 53 der höchsten Stelle bis zu 1000 Windungen über das Gebirge. , ist außerordentlich wild und abwechselungsreich. Die Karawanen hochbeladener zottiger Kamele, Ochsen und Esel, die, geführt von wild dreinblickenden, in Pelz gehüllten Männern und gefolgt von Weibern und Kindern, zweimal in der Woche den Paß durch ziehen, erhöhen die Eigenartigkeit der rauhen Szenerie. Oefter ist den Karawanen der Durchgang nicht ge stattet, da jedesmal umfangreiche Schutzmaßnahmen der Khaiber Rifles zur Sicherung vor Ueberfällen getroffen werden müssen. Unzählige Wachttürme, zur Verteidigung eingerichtete Häuser und andere Be festigungen stehen einsam auf den Berggipfeln, die sich zu beiden Seiten des Paffes erheben. Als der Kronprinz im Automobil hier durchfuhr, war nicht eine Anhohe oder Schlucht ohne Wachtposten. Da das erstemal nebeliges Wetter war, wiederholte der Kronprinz seinen Besuch, und diesmal konnte er diesen strategisch so wichtigen, an Naturschönheit reichen, geschichtlich interessanten Paß bei Sonnen schein genießen, und konnte am Ende desselben in der Nähe des Forts Landi Kotal, vom Rande eines 700 Meter tiefen Absturzes herab, weit hinausschauen nach Afghanistan. Jahrtausende streift an dieser Stelle der Geist zuruck, er siebt die Völker die Ebene Heraufziehen mit Weib und Kind, mit Roß und Rind, mit Hab und Gut. Er sieht dann die Heere in gewaltigem Ringen, den Uebergang sich erzwingend. Er erwägt die Gegenwart und verliert sich in der Zukunft, und wieder wollen dieselben Bilder wie in der Ver gangenheit Heraufziehen. Als ich auf dem Balle des Thief Commisfioner» lGouverneur) Sir G. Roos Keppel mit den eng lischen Offizieren die Tagesereignisse besprach, trat mir ausnahmslos eine offene und ehrliche Begeiste rung für unsern Kronprinzen entgegen. Sein mili tärisches Sachverständnis und Jntereffe hatte auf sie als Soldaten Eindruck gemacht, und sein freundliches, anjpruchsloses Wesen hatte nach ihren Angaben jede auf zeremonieller Scheu beruhend« Zurückhaltung zum Schwinden gebracht, so d<H sie sich gewissermaßen al» Kamerad dem hochgestellten Kameraden gegenüber fühlten. Der militärischen Bedeutung des Platze« I entsprechend, waren di« Offiziere auf dem Balle s»
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