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Rümmer 203, 84. Jahrgang Dienstag, 30. August 1932 PutsmtzerD»seblait Fernsprecher 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz Postscheck-Konto Dresden 2138. Giro-Konto 146 Erscheint an jedem Werktag Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung oder der Beförderungseinrichtungen, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück« z'ählvng des Bezugspreises. — Wöchentlich 0.50 E bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentlich 0.40 SM; durch die Post monatlich 2.- E freibleibend Bank-Konten: Pulsnitzer Banh Pulsnitz Mkd Commerz- und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen-Grundzahlen in A/: Die 41 mm breite Zeile (Mosse'S Zeilenmesfer 14) 1 nun Höhe 10 O/, in der Amtshauptmannschaft Kamenz 8 amtlich 1 mm 20 und 16 Reklame 20 Tabellarischer Satz 50 V« Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällen gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis V«10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt In Verbindung mit der Nebenausgabe „Ohorner Tageblatt", Hauptblatt und älteste Zeitung im Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz, umfassend die Orte Pulsnitz, Pulsnitz M. S-, Großröhrsdorf, Bretnig, Hm»« walde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober« und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Tägliche schnellste Berichterstattung über das Geschehen in der engeren Heimat, in Deutschland und im Ausland. Nachrichtendienst durch ganztägigen fast ununterbrochenen Funkdienst der Telegrapheu-Unioa Geschäftsstelle: Pulsnitz, Mbertstraße Nr. 2 Verlag: Pulsnitzer Tageblatt, G. m. b. H., Pulsnitz Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Präsidial- oder Koalitionskabinett? Die entscheidenden Beratungen beim Reichspräsidenten — Die Parteien gegen eine Auslösung des Reichstags RSDAP. und DRVP. nehmen an der Reichstagserössnung unter Klara Zetkin nicht teil — Heute Wahl des Präsidiums Die Minister bei Hindenburg Amtliche ^Bekanntmachungen im Anzeigenteil Schwerer politischer Zusammenstoß Berlin, 30 Äug. (Funkmeldung) Zu dem schweren politischen Zusammen- stog, der sich am Momag rurz nach Mitter nacht in der Aontgenilrage in Charlottenburg ereignet hat, wird gemeloet, Satz nach den bis herigen Zeugenaussagen die Kommunisten tue Angreifer waren. Gin Trupp von SA.- Leuten, der von einer Versammlung aus den hoyenzollernfälen kam, begab slch in das Ver- teyrslvlat in der Rontgenstratze. Als drei Nachzügler das Lotal betreten wollten, er schienen plötzlich ein grotzerer Trupp kom- mumflen uno griff die orei Nationalsozia listen an. Die Kommunisten feuerten eine Reihe von Schüssen ab, durch die alle drei SA.-Deute schwerverletzt wurden. Gin Schwerverletzter ist, wie gemetoet wird, kurz nach seiner Cmneserung ins Krankenhaus ge- storoen. Die Tater entkamen unerrannt. Die Polizei nahm sofort nach ihrem Lintrefsen 'd»e Kachsorschungen aus. Bei einer Durch suchung oes rweals wurden zwei Revolver uno ein Dolch gesunden. Da sich die Besitzer nicht metoeren, wuroen die Unmoral anwesen den RattonauozwtUlen Zum Ponzeipräpomm georacht. Ane ZwangsgeslelUen sind in zwischen w»eoer entlassen worden. Der Aufstand in Ecuador beendet Guayaquil (Ecuador), 30. August Die Regierung von Ecuador ist mir aller Scharfe gegen oen von Bonifaz angeführten Aussiano in Quito vorgegangen. Die Regie- rungsiruppen Haven mir der Umzingelung Qulws begonnen. Bomsaz hat der Negierung durch Unterhändler bereits WaffensilUMnos- beomgungen unterbreiten lassen, bei deren Nichiannayme er die Regierungstruppen so fort angrelfen werde. Bonifaz fordert unter anderem me Reuvnoung oes Kabinetts uno erkiart sich seinerseits zur Übergabe Quitos an die Regierung sowie zur Auslosung Les ihn beim Ausstano unterstützenden Negunenis bereit. Die Hauptstadt genommen Guayaquil (Ecuador), 30. Aug. (Funkmeld.) Vitt der Wtedereinnayme der Hauptstadt von Lcuador, Quito, durch die Regierung Hai der von Bonyaz angeführte Ausstand em rasches Ende gefunden. D,e Regierungstrup pen ruckten nach einer Beschietzung des Forts Santa Rosa und nach kurzem Handgemenge mit den aufständischen Garnisontruppen in Quito ein. Die Aufständischen ergaben sich so- fort. Die militärischen Operationen der Regie- rungstruppen wurden von Flugzeugen unter stützt. Brasilien verlängert Auslandsmoratorium um zwei Monate Rio de Janeiro, 30. Aug. (Funkmeldung) Präsident Bargas hat verfugt, daß die Frist für die am 31. Oktober fälligen Auslands verpflichtungen um 60 Tage verlängert wird. Der Reichsleiter des Kampfbundes gegen den Faschismus verhaftet Stuttgart. Nach einer Meldung der „Süd deutschen Arbeiterzeitung" ist der frühere Führer der Kommunistischen Partei, Bezirk Württemberg, Schlaffer bei einer Besprechung in Stuttgart, an der er in seiner Eigenschaft als Reichsleiter des Kampfbundes gegen den Faschismus teilnahm, verhaftet worden. Über die Gründe der Verhaftung ist noch nichts be kannt. Berlin, 30. August Reichskanzler von Papen ist zusammen mit dem Reichstnnenmintster von Gayl, dem Reichswehrminister von Schleicher sowie dem Staatssekretär Or. Meitzner am Montagabend mit dem fahrplanmäßigen O-Zug nach Neu deck abgereist, um dem Reichspräsidenten Be richt zu erstatten. Die Mitglieder des Reichs- kavinetts werden sür Mittwochvormittag zu rückerwartet. Für Mittwochnachmittag ist eine kabinettssthung angesetzt, in der das Ergebnis der Besprechungen in Neudeck ver handelt werden soll. In Neudeck wird, und zwar auf Grund rein persönlicher Entscheidung des Reichs präsidenten, d»e Frage geklärt werden müssen, ob der Reichstag sofort aufgelöst werden soll oder ob noch Verhandlungen über die Unter stützung des Reicystabinelts oder eine Vm- vtloung des Reichskabinetts oder gar über die Biidung von Koalitionen im Reichstage stattfinden fallen. Zunächst wird in Neudeck dem Reichsprä sidenten Bortrag über die Notverordnung ge halten werden, Lie das Wirtschaftsprogramm oer Reichsregierung enthält. Der Reichsprä sident wurde nach Auffassung der maßgeben den Stellen Ler Wilhelmstrabe nicht etwa Anregungen aus Len Kreisen Ler Parteien ablehnen. Aber Hindenburg wird die Entscheidung über die Auflösung Les Reichstages davon abhängig machen, ob im Gegensatz zu dem Programm der Regierung v. Papen Pläne be> den Parteien vorhanden sind, die das Programm des Kabinetts von Papen ersehen können. Außerdem wird die Frage maßgebend sein, welche Stellung etwa diejenigen Parteien, die dem Reichspräsidenten andere Vorschläge unterbreiten wurden, zu den vom Reichspräsi denten erlassenen Notverordnungen einneh men. Zunächst besitzt das Kabinett v. Papen das Vertrauen des Reichspräsidenten. Einspruch der Zentrumsfraktion des Reichstags Berlin, 30. August Die Zentrumsfraktion des Reichstages trat am Montagnachmittag zu ihrer ersten Sitzung nach den Neuwahlen zusammen. Die Ver- hanolungen wurden emgeleitet durch einen Bericht oes stellvertretenoen Parteivorsitzen- üen Avg. Joos über seine Unterredung mit oem Reichskanzler von Papen kurz nacy den Wahlen. Uber die seither zwischen einzelnen Vertretern des Zentrums und Ler National sozialisten geführten Verhandlungen wurden Mitteilungen nicht gemacht, weil Lie Verhand lungen noch nicht zum Abschluß gebracht sind. Mit der Bayrischen Volkspartei ist wie auch im alten Reichstag eine Arbeitsgemeinschaft abgeschlossen woröen, die sich auf alle parla mentarischen Fragen erstrecken wird. In der Aussprache kam es als Einheitswille der Zen trumsfraktion zum Ausdruck, daß sie alles zu tun versuchen wird, um die Innehaltung verfassungsmäßiger Wege zu gewährleisten. Am Schluß der Sitzung fand eine Ent schließung einstimmig Annahme. In ihr wer den die Richtlinien gebilligt, die am 11. August von den Reichstagsabgeordneten Joos und Auf jeden Fall wird der Reichspräsident daran festhalten, daß der Reichskanzler von ihm bestimmt wird und daß ein Kabinett nicht etwa als Kabinett der Parteien aufgemacht wird. Der Reichspräsident hält an dem Ge danken des Präsidialkabinetts fest. In der Wilhelmstraße ist man der Ansicht, daß unter diesen Umständen eine Verständi gung mit Parteien über Änderungen in der Reichsregierung erst dann akut werden könnte, wenn der Reichstag aufgelöst ist. In wieweit dabei Pläne eine Rolle spielen, Neu wahlen über den verfassungsmäßigen Zeit punkt hinaus zu verschieben, ist nicht bekannt. Es verlautet vorläufig in der Wilhelmstraße, daß Lie Reichsregierung in dieser Richtung keinerlei Beschluß gefaßt habe. Inzwischen hat die gegenseitige Fühlung nahme der Nationalsozialisten und des Zen trums für den Reichstag nur so viel ergeben, daß die Nationalsozialisten sich gegenüber dem Alterspräsidium der Kommunistin Klara Zet kin höchstwahrscheinlich mit einer Protest erklärung begnügen und ihren Ausführungen im Reichstag nicht beiwohnen werden, worauf dann nach Erledigung der For malitäten tunlichst noch am Dienstag- nachmittag eine zweite Sitzung zur Wahl des Präsioiums abgehalten werden soll. Den Reichstagspräsidenten werden die Natio nalsozialisten stellen, einen der Vizepräsiden ten das Zentrum. Die Nationalsozialisten präsentieren wahrscheinlich den Abgeordneten Stöhr, das Zentrum den Abgeordneten Esser. Das Reichstagspräsidium soll dann bei der Reichsregierung bzw. beim Reichs präsidenten offiziell vorstellig werden, um über die Stimmung und die Koalitionsmög lichkeiten im Reichstage Mitteilung zu machen und zum Ausdruck zu bringen, daß ein Grund für Lie Auflösung des eben erst gewählten Reichstages nicht bestehe. 1 Bolz dem Reichskanzler vorgetragen worden sind. In Verfolg dieser Haltung findet auch die Sonntagsrede des Reichskanzlers in Mün ster hinsichtlich der über die derzeitigen Be mühungen des Zentrums gemachten Aus- Führungen grundsätzliche Ablehnung. In der Entschließung heißt es am Schluß wörtlich: „In der klaren Erkenntnis, daß jede Regie rung, ohne Mehrheit und Vertrauen in der Volksvertretung zu besitzen, notwendigerweise auf eine abschüssige Bayn kommen muß, arbeitet die Zentrumsfraktion unbekümmert um Drohungen und Einschüchterungen ihrer seits an der Schaffung einer Regierung, die sich aus eine klare Mehrheit des Parlaments stützen kann und gewillt ist, mit ihm zusam- menzuarbeiten, geleitet von dem Gedanken, daß es verfassungsmäßig unmöglich und sür das Reich verderblich ist, eine Reichstagsaus lösung nur deswegen zu befürworten und vorzubereiten, weil der gegenwärtigen Regie rung die Mehrheit versagt bleibt." * Eine ähnliche^ Stellungnahme Hegen die Reichstagsauflösung wird seitens der Bay- rischen Volkspartei verbreitet. Die Fraktionssihung der NSDAP. Ansprache Hitlers Berlin, 30. August Die Reichsleitung der NSDAP, teilt mit: „Die gestrige erste Sitzung der nationalsozia listischen Reichstagsfraktion wurde vom Fraktionsführer Staatsminister a.D. vr. Frick mit einer Begrüßungsansprache eröffnet, in der er der Freude der vollständig erschiene nen Fraktion über die Anwesenheit des obersten Führers besonderen Ausdruck gab. vr. Frick wies aus den in dieser Fraktions sitzung so sichtbar in die Erscheinung treten den, in der parlamentarischen Geschichte bis her einzig dastehenden Aufschwung der natio nalsozialistischen Bewegung hin, die man in anmaßender Überheblichkeit zwar immer noch glaube, vor der ihr gebührenden Macht fern halten zu können, für die aber die Zeit des Handelns nunmehr gekommen sei. Die Reichs tagsfraktion als parlamentarischer Arm Ler Bewegung werde die Einheit, Geschlossenheit und Disziplin der NSDAP., die der Garant ihrer Stärke und ihres Sieges sei, nach außen hin so zum Ausdruck bringen, wie es das Interesse der NSDAP, erfordere. Dann nahm Adolf Hiller das Wort zu eingehenden richtunggebenden Ausfüh rungen über die Stellung Ler NSDAP, zur politischen Lage. In einem kurzen Rückblick streifte er den gigantischen arbeits- und opfer reichen Kampf der Bewegung und ihre bis herigen Erfolge, regierend nur noch bekämpft wegen der Masse an Macht, die die Bewegung beanspruche gegenüber dem, was die Gegner ihr noch vorenthalten zu können glaubten. Zwar werde einer Bewegung, die nach allen Gesetzen des Rechtes — auch des Rechtes der anderen — den Anspruch hätte zu führen, dieses Recht heute noch verweigert. Aber ge rade deshalb sei der Sieg der Bewegung, der absolut gesichert sei, nur noch eine Frage der Zeit. Riemais habe er mit mehr Ruhe und Zuversicht der Entwicklung emgegengesehen als heule. Der Anspruch der Bewegung auf die Macht werde auch von Regierungsseite heute nicht mehr bestritten. Aber man wolle ihr die Erfüllung ihrer Ansprüche in Formen bieten, die sie zum selbständigen Handeln un fähig mache. Wenn er die Haltung einzelner Persönlich keiten der Regierung im Hinblick auf ihren Wirkungskreis auch zu würdigen wisse, so hätten sie doch alle außer einem nur ihren Ramen einzusetzen. Die NSDAP, habe aber nicht einen Namen einzusehen, sondern 14 Millionen deutscher Menschen, die voll grenzenlosem Vertrauen hinter ihr ständen. Diese Bewegung, des deutschen Volkes größte Organisation, einzigartig im deutschen Volke gewachsen, fei heute die Nation und yabe Lie Pflicht, sich als solche zu fühlen. Wenn man diese nationale Selbsteinschätzung als Zügellosigkeit bezeichne, dann nehmen wir Liese „Überheblichkeit" vor der Geschichte auf uns. Solange bei der Regierung eine Auf fassung herrsche, wie sie bezüglich Beu- then zum Ausdruck gekommen, könne die nationalsozialistische Bewegung diese Regierung nicht mit ihrem Namen decken. Hier kenne er keine Objektivität. Er habe kein Verständnis dafür, daß für einen pol nischen Insurgenten, der einst gegen unsere deutschen Brüder in Schlesien gestanden hat, fünf Nationalsozialisten unter das Fallbeil sollen. „Hier bin ich nicht objektiv, sondern subjektiv. Wer für Deutschland kämpft und lebt, streitet und, wenn es sein muß, stirbt, Lie Sitzungen üec RelchslagsftMonen