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WschkUolksMng Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit «nit UnterhaltungLbeilage Die illustrierte Zeit «nnahm« von L-lchLftsWa 10 Uhr. don S-mMen- I aiijetgen bi» H Uhr. „ , I I Drei» für die Petit-Sp-iIizeile«« 4> im »i-NomcieII «o e. I I l?ür uridculllch geschriebene, sowie durch ^rrnlhrccher auf- > I gegebene Anzeigen können wir di« «erantwortltchkeU für I I gefiigt tsl. Brteslichc» Anfragen ist AniwortSporto beizusügen^ SK. 123 Geschäftsstelle und Redatttoo DresdnnA. IS, HolLeiustratz« äS Dienstag den 1. Juni 1915 AiLMümA« Tie Tiroler Begeisterung Wien, 1. Juni. (W. T. B.) Die Blätter melden aus Innsbruck, daß in ganz Tirol und Vorarlberg die E» rcmiung des Generalobersten Erzherzog Eugen zum -Ober- koimuandierenden der österreichisch-ungarischen Streitkräftc Mir Italien sowie die Betrauung des früheren Inns brucker Korpskommandanten mit dem Kommando in Tirol ungeheuere Begeisterung hervorgeufen hat. In Tirol und Pomrlberg haben sich seit Pfingstsonntag über 12 000 rtliegsfreiwillige gemeldet, wovon 1700 im Alter von 6ö bis sh Jahren stehen. Türkische Ehrung der Mannschaft der „Emden" K o n sta n t i n o p e l. 31. Mai. (W. T. B.) Das bcutige Gartenfest der Stadtvertretung zu Ehren der Ve- srlzimg der „Emden" im Stadtpark an der Spitze des Serail, dessen Palais reich mit deutschen, österreichischen, ungarischen und türkischen Fahnen geschmückt war, verlief Kuzend. Anwesend waren der Kriegsministcr, der Mi- Mer des Innern, der erste Fliigeladjutant des Sultans in luitretnng des Herrschers, der deutsche und der österreichisch ungarische Botschafter mit den Herren der beiden Bot- Mu'ten, Senatoren, Deputierte, Würdenträger und türkische und deutsche Offiziere, darunter General v. Bronsart, Admiral Souchong sowie auch zahlreiche Damen und Herren beider Kolonien. Bei seiner Ankunft wurde Kapitän- leuluant v. Mücke, der vom Stadtpräfekten begleitet wurde. Mvie die Offiziere und Mannschaften der „Emden" stürmisch beglicht. Tie Zustände im englischen Hauptquartier L ondon , 1. Juni. (W. T. B.) „Daily Chronicle" wendet sich in cineni Leitartikel gegen die Indiskretionen Ker Presse hinsichtlich der Berichte von der Front. Das ritisckie Hauptquartier wird beständig von Schwärmen von euten besucht, für deren Anwesenheit es schwerlich eine uilitärischc Rechtfertigung gibt. Es besteht nicht nur ein mgehenerer großer persönlicher Stab, der denjenigen der französischen Generale weit übertrifft, sondern es kommt Mi ein beständiger Strom von Besuchern Hinz», der aus Zivilpersonen und Damen besteht. Dieser Stand der Dinge ragt kaum zur Wahrung der militärischen Geheimnisse oder »r militärischen Leistungsfähigkeit bei. Zur Wehrfrage in England L ondon, 1. Juni. (W. T. B.) Die „Times" schrei en: Die Blätter, die die Wehrpflicht bekämpfen, sind dic- ielben, die früher das Land über die deutsche Gefahr täusch en. Während eine Reihe von Zuschriften an die „Times" ic Einführung der Wehrpflicht befürworteten, schreibt Sir jest Nidgeway, er halte die Wehrpflicht für die Dauer des ricges für wünschenswert, könne sich aber der Tatsache iclit verschließen, daß die Einführung wahrscheinlich einen eiligen Streit verursachen und vielleicht die letzt einige ation spalten würde. Ein französisches Torpedoboot gescheitert >Konstarrtinopel, 31. Mai. (W. T. B.) Gestern t rin frauzösiösches Torpedoboot, das an der Küste des ülnjets Smyrna vor dem Hafen Knsch-Adassi Beobach- mgcn anstellte, in der Nähe des Kaps Jclandschi gescheitert. Ein russischer Segler zerstört London, 31. Mai. (W. T. B.) Der russische Segler Marö" ist an der Nordostküste von Schottland von einem ciitschen Unterseeboot zerstört worden. Die Mannschaft esiieg ein Boot, das von dem Unterseeboot 40 Meilen ge- chlcppt wurde. Die Mannschaft landete am Sonnabend >> Aberdeen. Russische Judenverschleppungen Wien, 31. Mai. Aus dem Kriegspressequartier ?ird gemeldet: Wegen angeblichen Verrats haben die Russen l> der ältesten Juden von Sadagora nach Rußland weg- eschleppt. Veranlassung zu dieser Gewalttat bot die Auf- indung eines Fernsprechapparates und das erfolgreiche euer unserer Artillerie. In Schipenitza wurden wegen egiinstigung und Benachrichtigung unserer Truppen 132 »iscr niedergebrannt und der Ort furchtbar geplündert. Deutsches Reich Dresden, den l. Juni ISIS Dir Pflege der deutschen Sprache in der Rcichspost- verwaltung. Der Staatssekretär des Reichspostamtes hat an die Oberpostdirektionen den nachstehenden dankenswerten Erlaß gerichtet: Der große Krieg, den Deutschland zu führen gezwungen ist, hat auch die Liebe des deutschen Volkes zur Muttersprache gewaltig erstarken lassen. Ueberall in Deutschland ist inan am Werke, in Wort und Schrift den Kampf gegen die entbehrlichen Fremdwörter mit gestei gertem Nachdruck zu führen. Es ist die Pflicht eines jeden Angehörigen der Reichspost- und Telegraphenverwaltung, hierbei nach Kräften mitzuwirken, auch eingedenk dessen, daß die Reichspost es war, die bald nach der Gründung des Deutschen Reiches bahnbrechend auf diesem Gebiete vorge- gangcn ist. Den Beamten ist hiervon Kenntnis zu geben. Um die Bestrebungen zu fördern, will ich die Büchereien der Kaiserlichen Oberpostdirektionen und der Verkehrs ämter, soweit die Mittel reichen, niit anerkannt guten Ver deutschungs-Wörterbüchern ausstatten. — 1646 deutsche Juristen und aus der Justiz hervor gegangene Reichs- und Vcrwaltnngsbeamtc sind bis 27. Mai nach der 9. Verlustliste der Deutschen Juristen-Zcitung nach amtlichem Material schon im Kriege gefallen n. a. 3. Ncchts- lchrer, 308 Negierungs- und Verwaltungsbeamte, Richter, Staatsanwälte, 300 Rechtsanwälte, 420 Assessoren, 060 Re ferendare usw. Diese Statistik, aufgestellt nach dem von den Neichsämtern und Landesjustizverwaltungen der Juristen zeitung überlassenen Material, zeigt, wie der Krieg gerade unter den Juristen reiche Ernte hält. Die krlegsarbeii der Loge In Italien war ursprünglich der weitaus größere Teil der Abgeordneten und Senatoren sowie die Mehrheit des Volkes gegen den Krieg. Daher ist die Frage berechtigt, wie kam es. daß in der Kammer und im Senat die Friedens freunde bei der Abstimmung so sehr in der Minderheit blieben und wie kam es, daß auch die Stimmung im Volke so plötzlich umschlug, so daß am Schlüsse in ganz Italien, von den offizielen Sozialdemokraten abgesehen, die Zahl der Kriegsbegeisterten größer war als die der Friedensfreunde. Darauf gibt es nur eine Antwort: Der Umschwung in der Stimmung ist das Werk der romanischen Freimaurerei. Seit Jahren arbeitet die Loge an dem Anschluß Italiens an Frankreich. Camille Barräre, der französische Botschafter in Rom, ist ein ausgesprochener Freimaurer, die meisten Mitglieder des Ministeriums Salandra sind es auch, und manche Führer des Volkes bekleiden in der Loge hohe Aemter, ja man behauptet sogar, daß der König von Italien derselben nahestehe. Die romanische Freimaurerei ist von jeher ausgesprochen kirchenfeindlich gewesen, sie trug aber auch einen revolutionären Charakter. Ja inan kann ruhig sagen: Drei Ziele verfolgt die romanische Logen verschwörung: Deutschland soll als Hort des ge festeten Staatswillens zertrümmert wer den. das Papsttum soll in Rom einen tödlichen Schlag erhalten, und die Sozialdemokratie will man auf lange Zeit unter der Fuchtel halten; drei sehr verschieden geartete, aber gleichmäßig mächtige Antipoden der Loge hofft man auf das schwerste zu schädigen. Mehr als fünfzehn Jahre schon arbeitete man in Paris und in Rom auf dieses Ziel hin. AnGeld man- gelte es für diesen Zweck nicht, cs standen sogar unbeschränkte Geldmittel zur Verfügung. Die Presse ward in Italien bald gewonnen, in der Kammer konnte man auf sicheren Anhang rechnen, und Wühler und Hetzer für die große Masse waren in Uebcrfülle angeworben. Immer mehr und mehr entfernte sich Italien von seinen Bundesgenossen, und als der große Krieg aus- brach, stand es ihnen innerlich schon völlig ent fremdet gegenüber. Kaum aber war der Krieg ausge- brachen, so verzehnfachten die italienischen und französischen Logen ihre Wühlarbeit. Belgier, Franzosen und Jrre- dentisten aus dem Trentino hielten in ganz Italien haß- erfüllte Reden gegen den Dreibund, ungeheuere Summen wurden für Presse und Agi- tationsschriften aufgewendct, und durch jedes Mittel brachte man die schwankenden Politiker auf seine Seite. So ist es mit Riesenopfern an Geld und Agitations- kraft gelungen, Italien in den Krieg zunächst gegen Oester- reich zu ziehen. Das katholische Oesterreich, dieser Hort der Monarchie, der christlichen Staats- und Welt- auffassung, in dem es noch eine Heiligkeit der Throne und Fernsprecher LISÜtt 14. Jalirg. Altäre gibt, war immer das Ziel des Hasses der rtalle- nischen Lagen des des französischen Grand d'Orient. Das ist nach Beendigung der „Tat" bewiesen worden. seiner Herzensfreude, daß das große Werk vollendet sei, hat nämlich der G r o ß m e i ste r der italienischen Logen in einem Rundschreiben an die ihm unterstellten Bruder seiner hohen Genugtuung darüber Ausdruck gegeben, daß die von ihm so heiß ersehnte und so wohl vor- bereitete Stunde des Kampfes gegen die Tyran - n e n (das sind nämlich wir!) e n d l i ch g e s ch l a g e n habe. War auch dies Bekenntnis einer gar nicht schönen Seele von einer großen Unvorsichtigkeit, so hat uns der Herr Großmeister dennoch mit ihm nichts Neues gesagt. Das Sozialistenblatt „Avanti" schrieb an- fangs Mai: „Die italienische Freimaurerei stimmt für den Krieg, sie ist immer für den Krieg gewesen. Das Volk ist für die Oligarchie der grünen Sekte nichts anderes, als ein Werkzeug, das den Plänen der Anführer zu dienen hat. In diesem Augenblick wappnet und verschwört sich die Frei maurerei für den König von England. Tie englischen und französischen Logen üben auf die italienischen Schwester- logen einen ungeheueren Druck aus, damit diese ihrerseits dazu beitragen, Italien an der Seite des Drewer- bandes zum Kriege zu drängen. Von den Logen aus gehen kategorische Befehle und Verweise an die Männer, die öffentliche Aemter bekleiden, oder die auf Organisationen und Parteien dahin zu wirken für einfluß reich gehalten Werden. Von der Loge gehen die Fäden aus, und von ihr werden die vielen „unabhängigen" Blätter „inspiziert"." Ein römischer Mitarbeiter schrieb der „M ü n- chener Post" (Nr. 112): „Auf den König suchen die Chauvinisten dadurch zu wirken, daß sie mit dem Sturze seiner Dynastie drohen. Wenn einmal Frieden ist, dann wird es Zeit sein, die sehr interessanten Konferenzen der italienischen und französischen 0) roß logen, deren Ge heimnis aus dem Dunkel des Tempels zu uns gelangt ist, in aller Oesfentlichkeit zu besprechen und diesen Kriegs treibern die humane Maske vom Antlitz zu reißen, und man wird erstaunen, was man hinter ihr findet!" Wir meinen, cs bedarf weiterer Beweise nicht. Die unheilvolle Tätigkeit der romanischen Logen ist hier klar dargetan. Sie werden hoffentlich der verdienten Strafe durch eine fürchterliche Niederlage nicht entgehen. X Ein Papftbries über den Krieg N o m, 28. Mai. Ter Brief des Papstes an den Kardi nal Vannutelli besagt dem „Osservatore Romano" zufolge, daß der Papst, indem er sich an den Dekan wende, zu jedem einzelnen Kardinal gesprochen zu haben wünsche. In seiner ersten Enzyklika habe er, getrieben von dem Wunsche, in Europa das entehrende furchtbare Menschengemetzel aufhören zu sehen, die Regierungen der Kriegführenden ermahnt, baldigst den Völkern die Seg nungen des Friedens wiederzugeben. Seine Freundcs- und Vaterstimme sei ungehört geblieben. Der Krieg dauere fort und zu Lande wie zu Wasser scheue man nicht einmal vor Angriffwaffen zurück, die den Gesetzen der Menschheit und dem Völkerrecht widerstritten. Gleich als ob dies aber nicht genüge, habe sich der furcht bare Brand auch auf sein geliebtes Italien ausge dehnt und lasse leider auch für Italien Tränen und Ver heerungen befürchten, die jedem, auch einem glücklichen Kriege eigen wären. Der Papst erwähnt darauf seine Bemühungen zugunsten der Kriegsgefangenen und teilt mit. daß den Feldkaplänen weitgehende Privilegien für das Messe- lesen und den Beistand Sterbender gewährt werden. Diese Privilegien känicn nicht nur den Feldkaplänen des italie- Nischen Heeres zu gute, sondern auch allen im italienische» Heere irgendwie befindlichen Priestern, die sich ihrer hei- ligen Mission würdig zeigen und aufs höchste bemüht sein mögen, daß den Soldaten bei dem harten Kainpfc keines- Wegs die Stärkungen der Religion mangeln. Die Ze:t, die wir durchmachen, sei schmerzlich, der Augenblick sei fürchterlich, aber die Herzen hoch! und hän- sigeres und glühenderes Gebet zum Herrn der Völkerschicksale! „Möge bald die Kriegsplage aufhören und Frieden und Ruhe wiedcrkehren!" Alle Söhne der katho- lischen Kirche mögen zusammen mit dem Papste drei Tage lang hintereinander oder getrennt streng fasten und damit volle Jndulgenz, gültig auch für die Seelen des Fege feuers, erwerben. Der Papst schließt: „Das Echo dieser unserer Worte möge zu allen unseren, von fürchterlicher Kriegsplage ge troffenen Söhnen gelangen und alle überzeugen von unserer Teilnahme an ihren Mühen und Qualen. Tenn es gibt keinen Schmerz, der nicht ans unser väterliches Gemüt zu- rückwirkt."