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Freitag. Rr. 33. 11. Juli 1873. Amts-Matt für di« HerichkS-Armter uttd StadtMße zu Dippoldiswalde «»d IraumMn. Verantwortlicher Redakteur: Carl Irhnr in Dlppotdisiüaldt. Dieses Blalt erschein! wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alld Post-Anstalten UUd die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine seht wirksame Ver breitung finden, werden mit l Ngr. für did Spalten - Zeile berechnet. Der «. Juli 1373 und 1415. Vergessen wir im Strome der Zeit nicht, mit Pietät, Bewunderung und dankbarer Verehrung uns an einen großen Glaubenshelden zu erinnern, der vor 500 Jahren vaH Licht der Welt erblickte. Der war der ehrwürdige Johann Huß, geboren zu Hussinez in Böhmen, am 6. Juli 1373, welcher 42 Jahre später von seinen päpstlich gesinnten erbitterten Feinden als sogenannter Ketzer zum entsetzlichen Feuertode verurtheilt, in Costnitz öffentlich hingerichtet wurde, am 6. Juli 1415. Und warum? Weil er, der felsenfeste Kämpfer, für die Wahrheit, zu dem verlangten Widerruf, wodurch sein Gewissen belastet worden wäre, sich nicht entschließen konnte. ES gestattet hier weder Raum noch Ort, über HußenS Lehre und Leben ausführlich zu berichten, denn das Wichtigste aus seiner Lebensgeschichte ist den Meisten schon aus der Schule bekannt. — Aber daran sei hier mit wenig Worten erinnert, daß Huß, welcher Prediger in Prag und zugleich Beichtvater der Königin Sophie, auf dem Gebiete der im Argen liegenden christlichen Kirche als Reformator in Böhmen fast dasselbe that und wirkte, als der 100 Jahr später auftretende Held Luther in Sachsen, so daß Huß als der eigentliche Bahn brecher zur Kirchen-Reformation zu betrachten ist. Und welcher Verbrechen hatte sich denn der freimüthige Huß, im protestantischen Sinne ein achter Märtyrer, schuldig gemacht? Warum haßte ihn die päpstliche Parthei mit sammt dem damaligen bigotten Kaiser Sigismund? Warum ver- urtheilte die hochehrwürdige (!) Kirchenversammlung ihn zum Feuertode? Weil man es ihm, dem edlen Wahrheitsfreunde, gegen den man mit Haß und Rachegefühlen erfüllt war, nicht vergessen und vergeben mochte, daß er in seinem heiligen Eifer gegen das Sittenverderbniß der Geistlichkeit und der höheren Stände, gegen die päpstlichen Irrlehren, kirchlichen Mißbräuche, als: Wallfahrten, abgöttischen Bilderdienst, Klosterleben, Ablaß rc. in Wort und Schrift scharf und frei- müthig aufgetreten war. Das waren in den Augen seiner verblendeten Feinde und des irregeführten Volkes seine angeb lich todeswürdigen Verbrechen; in unseren Augen hin gegen sind dieß eben unsterbliche Verdienste, welche sich Huß als edler Kämpfer erworben hat und welche nicht ver gessen werden, so lange es Religion, Kirche und Vernunft giebt. Ehre seinem Andenken! Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 10. Juli. Unser Haupt-Vogel- und Scheibenschießen wird Heuer wahrscheinlich — nicht stattfinden! Der Grund liegt in der jedenfalls übertriebenen Befürchtung, daß ein solches Fest der Verbreitung der, im Dresdner Amtsbezirke ausgetretenen Cholera Vorschub leisten könne. Auf eine Anfrage der hiesigen Polizeibehörde bei dem kgl. Bezirksarzte Hrn. vr. Mahnert in Tharandt, ob die Abhaltung des genannten Festes unbedenklich sei, ist dieser am Dienstage selbst bei uns gewesen, um sich über die bereits in letzter Nunimer d. Bl. erwähnten Fälle zu orientiren. Obschon nun diese Fälle (2 in Schmiebeberg, 1 in Ulberndorf — neue Fälle find weder von hier, noch aus der Umgegend bekannt geworden) zu einer Befürchtung um so weniger Grund geben konnten, als die erkrankten Per sonen bereits hergestellt waren, so hat der kgl. Bezirksarzt doch in Rücksicht darauf, daß unserm Vogelschießen aus den Dörfern des Plauenschen Grundes rc. Gäste zuströmen könnten (da dort öffentliche Vergnügungen, resp. Tanzmusiken verboten sind), die Abhaltung desselben untersagen zu müssen geglaubt. Wir theilen die Befürchtung, wie gesagt, nicht, enthalten uns aus naheliegenden Gründen einer Kritik der getroffenen Maßregel, möchten aber, auf die in voriger Nummer enthaltenen Bemerkungen zurückkommend, die Ge legenheit benutzen, vor der Erfindung und Verbreitung falscher Nachrichten wiederholt dringend zu warnen. Ge schäftsleute hiesiger Stadt, in der nicht ein einziger Fall von Choleraerkrankung bekannt geworden ist, versichern uns, daß die Abnahme des Verkehrs von draußen entschieden bemerkbar sei, da, wie einzelne von aus wärts kommende Käufer erzählen, Dippoldiswalde als von der bösen Seuche ergriffen verschrieen sei. Erwächst durch den Wegfall des Vogelschießens unfern Gewerbtreibenden, die sich zum Theil schon auf das Fest vorgesehen haben, ohnehin ein nicht unbedeutender Verlust, so möchten sie doch durch derartige, von gewissenlosen Schwätzern verbreitete Gerüchte nicht auch in ihrem gewöhnlichen Geschäftsbetriebe geschädigt werden. Eine spätere Abhaltung unseres Schieß festes schien bisher unthunlich, da am 27. Juli das große Vogelschießen in Dresden beginnen sollte und, später wohl die Ernte es nicht räthlich erscheinen ließ. Da aber heute bekannt wird, daß das Dresdener Fest aus sanitätspolizei lichen Rücksichten nicht stattfinden wird, so wäre wohl eine Abhaltung unseres Vogelschießens am 27. d. Mts. oder am 3. August noch nicht ausgeschloffen. — Die Jahresfeier des Gustav-Adolf-Ver eins für Dippoldiswalde und Umgegend soll dies Jahr Sonntag, den 27. Juli, in Johnsbach gehalten werden und außer dem um 2 Uhr Nachmittags beginnenden Gottes dienst in Berichterstattung und Berathung in der von früher bekannten Weise bestehen. — Die Wasserwärme im großen Bassin unserer Bade- Anstalt war in diesen Tagen immer wieder 17 Grad. Wir ordern wiederholt zur fleißigsten Benutzung des Bades auf und bemerken, daß nur gegen vorher an den bekannten Stellen zu lösende Karten gebadet werden kann.