Volltext Seite (XML)
Mchklih-MW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde 52. Jahrgang. Sonnabend, den 6. November 1886. Nr. 129 'M Inserat«, welch« bet ber bedeutenden «ufla«e de« Blatt,« eine sehr w,» saine B »erden Spalte, Lokales «nd Sächsisches. Dippoldi-walde, ü. November. Es wird uns glaubhaft versichert, daß man bei uns von gewisser dem Aufschlag. — Ei, sandt, im reoaktion« Theile, die Spaltenj »0 Pf,. 7-t Seite darauf hinwirke, zu den bereits in Ueberfüile vorhandenen Vereinen noch einen neuen zu errichten, und zwar einen — Handwerkerverein. Obgleich uns persönlich dieses Projekt, falls eS wirklich aufge taucht sein sollte, nicht im Geringsten berührt, so nehmen wir doch, und zwar im Interesse der betref fenden Kreise selbst, davon Notiz, um unsere Meinung über dasselbe auszusprechen. Ausdrücklich wollen wir vorausschicken, daß wir mit derselben nicht vereinzelt stehen, und nur dem Ausdruck geben, was uns von verschiedenen Seiten über das fragliche Projekt zu Ohren gekommen ist. Zweck aller Vereinsthätigkeit ist doch offenbar der, mit vereinten Kräften einem bestimmten Ziele zuzustreben. Durch eine Zerstreuung und Zersplitterung der Kräfte könnte nur eine gegen- theilige Wirkung hervorgebracht werden. Wenn nun bereits seit beinahe 30 Jahren unser Gewerbe verein es sich zur Aufgabe macht, die Interessen des Bürgerstandes in gewerblicher Hinsicht zu vertreten; wenn er in dieser Hinsicht bereits manche Thal ver zeichnen kann, so würde die Begründung eines neuen, doch auf derselben Grundlage stehenden Vereins zu nächst einer Krastzersplitterung gleich sein. Warum schließen denn Diejenigen, die mit Begründung eines neuen Vereins vorgehen wollen, sich nicht dem be stehenden, zahlreichen und bewährten Vereine an, und suchen in demselben ihren Ideen Anklang und Bk- wirklichung zu schaffen? Warum erheben sie, falls sie in dem bestehenden Vereine diese oder jene Aeü- derung für zweckmäßig halten, nicht ihre Stimme, um sie herbeizuführen? Es wird behauptet, die Zusammen setzung des Gewerbevereins erschwere die Pflege der gewerblichen Interessen, da derselbe zu einem großen Theile aus Beamten, Kaufleuten, Lehrern rc., «nd nur zum kleinere» Theile aus Handwerkern bestehe. Man wolle also gewissermaßen unter sich sein, und, wie es in Dresden neben dem Gewerbeverein noch einen Handwerkerverein gebe, so solle es hier auch so sein. Daß in Dresden neben dem Gewerbeverein, der über 2000 Mitglieder hat, noch andere Vereine gleicher Tendenz berechtigt und am Platze sind, ist nicht zu bezweifeln; daß aber bei uns nur durch Stärkung eines Vereins etwas erreicht werden kann, liegt auf der Hand. Und gerade die Zusammensetzung des Gewerbevereins bietet eine feste Grundlage kür seine Bedeutung. Es ist kein gering anzuschlagender Vorzug unseres Gewerbevereins, daß Personen aller Stände und Berufsarten, auch Beamte, Kaufleute, Lehrer, Aerzte rc. darin vertreten sind. — Dem gegen über einen Verein in's Leben rufen zu wollen, weicher nur Spezialhandwerker umfaßt, ist einseitig, und ent spricht weder allgemeinen menschlichen Grundsätzen, noch dient es den gewerblichen und geselligen In teressen unserer Stadt. Man sollte froh sein, daß Jahrhunderte lang bestandene Standesunterschiede ge fallen sind; sie aber auf's Neue zwischen die Bevöl kerung, noch dazu einer kleinen Stadt, schieben zu wollen, wäre unseres Erachtens ein bedenkliches Be ginnen. Allgemein gewerbliche, volkswirthschaftliche Interessen wahrt der Gewerbeverein mit Aufmerksamkeit und Eifer, spezielle Handwerksinteressen gehören aber weder in den Gewerbeverein noch in den „Handwerker verein", sondern etwa in JnnungSversammlungen. — Wir fassen also unsere Meinung dahin zusammen: Man freue sich des Bestehenden, man stärke das Gute, das es bietet, und man wirke mit der Kraft und dem Interesse, die man in sich fühlt, darauf hin, es immer lebenskräftiger zu gestalten; aber man hüte sich vor Neugründungen, die weiter keinen Zweck haben können, als eine unerquickliche Opposition wach zu rufen. — Bei der am 17. Oktober d. I. abgehaltenen Uebung der hiesigen Gesammtfeuerwehr waren von dem freiwilligen Chor 84,. Proz. und von der Pflicht feuer 78,7 Prozent Mannschaften vertreten. Erstere zahlt z. Z. 126 und letztere S7S Mitglieder. — Heute, Sonnabend den S. November, Abends Aus -cm Lager der rolhea Mtrualiouale. Die belgischen wie die englischen Sozialisten haben in der jüngsten Zeit wieder energische Lebenszeichen von sich gegeben und scheinen die Anhänger der revo lutionären Tendenzen in Belgien wie in England eine abermalige Aktion in Scene setzen zu wollen. In Belgien hielten am vergangenen Sonntag mehrere lausend Arbeiter in dem in der Geschichte der belgischen Arbeiterunruhen vom vergangenen Frühjahre eine be sondere Rolle spielenden Charleroi einen großen Um zug ab. Da die Bürgergarde konsignirt war, so blieb die Ruhe ungestört, doch wurde dem Bürgermeister von Charleroi eine Adresse überreicht, in welcher das allgemeine Stimmrecht und Amnestie, letztere natürlich für die Theilnehmer an den früheren Aufruhrscenen, verlangt wurde. Der Bürgermeister erwiderte, er wolle die Wünsche der Arbeiter den Kammern über mitteln, und erklärte übrigens, die Regierung sei mit Abstellung der Uebelstände beschäftigt, die sich leider Lei der vorgenommenen gerichtlichen Untersuchung herausgestellt hätten. Die belgischen Sozialisten wer den sich mit dieser Antwort schwerlich begnügen, wenn sie vielleicht auch einstweilen noch Ruhe halten werden. Man braucht bloß an das anläßlich der belgischen Ar beiterbewegung veröffentlichte politische Programm der sozialistischen Partei dieses Landes zu erinnern, um zu begreifen, daß die Arbeiterdemonstration von Char leroi nur das Vorspiel zu einer „umfassenden" Kund gebung bedeutet. Die Hauptpunkte des erwähnten Programmes waren folgende: 1. Allgemeines Stimm recht; 2. Beseitigung des Königthüms; 3. allgemeine Amnestie; 4. Beseitigung des Senats und Einführung des Einkommensystems; 5. Ernennung der Minister durch die Kammer; 9. Zweijährige Mandatsdauer; 7. Besoldung der Abgeordneten. — Wie man sieht, sind die Leiter der sozialistischen Bewegung in Belgien durchaus nicht zurückhaltend mit ihren Plänen und wenn die Anhänger derselben in Charleroi vor der Hand nur Punkt 1 und Punkt 3 betont haben, so schließt dies das Bestreben nach Verwirklichung des Gesammtprogcamms keineswegs aus; daß letztere- Line radikale Umwälzung der staatlichen Verhältnisse Belgiens bedeuten würde, braucht nicht erst besonders hervorgehoben zu werden. Merkwürdig ist nun, daß gerade jetzt auch die englischen Sozialisten sich wieder rühren und wenn man sich erinnert, daß der großen Arbeiterdemonstration in Brüssel unmittelbar die Massenkundgebung auf Trafalgar-Square in London solgte, so möchte man fast einen bestimmten inneren .Zusammenhang zwischen den jüngsten Regungen der belgischen und der englischen Sozialdemokratie an- riehmen. Wie erinnerlich, ist nämlich den Londoner Sozialisten die für den 9. November, den Tag des -herkömmlichen Lordmayors-Bankets, geplante Massen kundgebung polizeilich verboten worden, was dem Chef Der Londoner Polizei, Mr. Fraser, von Seiten der Umsturzpartei verschiedene unverschämte Reklamationen zuzog. Mr. Fraser ist entschlossen, das Verbot der Kundgebung aufrecht zu erhalten, während die Sozia listen ihrerseits beschlossen haben, trotzdem an dem ge nannten Tage einen öffentlichen Aufzug zu veran stalten und die Folgen — Mr. Fraser zuzuschreiben! Offenbar geht der Aktionsplan der Londoner Anar chisten dahin, die Behörde zu provoziren und auf jeden Fall Unruhen hervorzurufen und wenn man an die wilden Scenen denkt, welche anarchistische Rotten im vergangenen Frühjahr in den belebtesten Londoner Straßen hervorriefen, so wird man diese Drohung ernst genug nehmen müssen. Der gegenwärtige Lon doner Polizeichef scheint nun allerdings ganz der Mann zu fern, einer versuchten Wiederholung der Straßen revolten auf Trafalgar-Square rc. sofort energisch «ntaegenzutreten, aber immerhin ist ein Zusammenstoß znnschen der Polizei Und de« Sozialisten Londons gar mcht unwahrscheinlich, zumal die englische Hauptstadt Wek-eritz-Sektung «scheint wöchentlich drei mal: Dienst^ Donner-- tag «nd GoniMmd. — Preis vierteljährlich 1 M. jk Pfg-, zweimonatlich «4 Pfg., einmonatlich 42 «fa- ist«eine Nummer» 10 Pfg. --«Le Postan- palten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be ¬ stellungen an. für die Königliche Amtshauptrnarmschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu DippoldiswaÜre und Irauenstein ja tausende fragwürdige Existenzen in sich birgt, die nicht zögern würden, sich auf die Seite der Tumul tanten zu schlagen. Jedenfalls ist das skizzirte neuer liche kühne und provozirende Auftreten der Sozialisten und Anarchisten in Belgien und namentlich in London ein Beweis, wie sehr die internationale Umsturzpartei in den genannten Ländern schon fast die Gegenwart als ihr gehörig betrachtet. Wenn nun auch nicht ge leugnet werden mag, daß in Belgien wie in England der Kern des Arbeiterstandes den verbrecherischen Be strebungen des Anarchismus ferngeblieben ist, so kann doch anderseits auch nicht übersehen werden, daß dort wie hier die revolutionäre Agitation allmählich dennoch weitere Volkskreise ergreift und bearbeitet. Die beider seitigen Regierungen haben allen Anlaß, die Augen offen zu halten, um schließlich von Ereignissen nicht überrascht zu werden, die ernster ausfallen könnten, als Alles, was Belgien und England seither von sozialistisch-anarchistischer Seite her schon erfahren haben. 6. Sitzung des Bezirks Äusschuffes am 23. Oktober 1886. Der Bezirksausschuß genehmigte die Beschlüsse der Gemeinde Elend, betreffend die Heranziehung der unselbstständigen Personen zu den Gemeinde-Anlagen und die Einführung gemeinschaftlicher Ausschußper- sonenwahlen, ebenso den Beschluß der Gemeinde Döbra wegen Einführung eines gleichen Wahlmodus, ingleichen einen zwischen der künigl. Staatseisenbahn verwaltung und der Gemeinde Rechenberg abge schloffenen, die Uebernahme einer bleibenden Verbind lichkeit feiten der Letzteren enthaltenden Vertrag und ferner die von der Gemeinde Hennersdorf behufs Regelung ihres Schuldenwesens beschlossene Aufnahme eines tilgbaren Kapitals. Auch wurde die erbetene Dispensation zur Dis membration bei Fol. 67 von Possendorf ertheilt und den Gesuchen August Weineck's in Poffendors um Schankkonzession (Uebertragung) undRobert Blank meister's in Dittersdorf wegen Veranstaltung von Singspielen entsprochen, während man die Gesuche Hermann Scharfe's in Kipsdorf um Erweiterung seiner Konzession und Bernh. Krug's in Poffendorf um Erlaubniß zum Branntweinkleinhandel im Mangel bezüglichen örtlichen Bedürfnisses ablehnte. Gegen die beabsichtigte Vereinigung einiger bäuer licher Grundstücke mit dem Nittergute Lauen st ein ging dem Bezirks-Ausschuß ein Bedenken nicht bei; ebenso wurden zwei geringfügige Aenderungen an der Abgrenzung der Gemeindebezirke Kipsdorf und Groß- ölsa, im letzteren Falle, in welchem es sich gleich zeitig um Aenderung der Verwaltungsbezirksgrenze handelt, vorbehältlich der Zustimmung der Bezirks versammlung pp., genehmigt. Der Bezirks-Ausschuß trat zufolge kreishauptmann schaftlicher Verordnung weiter in Berathung über in verkehrspolizeilichem Interesse bezüglich des Veloziped- fahrens zu treffende einheitliche Vorschriften und einigte sich schließlich über die dem nächsten Bezirks tage wegen der vorzunehmenden Wahlen der bürger lichen Mitglieder der Ersatzkommission, der Mitglieder der Kommissionen zu Schätzung von Militärleistungen und der Mitglieder der Pserdemusterungskommissionen zu machenden Vorschläge, wobei man, was den letzteren Punkt anlangt, gleichzeitig in Berücksichtigung mehr fach laut gewordener Wünsche, dem königl. Kriegs ministerium einige Abänderungen an der bisherigen Ab grenzung der Musterungsbezirke vorzuschlagen beschloß. Die Berathung der Voranschläge für die Bezirks kasse und für die Bezirksanstalt aufs Jahr 1887 wurde aus Zweckmäßigkeitsgründen von der heutigen Tages ordnung abgesetzt.