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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. I m Fer-sprecher- «ml Wilsdruff Nr. s Rr.288. 84. Jahrgang. Tekgr.-Adr.: .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2840 Sonnabend 12.Dezember 1825 W-ZW« Wochenblatt für Wilsdruff ». U«s«««id »« WU.bn.ster Tageblatt exthRt die Etliche« Beda»»t«,ach«egn. »er «Mshaaytmmmschast Meitze«, de» Amtsgericht« m» Stadtrat, z» Wilsdruff, Forstremtamtr Tharm.Lt, ---y— Oie Landbank. In der Generalversammlung der Land bau A.-G. zu Berlin wurde beschlossen, oas Konkurs verfahren zu beantragen. Der Schritt wird dami begründet, daß der Preußische Staat der in Schwir rigkeiten geratenen Landbank die Kredite verweiger« Von in die einzelnen Verhältnisse eingeweihker Seit Mrd uns zu dieser überraschenden Tatsache, die auch eines politischen Charakter anzunehmen droht, geschrieben: Man sollte meinen, daß es kaum einen Zeitpunkt ge Len könnte, der für den Ankauf von Gütern zu Siedlungs Zwecken günstiger wäre als der jetzige. Angesichts de Nreditkrise in der Landwirtschaft sind Güter zu einen Preise zu Haben, der weit unter ihrem wirklichen Wert sliegt. Der preußische Finanzminister Höpker-Aschofj hat aber soeben erklärt, daß der preußische Staa Mr Siedlungszwecke zurzeit kein Geld übrig habe. Mai muß diese Erklärung bedauern. Bei intensiver Boden Wirtschaft ist es ohne weiteres möglich, einen Teil del Großgrundbesitzes kleinen und mittleren Siedlern zu gänglich zu machen, ohne daß die Menge der Roggenpro duktion unter ein Maß herabsinkt, daß die Ernährungs decke für das deutsche Volk zu kurz wird. Dieser ablehnende Standpunkt gegenüber einer Fort setzung der Siedlungspolitik hat sich nun ausgedrückt n der Ablehnung eines Kredits an die zurzeit in Zah- l« n g s s ch w i e r i g k e i t e n befindliche Land, bank. Dieses Institut, das auf einen dreißigjährige» Bestand zurückblicken kann, hat bisher wesentlich aus eigenen Mitteln über 3000 selbständige landwirtschaftlich! Betriebe geschaffen, ist aber durch die Kreditschwierig, ketten der Landwirtschaft jetzt selbst ins Gedränge gekom. men. Man soll nun versucht haben, diesen Schwierigkei. len durch verschiedene finanzielle Manöver zu begegnen die verunglückt sind, die aber ohne Genehmigung des vufsichtsrates getätigt sein, auch außerhalb der ge schäftlichen Aufgaben der Landbank gewesen sein sollen Allerdings sind sie zu einer Zeit gemacht worden, als di« Reichsbank jede Kredithergabe abgelehnt hatte. Die Land- Lank hat, wie der Aufsichtsratsvorsitzende im Geschäfts, -«richt Mitteilen konnte, in einem einzigen Jahre nicht weniger als 33 000 Morgen für Siedlungszwecke ange- kauft und hat diesen Grund und Boden vor allem für di« Ansiedlung von Flüchtlingen aus dem Osten bereitgestellt Doch nicht bloß durch etwaige verunglückte Spekula tionen ist dieses für das gesamte Siedlungswesen überaus Notwendige Institut in Schwierigkeiten geraten, sondern auch dadurch, daß der Preußische Staat weitere Bindun gen ablehnte. Ob aus den finanziellen Operationen Ler Bank ein Vorwurf zu machen ist, bleibt fraglich namentlich von feiten des preußischen Fiskus, weil näm Lich jene Geschäfte im Zusammenwirken mit der See- Handlung erfolgt sind, der Fiskus also eingeweiht sein mußte. Ein Staatsbankkommissar soll sich befürworten! für die Kreditgewährung ausgesprochen haben. Nun hat der Preußische Staat verlangt, daß ihm bei Liner weiteren Kreditgewährung das Recht eingerämw Würde, auf die Besetzung der Stelle des Ausfichtsrats- Vorsitzenden maßgebenden Einfluß auszuüben. Bei der nicht weniger als 28 Stunden dauernden Generalversammlung waren die Vertreter des Finanz- «nd des Landwirtschaftsministeriums anwesend und man hatte sich grundsätzlich schon geeinigt, als plötzlich von feiten des Landwirtschaftministers mitgeteilt wurde, man könne den Betrag von zwei Millionen Mark, mit dem die Landbank wieder voll «ktionsfähig sein würde, nicht zur Verfügung stellen, Miss« vielmehr auf dem Gebiete der inneren Kolonisation über haupt kurz treten. Die Landbank solle liquidieren und ihi Aufgabengebiet in der Ostmark der Siedlungsgesellschast -Eigene Scholle" übertragen. Man will wissen, daß das Landwirtschaftsministerium die Landbank vor allem des wegen zur Liquidation bringen wolle, weil das Ministe- rium mit der politischen Haltung der maßgeben den Männer in der Landbank nicht einverstanden ist. Di« Ablehnung einer Kreditgewährung ist erfolgt, nachdem di« Etaatskommissare bereits die Zustimmung zu den Verein- Garungen gegeben hatten; dann wurde durch den zu- ständigen preußischen Minister erklärt, man mache di« weitere Kreditgewährung davon abhängig, daß die in Händen des Aufsichtsratsvorsitzenden befindlichen Aktien, welche die Mehrheit darstellen, in die Hände des Preußi schen Staates übergehen. Es ist zu erwarten, daß diese Angelegenheit nach der zrundsätzlichen Seite hin noch weitere Folgen haben wird, vor allem nach der grundsätzlichen Seite hin, ob die Sied- kmgspolitik eingestellt werden muß oder nicht. Danzig und der Völkerbund. Polens Munitionsmagazin in Danzig. Der Völkerbundrat beschäftigte sich mit der Frage des polnischen Munitionslagers auf der Westerplatte bei Danzig. Es handelt sich um die Forderung der polnischen Regierung, das Munitionslager durch eine Militärtruppe Lewachen zu lasten. Der Oberkommistar hatte, ehe er seins Zustimmung gab, es für nötig gehalten, den Nat darüber Hu befragen, ob diese Einrichtung nicht der Danziger Ver fassung widerspreche, wonach die Freie Stadt niemals als Militärische oder Flottenbasis dienen darf. Der Rat sollte Vor der Regierungsbildung. Erklärungen der Parteien. Auf Wunsch des Reichspräsidenten haben die politi schen Parteien die Erklärungen über ihre Stellungnahme zu der Bildung eines neuen Kabinetts Sei der Reichs kanzlei eingereicht. Nach Kenntnisnahme der Einstellung der verschiedenen Parteien auf Grund der schriftlich ein gereichten Beschlüsse wird der Reichspräsident eine poli tische Persönlichkeit mit der Bildung des Kabinetts be trauen. Man erwartet allgemein, daß der Auftrag an Dr. Luther zur Neubildung des Kabinetts alsbald erteilt wird. vir Koalitionsdeckingungen cker Sorialckemokralle. Berlin, 11. Dezember. Die sozialdemokratisch« Reichs tagsfraktion befaßte sich gestern nach der Plenarsitzung nochmals mit der Koalitionsfrage. Sie legte ihre Austastung in einer Entschließung nieder, die abends mit einem Begleitbrief dem Reichspräsidenten zugestellt wurde. Die Entschließung hat fol genden Wortlaut: „Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion macht ihre end gültige Entscheidung von der weiteren Klärung der politischen Situationen abhängig und ermächtigte ihre Vertreter, durch Ver handlungen mit den in Frage kommenden Parteien die notige Grundlage für die Entscheidung der Fraktion zu treffen. In diesen Verhandlungen legen wir Wert auf die Erörterung fol gender Punkte: Offenes Eintreten für die Republik; Abwehr aller monarchistischen Rrstaurierungsversuche; Ratifizierung des internationalen Abkommens von Was hington, Verabschiedung eines Arbeitszeitgesetzes unter Wieder herstellung des achtstündigen Normaltages; schleunige Verabschiedung des Gesetzes über die Erwerbs losenversicherung, Verbesserung der Erwerbslosenfürsorge nach den sozialdemokratischen Anträgen im 9. Ausschuß des Reichs tages; Handelspolitik mit dem Ziele der Förderung des industri ellen Exports; Durchführung des Art. 165 der Reichsverfassung; Schaffung eines endgültigen Reichswirtschaftsrates unter Aufrechterhaltung der Parität, Bezirkswirtschaftsräte und pari tätische Berufskammern; Verschiebung der Mieterhöhung, Erhöhung des Beitrages für den gemeinnützigen Wohnungsbau; keine Senkung der Besitzsteuer, solange die Umsatzsteuer und die Lohnsteuer im bisherigen Ausmaße bestehen bleiben; Offenlegung der Steuerlisten zur Milderung des Steuer druckes; Zurückziehung des Reichsschulgesetzentwurfes; reichsgesetzliche Regelung der Fürstenabfindungen mit rück wirkender Kraft; baldiger Eintritt Deutschlands in den Völkerbund. sich äußern, ob die Wache im Munitionslager in diesem Zusammenhang eine militärische Basis darstelle. Der Senat von Danzig vertritt mit aller Entschiedenheit diese Auffassung. Der Rat gelangte zu dem Schluß, daß die Einrichtung jener Militärwache nicht mit der Errichtung einer Militär basis gleichbedeutend sei. Die Mannschaften dürften die Uniformen nicht außerhalb des Lagers tragen und ihre Waffen dienten nur der Aufrechterhaltung der Sicherheit. politische Aussprache im dayerischen Landtag. Deutschnationales Treugelöbnis zur Monarchie. Im Bayerischen Landtage richtete der sozialdemokra tische Abgeordnete Dill im Verlaufe der politischen Aus sprache an die Regierung die Frage, welche Schritte sie gegen dieTätigkeitdermonorchistischenAkti- visten eingeleitet habe. Seine Partei wünsche zu er fahren, ob Ministerpräsident Dr. Held im Leuchtenberg- Palais nur einen Höflichkeitsbesuch abgestattet habe oder ob dort ernstliche politische Auseinandersetzungen statt gefunden hätten. Was der ehemalige Kronprinz von Bayern treibe, sei Hochverrat. Präsident Königbaur rügte die Äußerungen gegen den ehemaligen Kronprinzen. Ab geordneter Dill führte weiter aus, am Vorabend des Sedantages habe Kronprinz Rupprecht eine Be sprechung mit Helfferich und Hergt gehabt, bei der man die Bildung eines Deutschen Bundes unter Bayerns Führung und unter Lostrennung von Han nover, dem Rheinland, Schleswig-Holstein nnd Obsr- schlesien als selbständige Bundesstaaten erörtert habe. Die Durchführung dieses Planes habe mit Hilfe der Entente erfolgen sollen. Kahr habe mit dem französischen Ge sandten in München, Dard, Beziehungen unterhalten. Präsident Königbaur wies diese Ausführungen, zurück. Ueber die persönlichen Garantien ist nach Einigung über das sachliche Programm zu verhandeln." «Stellung der Deutschen Volkspartei. ,. As besonders wichtig fällt in diesem Zusammenhang d,e Stellung der Deutschen Volkspariei ins Gewicht, da Zentrum und Demokraten ihren Willen bezeugten, mit den beiden Parteien von rechts und links, Volkspartei und Sozialdemokraten, zusammenzugehen. Die Reichs tagsfraktion der Deutschen Volkspartei gab über ibrc Stellung zur „Großen Koalition" folgende Mitteiluna aus: „Rach dem Bericht ihres Vorsitzenden billigt die Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei die von ihren Verhandlungsführern dem Herrn Reichspräsidenten gegenüber eingenommene Stellung." Daraus könnte man das grundsätzliche Einvernehmen herauslesen — wenn sich bei den praktischen Verhandlungen nicht die bekannten Hindernisse als zu stark erweisen. * Regierungserklamng vor Weihnachien Der Ältestenrat des Reichstages hat die Entgegen nahme der Erklärung der neuen Negierung noch vor den Weihnachtsferien in Aussicht genommen. Der Reichstag will am Freitag, 18. Dezember, in die Weihnachtsferien gehen und entweder am 8. oder 10. Januar seine Arbeiten wieder aufnehmen. Er hat sich bis zum Beginn der Weih- uachtsferien noch ein reiches Arbeitspensum gestellt, näm lich die Erledigung der Erwerbslosenfürsorge, der Beamtenbesoldung, des Lohnsteuergesetzes, des Gesetz entwurfs über die Entlastung des Reichsgerichts und di« Verabschiedung des deutsch-russischen Handelsvertrages. KOhW der EwMWMe m 30 PW«. Beschlüsse des Reichslagsausschusses. — Einmalige Beihilfe. Berlin, 11. Dezember. Der Reichstagsausschuß für so ziale Angelegenheiten beschloß gestern in später Abendstunde nach ausgedehnter Debatte, daß die Unterstützungssätze in der Er- werbslosenfürsorge ab 15. Dezember d. I. für die Hauptunter stützungsempfänger um 30 v. H. erhöht werden sollen. Der Aus schuß ersucht alsdann die Reichsregierung in einer von der Mehrheit angenommenen Entschließung, sofort die nötigen Mittel bereitzustellen, um 1. an die am 15. Dezember d. I. bereits seit sechs Monaten ausgesteuerten Erwerbslosen eine einmalige Bei hilfe von 100 Reichsmark zuzüglich 25 Reichsmark für jeden unterhaltsberechtigten Angehörigen; 2. an die infolge Ueber- schreitung Her Krankenversicherungspslichtgrenze von der Er werbslosenfürsorge nicht erfaßten, länger als sechs Monate stellungslosen Angestellten eine einmalige Beihilfe von 150 Reichsmark zuzüglich 25 Reichsmark für jeden unterhaltsberech- tigten Angehörigen am 15. Dezember zur Auszahlung bringen zu können. weueren Verlauf der Sitzung des Bayerischen Landtages sprach der deutschnationale Abg. Hilpert, der u. a. erklärte: Auch die Deutschnationale Partei will dem Reiche geben, was des Reiches ist. Wir verwahren uns aber mit Entschiedenheit dagegen, daß das Reich ohne Rücksicht auf die Lebesnotwendigkeiten der Länder diesen ihre kulturellen Lebensquellen abgräbt. Der Redner schloß mit einem Treugelöbnis zum Hause Wittelsbach. Der völkische Abg. Glaser erklärte: Für das deutsche Volk ist die Monarchie eine geeignetere Staatsform als die Republik, aber nicht die Monarchie von ehedem, fondern eine ftr allen Schichten des Volkes festverankerte Monarchie. Sie Abfindung der Schmöllern. Der Standpunkt des ehemaligen Königshauses. Der Generalbevollmächtigte des vormals regierender Königshauses, Geheimrat Dr. von Berg, gab Erklärungen übe> den Inhalt und die Tragweite des Vergleichs zwischen den- Preußischen Staat und dem Hohenzollernhause. Er führt« u. a. aus, daß das Hohenzollernhaus die Vcrgleichsverhanb lungen in dem Sinne geführt habe, mit dem verarmten Staa- zu einer Verständigung zu kommen. Das Königshaus hab« aus einen Wert von 70 bis 80 Millionen Mark verzichtet. Di- Vermögenswerte des ehemaligen Königshauses kämen 4! Köpfen zugute. Seit dem l. Januar 1224 erhalte das Königs haus monatlich 50 000 Mark, die aus dein Ertrage der Kron güter genommen würden. Von dieser Summe müßten nich nur der Unterhalt der gesamten Hohenzollernsamilie, sondern auch die Verwaltung und Unterhaltung der Güter sowie du Prozesse nnd Steuern gedeckt werden. Der ehemalige Kaue: habe bisher lediglich einen einmaligen Betrag von 32 Mil lionen Papiermark und 24 000 Gulden vom Preußischen Staa erhalten, was einem Wert von einer Million Goldmark gleich käme. Dies sei der einzige Vermögenswert, der ihm ftl Januar vorigen Jahres zur Verfügung gestanden habe, a u Hohenzollern hätten auch durch die Inflation große Veriwt- erlitten. Im Jahre 1918 hätte ein Kronschatz von 80 Mi! lionen Mark bestanden, der fetzt nur einen Wert von eine!