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Nummer 81 - 24. Jahrgang knial wöchtl. Vtiugöprela: für April 2,so einsckl Bestellgeld «nzr »enpretjer De laesp. Pe1tlu>le ilv Stellengeiuche 2» De Petit-Reklamezeilr 89 Millimeter breit, 1 Osfertengebiihr für Selbst abholer 2tt bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 1V. SountagS.Nr. 1b Geichäitllcher Teil: Joses Fohmann, Dresden. SöcksWe Dienstag. 21. April 1925 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Berpstichiuna auf Lieferung sowie Erfüllung von Anzeigen-Auftrögen u. Leistung von Schadenersatz. Für undeutlich u. d. Fernruf, übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Verant/ Wortung. Unverlangt eingesandte und mit Rückporte nicht versehene Manuskripte werden nicht ausbewahrt Sprechstunde der Redaktion 6 bis S Uhr nachmittag». HauptschttstleUer: Dr. Josef Ltbert. Dresden. U>rs»iis,«ftkllr der GächsisUie» <vol»s»«t«ima und Druck und Verlag i Saxoina-Buchdnmere, GmbH. Dresden.»,Usl. tS. Holbeinstrake 4S. gernnil 82722. PoMchecktonto Dresden l«797. Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen VolkSzeituna Dresden-AIlsl. lk. Holbeinslrahe ev. gernnn 827A und:>8L38. Marx' Siegeszug -urch MMel-eulschland M MMVW ill AeM Der Empfang am Bahnhöfe Dresden, den 20. April 1S2S. Die gewaltige Kundgebung, in der der Präsidentschafts kandidat der verfassungstreuen Parteien, Reichskanzler a. D. Marx zu den Wählern der sächsischen Landeshauptstadt sprach, hat für alle Teilnehmer ein großes Erlebnis bedeutet. Schon tagelang vorher stand die angekündigte Marx-Versammlung im Mittelpunkt der Erörterungen. Allgemein empfand man es als einen Beweis der Hochschätzung, die Marx der politischen und wirtschaftlichen Bedeutung des sächsischen Landes zollt, datz er Dresden als eine der ersten Stationen seiner Reise gewählt hatte. In allen Kreisen des Volksblocks war man gespannt darauf, den Mann kennen zu lernen, von dessen Leistungen man zwar schon vielfache segensreiche Wirkungen verspürt, dessen Person aber in Sachsen bisher völlig unbekannt geblieben war. Diese lebhafte Anteilnahme erklärt es, daß schon am Bahn Hofe sich eine beträchtlick>e Menschenmenge angesammelt hotte, obwohl die Ankunftszeit nur durch eine kleine Notiz im letzten Augenblick bekanntgegeben worden war, Reichskanzler a. D. Marx benutzte den Zug, der 4,34 nachm, in Dresden ein- trissi. Der Zufall wollte es, daß im gleichen Wagen der Außen minister Stresemann fuhr, der an der Tagung Sächsischer Industrieller in Dresden teilnehmen wollte. Die Herren tausch ten Besuche von Abteil zu Abteil aus und unterhielten sich in freundschaftlicher Weise. — Bon seiten eines Journalisten soll Stresemann bei seiner Ankunft in Dresden gefragt worden sein, ob er in der Marx-Versammlung als Diskussionsredner sprechen wolle? Auf dem Bahnsteig wurde der Präsidentschaftskandidat von dem sächsischen Ministerpräsidenten Heldt sowie von Vertretern des Deutschen Republikanischen Neichsbundos und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold empfangen. Aus der Menge, die sich am Ausgange des Bahnhofes angesammelt hatte, ertönten Hochrufe auf den Präsidentschaftskandidaten. Marx begab sich vom Bahnhof in den „Europäischen Hof", wo er zusammen mit dem sächsischen Ministerpräsidenten, dem Landtagsabgeordneten Professor Dr. Kastner, dem Landesvorsitzenden der Sächsischen Zentrumsvartei, Negierungsrat a. D. Dr. F l i! g l e r und einigen anderen Herren den Tee nahm. Schon in diesem kleinen Kreise verstand es Marx, durch sein schlichtes Wesen und seine ungcmeln klaren Gedanken aller Herzen rasch für sich zu gewinnen. Das war aber nur ein kleines Vorspiel des Erfolges, den er am Abend davontragen sollte. Der Verlauf der Versammlung Um 7 Uhr sollten die Türen des Zirkus Sarrasan! geöffnet werden Aber schon lange voher staute sich eine Menschenmenge vor dem Gebäude, die allmählich den Platz vor dem Hauptein gang ausfüllte und die nächsten Straßenzugänge verstopfte. Als die Türen endlich geöffnet wurden, brachen die Menschenwogen zunächst mit einer solchen Gewalt herein, daß der Ordnungsdienst zunächst machtlos war. Bereits um 7.20 mußten die Tore wieder geschlossen werden, da die feuerpolizeilich erlaubte Höchstzahl der Besucher erreicht war. Mehr als die Hälfte der Erschienenen mußte draußen bleiben. Im Zirkusraum standen und saßen dichtgedrängt mehr als 7000 Menschen. Unter den Erschienenen konnte man u. a. Ministerpräsident Heldt und Finanzminister Neinhold be- merken. Auch viele auswärtige Besucher waren erschienen. Zumal die auswärtige Presse war stark vertreten, die aufgestell ten Pressetische erwiesen sich als gänzlich unzureichend. Die Kapelle, deren Aufstellung zunächst auf der Bühne geplant war, mußte auf dem Musikbalkon Platz nehmen, da außer der Bühne keinerlei Platz für die Fahnenabordnungen des Reichsbanners verblieb. Pünktlich um 8 Uhr erschien Präsidentschaftskandidat Marx am Eingänge -es Gebäudes und wurde zusammen mit den Herren des Büros durch die Abordnungen des Reichsbanners auf die Bühne geleitet. Reichskanzler a. D. Marx, dessen Bild ja seit London jedem Deutschen bekannt ist. wurde mit stür- mischen Ovationen empfangen. — Die Bühne, die völlig von schwarz-rot-goldenem Fahnentuch umrahmt war, bot mit ihrem Wald von Bannerfahnen ein prächtiges Bild. Beim Aufzug der Fahnendepudationen hatte die Kapelle mit der Weise „Brüder, reicht die Hand zum Bunde!" eingesetzt. Als das Lied ver klungen mar, ergriff der Leiter der Versammlung, der Vor sitzende des Deutschen Republikanischen Neichsbundes, Ministe rialrat Rist au das Wort. Er begrüßt die Versammlung, heiß! den Präsidentschaftskandidaten mit herzlichen Worten willkom men und weist auP die überragende Bedeutung hin, die der Entscheidung vom 26. April zukommt. Stürmischer Beifall setzt ein, als nun der Präsidentschafts kandidat Marx das Wort erhält. Marx spricht mit ruhiger, klarer Stimme, jedes Wort ist noch im entferntesten Winkel des riesigen Gebäudes deutlich zu verstehen. Seine Gesten sind ganz sparsam, nur als er von der überagenden Notwendigkeit spricht, die Einheit des Reiches zu erhalten, hebt er wie beschwörend die Hände. Eine ungeheure Sicherheit strömt von diesem Manne aus. Jeder, auch der Gegner, fühlt mit tiefster Klarheit: Hier ist ein Politiker, der keine Phrasen macht, der nicht durch blendende Beredsamkeit über die wirklichen Verhältnisse hinweg täuschen will. Hier steht ein Führer, der an sein Volk glaubt, ein Führer, dem auch das Volk glauben und vertrauen kann. Die Worte des Präsidentschaftskandidaten werden oft von spontanem Beifall unterbrochen. Besonders lebhaft und lang anhaltend werden die Kundgebungen, als Marx betont, daß die in Weimar geleistete Arbeit den deutschen Staat gerettet hat, und daß eine Gesundung der Wirtschaft dieses Staates nur mög lich ist durch Zusammenarbeit von Arbeitnehmern und Unter nehmern. Besonders dankbar werden auch die Worte begrüßt, die Marx gegen die Politisierung des konfessionellen Gegen satzes findet; ist doch gerade in Sachsen das konfessionelle Moment von seiten der Rechtsparteien in gehässiger Weise zur Agitation gegen Marx mißbraucht worden. Die Dresdener Rechtspresse wird nun vergeblich gegen den „Kulturkampf- Katholikern" Marx eifern, man weiß nun in Dresden, wer Marx ist: Ein ruhiger abgeklärter Politiker, wie wir in Deutschland leider so wenige haben, der einzige Prästdentschaftkandidat, dessen Persönlichkeit eine Gewähr dafür bietet, das der höchste Würdenträger -er Republik nicht ein Werkzeug unverantwort licher Einflüsse wird. Daß alle Versammlungsteilnehmer diesen Eindruck hatten, bewies der minutenlange Beifall, der auf die Worte des Präsi. denischastskandidaten solgte. — Stehend sang dann die Ver sammlung die Nvtionalhymre. — Professor Dr. Kästner, M. d. L., faßte in glücklicher Weise die Stimmung aller Zu hörer in einem Schlußwort zusammen: Wir alle wählen am 26. April als Bürgen der Weimarer Verfassung Wilhelm Marx! Marx hatte sich inzwischen auf den Balkon des Zirkus gebäudes begeben und richtete von dort aus eine kurze An sprache an die nach Tausenden zählende Menschenmenge, die beinahe zwei Stunden lang geduldig auf sein Erscheinen ge wartet hatte. Minutenlanger Jubel brach aus. als Marx end lich, von Fackelträgern geleitet, auf den Balkon hinaus trat. Die kurze Rede des Präsidentschaftskandidaten klang in ein Hoch auf die deutsche Republik und das deutsche Vaterland aus. Nach seiner zweiten Rede begab sich Reichskanzler Marx zu seinem Kraftwagen, der am Eingänge des Zirkus wartete. Das Reichsbanner gab dem Präsidentschaftskandidaten bis zum Elbufer das Geleit. Es war ein malerisches Bild, wie sich der Zug der Dannerleute, die Fahnen an der Spitze mit brennen den Fackeln langsam durch die dunkle» Straßen der Neustadt bewegte. — Eine Schar minderjähriger Kommunisten, die während der Balkonrede des Kanzlers nicht aufkommen konnten, stimmte Schmährufe auf den „Zuchthauskanzser" an. Diese Beschimpfungen aus dem Munde der ärgsten Staatsfeinde waren vielleicht die stärkste Ehrung, die dem Präsidentschafts kandidaten in Dresden zuteil gewordv ist. Dieses sicher unbe- stochene Zeugnis dafür, daß die energischen Maßnahmen des Kanzlers Marx es gewesen sind, die die bolschewistische Gefahr endgültig von Deutschland gebannt haben, sollte auch Rechts. Kreisen zu denken geben. Oder ist die im preußischen Landtag geschaffene Solidarität zwischen Rechtsparteien und Kommu nisten auch schon in Sachsen wirksam? Am Elbufer verabschiedete sich der Kanzler von den Führern des Begleitzuges. Die Reichsbannerlcute sandten dem schnell enteilenden Wagen ein dreifaches Hoch nach. — Der Kraftwagen brachte den Präsidentschaftskandidaten unmittelbar nach Leipzig, wo er im Hotel „Fürstenhof" Onariler nahm. Von dort aus trat er früh mit dem fahrplanmäßigen Zug die Weiterfahrt nach Magdeburg an. »MW. MI. Mil Sieben Reden an einem Tage. Magdeburg. 20. April. Am gestrigen Sonntag hat Reichs kanzler a. D. Marx !m ganzen sieben Wahlreden gehalten. Früh kurz nach acht Uhr traf der Präsidentschaftskandidat ln Magdeburg ein. Das Reichsbanner bildete auf allen Straßen, durch die Marx fuhr. Sralier. In einer Ansprache im überfüllten Hofjägersaale führte Marx u. a. folgendes aus: „Auf Macht und Geivalt hat die Vergangenheit ihre Staa ten errichtet: wir täuschen uns, wenn mir meinen, diese Periode sei heute gänzlich vorüber. Doch eines sehen wir auch klar, daß jene an Zahl wachsen, die den Staat und das Zusammenleben der Völker und Staaten auf der Achtung voreinander aufgebant missen wollen. Zu diesen Menschen bekenne auch ich mich, der ich als Ehrist, von dem verpflichtenden Gebot der Nüchst-alirb» nicht nur für das Privatleben, sondern auch für das Leben der Völker und Staaten durchdrungen bin. Geivalt erzeugt Geivalt. Wir wollen uns nicht preisgeben, wir lassen unsere Ehre nicht von anderen in den Staub treten, wir ivollen aber auch zu jenen Bauleuten gehören, die die Bausteine der Acktuno. des Ber- Nach Beendigung -er französischen Krise (Von unserem Pariser Korrespondenten.) Paris, Mitie April. Endlich ist die französische Ministerkrise nach sech-tägiger Dauer beendet. Briands Bemühungen, ein Kabinett unter ak tiver Mitarbeit der Sozialisten zustande zu bringen, bedürfen eines Nachwortes. Bisher, unter dein Ministerium Herriat, hat ten die Sozialisten die Regierung unterstützt, ohne selbst in ihr eine Vertretung zu haben. Das heißt: Sie haben in den ver schiedenen Kommissionen der Kammer gesessen, waren dort so gar manchmal führend aufgetreten, mit anderen Worten, sie haben, wie es ihnen täglich die Rechtspresse vorivarf, die Negie rung geführt, ohne jedoch irgendeine Verantwortung aus sich zu nehmen. Aus dieser zwiespältigen Lage wollte Briand anschei nend seine neue Negierung retten, indem er die Sozialisten zu positiver Mitarbeit heranzuziehen suchte. Daß der ehemalige Ministerpräsident aus der Zeit des nationalen Blocks bei den Sozialisten keinen Erfolg haben konnte, war nicht nur voraus zusehen, sondern es scheint sogar, daß er dies selbst gewußt hat. „Ich habe in meiner langen politischen Laufbahn viel« Füße zertreten, heute bekomme ich eben diese Stöße wieder" sagte er lächelnd zur Erklärung seines Mißerfolges Denn am liebsten wäre es ihm ja im Innern seines Herzens, den Links block irgendwie zu zerstören, um den: Volke zu zeigen, das; es unmöglich ist, sich von neuem von den Sozialisten abhängig zu machen, ohne daß diese irgendeine Verantwortung auf sich Ionen. Würde er die Sozialisten von dem Linksblock trennen können, so wäre dann die Möglichkeit geschossen, von den bürgerlichen Elementen des Linksblocks zu den linken Gruppen des natio nalen Blocks eine Brücke zu schlagen, also eine neue Mehrheit durch Erweiterung nach rechts zu erhalten. Painleve ist den Sozialisten sympathischer Er habden Versuch glücklich durchgeführt, ein neues Linkskartellkabinett zustande zu bringen. Nur gilt es jetzt, die Gunst des Senates zu gewinnen, dessen Mißtrauensvotum ja den Satz enthielt, daß er „die Vereinigung aller Republikaner", also auch derer, die rechts vom Kartell stehen, einem ausgesprochenen Linkskartell vorziehe. Wäre es gelungen, irgendeinen Linkssenator zu be wegen, die Regierungsbildung zu übernehmen, so märe der Senat viel leichte? mit dem Linkskartell der Kammer ausge söhnt. So mußte Painleve Leute in seine Regierung hinein nehmen. die dem Senat ziemlich behagen. Da Ca > llaux. der neue Finanzminister, sich oft gegen eine Kapitalabgabe ausge sprochen hat, dürfte nun die sozialistische Unterstützung sehr zweifelhafter Natur werden. Obendrein kann der Senat selbst der setzt zustande gekommenen gemäßigten Painlevereoierung Schwierigkeiten machen und dann zur Kammerauslwung drängen. Einstweilen versah Herriot noch das Interim. Er hatte die „laufenden Geschäfte" zu besorgen, und dazu gehörte ia nach Meinung der Mehrheit die so gehaßte Maßnahme der Erhöhung der Umtaufsgrenze von den französischen Banknoten. So würde dafür die Verantwortung eigentlich niemandem mehr zufailen, und die neue Regierung könnte so einige Schwierigkeiten weni ger erwarten. Trotz all der innerpolitischcn Fragen I>at die französische Presse nicht vergessen, auch über die deutsche Präsident schaftskandidatur ihre Kommentare zu machen. Bon vielen Zeitungen, die rechts stehen, wurde in Frankreich die Kandidatur Hindenburgs begrüßt: „Denn dies würde doch wenigstens eine klare Lage schassen". Welches auch die Beweg gründe der Hindenburgswähler seien, wie auch die Erklärungen Hindenburgs lauten mögen, für das Ausland ist er da? Symbol des tvaffenklirrenden, hohenzollernschen Preußen - Deutschland, und die Kommentare der englischen Zeitungen, bei denen der Ansdruck „Hunnen" und ähnliche liebevolle Bezeichnungen plötz lich wiedererscheinen, werden hier gefällig abgcdruckt und kom mentiert. Westarp tat dazu sein übriges mit seiner „Treue zu Preußen, zur militärischen und monarchistischen Vergangenheit", die der Rechtskandidat verkörpere. Es scheint eben, daß in Deutschland die Leute mit den meisten Mensuren die schlechtesten Taktiker und die schlechtesten Politiker sind. Glaubt man etwa, datz des Grafen Westarp's Worte angenehm im Ausland klin gen, glaubt man vielleicht, man könne das Ausland damit ein schüchtern zu einer Zeit, wo man noch ain Boden liegt und aus ländische Hilfe braucht? Nur in diesem Ton« weiter geschrien! Dann kann man vielleicht wieder die ganze Welt gegen Deutschland z u sa m m e n b r i n ge n I Friedrich Veith. trauens und des Friedens in das politische Leben einbauen. Wir wollen zu jenen gehören, die ihr Volk und ihren Staat lieben und deshalb europäisches Bewußtsein in ihrer Brust tragen. Wir wollen Baumeister an der Zukunft sein. Im Innern darf unser demokratisches Bewußtsein sich nicht auf Verfassungsfrogen beschränken: auch !m Wirt schaftsleben muß der Gedanke der verantwortlichen Mit arbeit aller Gutacstnnten aelten und nicht >der einseitigen Macht»