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Schönburger Tageblatt Sonntag, den 7. Februar 1926 Nr. 32 48 Jahrgang Gesuch um Aufnahme in den Völkerbund nächste Woche Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba- Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. zweiten Pyase, nämlich des Versuches, Preise und Löhne durch ein System der Krediteinschränkung künstlich herabzudrücken. Ich kann mir vorstellen, daß diese Methode teilweise den Erfolg hat, die Löhne herabzu-, drücken, das Transfer-Komitee braucht aber nicht nur niedrige Löhne, sondern auch einen stark entwickelten Ausfuhrhandel, und ich zweifle sehr, ob die Methode der Krediteinschränkung diesen doppelten Erfolg zeiti gen kann. Vielleicht wird das Komitee mit der Zeitz dazu gezwungen sein, den Lohnabbau durch direkte Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Keynes über -ie Reparationssrage. „Ein Lohnproblcm für de» deutschen Arbeiter." Der bekannte englische Wirtschaftspolitiker Prof. Keynes veröffentlicht in einem Berliner Blatt einen Artikel, in dem er sich mit der Frage der künftigen deutschen Reparationszahlungen beschäftigt. Er erklärt darin, daß der glatte Verlaus des ersten DawesjahreS nicht darüber hinwegtäuschen darf, daß die eigentlichen Schwierigkeiten erst kommen werden. Sie bestehen darin, in den nächsten drei Jahren den Fehlbetrag von 50 Millionen Pfund in einen Ueberschuß von 100 Millionen Pfund zu verwandeln. Wie kann das geschehen? Alle Fachleute sind sich darüber einig, daß die deutsche Handelsbilanz nicht mit einem Ausfuhr überschuß abschließen kann, wenn es nicht gelingt, den deutschen Preisspiegel zu senken. Wenn nun etwa zehn Prozent der deutschen Arbeiterschaft staatliche Er- werbslosenunterstützung erhalten, so ist das sicherlich nicht ein Umstand, der reparationsfördernd wirken könnte. ! Ich habe von Anfang an ans dem Stanvpunkt ge standen, daß das Ncparationsproblcm, sobald man wirk lich an dessen Lösung mit Ernst l>eraugeht — und das geschieht jetzt znm erste» Male — ei» Lohnproblem für den deutschen Arbeiter werden mutz. Die ganze Tätigkeit des Transfer-Komitees wird sich also — und je länger die Zeit dauert, in einem um so schärferen Matze — darauf konzentriere«, den Lebensstandard »er dentschcn Arbeiterschaft herabzudrücken. Die gefährliche Arbeitslosigkeit, die wir jetzt er-, leben, ist meiner Meinung nach die erste Episode der Tschechisch in der Well voran. Der Kampf der Tschechen gegen das De«tM«m. Die tschechische Regierungsverordnung gegen dis deutsche Sprache ist jetzt veröffentlicht worden. Sie regelt den Sprachgebrauch für eine Reihe von Mini sterien, Staats- und Kommunalbehörden und bedeutet einen weiteren Schritt zur vollständigen Tschechisierung des öffentlichen Lebens und zur Festlegung der tschechi schen Sprache nicht nur als Staats-, sondern auch als Verkehrssprache. Sämtliche Staatsbehörde« habe« ihre Amtshand lungen grundsätzlich i« »er tschechische« Sprache vor» zunchme«. Eingaben an »ie Behörde« müsse« zm» rückgewiesen werden, wenn sie in einer Mi«»erheits- sprache eingebracht werden. Erledigt werden sie «nr in »er Staatssprache, ausgenommen hiervon si«» nur »ie Eingaben an die Steuerbehörde«. Vor Gericht ist nur in der Staatssprache zu ver handeln. Eine abweichende Regelung ist nur für solche Bezirke getroffen, in denen die nationale Minder heit 20 Proz. der Bevölkerung ausmacht. In diesen Bezirken haben die Gerichte und Behörden Eingaben in der Minderheitssprache anzunehmen und die Er ledigung nicht nur in der Staatssprache, sondern auch in der Sprache der Eingabe vorzunehmen. Die Gerichts verhandlung wird in der Staatssprache und in der Minderheitsheitssprache geführt. Staatsbeamte können in Zukunft nur Personen werden, »ie »ie Staatssprache vollständig beherrschen. Verlegung der Abrüstungskonferenz? Der russisch-schweizerische Konflikt. Nach einer Meldung aus London sind die Alliier en in einen Meinungsaustausch darüber eingetreten, >b die vorbereitende Abrüstungskonferenz in einen« an ercn Lande als der Schweiz stattfinden soll. Maß »ebend ist dabei der Wunsch, daß Rußland an den Ver handlungen teilnimmt. Bei dem augenblicklichen Stand >er Verhandlungen zwischen Rußland und der Schweiz sesteht aber wenig Aussicht auf Beilegung des Wo- .mvskl-Konfliktes und damit auf eine Teilnahme Ruß lands an einer in der Schweiz stattfindenden Kon !erenz. Frankreich verzichtet auf die Bermittluug. Wie der in Paris eingetroffene russische Bot schafter Rakowski dein französischen Außenministerium nitteilte, kann die russische Regierung in dem Kon flikt mit der Schweiz in diesem Augenblick keine neuen Vorschläge machen. Die Sowjetregierung stehe viel mehr auf dem Standpunkt, daß der Konflikt nur dann beigelcgt werden könnte, wenn die Schweiz neue Vor schläge an die Sowjetregierung machen würde. Die Beilegung des Konflikts iin Falle Worowski habe gar nichts mit den Schweizer Bürgern zu tun, die ihr Eigentum in der russischen Revolution in Rußland verloren haben, und Rußland verlange, daß diese bei den Fragen getrennt behandelt werden. Wie verlautet, glaubt die französische Regierung, daß ihre Vermitt lerrolle durch diese Wendung sehr erschwert ist, sie will daher ihre Vermittlertätigkeit einstellen. Dem französischen Botschafter in Moskau, Herbette, sind entsprechende Instruktionen gegeben worden. Die Ver handlungen in dem Konflikt dürften damit abgebrochen sein. Al« Anfangstermin für die vorbereitende Ab rüstungskonferenz wird neuerdings der 6. Mai genannt. Berufsbeamtentüm beseitigen wollen, wie Oeser aber in seiner Erklärung ausdrücklich feststellt, gelang es seinerzeit den Vertretern der Reichsbahn und des Rei ches, diesen wie auch einige weitere Anschläge gegen die Reichsbahn abzuwenden und ihr im wesentlichen ihren alten Charakter zu erhalten, wenn sie auch heute für Rechnung des Auslandes arbeiten muß. Man wird auch noch weitere Erläuterungen erwarten dürfen, wo durch heute eine erhöhte Verantwortung der leitenden Beamten bedingt ist. Vor dem Krieg hatten wir aller dings überhaupt noch keine Reichsbahn. Man wird aber doch nicht bestreiten wollen, daß die damaligen leitenden Beamten der Staatsbahnen auch ein sehr hohes Maß von Verantwortung zu tragen hatten, ohne daß man ihnen Gehälter zubilligte, die über das Nor malmaß hinausgingen. Oeser beschäftigt sich dann in seiner Erklärung be sonders mit den Vorwürfen, die — auch von Regie rungsseite — gegen die Reichsbahn gerichtet wurden, weil sie in dem bekannten Lohnkonflikt das Reichs bahngericht angerufen hat, das nach Meinung der Reichsregierung in dieser Frage nicht zuständig ist Oeser verwies hier auf die gespannte finanzielle Laga der Reichsbahn, die ihr keine Mehrausgaben gestatte^ ohne daß eine entsprechende Deckung dieser Ausgaben vorhanden sei. Es sei unmöglich, die Sachausgabcn weiter zu drosseln. Dauernd seien der Reichsbahn im Laufe des letzten Geschäftsjahres neue Personal ausgaben durch Schiedsspruch und Reichstagsbeschluß (insgesamt 280 Millionen) auferlegt worden. Es sH deshalb notwendig, Entscheidung darüber herbeizufüh ren, ob durch die Verbindlichkeitserklärung eines Schiedsspruches weitere Personallasten der Reichsbahn aufgepackt werde«« könnten. Er stehe auf dem Stand- vunkt. dak das Reichsbaknaericht für diese Frage zu ständig ist. Jedoch werde das Reichsbahngericht selbst zu entscheiden haben, ob es zuständig ist und ob der Reichsbahn-Gesellschaft auf diesem arbeitsrechtlichen Ge biet eine Sonderstellung zukomme. Bei der Haushaltsberatung in der Vollversamm lung des Reichstags wird vermutlich auch diese An gelegenheit noch ausgiebig zur Sprache kommen. Einen erquickliche«« Eindruck macht dieser Kampf der Reichs bahn gegen die Reichsregierung jedenfalls nicht. Äst auch die Reichsbahn heute zu einem Träger der Re parationszahlungei« geworden, so sollte doch unter al len Umständen der Eindruck vermieden werden, als ob die Reichsbahn einen Staat im Staate bilden und sich der ordentlichen deutsche«« Gerichtsbarkeit entzie hen will. Erscheint Werktag». Nachm. Bezugspreis monat lich im voraus 1ü0 R.-Pfg. freibl., ausschl.Trägerl. Einzelne Nr. 10 Reichspf., Sonntags-Nr. 20 R.-Pf. Anzeigenpreise: 6 gesp. Petitzeile 0,1b R.-Mark, v, außerhalb ves Bezirkes 0,20 R.-Mark, Zgesp. Retlamezeile 0,45 R.-Mark, Linweise auf Anzei gen und ecingesandte 0,10 R.-Mark, Nachweise- und Ostertengebühr 0,20 R.-Mark, Rabatt nach Tarif. Schwieriger Satz (Tabellen) mit Aufschlag. »earündrl >878. g«rn»prech«r Nr. ». PosUchliebjach Nr. 8 PostschEckkonto Amt Leipzig Nr. 4436. Bankkonto: DereinSbank A Tolditz Htuale Waldenburg Stadtgtrokonto Waldenburg 16. Aabatte »eiten nur bet pünktlicher Zahlung, bei zwangsweiser Eintreibung der RechnungLbetrüge wird jeder Nachlaß hinfällig. Anzeigen dis vorm. 8 Lhr am Ausgabetag erdeten Ausgabe nachmittags '„5 Uhr in oer Geschäftsstelle in Waldenburg Sa., Ob.rgasse 3d. Erfüllung»- orlWaldenburg. Filialen in Altstadt Waldenburg bei .Berra Otto Förster: in Callenberg bei Kerr» Friedt. Lermann Richter; in Langenchursbori bei Lerrn Lcrmain Eicke; in Wolkenburg be- Lerrn Linus Friedemann; in Denig bei Firma Wilhelm Dabler; in Ziegelheim bei Lerrn Eduard Kirsten. Hm gelle höherer »«wall, Krieg. Streik, Autiperrring, Maschine»- sruch, Störungen im Betrieb der Druckerei oder unser Steterer bat der Bezieher keinen Anspruch aus Erhalt der Zeitung »der Rückzahlung bei Bezugspreises, Für Richtigkeit der durch Fern sprecher ausgegebenen Anzeigen übernehmen wir kein« KewLH» Amtlicher Teil. Holzauktion. DI« Im hüsigen Stadlwald ausb-reiteten Kölzer: 157 fichtene u. kieferne Stämme 11—30 cm Mittenst 8 kieferne Klötzer 12—17 „ Oberst., 590 ficktene u. kieferne Stangen 3—13 „ Unterst., 25 m Rollen und 28 Astmeter Brennholz 7 Haufen Reisig stllen Dienst««, den s. Februar 1926, von Nachm. r Uhr ab Im hiesigen Ratskeller gegen sofortige Barzahlung versteigert «erden. Der Wirtschaftsausschuß. un- Val-eiiburger Anzeiger Dieses Bla» euthSlt die amtliche» Bekau»tma«dungen de» Amtsgericht» und de» Stadtrats z« Waldenburg. Ferner veröffentlichen zahlreiche andere staatliche, städtische «.Gemeinde-Behörde» ihre Bekanntmachungen tm Schönburger Tageblatt. Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. Mitglisd bis Söqftlch.n und d,s P«u»sch«n Z«Uu»gso«rl«g«r-B«r«tn» sa. D.) — 8«rlag»or> Waldrndurg Sachsen. Ler Reichspräsident ««pfing am Freitag de« frühere« österreichisch«« vnndeSknnzler Lr. Seipel. In Bsrbrnitnng sind Maßnahmen gegen die ikredrtnet. Lie Abrüstungskonferenz soll angeblich bis zn« V. Mai verschoben werde«. Lie gegen da» Lentschtn« gerichtrte tschechische Spro- chtnvererdnnng ist in Krost getreten. Lie Zahl der Arbeitslosen in Pole» ist ans S41,tzvv gestiegen. Ler französische Kommunist Eochi« wnrde wegen seiner Agitation gegen de« Marokkokiieg z« 15 Monaten Gefäng- «iS ünd 2VV Frauken Geldstrafe dernrteilt. Lie atlantische Küste iu Nordamerika wurde von eine« schwere» Star« heimgesucht. Starke Schneefälle hindern den vahuverkehr. 'Waldenburg, 6. Februar 1926. Ma» spricht am liebsten von den Tugenden, dic Man nicht hat, heißt es in Lessings „Minna von Barn- helm". Danach «nüßte die Tugend, die nns heute am meisten fehlt, die Sparsamkeit sein, denn diese Tugend hören wir heute am ineisten Preisen. Im Reichstag, m den Landtagen und in den verschiedenen kommunale«« Körperschaften, überall zieht sich dnrch die Debat ten wie ein roter Fadci« die Mahnung zu größerer sparsamkeit. Bald hört man sie von den Regie- rungsdänkcn und bald, aus den Reihen der Volksver treter. Und wenn mai« sich dann die Zahlen in den verschiedenen Haushalten im Reich, in den Länder«« und tu den Gemeinden ansieht, bemerkt man, daß wir in der Tat immer nur von der Sparsamkeit sprechen, sie aber niemals zur Anwendung bringen, oder wenigstens niemals am rechten Ort. Trotz des verlorenen Krieges nnd der uns auferlegten Tribute sind überall in unserer öffentlichen Wirtschaft die Ausgaben gegenüber der Vorkriegszeit erheblich gestiegen, auf manchen Gebieten nm ein Vielfaches. Im HaushaltSausschuß des Reichstags wurde in den letzte«« Tagen besonders die Finanzpolitik der Reichsbahn einer scharfe»« Kritik unterzogen. Man Macht ihr znm Vorwurf, daß sie sich auf der einen ^eite weigert, die durch Schiedsspruch für verbindlich erklärte«« sehr bescheidenen Lohnzulagen zu zahlen, wäh- kend sie auf der anderen Seite bei Ausgaben sehr großzügig sein kann, z. B. bei der Bezahlung der leiten den Beamten, Venen vielfach noch Sonderzuwendungen idmacht wurden. Generaldirektor Oeser wendetz «ich etzt in einer längeren Erklärung gegen diese Angriffe. erklärt darin u. a., daß die Gerüchte über die ?öhe der Gehälter der leitenden Beamte«« maßlos wertrieben seien. Es handle sich etwa um 100 Be- Mnte be« einer Gesamtzähl von etwa 3200 oberen Beamten und 329 000 Beamten insgesamt. Die Ver- dntwortnng dieser wenigen herausgehobenen Beamten gegenüber dem frühere«« Reichsbctrieb unverhält- u.smäßig gestiegen. Das Verbleiben in ihrer Stellung mehr als in anderen Stellen abhängig von dem Er- ""g ihrer Tätigkeit. nicht ganz klar, wie man diese Aeußernng .^nassen soll. Bei der Reichsbahn gibt es auch heute oH nur Berufsbeamte, die man nicht einfach entlassen zis? degradieren kann. Das Sachverständigengutachten zwar in seinen ursprünglichen Vorschlägen das