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^uer Tageblatt ul für Hui-Irll,« »I« postinNall,« - <rsch«lal »,kNI,l>ch. Zernsprrch - flnhhlu» Nr. SS. Anzeiger für das Erzgebirge »I, ,,s»«>N« sie «»»,«.,. Hu, „» Um,»»«al » *,ll»s,»>il,«, »«»«»» H»»,I,,» «5 H,Na»,»p<«t,,U, «. *»l»ps,nn!,, imtllch« -,U, 5» *»lt,s,m,I„. r^.gramm,: Lag,blatt Hur.rzg.dirg,. Enthalten- -le amtlichen Srkaaatmachuagea -r» Nate« -er Sta-t an- -r» Amtegericht« Mae. p'gfch»«.«»»:» Nmt Leipzig Nr. ,»e« 2^r. 272 Dienstag» äen 24. November 1925 20. Jahrgang Das Locarno-Gesetz im Berlin, 21. Nov. TaS Plenum de- Reichsrates nahm heute tu der zweiten Nachmittagsstunde die Lo- carnvgesetze Mit 46 gegen 4 Stimmen bei 3 Stimm enthaltungen an. Gegen die Gesetze stimmten Ostpreu ßen, Pommern, Niederschlesien und Mecklenburg-Schwe rin, während sich Hessen-Nassau, Bayern und Württem berg der Stimme enthielten. Der Entwurf umfaßt drei Artikel und hat folgen den Wortlaut: Ter Reichstag hat da« folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des RetchSrateS hiermit berkün- det wird. Artikel 1: Den Verträgen, die Hem am 16. Oktober 1925 in Loearno unterzeichneten Schlußproto koll beigefügt sind und am 1. Dezember 1925 in Loii? don unterzeichnet werden sollen, nämlich: Oer Ne ch'präflöent oberster Hefehlshaber oe: lieichswehr. Berlin, 21. Nov. Die Reichswehr hat gestern dem Reichstage da? angekündigte Weißbuch über die Ent- wasfnungsfrage zugehen lassen. Neben den bereits in der vorigen Woche veröffentlichten Noten enthält es die Aufzeichnungen über den Verlauf der zwischen dem 6. und 14. November in Berlin und Parts geführten Verhandlungen, sowie die Anlagen zur Note vom 23. Oktober, soweit sie den Oberbefehl in der Reichswehr und die Behandlung der privaten Verbände und Or ganisationen umfassen. Dabet wird der Wortlaut der Verordnungen bekanntgegeben, die aus Grund der Ver handlungen von der Reichsregierung! erlassen werden sollen. Die Verordnung über den Oberbefehl der Reichs wehr wird folgenden Wortlaut haben: 1. Der Reichspräsident ist oberster Befehlshaber der gesamten Wehrmacht (8 8 des WehrgesetzeS). Er übt das militärische Verordnungsrecht aus (8 11 des Wehrgesetzes). 2. Ter Reichswehrminister übt unter pem Reichs präsidenten die Besehlsgewalt über das! Heer aus. DaS Retchswehrininisterium, die Oberbefehlshaber der Grup pen und die Divisionskommandeure, soweit sie nicht durch Abschnitt 4 den Oberbefehlshabern der Gruppen nachgeordnet sind, unterstehen ihm unmittelbar, ebenso die Landeskommandanten hinsichtlich ihrer besonderen Obliegenheiten. 3. Der Chef der Heeresleitung gehört dem NeichN- wehrmtnisterium an. Seine Stellung wird bestimmt durch! 8 8 des Wehrgesetze» nach Maßgabe der Vorschrif ten des obenstehenden Artikels 2. Er ist der militäs- rische Berater des Reichswehrministers und sein Ver treter in militärischen Angelegenheiten des HeereS. Vas üeutsch-schwe-lsche Schleüsgerlchts- un- Vergleichsabkommen. Stockholm, 22. Nov. Die Ratifikationsurkunden des Schiedsgerichts- und Vergleichsabkommens vom 29. 8. 1924 zwischen Deutschland und Schweden sind heute in Stockholm ausgetauscht worden. DaS Abkommen wird nach einem Monat in Kraft treten. Seratung über -ke Errichtung -es National-enkmals. Ter auf Anregung der Reichsregierung vom Reichs rat gewählte, aus Mitgliedern des NetchSratS bestehende Ausschuß zur Errichtung des Nationaldenkmals für die im Weltkriege Gefallenen hielt gestern unter Vorsitz des mit der Führung des ReichSministeriumS des Innern beauftragten Retchswehrmintster« Dr. Gehler seine erste Sitzung ab. Der Beratung lagen die zahlreichen der RetchSregie- rung und dem Ausschuß zugogangenen Vorschläge zur Lösung der Denkmalsfrage zu Grunde. Der Ausschuß vertrat übereinstimmend den Standpunkt, daß die Er richtung eines kostspieligen monumentalen Bauwerke- mit Rücksicht auf die schweren Zeitverhältnisse nicht in Frage kommen kann. Unter den Vorschlägen erschien der Mehrheit des Ausschusses die Schaffung einer Wethe stätte in der Retchshauptstadt oder die Errichtung eine» „Heiligen Haines" im Herzen Deutschland- am geeig netsten. Auf Vorschlag des Ausschusses wurde der Reichs- kunstwart beauftragt, die in dieser Richtung sich bewegen^ den Pläne in Fühlungnahme mit Vertretern der deut schen Künstlerschaft al» Grundlage für die «eitere Be handlung der Ungelegercheit zu Prüfen. * - Reichsrat angenommen. 1. der Vertrag zwischen Deutschland, Frankreich, Belgien Großbritannien und Italien, 2. das Schiedsabkommen zwischen Deutschland und Belgien, 3. das SchiedSabkvmmen zwischen Deutschland und Frankreich, 4. der SchiedLoertrag zwischen Deutschland und Polen, 5. der Schicdsvertrag zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei, wird genehmigt. Tos Schluß- Protokoll und seine Anlagen werden nachstehend verk- öffentlicht. Artikel 2: Die Reichsregierung wird ermäch tigt die zum Eintritt Deutschlands in den Völkerbund erforderlickwn Schritte zu tun. Artikel 3: Dieses Gesetz tritt mit dem auf die Verkündigung folgenden Tage in Kraft. «...11I1,,»,N»..1„»«,, Nücktritt -es Nrichejustizministers Vr. Zrenken. Berlin, 21. Nov. (Amtlich.) Der Reichspräsident hat den Reichs-Minister Dr. Frenken in Genehmigung sei nes EntlassungSgesucheS von seinen Acmtern als Reichs- justizminister und Neichsminister sür die besetzten Gebiete entbunden. Zu dem Rücktritt Dir. FrenkenS veröffentlicht die „Germania" das Schreiben Dr. Frenken» an Reichs kanzler Dr. Luther, in dem Dr. Frenken um seine Ent lassung bittet. .In dem Schreiben heißt eS: Tsa ich dem Endergebnis der Verhandlungen von Loearno nicht zu stimmen konnte, war ich entschlossen, bet der.Umgestal tung der Negierung ein Ministerium nicht mehr zu über nehmen. Die Erörterungen über meine .Haltung in der Presse und eine Aussprache!, die ich mit dein Voru sitzenden der Zentrumssraltion des Reichstages Führen« buch hatte, veranlassen mich zu der Bitte, meine Ent lassung aus den: von mir bekleideten RetchsmfntsteriuM schon ^jetzt herbetzuführen. VemWon -es Kabinett- paknlevö. Paris, 22. Nov. Nachdem im Verlauf der heutigen Nachmittagssitzung der Kammer der Artikel 5 der Re gierungsvorlage zur Jinanzsanicrung, der hie Rückzah lung der kurzfristigen SchatzbondS im Verlaufe von 25 Jahren vorsieht, mit 278 gegen 275 Stimmen von der Kammer abgelehnt worden war, hat die Regierung, Pain- leve demissioniert. ' Der Artikel 5 hat folgenden Wortlaut: „Die Daten bezüglich der Rückzahlung der kurzfristigen Wertpapiere des Schatzamtes und des Nationalkredits werden entspre chend einer Aufstellung, die diesem Gesetzentwurf beige fügt ist, auf eine Periode von 25 Jahren ab 1. Januar 1928 verteilt werden." . , , > Paris, 22. Nov. Der Präsident der Republik Dou- mergue hat die Demission des Ministeriums Painleve angenommen. Präsident Toumergue konferiert zurzeit mit Senatspräsident de Salves und hat auch Kammer präsident Herriot ins Elhsee berufen, um sich.mit ihm über die durch den Rücktritt PainleveS geschaffene Lage auszusprechen. Vas Gutachten -es Haager Internationalen Gerichtshofes zur Mostulfrage. Haag 21. Nov. In der heute mittag abgehaltenen Schlußsitzung der 9. außerordentlichen Tagung des Stän digen Internationalen Gerichtshöfe»! wurde das Gut achten des Gerichtshofes im englisch-türkischen Mossul- streit bekanntgegeben, um dessen Abgabe der Gerichts^ Hof durch den Beschluß des VölkcrbundScates vom 19. 9. ersucht worden war. Die dem Gutachten zugrunde lie genden Fragen lauten r 1) welches ist der Charakter der vom Völkerbundsrat kraft de- Artikels 3 8 2 des FrtcdenSvertrage» von Lausanne zu fällenden Entschei dung? Stellt sie einen schiedsgerichtlichen Ausspruch dar, eine Anempfehlung oder einen einfachen Vermitt lungsversuch? 2) muh diese Entscheidung einstimmig angenommen werden oder kann sie auch durch Mehrheits beschluß erfolgen? Dürfen die Vertreter der beteiligten Parteien an der Abstimmung tetnehmen? Zn eingehenden 41 Seiten langen Rechtsausführun- gen kommt der Gerichtshof in seinem Gutachten zu fol gender Entscheidung: 1) die vom Bölkerbundsrat kraft Artikel 8 8 2 des Lausanner Vertrage» zu fällende Ent scheidung will für die Parteien bindend sein und will die -wischen der Türket und Irak festzulegenden Gren zen endgültig feftstellen, 2) die Entscheidung muh ein stimmig erfolgen und die Vertreter der Parteien dürfen an der Abstimmung tetlnehmen, jedoch dürfen ihre Stim men bet der Feststellung der Frage, ob Einstimmigkeit erzielt worden ist, nicht mitgezählt werden. Die Arbeiten äes Reichstags. Bon Dr. Külz, M. d. R. Nach dreimonatlicher Unterbrechung nimmt der Reichstag jetzt seine Arbeiten wieder auf. Große außen- und innen politische Fragen drängen zur Entscheidung, und es wirt sich sehr bald zeigen, ob der Reichstag der ungeheuren Verant wortung gerecht wird, die auf ihm ruht. Die politische Situa tion, die der Reichstag vorfindet, ist nicht einfach. Er findet auf der Regierungsöank ein Rumpfkabinett vor; eine im par lamentarischen Staate ebenso unnormale wie unerwünscht« Erscheinung. Noch läßt sich im Augenblick nicht übersehen, wie diese Regierungskrisis deutschnationaler Herkunft gelöst werden wird. Nur so viel ist klar, daß nach dem Verlauf de» deutschnatiounlen Parteitages ein Wiedereintritt der Deutsch- nntlonnlon in die Regierung nicht mehr in Frage kommt. Wesentlich für die Lösung der Krisis wird die Einstellung der Parteien zu Locarno sein. Daß die überwiegende Mehrheit des Reichstages die in Locarno verfolgte Politik billigt, steht außer Zweifel, nicht aber deswegen schon die Annahme der Verträge. Auf Seiten der Sozialdemokratie besteht noch immer die Neigung, ihre Zustimmung von innenpolitischen Konzessionen abhängig zu machen. Wird ein« Regierung Luther hierzu bereit sein? Auf welche Weise wird der Reichs kanzler seine durch Austritt der Deutschnationalen verloren gegangene parlamentarische Mehrheit wieder Herstellen? Wird ihm das überhaupt gelingen? Wird er einem anderen Kanz ler Platz machen müssne? Die einzig wirklich tragfähige Re- gierungübasis ist jetzt nur die große Koalition von der Volks partei bis zur Sozialdemokratie, einschließlich der bayerischen Volkspartei und der wirtschaftlichen Vereinigung. Jede an dere Regierung würde ein auf Mehrheiten von Fall zu Fall angewiesener Notbehelf bleiben und den Keim weiterer Krisen in sich tragen. Mit den Gedanken der großen Koalition mag sich die Sozialdemokratie nicht befreunden, aber auch bei der Volkspartei stehen starke Teile abseits. Eine nach link» durch Hinzunahme der Demokraten erweiterte Regierung würde zwar den oppositionellen Abstand der Sozialdemokra tie verringern, aber stabile Verhältnisse sicher nicht schaffen. So wenig man in nichtsozialistischen Kreisen von eine« Reichstagsauflösung jetzt noch spricht, so groß ist doch tat sächlich die Gefahr, daß sie durch den Austritt der Deutsch nationalen und durch die nachfolgende Taktik der Sozialemo» kratie doch noch herbeigeführt wird. Freilich wäre das nicht nur ein klägliches Schauspiel, nicht nur ein jämmerliches Ar beitszeugnis, sondern auch der Ausgangspunkt zu innerpoli tischer Ruhe, außenpolitischer Unsicherheit und damit zu einer Verschärfung der Depression, die vor allem auf unserem Wirtschaftsleben lastet, das gerade jetzt, wie wohl noch nie, Entspannung und Ruhe braucht. Man sicht: Es sind Ent scheidungen von äußerster Folgenschwere, die im Reichstag bevorstehen. Gelingt eine Ueberwindung der gegenwärtigen Krise und eine befriedigende Lösung der außenpolitischen Probleme, so wird der Reichstag seine Arbeitskraft sehr bald an der Er ledigung zahlreicher anderer dringender und schwieriger Aufgaben zu erproben haben. Ein wesentlicher Teil des Haushaltplanes harrt noch der endgültigen Verabschiedung, und das zu einer Zeit, wo das Haushaltjahr mehr und mehr seinem Ende zuneigt. Die beamtenrechllichen Gesetze, deren Erledigung in früheren Reichstagen bereits über Gebühr ver zögert worden ist, müssen unbedingt in Beratung genommen werden. Ebenso kann eine Nachprüfung der Beamtengehälter nicht mehr aufgeschoben werden. Im Wohnungswesen werden die Vorschriften des Mie- tcrschutzgesetzes zu revidieren sein. Der wohl endgiltig in der Versenkung verschwundene Entwurf eines Retchsschulgesetze» muß durch eine brauchbare Gesetzesvorlage ersetzt werden,. Auf handelspolitischem Gebiete ist der deutsch-italienische Handelsvertrag spruchreif, aber hoffentlich gelingt eS darüber hinaus auch mit Frankreich zu einem Abschluß zu kommen und dem einem Zollkrieg äußerst nahe kommenden handels politischen Verhältnis mit Spanien und mit Polen ei« Ende (durch angemessene Handelsverträge zu bereiten. Zahlreich sind auch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturelle« Ein« zesfragen, die durch Initiativanträge au» der Mitte de» Reichstages heraus in Fluß gebracht worden sind, und wen« nicht unvorhergesehene Erleichterungen eintreten, wird dia mit Eintritt des Winters zunehmende wirtschaftliche Not zu gsetzlich normierten Hilfsaktionen drängen. E» genügt diese kurze Skizierung der nächsten Aufgaben deS Reichstag», um zu zeigen, welche Verantwortung die Kreise auf sich geladen haben, die durch die jetzige innerpolitische Krist» seine Arbeit»- jähitzleit hemmten, und Mlchp Verantwortung diejenigen! zu tragen hätten, die durch eine RetchstagSauflüsung auf Mo nate hinaus die parlamentarische Tätigkeit lahm legen würden. Da» Wohl de» deutschen Volke» verlangt vom Reichstag ruhige«, beständige», planvolle» und energische« Handeln und verträgt gerade jetzt keine Häufung von Momenten politischer und wirtschaftlicher Unruhe oder Un gewißheit.