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WM« sm MM Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Dienst tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel), s Mk. 30 j)f., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern (0 Pf. WmM, Men, Mknlrhn md die AmMM. Kmlsblnll Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags )2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. für die Ugl. Amtshauptmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 32. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. Donnerstag, den 14. März 18SS. Tagesgeschichte. Ehrung des Fürsten Bismarck durch den Kaiser. Dem Bernehmen nach beabsichtigt der Kaiser, zum Geburtstage des Fürsten Biömarck mit den Kaiserlichen Prinzen, den Ministern und Mitgliedern des Bundesrathes nach Fricdrichsruh zu reisen, um den Fürsten zu beglückwünschen. Diese Absicht wird, wenn sie zur Ausführung kommt, das deutsche Volk mit wärmsten Dank für den Kaiser und helllodernder Begeisterung erfüllen. Von anderer Seite wird, allerdings unter Reserve, mitgetheilt, der Kaiser plane, dem Fürsten Bismarck die erbliche Fürsten- wülde dergestalt zu verleihen, daß dieselbe noch bei Lebzeiten des Fürsten auf dessen Söhne übergehe. Außerdem soll Fürst Bis marck den Titel .Hoheit" erhalten. — Letztere Nachricht halten wir für inkorrekt, da das Prädikat „Hoheit" wohl nicht gut mit dem Fü-stentitel verbunden werden kann. Zudem ist Bis marck ja bereits im Besitze des Herzogstitels. Berlin, 12. März. Im Abgeordnetcnhause ist eine Ehrung zum 80. Geburtstage des Fürsten Bismarck geplant. Die Abgeordneten Graf zu Limburg-Stirum, Or. Graf (El berfeld) und Freiherr von Zedlitz erlassen eine Einladung an die Mitglieder der konservativen, der freikonservativen und der nationalliberalen Partei zu einer Fahrt nach Fricdrichsruh am 25. März. Der Präsident des Abgeordnetenhauses v. Köller wird namens der Theilnehmcr dem Altreichskanzler die Gefühle der Ergebenheit zum Ausdruck bringen. Ein Extrazug wird für die Mitglieder und die Beamten des Hauses bereit stehen. Wie der „M. Allg. Ztg." aus Berlin gemeldet wird, werden die nationalgcsinnten Parlamentarier am 7. April dem Fürsten Bismarck gemeinsam einen Besuch ab statten, da die geplante Ehrung im Reichstage endgiltig ge scheitert ist. Der Reichstag hat am Freitag das Ordinarium des Militäretats zu Ende bcrathen. Auch in dieser Sitzung Hai sich wieder herausgestellt, daß die Debatten weit glimpf licher verlaufen, als in den vorangegangenen Jahren. Nicht zum wenigsten dürfte dies auf Rechnung des gegenwärtigen Kriegsministers zu setzen sein. Herr v. Bronsart hat die in herkömmlicher Weise ganz besonders zahlreich gerade gegen die Militärverwaltung sich richtenden Angriffe bereits im vorigen Jahre mit solchem Geschick und so glücklichem Erfolge abge schlagen, daß man sich nicht wundern kann, wenn gegenwärtig der Ton der Opposition wesentlich herabgcstimmt ist. Wenn diese eine so schöne Gelegenheit zu einer großen verfassungs rechtlichen Demonstration, wie sie durch die Frage deS Kom mandanten zu Altona geboten war, so, wie es am Freitag ge schehen ist, aus der Hand gegeben hat, so ist das nur ein Beweis, daß der Kriegsminister über die Kunst der parlamen tarischen Taktik in einem seltenen Grade verfügen muß. Um so unbegreiflicher mußte es erscheinen, daß in diesen Tagen von der Wahrscheinlichkeit eines baldigen Rücktritts des Herrn v. Bronsart die fließe sein konnte. Erfreulicherweise ist dieses Gerede von zuständiger Seite bereits als völlig unbegründet bezeichnet worden. — Bei der Fortsetzung der Debatte über das Kapitel von der Naturalverpflegung wurde der vorher von Herrn v. Buol ausgeführte Gedanke der Bildung landwirth- schaftlicher Genossenschaften zum Zwecke des rationellen Verkaufs der landwirthschaftlichen Produkte an die Militärverwaltung vom Grafen Arnim wieder aufgegriffen, ohne indeß, wie viel fach erwartet war, zu einer agrarischen Debatte in größerem Stile zu führen. Auf der konservativen Seite ist man ent schlossen, das Ergebniß der Verhandlungen des Staatsrathes abzuwMten, bevor man agrarische Fragen im Reichstage über haupt wieder verhandelt; sonst würbe man sich die hier ge bogne Gelegenheit zur Erörterung agrarischer Wünsche schwerlich haben entgehen lassen. Im Uedrigen hat die Militärverwaltung bekanntlich bereits angeordnet, daß die von ihr benöthigten landwirthschaftlichen Produkte möglichst direkt vom Producenten gekauft werden sollen. Die wohlwollende Absicht dieser An ordnung hat in den landwirthschaftlichen Kreisen auch lebhafte Anerkennung gefunden; um ihr aber die Verwirklichung zu er möglichen, bedarf eS da, wo der landwirthschaftliche Kleinbetrieb herrscht, eine Zusammenfassung der Produktion, da ein direktes Herantreten der Militärverwaltung an jeden einzelnen kleinen Bauern nicht möglich ist, und so erscheint die Bildung von Genossenschaften zu diesem Zwecke allerd'ngs als eine Maß nahme, deren Bedeutung für die Besserung der Lage der Land- wirthschaft, obgleich sie zu den „kleinen Mitteln" gehört, man nicht unterschätzen sollte. Die Osterferien für di-Parlamente sind nicht mehr fern und damit auch das Enke des größeren Theils der gewöhnlichen Tagungen. Nach dem augenblicklichen Stande der Reichstags- arbeiten ist kaum darauf zu rechnen, daß der Reichstag bis zu diesem Termine auch nur seine wichtigsten Aufgaben zur Er ledigung bringt. Von den dem Reichstage schon vor längerer Zeit seitens der verbündeten Regierungen zugegangenen Vorlagen sind, abgesehen vom Reichshaushaltsetat für 1895/96, der ja bis zum 1. April fertiggestellt sein muß, nur zwei kleinere Ent würfe, die Zolltarifnovelle und der Entwurf über die im Juni d. I. vorzunehmende Berufs-und Gcwerbezählung, in den Kom missionen soweit fertiggestellt, daß Berichte darüber vorliegen. Die Mehrzahl der Bundesrathsvorlagen und gerade die wichtigeren und umfangreicheren stecken noch in den Kommissionen und zwar znm größten Theile in einem Stadium, welches eine baldige Erledigung kaum erwarten läßt. Das ist der Fall mit der Novelle zum Gerichtsverfassungsgesetz und zur Strafprozeßord nung, mit der sogenannten Umsturzvorlage, mit den auf die Regelung der privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt und Flößerei bezüglichen Entwürfe, mit der Novelle zur Gewer beordnung, mit dem Tabaksteuergesetz, mit dem Entwurf über die anderweite Ordnung des Finanzwesens des Reiches u. s. w. Dazu kommt, daß einzelne Vorlagen von Wichtigkeit, wie der Entwurf, die sich auf die kommunale Weinbesteuerung bezieht, überhaupt noch nicht zur Berathung im Plenum gelangt sind und daß daran gedacht wird, einzelne Gesetzentwürfe, auf deren baldige Erledigung in weiten Bevölkerungskreiscn Werth gelegt wird, noch in der laufenden Tagung an den Reichstag zu bringen. Das Letztere ist mit der Börsenreformvorlage und dem Entwürfe zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes der Fall. Es ist ja allerdings unter den jetzigen Verhältnissen unsicher, ob es opportun sein wird, diese Entwürfe dem Reichstage noch in der laufenden Tagung zu unterbreiten, immerhin wird daran gedacht. Gegenüber einer solchen Fülle gesetzgeberischen Materials aber, das von den verbündeten Regierungen ausgegangen ist und event. ausgehen wird, wozu noch die aus dem Reichstage selbst hervor- gcgangenen Entwürfe und Anträge kommen, wird man den Ge danken nicht abwehren können, daß die Arbeiten des Reichstags einen Gang haben, der eine Erledigung sämmtlicher Entwürfe kaum in Aussicht stellt. Es wäre deshalb gut, wenn im Reichs tage auch diese Frage in Betracht gezogen würde. Als eine dringende Aufgabe wird es jetzt vielseitig in der deutschen Presse bezeichnet, daß die geringen Jnvalidengehälter der Offiziere niederer Dienstgrade und die Pensionen der Witt- wen der Gefallenen zu erhöhen seien. In nachstehenden theilen wir eine Zuschrift mit, die ein Kämpfer von 1870/71 an die „Köln. Ztg." richtet. Seine Argumente sind bereits bekannt, verdienen aber wieder angeführt zu werden: „Ein Vierteljahr hundert haben wir die Wittwen unserer Gefallenen darben und entbehren lassen, schweigend haben sie ihr hartes Loos getragen, niemand hat bis jetzt im Reichstage ein Herz für sie gehabt. Wir wollen unter Hinweis auf unsere früheren Ausführungen nur nochmals hervorheben, daß wir es des Deutschen Reiches nicht für würdig halten, wenn es der Wittwe eines auf dem Schlachtfeld- gefallenen Generals wöchentlich 28 Mk., der Wittwe des gefallenen Landwehrmannes wöchentlich etwas mehr als 3 Mark zum Lebensunterhalt gewährt. Bei den heutigen Preisen aller Lebensmittel aber wird man als das niedrigste, was zum Lebensunterhalt erforderlich ist, 1 Mk. täglich annehmen müssen, und auch dann ist die Wittwe des auf dem Schlachtfelde ge fallenen Soldaten noch in keiner glänzenden Lage. Der Reichs- invalidenfonds hat, obgleich infolge der Gesetze vom Jahre 1893 große Anforderungen an ihn herangetreten sind, im Jabre 1895 und 1896 eine Minderausgabe gegen das Vorjahr von mehr als 800000 Mk; er ist also wohl im stände, eine Erhöhung der Wittwenpension auf täglich 1 Mk. zu bestreiten. Der Fonds ist auch noch weiter in der Lage, eine Aufbesserung der Pension der Offizierswittwen leisten zu können. Das Deutsche Reich hat im Frankfurter Friesen die Verpflichtung übernommen, die Pension der im Reichslande sich aufhaltenden französischen Offi ziere und Mannschaften, sowie von deren Wittwen zu übernehmen, und es werden nun diese Pensionen im Gesammtbetrage von 200000 Mk. aus dem JnvalidenfondS bestritten. Da nun auf diese französischen Pensionäre die französischen vor dem Jahre 1870 erlassenen Gesetze maßgebend sind, so beziehen die Wittwen der französischen Generale Pensionen bis zu 4000 Mark, die Wittwen der französischen Unteroffiziere und Gemeinen aber 250—400 Mk. im Jahre. Es ist also der auffallende Zustand entstanden, daß das Deutsche Reich aus dem mit deutschem Blute erkämpften JnvalidenfondS die französischen Pensionäre und die französischen Wittwen besser unterstützt als die des eigenen deut schen Heeres, ein Zustand, der als die größte Ungerechtigkeit er scheint. Wir gehen aber in der Ungerechtigkeit gegen die alten Krieger noch weiter, indem wir aus dem gleichen Fonds unseren Töpfern, die das eiserne Kreuz erster Klasse sich erkämpft haben, großmüthig einen Ehrensold von 36 Mark jährlich gewähren, den Besitzern der französischen Militärmedaille aber 250 Franken, den Rittern der Ehrenlegion 300—500 Franken. Man soll!? doch glauben, daß in den verflossenen 20 Jahren diese Ungleich heit in der Behandlung der eigenen Angehörigen wenigsten- zur Sprache gebracht worden wäre, allein auch in dieser Hinsicht ist bis jest nichts geschehen; auch nicht ein Reichstagsabgeord neter hat es der Mühe werth gefunden, die Angelegenheiten unserer Invaliden näher zu prüfen und dieses Mißverhältniß aufzudecken. Stolze Denkmäler in Marmor und Bronze hat das deutsche Volk in vielen Städten zur Erinnerung an die Thaten des Heeres, als Denkmäler für die Gefallenen errichtet; viele Millionen sind sicher in den letzten Jahren ausgegeben worden, doch den Beschauer dieser Denkmäler, der in jener großen Zeit mitgekämpft hat, durchzuckt der bittere Gedanke, daß wir die Hinterbliebenen jener Tapferen seit 25 Jahren haben hun gern lassen. Steine gab man für die Toten, anstatt des Brotes für die Lebenden." Acht seefahrende Nationen haben, wie verlautet, be reits offiziell ihre Betheiligung an der Feier zur Eröffnung des Nordostseekanals zugesagt und werden insgesammt 30 Kriegs schiffe nach Kiel entsenden. Eine Zusammenstellung der bis jetzt angemeldeten Schiffe läßt das Imposante der Flottenschau im Kieler Hafen erkennen. Oesterreich-Ungarn entsendet 3 Pan zerschiffe und 2 Kreuzer unter dem Kommando deS Erzherzogs Kail Stephan. Italien erscheint mit den Panzerschiffen „Re Umberto" und „Sardegna", sowie den Panzerkreuzern „Parte- nope" und „Aretusa" unter dem Befehl des Admirals Accinni; der Herzog von Genua wird das Geschwader begleiten. Spanien läßt sich vertreten durch 4 Panzerschiffe und einen Aviso, Ruß land durch 2 Panzer und einen Aviso, Frankreich durch 2 Panzer und einen Aviso, die Vereinigten Staaten von Nordamerika durch die Kreuzer „San Francisco" und „Marblehead", Portugal durch das Panzerschiff „VaSco de Gama" und Norwegen durch das Dampfkanonenboot 1. Klasse „Viking" und 6 erstklassige Torpedoboote. Frankreich. Die Annahme der Einladung nach Kiel durch die französische Regierung hat in einer der letzten Sitzungen der Deputirtenkammer zu einem durch den Loulangisten Pierre Richard — derselbe, an den Deroulede neulich seinen zornmüthigen Brief richtete — veranlaßten Zwischen fall geführt, von dem eine Drathmeldung kurz Erwähnung ge- than hat. Jetzt liegt darüber der nachstehende ausführlichere Bericht vor: „Der ehemalige Boulangist Pierre Richard konnte sich nicht enthalten, die Kieler Einladung in der Kammer zur Sprache zu bringen. Ministerpräsident Ribot hatte sein Be- trübmß über die Rede ausgedrückt, in der James ausgeführt hatte, daß Demokraue und Sozialismus einerseits und ein starkes gehorsames Berufsheer andererseits unversöhnliche Gegen- Da sprang Richard auf die Rednerbühne und rief: „Da der Herr Ministerpräsident sich eben sehr erregt erhoben und gegen James Worte Verwahrung eingelegt hat, empfinde nun auch ich das Bedürfniß, gegen seine Entrüstung Ver wahrung einzulegen, wenn ich sehe, wie die Regierung diesem Lande die grausamste Demüthigung zufügt, die es seit unseren Niederlagen erlitten hat." (Großer Lärm). Vorsitzender Brisson: „Ich kann es nicht hingehen lassen, daß Sie sagen, die Re gierung habe Frankreich eine Demüthigung zugefügt. (Lebhafter Beifall.) Ich bitte Sie, Ihre Sprache zu mäßigen." Richard: „Gut, ich sage also nicht mehr, daß die Regierung diesem Lande die grausamste Demüthigung zufügcn will, die es seit 1870 erlitten, aber das Land wird es statt meiner sagen. Wenn man das Heererforderniß erörtert, so soll man doch dem Volke das Ziel nicht verdunkeln, um dessentwillen es seit 25 Jahren schwere Opfer bringt. Die Kammer möge mich ent schuldigen, wenn ich einige übermäßig heftige Worte gebraucht habe; ich bin aber tief erregt über die der Regierung zuge- schriebcne Absicht und will noch hoffen, daß sie sie nicht ver wirklichen wird." vaterländisches. Wilsdruff, 11. März. Heute Nachmittag ^3 Uhr wurde die im H°tel Adler hier tagende Bezirksver sammlung der landwirthschaftlichen Vereine Eula, KesselS- dorf, Tanncberg, Weistropp und Wilsdruff durch Herrn Rittergutsbesitzer Andrä al- Vorstand des Vereins Wilsdruff mit herzlichen Begrüßungsworten eröffnet. Er be tonte zunächst, daß dies der 1. Bezirkstag Wilsdruff sei und wünschte ihm eine recht lange und gedeihliche Zukunft. Als Ehringästc waren erschienen: als Vertreter der Regierung Herr Rcgierungsrath Münzner und der Vorsitzende des Dresdner Kresvereins Oekonomierath Käferstein. Dieselben wurden wie der Herr Vortragende Prof. Dr. Kirchner-Leipzig auf- herzlichste begrüßt. Die Versammlung war trotz er sehr schlechten Wegeverhältnisse recht gut besucht. Herr Andrä sprach in überaus interessanter Weise zunächst über die Tuberkulinimpfung al-