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Auf -em Flug nach Havanna Schwieriger zemitnitart in Pernambuk» Peruambuko, 28. Mai. Nachdem di« Abfahrt deS »Graf Zeppelin* durch Regen mehrere Stunden verzögert worden war, gingen um 9,3» Uhr örtlicher Zeit s18,8N Ber liner Zeit) die 19 Hahrgäste an Bord, Etwa 1)4 Stunden später wurde das Luftschiff vom Ankermast loSgemacht und stieg zu seinem Fluge nach Havanna ans. „Graf Zeppelin* »mslog nach seinem Start mehrere Male die Stadt und den Flugplatz und verschwand um 15,52 Uhr am Horizont unter Hochrufen der vieltausendköpsigen Menge. Zahlreiche Sirenen heulten und eine Menge von Feuerwerkskörpern flog in die Lust. Die Wetterberichte lauten «nssinstig. In der Nähe des klegnators wird das Luftschiff stellenweise Gewitterböen sowie nordöstlichen Seitenwind antressen. »Gras Zeppelin* überflog Natal um 11,95 Uhr örtlicher Zeit (etwa 17,8» MEZ ). Das Luftschiff fuhr in nordwest licher Richtung, woraus man schließt, daß es, anstatt land einwärts zu fliegen, dcrKüste folgen will, um die Flug strecke abzukürzen. » Dr. Eckener war gestern Ehrengast bei einem vom Gou verneur von Pcrnambuko gegebenen Frühstück. In einer Ansprache dankte Dr. Eckener in herzlichen Worten den Brasilianern für ihre Unterstützung und für ihre Anteil nahme an dem Zeppclinslug. Der Besuch des Lustschisses findet fortgesetzt die größte Beachtung der Presse des ganzen Landes. Das Interesse und die Begeisterung der Bevölke rung sind noch ganz besonders dadurch gesteigert worden, daß Dr. Eckener der Ansicht Ausdruck gab, Pernambnko sei der ideale Endhasen für den südatlantischen Zcppclindicnst. Keim stiiWiirseklitde ArbMiemeiMM Die Verhandlungen gescheitert Köln. 88. Mai. Wie die „Köln. Ztg.' aus Berlin meldet, haben die Bemühungen um die Schaffung einer staatsbürger lichen Partei oder Bereinigung, die bis zum heutigen Tage hinter den Kulissen fortgesetzt worden sind, mit einem negativen Ergebnis geendet. Beteiligt waren au diesen Verhandlungen der Führer der Deutschen B o l k s p a r t e i. Dr. Scholy, her demokratische Partctvorsitzendc Koch-Weser, der Führer der W i r t s ch a s t S p a r t c i, Drewitz, und von den Vo lkskonservativen der Abgeordnete v. Lindcincr- Wildau. Tic Einladung zn diesen Besprechungen war von Dr. Scholtz ausgegangcn. In diesen Besprechungen zwischen den Parlamentariern handelte cs sich vor allem um die Echassung einer parlamentarischen Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziele, zu einem später gegebenen Zeitpunkt, also etwa bei einer Auslösung des Reichstages, diese Arbeits gemeinschaft auch außerhalb des P a r l a m e n t s zur Schonung eines PartctgebtldcS sortzusetze». Nach an- siüiglichcm Sträuben hat die Wirtschaftspartet auch ihre Be reitschaft zur Teilnahme an dieser parlamentarischen Arbeits gemeinschaft erklärt, und weiter in Aussicht gestellt, die spätere Entwicklung mitzumachcn. Der Vertreter der Demokraten erklärte sich nach der Partettagung in Halle zwar bereit, an den Besprechungen teil zunehmen, sah sich aber nicht in der Lage, eine Arbeitsgemein schaft mit anderen Parteien etnzugchcn. Von den VolkS- kr nscrvativen gäbe» v. Lindeiner-WIldan und Treviranns die Erklärung ab, daß sie selbst durchaus nicht abgeneigt seien, an der parlamentarischen Arbeitsgemeinschaft sich zu beteiligen, daß dies ihnen sedoch praktisch unmöglich sei, da die L n n d v v l k Vertretung, mit der sie in Fraktionsgcmeinschast stehen, eine solche Verbindung a b l e h n t. Daraus mußten die Verhandlungen über die Schaffung einer parlamentarischen Arbeitsgemeinschaft als ge scheitert erklärt werden. Nebenher gingen Versuche, Verhandlungen zwischen dem volkspartcilichen Führer Dr. Scholtz und dem Jungdeut sch cn Orden zustande zu bringen. Bereits dreimal war ein fester Termin zu einer Zusammenkunft verabredet worden, jedoch sagten die Vertreter des Jnngdeutschen Ordens jedes mal kurz vor der Besprechung wieder ab. Als der Jung- deutsche Orden seinen Beschluß veröffentlichte, bei den sächsi schen Wahlen selbständig vorzngehcn, mußten auch diese Ver handlungen als gescheitert angesehen werden. Das GrenzvefechS hei Reuhöfen Polnische Spione auf deutschem Boden überführt vradtmolckuug uauarar vorlioor Svdrlktloituug Berlin, 28. Mai. Obwohl gute Gründe dafür Vorlagen, In Lachen des deutsch-polnischen Grenzzwischenfallcs zunächst die authentischen Feststellungen der heute nachmittag 3 Uhr am Tatort zusammciitreleiiden Untersuchiingskvmmission ab- iinvarten, haben cs einige Zeitungen für gut erachtet, längere Mitteilungen über die auch uns bekannten Einzelheiten des Vorfalls zu machen, die indessen noch keineswegs alS authentisch angesprvchen werden können. Angesichts dieser Be handlung der heiklen Angelegenheit anderen Ortes stehen wir nunmehr nicht an, Meldungen wicderzugebcn. wie sich der Zwischenfall angeblich zugetragen, und welche Motive dabei eine Rolle gespielt haben sollen. So meldet der „Berliner Lokalanzciger" aus Marienwerder: Seit längerer Zeit machte sich im ganzen Korridorgcbiet ein Anwachsen der polnischen Lpionagetätigkeit bemerkbar. In Danzig sitzt als Leiter dieser gegen uns gerichteten Bemühungen der vor einem Jahr in Oberschlcsicn beschäftigte, ans dem U l i tz p r o z e ß als Zeuge bekannte Kapitän Ezychon; er arbeitet mit großen Mitteln, und ein Stab von etwa 3N Herren steht ihm zur Verfügung. Die Rührigkeit dieses Stabes und seiner Unter» abtcilnngcn wurde bei uns mehr als lästig empfunden und man entschloß sich endlich, der polnischen Spionagebewegnng einen Dämpfer anszusctzcn. Nachdem man lange genug beobachtet hatte, ging ein Beamter der deutschen Grenzpolizei Marienwerder zum Schein und im Einvernehmen mit seiner Vorgesetzten Be- örde aus ein polnisches Angebot ein. das von dem Leiter es Nachrichtendienstes der zweiten pomincrelleschen Grenz- wachtinspektion in C z e r s k. einem Herrn Bicdrzunski. stammte. AIS Lockmittel fungierte ein gewisses Material, das die Polen erwerben wollten und das sie mit 2590 Mark be werteten Längere Zeit wurde über eine Zusammenkunft, bei der das Aktenstück übergeben werden sollte, verhandelt, und schließlich wurde als Treffpunkt die deutsche Paßkontroll- varacke an der Grenze bei Neuliösen in Aussicht genommen Als sich am Sonnabendabend zur verabredeten Stunde Bledrznnski. begleitet von einem anderen polnischen Grenzossizicr. an der Grenze einsand, wurden sie dort von dem erwähnten dentschen Beamten empsangen und in die Baracke — aus deutsches Ho heitsgebiet als» — gesührt. Vorher hatten aus Elbing zugezogenc deutsche Kriminal beamte heimlich das Haus umstellt, während sich eine stärkere Abteilung polnischer Grenzsoldaten, die Karabiner und !> Millimeter-Militärpistolen mit sich führten, heimlich als Bedeckung in der Nähe der Grenzwache anfhiclt. Gleich nachdem in der Baracke das Material übergehen war und die beiden Polen ausbrechcn wollten, drang ein deut scher Kriminalbeamter mit dem Rus: „Hände hoch!* in den Raum ein. Die Polen hatten ihre Pistolen bereits im An schlag und eröffnet-« sosort daö Feuer. Eine Schießerei ent spann sich, in deren Verlaus der Begleiter Ricdrzynskys, wie gemeldet, von einem Bauchschuß getroffen wurde, während ein deutscher Beamter viermal leicht getroffen wurde. In zwischen. alarmiert durch die Schüsse, war die zur Bedeckung an der Grenze wartende polnische Abteilung von etwa dreißig Mann aus deutschen Boden übergctretcn und richtete vom Schlagbanm aus ein heftiges Karabiner- und Pistolenscucr aus die Baracke. Am Schlagbaum, also «nzwcisclbar ans dentschem Boden, fand man die ansgcworfencn Hülsen polnischer Gewchrpatroncn. Ungeachtet dieser Beschießung, die längere Zeit anhielt, und die von den deutschen Beamten erwidert wurde, gelang cS. die Verhafteten durch ein rückwärts gelegenes Fenster zu ziehen und nach Marienwerder zu bringen. Das ist der Verlaus der Dinge. Der unbefugte Grenzübcrtritt schwer- bcwassnctcr polnischer Soldaten kann demnach überhaupt nicht bestritten werden und wird ernsthast auch nicht bestritten. Wichtig ist. daß ein polnischer Beamter aus deutschem Boden der vollendeten Spionage überführt worden ist. so daß ihn, setzt der Prozeß gemacht wird, und daß dieser Prozeß zuver lässig sehr interesiante Aufklärungen über die Berhäluisse an Deutschlands Ostgrenze »eigen dürste. Die zur Untersuchung des Grenzzwischenfallcs eingesetzte deutsch-polnische Kommission, bestehend aus dem Obcr- präsidentcn für Obcrschlesien. Dr. Lukaschek. dem Land rat des Kreises Marienwerder, Herr» Ulm er. sowie dem Präsidenten beim Warschauer AppellattonSaericht, Dr. Luxe m bürg, und dem Starosten des Kreises Meive. Herrn Weiß, ist heute nachmittag in Neuhöfen zusammengetreten. IVlU880lini I0NÄN8 Mussolinis Fanfarenstöße in Livorno, Florenz und Mai-, land haben das alte Europa jäh aus seiner Ruhe ausge schreckt. Wie wenn ein mutwilliger Wanderer mit seinem Stock einen Ameisenhaufen auswühlt, so wimmelt cs durch einander im Getriebe der Diplomatie. Und überall, in Paris wie in Belgrad, in Warschau und in Prag, suchen die be sorgten Ameisenmütter nach besseren Verstecken für ihre Schätze, den kostbaren Raub von Versailles und Trianon, die sorgsam stabilisierte und immer noch nicht genügend ge sicherte Nachkriegsordnung in Europa. Was will er eigent lich, dieser anmaßende Usurpator in Nom, der sich so gar nicht in den neuen europäischen Geist hineinsindet, daß er es wagt, des Pancuropa-Propheten Briand schmeichelnde Fricdens- schalmeien zu übcrtöncn mit rauhen und kriegerischen Disso nanzen? Will er nur poltern und protzen mit der schimmern den Wehr des Faschismus im überströmenden Drang jugend lichen Kraftgefühls, oder muß man ihn ernst nehmen und Vorsorge treffen zur Abwehr von Eroberungsgelüsten? So viel ist jedenfalls sicher, baß man mit dem Duce nicht mehr „verhandeln" kann. Die Hoffnung, durch schöne Redens arten, Auffrischung gemeinsamer Krtegserinnerungen und vielleicht durch die Geste eines kleinen diplomatischen Zu geständnisses die faschistische Begehrlichkeit beschwichtigen zu können, schwindet allmählich. Man muß sich daraus cinstellcn. daß der französisch-italienische Gegensatz mit allen ihm inne wohnenden Gefahren die politische Lage Europas beherrscht. Dort das statische Prinzip, von Frankreich verkörpert, da» uur in Ruhe die Früchte seines Sieges genießen will, und hier das dynamische, vom italienischen Faschismus getrieben, der alle geheiligten Verträge, das ganze in Versailles aus geklügelte System in Frage stellt und immer stürmischer seinen Anteil an der SiegeSbcute verlangt, um den er sich betrogen fühlt. Das ist die böse Wunde, die Italien nicht verschmerzen kann, die Mussolini immer von neuem aufrcißt, um sein Volk nicht vergessen zn lassen. Wieder hat er jetzt von dem „un vollständigen Sieg" gesprochen und die Alliierten von einst an den Treubruch von Versailles erinnert. Mit den Feinden von damals erklärt er sich ausgesöhnt — von Oesterreich hat er ja alles bekommen, was er in seinen kühnsten Träumen wünschen konnte, und zu Deutschland bestand nie ein direkter Gegensatz —, aber der dalmatische Stachel sitzt immer noch schmerzend und schwärend im Fleisch des Faschismus. Man muß sich der Hoffnungen und Enttäuschungen Italiens erinnern, um seine Erbitterung zu verstehen. Schon vor dem Kriege hatte die Idee vom Adriatischcn Meer als „maro nostro" die römische Politik beherrscht. Zu ihrer Verwirk lichung gehörte der Besitz der dalmatischen Küste als Sprung brett für eine aktive Balkanpolitik. Diesen Ehrgeiz machte sich die Entente zunutze. Im Londoner Vertrag von llllS er kaufte sie sich die Beteiligung Italiens am Weltkrieg mit Versprechungen, die den ganzen Küstenstrich von Fiume bis Ragusa als Siegesbeute in Aussicht stellten. Aber als der Zusammenbruch kam, da waren die Serben schneller zur Hand. Sie besetzten die ganze Ostküste der Adria in einer Ausdehnung von 6M Kilometer und schufen damit das be rühmte ksit aeeompli, an dem alle späteren Verhandlungen scheiterten. Der damalige italienische Ministerpräsident Orlando lief in Versailles Sturm, er verlegte sich aufs Bitten und aufs Drohen, er sprengte den Rat der Drei durch seinen sensationellen Exodus, aber das half alles nichts mehr. Die zurückgebliebenen zwei Triumvirn. in deren Händen da mals alle Macht der Welt vereinigt war, Wilson und Lloyd George, einigten sich in seiner Abwesenheit gegen Italien und sanktionierten vertragsgemäß den jugoslawischen Vor griff. llinc illas laerimael Von daher rührt jene Ent täuschung, die der Faschismus noch weniger überwinden kann als das liberale Italien, von daher der Hab gegen Jugo- slawien und gegen Frankreich als seinen Beschützer, von da her die ganze Angriffspolitik Mussolinis mit seinen Bünd nissen zur Umgruppierung Mittel- und Osteuropas. Er ist nicht gewillt, den Betrug von 19lS anzuerkcnncn, er macht Italiens natürliches Recht geltend, und deshalb pfeift er aus die Verträge. Aber aus Schritt und Tritt stößt er auf den Widerstand Frankreichs. Wohin auch den jugendlich stürmischen Siegfried der Expansivnsdrang seines Volkes treibt, hat sich im Altersspcck behäbig Marianne brctt- O - «rattkakrer