Volltext Seite (XML)
MOrufferÄMblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupimannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in ^AschäflssteUe und den Aus Ladestellen 2RM. im Monat, be, Zustellung durch die Boten 2^0 RM.» bei Postbestellung -AM. zuzüglich Abtrog- . . .„ . gebühr. Einzelnummern Mg.AllePostanstatten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus- ^ügerund Geschäftsstellen ' nehmen zu jeder Zeit Be» ^Lungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung tt Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeio-nprri«: dir ^«spaNtne Roumzeil- rvAxlg., dik tgeM-ltni- Zkilk der amtttchen Bedanmm-chun-m « pi-nnig, die S,e»paItene Reklam-ze«c >m ikrliichen Teile I Beichrmerk. Nachweil-ngLgedllhe ro Rrich.picnai««. V«» rLL'W« F.r»!pre»°e: Am, Wilsdruff Nr. S annabmebieuorm.lvUde. ' ' ! FS- die Richt',dkil d« durch Fernruf übermittrltenAnzeigen übernehmen wir deine Garantie. Jeder Aabatianspruch ertticht, wen» derBet,ag»«rch Klage eingezogeu «erden muß oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen olle DermitUuugsstellen e»tgrgen. Freitag, den 28 Februar 1930 MW Ar. SV — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 SWerWte« in der RWrOkW Oie neuen Steuern. Seit Beendigung der Haager Schlußkonferenz geh: der deutsche Neichsfinanzminister wie weiland Diogenes mit der Laterne herum und sucht zwar nicht Menschen, Mohl aber Objekte, die er höher besteuern kann. Er hat dabei nur das Pech, daß ihm solch ein Objekt, wenn er »un glücklich eins gesunden hat, ost genug alsbald wieder entrissen wird und Dr. Moldenhauer nur selten die immer Mit gemischten Gefühlen erteilte Zustimmung aller Re gierungsparteien oder wenigstens ihrer Mehrheit erhält. Und von anderen Objekten, die man ihm vor seine Diogenes-Laterne schiebt, will nun er wieder nichts Missen. Außerdem lauern im dunklen Hintergrund die Länder, weil sie gleichfalls einen Anteil an der „Steuer- crhöbungsbeute" haben wollen. Das geht nun schon so eine ganze Reihe von Wochen hindurch. Für die Defizitdeckung im Etat wird nun als - vorläufig! — letzte Vorschläge die Biersteuer erhöhung auf 75 Prozent empfohlen; doch sollen 25 Prozent des aufkommenden Mehrertrages den Ländern 'uflicßen. Bisher erhalten Bayern, Württemberg und Baden ans den 360 Millionen, die die Biersteuer erbringt, etwa 60 Millionen. Bayern allein davon 49 Millionen- letzt sollen allen Ländern von dem erhofften Mehrertrag - 240 Millionen — weitere 90 Millionen überwiesen werden, so daß von dem künftigen Gesamtertrag der Bier steuer das Reich 75 Prozent behält. Aber die Länder erfahren noch andere finanzielle Porteile aus den geplanten Steuererhöhungen: die Mi ne r a l w a s s e r st e u e r koll eingeführt werden und 40 Millionen bringen: diesen Ertrag erhalten die Länder nnd etwa die gleiche Summe von den 65 Millionen, die man durch die Erhöhung der B e n z i n- und Benzolstener hereinznbringen wünscht. Was zusammen etwa 170 Mil- ^»uen Mehreinnahmen für die Länder bedeuten würde Aber nun das „arme Reich"? Das soll 150 Millionen Nils der Biersteuercrhöhung profitieren, weitere 60 Mil lionen aus der Heraufsetzung des Kaffee- und Tee- tolles und 30 Millionen ans besonderen steuertech Nischen Maßnahmen, indem die Fälligkeitstermine für eine Reihe von Steuern — vorverlegt werden. Was bei Do Millionen Steuerrückständen nicht gerade erhebliche Resultate versprechen dürfte! Dann sollen 1929/30 genau so wie bisher die 300 Millionen gezahlt werden, die durch den Dawes-Plan der Industrie als jährliche Sonder belastung auferlegt wurden; die bisher geplante Ent lastung um 50 Millionen wird nicht eintreten. Nnd schließlich noch 25 Millionen ans der Benzin- und Benzolsteuererhöhung. Was zusammen 305 Mil lionen ausmachen würde. Aber natürlich an einer Deckung des Defizits der Arbeitslosenver sicherung bewußt vorbeigeht; wie man dieses Loch stopfen soll, ist ja zum eigentlichen Streitobjekt zwischen den Parteien außerhalb und innerhalb des Kabinetts ge worden. Denn auch die Kritik, die namentlich von sozial demokratischer Seite gegen dieses Deckungsprogramm geübt wird, weil es nur eine Erhöhung der Verbrauchs steuern bringe, will ja der Arbeitslosenversicherung durch direkte Besteuerung neue Mittel zuführen. Verhältnismäßig wenig Kritik — abgesehen natürlich von den dadurch betroffenen Kreisen — hat die zuletzt in dieses Steuerbukett eiugeflochtene Blume gefunden, näm lich die Erhöhung der Benzin- und Benzolsteuer. Natür lich bedeutet sie nicht etwa bloß eine Mehrbelastung für die Automobilbesitzer, sondern verteuert auch den Betrieb von Automobilen, die der Frachten- und der Personen massenbeförderung dienen, nicht zu vergessen auch das „Auto des kleinen Mannes", also das Motorrad. Zu dem lastet ja auf den Automobilbesitzern jeder Art die Kraftwagen st euer, die dem Reich 1929 etwa 200 Millionen einbrachte, wovon aber fast alles an die Länder Und besonders an die Kommunen überwiesen wurde. Der bekannte internationale „Slkrieg" und vor allem auch die fast unerträglich gewordene Überproduktion von Benzin in den Vereinigten Staaten hat ja in letzter Zeit zu einen, allgemeinen Rückgang der Preise geführt aber trotzdem bleibt eine etwa zehnprozentige Steüererhö! mg auf diesen heute wirtschaftlich so wichtig gewordenen nnd in rasch steigender Menge verbrauchten Betriebsstoff doch eine, nicht ganz leicht zu nehmende Mehrbelastung. Aber schließlich: „Aus irgendeinem Loch muß der Fuchs heraus!" Nach wie vor besteht das Zentrum darauf, daß die Regierungsparteien sich vor der Entscheidung über den Young-Plan einigen müßten — zum mindesten grund sätzlich — über die Regelung der Finanzen, über die leider Notwendigen Steuererhöhungen. Freilich muß diese Einigung erst einmal im Reichskabinett selbst erreicht werden. Llm das Zündholzmonopol. Eine interessante Klage der Altonaer Kolonialwarenhändler. Der Verein Altonaer Kolonialwarenhändler hat beim Staatsgerichtshof in Leipzig Klage erhoben, weil er sich durch das vom Reichstag beschlossene Zündholzmonopol benachteiligt Whlt. Die Klage stützt sich aus Art. 109 der Reichsverfassung, wonach alle Deutschen vor dem Gesetz gleich sind. Durch das Zündholzmonopol aber würden insbesondere den Konsum- Vereinen Vorrechte gewährt. Beendigung der Voung-Verhaudlungen Die Verhandlungen über den Young-Plan und die zur Deckung des Haushaltsdefizits vorgeschlagenen Steuern gehen jetzt dem Abschluß entgegen. Die vereinigten Reichstagsausschüsse haben die Beratung der Young- Gesetze zu Ende geführt. Die Abstimmungen sind aus Wunsch des Zentrums noch nicht am Donnerstag vor genommen worden, sondern sollen erst am Freitag er folgen. Das Reichskabinett trat, wie vorgesehen, am Donners tag unter dem Vorsitz des Reichskanzlers zur endgültigen Beschlußfassung über den Haushalt für 1930 zusammen. Ncichssinauzminister Dr. Moldenhauer unterbreitete dem Kabinett seine Vorschläge, woran sich eine eingehende Aussprache schloß. Zunächst nahm der Reichskanzler zu einigen kritischen Bemerkungen das Wort, ihm folgten die Aentrumsminister Dr. Wirth und von GuSrard. Wie die Beratungen des Reichskabinetts, an denen übrigens auch wieder Reichsaußenmiuistcr Dr. Curtius nach vorübergehender Unpäßlichkeit teilnimmt, ausgehen werden, ist natürlich sehr schwer zu sagen. Unter einen! sehr günstigen Stern scheinen sie nicht zu stehen, da die Sozialdemokraten nach dem Bekanntwerden der Molden- hauerschen Steuerpläne haben erklären lassen, daß die neuen Steuern in dieser Form für sie unannehmbar seien. Die Krisenstimmring, die schon seit längerer Zeit über dem Reichskaibnett lagert, soll sich durch die Bekanntgabe der neuen Steuern noch verschärft haben. Es sind natürlich auch Bemühungen im Gange, die widerstrebenden Wün sche und Meinungen innerhalb des Kabinetts auf einer mittleren Linie zu vereinigen; ob das gelingen wird, wird schon die allernächste Zeit zeigen müssen. Keine Minetts-Mehlheit für dar JeLuWMWM Moldenhauers Berlin, 27. Februar. Zu den Kabinettssitzungen, die sich am Donnerstag mit dem Deckungsprogramm des Reichsfinanzmi nisters für das Haushaltjahr 1930 beschäftigten, erfährt die Tele- graphen-ünion noch, daß zwar alle formellen Abstimmungen in der Kabinettssitzung vermieden worden sind, daß sich aber bereits durch Rundsrage ergeben hat, daß sich eine Mehrheit weder für das Deckungsprogramm des Reichssinanzministers noch sür Ab änderungsvorschläge, die von anderen Ministern gemacht wurden, findet. — In politischen Kreisen ist ein offenbar von demokratischer Seite stammender Vorschlag stark erörtert worden, der dahin geht, für 1930 einen Zuschlag zur Einkommen- und Lohnsteuer in Höhe von 10 v. H. zu erheben, um dann die Einkommen- und Lohnsteucrpflicht sür das folgende Havshaltjahr um 15 v. H. zu senken. In der Deutschen Volkspartei stößt dieser Vorschlag, der offenbar als Kompromiß zwischen den Wünschen der Deutschen Vollspartei auf Steuersenkung und dem Verlangen der Sozial- Wie Minister pensioniert werden sollen. Deutscher Reichstag. Berlin, 27. Februar. Der Reichstag ist bei der Ausfüllung der Pensions-, aber nicht der diätenlosen Wartezeit, die gegenwärtig infolge des schleppenden Ganges der Young-Plan-Besprechuugen in den Ausschüssen und bei dem fast vergeblichen Suchen der Negie rung nach geeigneten Vorschlägen zur Regelung der Finanzen entstanden ist, heute bei einem ziemlich interessanten Thema angekommen: Das Ministerpensionsgesctz soll erledigt werden Die Einigung zwischen den Parteien über diese Ver sorgungsangelegenheit ist weit vorgeschritten. Deutsche Volks partei und Zentrum stimmen in ihrem Beifall säst überein, selbst die Wirtschastspartei ist im großen und ganzen einver standen, wenn auch mit einigen für die Linke nicht ganz an genehmen Reminiszenzen und Betrachtungen. Die sozial demokratische Idee, bei etwaigem Kabinettswechsel, der heute kommen kann — man weiß nicht wie — den Reichspräsidenten bei der Neubernsung des Reichskanzlers an die Gegenschrift des bisherigen zu binden, wird außerhalb der Sozialdemo kratie allenthalben verworfen. Der Reichspräsident soll-ohne jedwede Verpsttchning nur aus eigenem Ermessen den Kanzler berufen können. Ost genug wurden Klagen laut einerseits über die von Parteileulen als zu hoch angesehenen Bezüge und Ruhe gelder der Minister, andererseits über die Unklarheit der be stehenden Zustände. Der Gegenstand lockte den üblichen Zu hörerstrom aus den Tibünen besondes an. Die Bänke sind überreichlich besetzt, jedenfalls wird ein auffälliger Gegensatz demokratie nach einer direkten Steuer darstellen soll, auf ent schiedensten Widerstand, zumal man annimmt, daß sich etatrechtlich gar keine Möglichkeit findet, die Senkung sür das nächste Jahr auch einwandfrei sicherzustellen. * Jie Annahme de; DvuiWlM im Ansschutz sraglich Zentrum und Bayrische Vslkspartei enthalten sich der Stimme Berlin. Die Zentrumsfraktion des Reichstages beschloß, sich bei der bevorstehenden Abstimmung über den Yeung plan und die damit zusammenhängenden Gesetze im Ausschuß, sowie auch bei dem Antrag, der eine Abtrennung des Polen-Abkommens wünscht, der Stimme zu enthalten. Die Bayrische Volksparte! wird sich dem Vorgehen des Zentrums anschließen. Unter diesen Umständen ist es unzweifelhaft, ob der Houngplan u. das Polen- Abkemmen bei der bevorstehenden Abstimmung eine Mehrheit finden. Crsparnismöglichkeiien im Reich. Eine preußische Denkschrist. Mit dem Nachlragshaushalt 1929 hat die Neichsregie- rung dem Reichstag eine noch unveröffentlichte Denkschrift des Generalrescrcnlen des Reichsrats, Ministerialdirektors Dr. Brecht, vorgelegt, betitelt: „Vergleichende Übersicht mit Bemerkungen über die Ersparnismöglichkeucn". Die Denk schrift versucht durch „FinanznbersickNcn ans einem Blatt" die Behandlung der Ausgabensenkung zu erleichtern. . Beson ders wird die verwickelte Verflechtung der Ausgaben des Reiches und der Länder beleuchtet und nachgcwiesen, daß auch hier die bloße Streichung an den überweisungsbetrügen nicht weiterführt. Die Sonderüberweisungen des Reiches, die nur an einige Länder gehen, haben eine bedrohlich wach sende Tendenz. Aus Grund des Paragraphen 35 des Finanz- ausgleichsgesetzes (Subvention für sieuerschwache Länder) erhallen siir 1928 in Millionen Reichsmark: Bayern 26,0, Mecklenburg-Schwerin 5,8, Oldenburg 3,9, Thüringen 2,1. Lippe 1,4, Mecklenburg-Strelitz 0,7, Schaumburg-Lippe 0,4, Waldeck 0,4. Das ergibt zusammen die Summe Von 40,7 Mil lionen Reichsmark. Infolge der Vereinigung mit Preußen verliert Waldeck für 1929 seinen Anteil. Auch Preußen erhält nichts. Würde der gleiche Schlüssel aus Preußen sür seine acht steuerschwachen preußischen Provinzen angewandt, so würde Preußen 72,1 Millionen Reichsmark erhalten. In Bayern verweist man gern aus den „Steuerreichtum" Berlins. Aber Berlins Steuerüberschutz gleicht die Schwäche der ärmerenProvinzen nicht aus. Es kann Preußen nicht zugemutet werden, den Ausgleich in sich selbst vorzu nehmen, solange es gleichzeitig für die steuerschwachen Län der zwei Drittel der ihnen aus Paragraph 35 gewährten Zu schüsse aufbringen muß. bemerkbar zwischen der Fülle der Gesichter hier und der Menge verwaister Abgeordnetensitze im Saal. Schweres Geschütz gegen die Ministcrgchttlter und -pensio nen fährt der Kommunist Torgler auf, der beide als viel zu hoch und überhaupt der jetzigen Notzeit nicht angemessen ab lehnt. Selbstverständlich sendet er dabei scharf geladene Rede- granatcn zu den Sozialdemokraten hinüber, so daß diese in Bewegung geraten Dabei wird von diesen die Titulatur „Schaumschläger" freigebig verliehen. Zum Schluß konnte der Nationalsozialist Stöhr durch seine drastischen Ausdrücke bei Ablehnung des Gesetzes mancherlei Heitsrkeitsstürme Hervorrusen. io. * Gitzungsbericki. (133. Sitzung.) OK. Berlin, 27. Februar. Der Beschluß des Reichstages, nach dein die Rückflüsse aus Hauszinssteuermitteln nur wieder für den Wohnungsbau verwendet werden sollen, hat den Einspruch des Reichsrates erfahren. Dieser Einspruch wird dem Wohnungsausschuß überwiesen. Es kommt sodann der Gesetzentwurf über die Rechtsvcr hüttnisse des Reichskanzlers und der Reichsminister zur Be handlung, also das sogenannte M i n i st e r P e n s i o u s - g e s e tz. Nach den Ausschußbeschlüssen beträgt das Gehalt des Reichskanzlers 45 000, das eines Reichsministers 36 000 Mar- im Fahre. Neu sind vor allem die Bestimmungen über die Pensionierung der Reichsminister. Ehemalige Reichsminister sollen zukünftig nicht mehr lebenslänglich die volle Pension erhallen, sondern nur ein Übergangsgeld für einen Zeitraum von höchstens fünf Fahren, je nach der Dauer der Ministcr- tätigkcit. das in den ersten drei Monaten das volle Minister gehalt und dann die Hälfte beträgt. Hat ein Minister luu Ausübung seines Amtes eine Gesundheftsschädigung erlitten, die seine Arbeitsfähigkeit wesentlich und dauernd beeinträch- liat. io soll er eine Rubersnte erstatten, desgleichen wenn ein Am die Ministerpensionen