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Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel), ( Mk. 30 j)f., durch die Post bezogen j Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern l0 Pf. Thmmdt. Men, Siedenlkhu md die Umgegendeil. Imlsblatt Inserate werden Montags, Mittwochs und freitags bis spätestens Mittags )2 Uhr angenommen. Insertionspreis j 0 Pf. pro dreige spaltene Eorpuszeile. für die 7lgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 10S. Dienstag, -en 11. Dezember 1894 Bekanntmachung. Nächsten Donnerstag, den 13. dieses Monats, Nachmittags S Uhr, soll auf hiesigem Rathhause im Sitzungszimmer die der Stadtgemeinde gehörige, an der Struth gelegene Feld- und Wiesenparzelle Nr. 919 des Flurbuchs für Wilsdruff, eine Fläche von 7 Ackern, 267 ^Ruthen oder 4 tia 36,7 a umfassend, in verschiedenen Theilstücken unter den im Termine bekannt gemacht werdenden Bedingungen an den Meistbietenden öffentlich sauf anderweite 6 Jahre verpachtet werden, was andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Wilsdruff, am 8. Dezember 1894. Der Stadtgenreinderath. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung. Bis spätesten« den 22. dieses Mounts ist^das 4. Bierteljahr Schulgeld und bis spätestens den 2Y. dieser Monats der 4. Termin Landrente und Landeskulturrente an die Stadtkämmerei zu entrichten. Wilsdruff, am 10. Dezember 1894. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Die Vorlage gegen die Umsturzbestrebungen. Mit dem Zusammentritte des Reichstages ist endlich auch die politisch wichtigste Vorlage der neuen Session, der Gesetz entwurf über die Bekämpfung der Umsturzbestrebungen, zur Ver öffentlichung gelangt, nachdem derselbe schon lange vorher die öffentliche Meinung in Deutschland lebhaft beschäftigt hatte. Im Großen und Ganzen entspricht die dreitheiliche Vorlage den Gerüchten, die über ihren hauptsächlichsten Inhalt bisher schon im Umlauf waren, nur in verschiedenen Einzelheiten bringt sie noch vollständig Neues. Sie spricht in den drei Artikeln des eigentlichen Entwurfes Aenderungen und Ergänzungen resp. Ver schärfung deö Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetzbuches und des Preßgesetzes aus, während ein vierter Artikel lediglich be kannt giebt, daß das Gesetz mit dem Tage seiner Ankündigung in Kraft treten solle; angefügt ist dem Entwürfe eine sorgfältige und eingehende Begründung. Hervorgehoben muß zunächst werden, daß die vorgeschlagenen Abänderungen der bestehenden Strafge setze behufs einer energischeren und zielbewußten Bekämpfung der Umsturzbestrebungen nirgends den Boden des allgemeinen Rechtes verlassen, wie dies auch in den Motivenbericht eigens betont wird. Es kann also durchaus nicht von einer neuen Ausnahmegesetzgebung gesprochen werden, welche mit dem vor liegenden Gesetzentwürfe eingeleitet werden solle, die geplanten neuen Gesetzesbestimmungen werden eben Geltung für Jeder mann haben. Nur ist es wohl selbstverständlich, daß sie sich eben in erster Linie gegen jene unzufriedenen und zersetzenden Elemente richten, welche durch ihre gesammten Bestrebungen schon längst die bestehenden Staals- und Gesellschaftsordnung bekämpfen und bedrohen. Was nun den erwähnenswerthesten Inhalt der genannten Vorlage anbelangt, so seien hier nur die hervorragendsten Züge nochmals kurz wiedergegeben. Die geplanten Abänderungen des Gesetzbuches verschärfen die bereits bestehenden Strafen auf friede- störenden Aufforderungen zu gewissen Handlungen und schlagen neu 111a) die ernstliche Bestrafung desjenigen zu, wer Ver brechen oder gemeingefährliche Vergehen anpreist oder als erlaubt hinstellt. Ferner wird eine Ergänzung der Bestimmungen gegen die Verleitung der Angehörigen des Reichsheeres und der Marine zum Ungehorsam oder zur Theilnahme an Umsturzbestrebungen vorgeschlagen und sodann 8 126 deö Strafgesetzbuches durch die Androhung von längerer Zuchthausstrafe für Vergehen erweitert, welche sich als Bestrebungen zum gewaltsamen Umstürze der be stehenden Staatsordnung charakerisiren. AIS der eigentliche Kernpunkt nicht nur des ersten Abschnitts der Vorlage, sondern auch deö ganzen Entwurfes überhaupt erscheint aber die geplante neue Fassung deö 8 130, nach welcher Geldstrafe, resp. Gefäng- nißstrafe denjenigen treffen soll, welcher in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise die Religion, die Monarchie, die Ehe, die Familie oder das Eigenthum durch beschimpfende Aeu- ßerungen öffentlich angreift. Diese Bestimmung wird vermuth- lich den Hauptstreit in den bevorstehenden Reichstagsverhandlun gen über das „Umsturzgesetz" abgeben, denn es läßt sich nicht leugnen, daß die erwähnte scharfe Fassung des § 130 den letz teren leicht zu einem wirklichen Kautschuffraragraphen mit be denklichen Wirkungen und Consequenzen für weite Kreise ge stalten könnte, was jedenfalls durch die Umgießung des neuen 8 130 in eine zweckmäßigere Form verhütet werden muß. — Die Abänderungen des Militärstrafgesetzbuches bezwecken in der Hauptsache die Dienstentlassung oder Degradirung von Per sonen des Beurlaubtenstandes, welcher wegen strafbarer Hand lungen der oben bezeichneten Art verurtheilt worden sind. Die vorgeschlagene Abänderung des Preßgesetzes endlich will die Zahl der Fälle, in denen nach dem jetzigen Preßgesetz eine vorläufige Beschlagnahme statthaft ist, im Sinne der Vorlage ausdehnen. Ob nun das neue Gesetz ein wirksames Mittel zur Ein dämmung der Umsturzlbestrebungen bilden würde, das muß freilich noch sehr dahingestellt bleiben, oie Begründung selber spricht sich in dieser Hinsicht sehr zurückhaltend aus. Zunächst kommt es indessen darauf an, ob die Umsturzvorlage überhaupt Gesetz werden, ob sie die Zustimmung des Parlaments erhallen wird, und ein erster Aufschluß hierüber steht sicherlich vor der Generaldebatte über die Vorlage zu erwarten. Merkwürdiger Weise haben sich gerade am Tage, da diese Vorlage bekannt gegeben wurde, im Reichstage bei seiner ersten Verhandlung im neuen Sitzungsgebäude jene häßlichen Szenen abgespielt, welche durch das schmähliche Verhalten der parlamentarischen Vertreter der sozilistischen Umsturzpartei beim Hoch des Hauses auf den Kaiser veranlaßt wurden. In parlamentarischen Kreisen zittert die Entrüstung über die unpatriotische antimonarchische De monstration der sozialistischen Abgeordneten noch immer nach und es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn diese Vorgänge der „Umsturz-Vorlage" neue Freunde im Reichstage zuführen würden. Tagesgeschichte. Der Kaiser war vom Donnerstag bis Sonnabend der Jagdgast des Herzogs von Altenburg im Schloß Hummelshain, am Sonnabend Nachmittag traf der Kaiser von diesem Aus fluge wieder im Neuen Palais bei Potsdam ein. Die Vorlage gegen die Umsturzbestrebungen. (Entwurf eines Gesetzes, betr. Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuches, des Militär-Strafgesetzbuches und deö Gesetzes über die Presse.) Artikel I. In dem Strafgesetzbuch werden die 88 111, 112, 126, 130, 131 durch nachstehende, unter den gleichen Z hlen aufgeführte Bestimmungen ersetzt und die folgenden neuen 88 1Hu und 129a eingestellt. 8 111- Wer auf die im 8 110 bezeichnete Weise zur Begehung einer strafbaren Handlung auffordert, ist gleich dem Anstifter zu be strafen, wenn die Aufforderung die strafbare Handlung oder einen strafbaren Versuch derselben zur Folge gehabt hat. Ist die Aufforderung ohne Erfolg geblieben, so tritt Geldstrafe bis zu 600 Mk. oder Gefängnißstrafe bis einem Jahre, und sofern es sich um die Aufforderung zu einem Verbrechen handelt, Ge fängnißstrafe bis zu drei Jahren ein. Die Strafe darf je doch der Art oder dem Maße nach keine schwerere sein, als die auf die Handlung selbst angedrohte. 8 111u. Gegen Den jenigen, welcher auf die im 8 110 bezeichnete Weise ein Ver brechen oder eineö der in den 88 113 bis 115, 124, 125, 240, 242, 253, 305, 317, 321 vorgesehenen Vergehen an preist ober als erlaubt darstellt, finden die Strafvorschriften Anwendung, die nach 8 111 Absatz 2 für den Fall der Auf forderung zur Begehung einer solchen strafbaren Handlung gelten. 8 112. Wer einen Angehörigen des deutschen Heere- oder der kaiserl. Marine auffordert oder anreizt, dem Befehle der Obern nicht Gehorsam zu leisten, wer insbesondere eine Person, welche zum Beurlaubtenstande gehört, auffordert oder anreizt, der Einberufung zum Dienste nicht zu folgen, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Diese Strafvor schrift findet auch auf Denjenigen Anwendung, der einen An gehörigen des Landsturms auffordert oder anreizt, dem Aufmfe nicht Folge zu leisten. Gefängniß von einem Monat bi- zu drei Jahren trifft Denjenigen, der es unternimmt, einen Arme- hörigen des aktiven Heeres oder der aktiven Marine zur Be- theiligung an Bestrebungen zu verleiten, welche auf den gewalt samen Umsturz der bestehenden Staatsordnung gerichtet sind. Hat der Thäter in der Absicht gehandelt, ein bestimmtes, auf den gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staatsordnung ge richtetes Verbrechen zu fördern, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren ein, auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. 8 126. Wer durch Androhung eines Ver brechens den öffentlichen Frieden stört, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. Hat der Thäter in der Absicht ge handelt, auf den gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staats ordnung hinzuwirken oder darauf gerichtete Bestrebungen zu fördern, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren ein; auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. 8 129a. Haben mehrere in der Absicht, auf den gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staatsordnung hinzuwirken; die Aus führung eines Verbrechens verabredet, oder sich zur fortgesetzten Begehung mehrerer, wenn auch im Einzelnen noch nicht be stimmter Verbrechen verbunden, so werden sie, auch ohne daß der Entschluß der Verübung des Verbrechens,durch Handlungen, welche eine» Anfang der Ausführung enthalten, bethätigt worden ist, mit Zuchthaus bestraft. 8 130. Wer in einer den öffent lichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Be völkerung zu Gewaltthätigkeiten gegeneinander öffentlich anreizt, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Ge- fangniß bis zu zwei Jahren bestraft. Dieselbe Strafe trifft Denjenigen, welcher in einer den öffentlichen Frieden gefähr denden Weise die Religion, die Monarchie, die Ehe, die Familie oder das Eigenthum durch beschimpfende Aeußerungcn öffent lich angreift. 8 131. Wer erdichtete oder entstellte Thatsachen, von denen er weiß oder den Umständen nach urtheilen muß, daß sie erdichtet oder entstellt sind, öffentlich behauptet oder verbreitet, um dadurch Staatseinrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit verächtlich zu machen, wird mit Geldstrafe bi« zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren be straft. Artikel II. In dem Militärstrafgesetzbuch erhält der 8 42 Absatz 2 folgend- Fassung: Wird gegen eine Person des Beurlaubtenstandcs während der Beurlaubung wegen einer in dem Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, Theil 2, Ab schnitt 6, Widerstand gegen die Staatsgewalt, oder Abschnitt 7, Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung, vorge sehenen strafbaren Handlung auf Gefängniß von mehr als sechs Wochen erkannt, oder erfolgt die Verurtheilung einer Person des Beurlaubtenstandes während der Beurlaubung wegen einer strafbaren Handlung der im 8 37 Absatz 2 Nr. 2 bezeichneten Art, so kaun ein besonderes Verfahren des Militärgerichts zur Entscheidung darüber angeordnet werden, ob auf Dienstent lassung oder auf Degradation zu erkennen ist. Artikel HI. In dem Gesetz über die Presse vom 7. Mai 1874 wird die Nr. 3 des 8 23 durch nachfolgende Bestimmung ersetzt: 8 23 Nr. 3: Wenn der Inhalt einer Druckschrift den Thatbestand einer der in 88 85, 95, 111, 111s, 112, 126, 130 »der 184 des deutschen Strafgesetzbuches mit Strafe bedrohten Handlungen begründet. Artikel IV. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft. — Die Veröffentlichung der Begrün dung erfolgt in nächster Nummer. Mit Tönen schriller Mißharmonie hat die Thätig- keit des Reichstages in dem neuen prächtigen Sitzungsgebäude am vergangenen Donnerstag ihre Einleitung erfahren. Man