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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.05.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188605298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860529
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860529
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-05
- Tag 1886-05-29
-
Monat
1886-05
-
Jahr
1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.05.1886
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr. KkLartio» „d Llpetitioa JohaaneSgoffe 8. Aprechstundkn ter Krdaüioa. BormittagS 10—12 Uhr. Nachmittag- ö—6 Uhr. KUr die Ru<l,»d, «,»,»i»nLter vi-»li,cil,ie t»e Nc»«cn°» nicht »xrdt»»l>ch. TaMM A»«ab«e »er snr »ie »«chstsalse»»« N»««er beft,ut«ten Inser«»« «» Wacheiuageu »iS S Uhr Nachmiltn^, an e««u-««» Fefttagra srnh »t» '/.»Uhr. 3n den Filiale» für Zas.-Äaaatz«: Otts Ule««. UaiversuätSftraß« 1. »out» Lösche, Katharinenstr. 23. p. nnr »i« '/.S Uh». Anzeiger. vrgan für Politik, Local-eschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Meß Auflage ^vonurmrnispreib vierlclj. 4'/, eNK. »ncl. Bringcrlodn 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebüoren >ür Extrabeilagen iin Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postl'lsorderuug 50 Mk. mit Posibesörderuiig 60 Mk. Insrralr Ogespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzcichmst. Tabellanscher u.Z>ffer»satz »ach höherm Toris. Nrria»rll unter dem Redaktion-strich die 4gespali. ZeileöOPs., vor den Familiennachrichtea die Kgespallene Zeile 40 Ps. Inserate sind stet« an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praemnverav'Ia oder durch Posl- nachnahnie. ^ 14«. Sonnabend den 29. Mai 1886. 8V. Jahrgang. Zur geliilligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 3«. Mai, Vormittags nur bis zS Uhr geöffnet. Lxpeältlo» Ü68 I-elprl^er l'LKedlattvs. AmMcher Theil. vklmimtmchsiz. In unserem Firineii-Rcgister ist zufolge Verfügung von heute Folgendes eingetragen worden: Unter Nr. 264 die Firma Guido König zu Velgern und alt deren Inhaber der Kaufmann Guid» König zu Velgern. Torsau. den 24. Mai 1886. Königliche» Amtsgericht Oelfenilieke ttue!t!iL»tI!ei'-1.eIik'Lv8tLlt. ocuemtrotemier Lcdüler, teoirnid» »es 11 1 »Ile, H. Lc»8«. «uoltt. Bekanntmachung. Die Lieferung der Steine für dir hiesige Langrstraßen-Schleub« ist vergeben. Gohli», 28. Mal 1886. Der Gemtinderuttz. ' Singer. Bbßverpachtnng. Montag. den 7. Juni «r.. vormittags 10 Uhr sollen an hiesiger RothhouSstelle die nicht nnbeträchllichen Dbftplantagrn hiesiger Stadt. Kommune öffentlich meistbietend ohne AuSwadl der Licitavtcn, jedoch gegen sofortig« Anzahlung der Hülste der Meist, geböte, unter den im Termin« bekannt zu machende» Beding»»-«» verpachtet werden. Mücheln, de» >4. Mai 188S. Ter Magistrat. Nichtamtlicher Theil. Jur frauMschen Priuzenfrage. Ein Gesetzentwurf, welcher den Minister deS Innern er- »lächligl, den Prinzen der ehemal» i» Frankreich herrschenden Familien den Aufenthalt daselbst zu verbieten und die Strafe snr Uebertretung de» Verbot» bi» aus sünsjährigeS GefänHniß festsetzt, ist von derffranzösischen Depulirtenkgminer für dring lich erklärt und zur Vorberathung an die BureauS verwiesen lvorden. Der Arbeiterführer BaSly hat die Gelegenheit benutzt, um die Einziehung der Güter der Prinzen zu Gunsten der AltrrSversorgungScasse zu verlangen, nnv auch diesen Antrag hat die Kammer als dringlich erklärt. Zu den AbwiegelungSnachrichten der letzten Tage stehen oiese Thatsachen in beachte»»werthen> Gegensatz, be sonders ernst für die Prinzen ist aber die Begrün- düng, welche der Zustizministcr Demüle bei Ueberwelsung de» Gesetzentwurf» gegeben hat. Die Prinzen hätten die Er wartung. sie würden die StaatSeinrichtunge» achten, getäuscht und jeden Anlatz ergriffen, die Republik zu erschüttern; die Regierung müsse dem jetzt eia Ende machen. Stach Viesen Worten erscheint die Annahme gerechtfertigt, dah die Regie rung nur die Fertigstellung der gesetzlichen Waffe gegen die Prinzen abwarten wolle, um von ihr sofort entsprechenden Gebrauch zu macken. Dagegen berichtet da» „Zouroal de» TLbatS", daß Freycinet au» de» Ministerberatbungen über die Prinzensrage die Ueberzrugung gewonnen Hab«, baß die Ausweisung gegenwärtig noch nicht statlfindeu dürfe. Zn Uebereiustimmung damit spricht sich da» opportunistische ..Pari«" dahin au», daß die Borgänge bei der Heirath der Prinzessin Amelie nicht so bedeutend gewesen seien, um die Ausweisung zu rechtfertigen. Jedenfalls wird die Restierung nicht eher mit der Aus weisung Vorgehen, al» bi« sie erkannt hat. daß die Maßregel von der Mehrheit der Volksvertretung gewünscht wird. Gegen wärtig ist offenbar die Strömung >m Wachsen begriffen, welche die Gefahr von den Prinzen abzuwenden bestrebt ist. Ob da« gelingen wird, hängt von Zufälligkeiten ab. Ir ruhiger und besonnener sich die monarchistischen Blätter Ver halten, desto mehr werden sie im Interesse der von ihnen vertretenen Sache handeln, aber die geringste Unvorsichtigkeit kann die Stimmung vollständig vrräuden^ und Freycinet würde dann nicht m ver Lag« sein, di« Ausführung der Maßregel aus einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und eine bedeutendere Kundgebung der Prmzeu abzuwarten. Vorläufig baden die Bureau» der Kammer ihre Ansicht zu äußern, und von dem Ergebniß der Berathung im Plenum wird es dann abhängen, was Freycmet zu thun für nöthig hält. Daß der Gesetzeutwurs augeuommen wird, darf als fest stehend betrachtet werden. Damit ist zwar die Nu»w«isung selbst noch nicht unabwendbar gemacht, aber di« Prinzen sin» in eine Lage gebracht, welche ihr Verbleibe« in Frankreich von der augenblicklichen Stimmung de« Volk» abhängig mach». Ein Banket, wie da« vom 15. Mai im Palai» Galiera, würde die sofortige Ausweisung des Gastgeber« zur Folge haben: irgend eine unbedachte Wendung in eine« monarchistischen Organ, im „Soleil", „Gaulois", »Figaro- »de, „Frantzais", würde hiurrichen, um di« Pririnr» j» d,« Verbannung zu senden, und das dürfte denn doch für diefe ein an die Dauer unerträglicher Znstand werden. Es fragt fich, ob die Prinzen nicht dem Beispiel« des Grasen Ehambord folgen und au« eigenem Antrieb« Frankreich verlasscn werden. Da« ist eine heikle Angelegenheit, di« gewiß rchstich «wog«, werden wird, denn den Prin^n muß daran g«l«gr, fei», »it ihren Anhänger» m uler persönlich« Berührung », bläißi». Da» ist die eine Seite der Frage, aber für die Prinzen von Orleans kommen andererseits die großen Besitzungen in Betracht, welche sie in Frankreich haben. Diese sind weit gefährdeter, wrnn die Prinzen fern von Frankreich leben, al» wenn sie im Laude bleiben. Die Partei, welche sie ihre« französischen Grundbesitze« berauben will, ist schon jetzt eifrig bei der Arbeit, und derselbe Arbeiterapostel, welcher dir Sache der streikenden Arbeiter von Decazeville in der Kammer vertritt. BaSlv, hat auch den Antraa aus Einziehung der Prinzengüter gestellt und die Dringlichkeit-- erkläruog de« Anträge» erreicht. Mit diesem Beschluß ist zwar nicht» entschieden; e» ist sogar mit Sicherheit zu erwarten, daß der Antrag von der Kammer mit großer Mehrheit abgelehnt werden wird; aber daß er überhaupt ge stellt und sür dringlich erklärt werden konnte, ist doch ein Zeichen, daß die Stellung der Prinzen in Frankreich neuer ding» weit unhaltbarer geworden ist, al» sie noch vor Kurzem war. Der Gras von Paris wird sich vor allen anderen Prinz«» die Frage vorzulege» haben, ob er nicht im Interesse der von ihm vertretenen Sache handelt, wenn er sich al» moderner CurtiuS sür da» HauS Orlean» opfert und in den Abgrund der freiwilligen Verbannung hinabsprioat. Da» Haupt der jüngeren Linie de» Hause» Bourbon genießt keine besondere Voik-lhümlichkeit in Frankreich; in dieser Beziehung ist ver Herzog von Ehartre» ihn, weit Überlrgeu, dessen tapfere Theilnahme am Feldzuge de» Jahre» 187t unter dem Oberbefehl de» General» Chancy als Capital» Le Fort ihm zahlreiche Anhänger in der Armee erworben hat. Schon seine Versetzung in Inactivität, ivelche die Folge deS ersten Ansturm» gegen die Prinzen unter dem Ministerium Ferry war. ließ erkennen, welchen Anhang er in militainscheu Kreisen besitzt, und darin ist seitdem kaum eine Aenderung eingetretcn, wenn auch der gegenwärtige Krieg-minister Bonlanger den monarchistischen Sympathien in der Arme« durch den sehr übel aufgenommenen Garnisonwechsel die Spitze abzubrcchen versucht hat. Die Prinzensrage gilt auch heute noch in weite» Kreisen Frankreich« al« noli wo tnugoi-e, wie wieder der Verlaus der Bankel Aiiaelegcnheit gezeigt hat. Zuerst von alle» Seiten stürmische Ruse nach Ausweisung, daiinBcralhuugen inzSchooßc de« Ministerium« über die passendste Form de» Vor gehen», endlich verschiedene Stimmen au» dem republi kanischen Lager, daß doch eigentlich kein hinreichender Grund zur Ausweisung vorliegt, und endlich Einbringung eine« Ge« sctzenrwurs», welcher die Au-weisung in da» Ermessen de» Minister» de» Innern stellt. Es ist da« gewiß für die davon Betroffenen kein angenehmer Zustand, da» Schwert der Ausweisung stet» über dem Haupt schwebend zu wissen; aber e» ist doch noch ein bedeutender Schritt von der Ver kündung de« Gesetze» bi» zu seiner Anwendung. Der Gras von Pari» ist der Urheber der neuen Phase der Prinzensrage - er brauchte die Vermählung seiner Tochter nicht zum Anlaß für geräuschvolle Prälendenten-Hanbluiige» zu nehmen^ eiu heitere» Mahl im Familienkreise unter Zuziehung einiger vertranter Freunde würde ibm die fernere Sicherheit feine» Aufenthalte» in Frankreich gewährleistet haben. Er hat der Versuchung nicht widerstehen können, die Erinnerung an die Macht seiner Vorfahren in der französischen Hauptstadt aufzusrischen und dadurch ein Aussehen zu erregen, dem er wahrscheinlich früher oder später seine Ausweisung an« Frankreich wird zu verdanken haben. Die Angelegenheit befindet fich aus einer vorbereitenden Entwicklungsstufe; e» werken noch Wochen vergehen, bis der verhängnißvolle Gesetz entwurf zum Gesetz erhöbe» ist; aber mit der sorglosen Existenz der Prinzen von Orleans in Frankreich ist e» vorüber, da» ist dem Grafen von Pari» wohl schon heule klar, geworden. * Leipzig, 29. Mai 1886. * Wenu in verschiedenen Blättern jetzt davon gesprochen wird, daß der Reichskanzler den ganzen Sommer über von Berlin fern bleiben werde, so ist die» doch bisher nnr eine durch nicht» begründete Bermuthung. Fürst Bi-marck ist, wie die «Post- meldet, aus da« Anrathrn seiner Aerzte sür einige Tage nach Friedrich«ruh gegangen. Der nicht vorherzusehend« Umstand, daß sich der Reich«tag sür einige Zeit vertagt hat. hat eiue so schnelle Rückkehr, wie ursprünglich beabsichtigt war, nicht nöthig erscheinen lassen, aber eine längere Abwesenheit ist, wie verlautet, heute noch ebenso wenig beschlossen, wie bei der Abreise nach Friedrich«ruh. * Bon den Vertretern der Philologenvereine in Rheinland-Westfalen ist unter dem 20. d. an den Reichskanzler Fürsten v. Bi-marck eine Adresse gerichtet, welch« der »Elberselder Zeitung- zufolge folgenden Wort laut hat: „Als Vertreter der beiden, nahezu die gesammten akademisch gebildeten Lehrer an den höheren UnterrichtSonstalten von Rheinland »nd Westfalen umfassenden Phllologenvereine bitte» die unter» zeichneten Vorstände derselben Euer Durchlaucht, den Ausdruck de» tiefste» Danke« ratgegennehmen zu wollen für die llebrrweisung der Höchstihnea zu Ihrem 70 Geburtstage von der deutschen Nation dargebrachie Ehrengabe zur Begründung der Schönhauser Stif tung für Beflissene de» höhere» Lehramt» Eure Durchlaucht haben dadurch unseren Stand nicht nur aus» Ehrenvollste ausgezeichnet, sonder» auch ein Werk geschaffen, welche» aus serne Zeit hin dem- selben äußerlich zur Wohlthat, geistig zum Segen gereichen wird. Unter Dankgesühl aber wird noch erdühr durch die Worte, mit welchen Eure Durchlaucht die Aussicht über jene Stiftung dem itweilige» ersten Präsidenten de» Herrenhauses überwiesrn haben! Daß diese den höhere» Lehrrrftaad ehrende», die ihm innewohnend« Bedeutung wür digenden Worte von dem nächst unserem Kaiser verehrteften Manne Deutschland», von dem Miischöpter deutscher Einheit gesprochen worden sind, verleiht ihnen das höchste Gewicht. Wie wir erfreu» sind über die von Euer Durchlaucht damit bekundete Anerkennung »nserrr Berufsarbeit, so entnehmen wir ihnen anch für alle Zukunft Antrieb und Sporn, t» Amt und Berus al» di« Träger idealer Ge sinnung «ad Pfleger de« nationalen Gedanken» bei der Jugend »ns zu erweise» und so auch an nnsrrem Lheile zur Beseitigung »nd Erhaltung de« nationalen Serke» beizntragen, dessen Gründung und Aufrichtung Ew. D»rchla»cht ihr Leben gewidmet haben." * Ossicivs »ird geschrieben: »Seit einigen Tage» bilden die Gesetzentwürfe, betreffend den Nachtrags «tat und da» Militnir-Relirtengrsetz. welch« de« Reichs tag« noch in dieser Session zugehen sollen, de« Gegenstand von allerlei unzutreffenden Mttheiluagen in den Zeitungen. Ohne ans di« Details dieser Mittheilungen «ingehen zu wollen, «ochten wir ronstatiren, daß »och nuferen Information«» nach wie v», die Absicht besteht, beide Vorlagen, sür welch, die Zustimmung maßgebenden Orts noch emznbolen ist. ein- ^ubru^m^ Wen» iwSdesoader« Mi^di^Geschäsl-latz«^^ für die Zurückstellung bi- zum Herbst bingewiesen wird, so ist dem gegenüber doch zu erwägen, daß diese Vorlagen in ganz kurzer Zeit auch ohne langwierige Eommission-bc- ratyungrn erledigt werden können. Die Bemängelung, welche von einer Seite an vir Mittheiluog geknüpft wurde, daß der zu erwart«»« Gesetzentwurf, betreffend da» Milltair- Rrlictengysetz, an der Freilassung der Unterchargen von Wittwen- und Waisencafsenbeiträgen sest- hält, erscheint hinfällig; denn d»e Bedenken, welche gegen eine solche Heranziehung au» der niedrigen Besoldung der Subalkernofficiere herzuleitrn sind, beslehen in unveränderter Stärke fort, so lange die Besoldungen aus ihrer jetzigen Höhe verbleiben. Sie würden natürlich sür den Fall einer Aufbesserung jener Gehälter ivesentiich abgeschwächt werden und e< würde vielleicht sür eine Verständigung einr Grund lage sich darbieten, wenn die Beitragssreiheit ver bezeichneten Ossiciertclasse nur provisorisch bi» zur Ermöglichung einer GehallSausbesserung vorgesehen, sür diesen Fall aber aus drücklich Vorbehalten würde." * Die „Nationalliberale Eorrespondenz" knüpfte an die Veröffentlichung des neuen preußischen kirchenpoliti schen Gesetze» den Ausdruck der Besorgniß, es möchlen statt der erhoffte» Befriedigung nur herbe Enttäuschungen aus denjenigen Seile» geerntet werden, die trotz vieler Bcvenken dem neue» Gesetze zur Annahme verbolscn habe». Dazu be merkt die nalionalliberalc „Kölnische Zeitung: „Wir unserseits baden nicht aus eine unmittelbar nach Annahme de» neue» Gesetze» eintretrnde Aenderung in der politischen Haltung veS Eent rum- gerechnet, noch weniger aber voraus, vaß über haupt jemals von Herrn Windtborff Ercellenz etwas getha» werve, >oa» dem neuen Reich zur Stärkung dienen, oder etwas unterlassen werde, wa« ihm zum Schaden gereichen könnte. Nach dieser Seite hin also können un» Enttäuschungen schlechterdings nicht bereitet rverdcn. Wvül aber haben wir gehofft, daß nach Beseitigung de» Kampfstoffe», nach Hin- megräumung der Gelegenheiten, die politische Gesinnung deS katholischen Bolle» zu vergiften, allmälig ein frischer, vaterlands- srendiger Geist auch bei unserer katholischen Jugend «inziehen werde, und daß in allen großen, nationalen Fragen Herr Winvlhorst recht bald nur noch die Welse» und Polen, allen- salls auch »och die Socialdemokraten zur Versügung haben werde, um seinem Haß gegen da» neue deutsche Reich, so wie eS uuu einmal geworben ist und steht, Ausdruck zu geben. Herrn Windthorst zu einem deutschen Patrioten machen zu können, hat wohl auch Fürst Bi-marck nicht gehofft, al» er die kirch-npolitische Borlage empfahl; ihn aber praktisch weniger fchäklich zu machen, durste man versuchen, und wir gebey die Hoffnung nicht auf. daß der vorgenoiiimene Ver such nicht völlig verloren sein wird. Herr Wmdthorst wird da« CeiOrym i» seiner Gesammtheit nicht mehr dazu willig finden, dem deutschen Reiche stet» Da» zu versagen, drsie» es zu seiner Stärkung am dringendsten bedarf — der Eriolg wird sich schon sehr bald zeigen. Da- Weitere wird die Zeit entwickeln." * * * Au» Warschau. 25. Mai, wird un» geschrieben: ..Tie Agitation gegen den Besuch deutscher Bäder, wrlche von der .Gazeta Pol-ka" zuerst mscenirt wurde, ist alsbald von der gesammten diesigen Press« ausgenommen worden und wird von derselben gesteigert weiter geführt. Auch die Agitation aus dem Gebiete der Industrie und de» Handel» dauert fort. Ungeachtet dessen, daß manche Berliner und Hamburger Häuser vie polnische Sprache in die Corre spond,nz mit unseren Firmen eingesührt habe», fahren unsere Kausleule und Industriellen fort, die Verbindungen mit Deutschland auszulvsen und sied nack England und Frankreich zu wenden." * Wie sich nachträglich herauSstelll, ist der Stapellaus des Panzerschiffe« .Katharina II.- in Nikolajem miß lungen. Da» Bassin war zu klein, um den Ablauf eine« so grotzenSchisse» zu ermöglichen, unde» waren daher alle möglicürn Vorsicht-maßregeln getroffen, um einen sckniellen Stapellaus zu verhindern. Die Folge war, daß da« Schiss stecken blieb, noch ehe e» ganz in» Wasser gelangt war. So hat wenigsten» da» Schiss selbst keinen Schaden erlitte». Bor der Abreise au» Nikolajrw legten der Kaisrr und die Großfürsten noch den Kiel zu drei neuen Kanonenbooten und den cmcS Minen- kreuzer«. Di« Kanonenboote heiße» „Saporoshez", „Donez", „Tschernomorez" und der Minenircuzer „Capitain Sacken". Der Bau dieser vier Fahrzeuge wird rasch gefördert und die Kanonenboote sollen schon im November schwimmen. Die drei Kanonenboote, welcbe in Srbastopol in, Bau sind, werden die Namen .Uralez-, „Terez" und .Kubanez" führen. Ihre Länge beträgt 2l0 Fuß. die Breite 35 Fuß, der Tiefgang lü' ll". die Tragfähigkeit 1224 Ton», die Maschinen, die in Motala gebaut werden, sollen t500 Psrrdrkrast haben. Die Armiruug besteht in 2 achtzölligen und 1 sech»zölligen Stahlkanone, 6 Hotchißkanonen und 2 Apparaten zum Ab schießen von Torpedo». * Au» Brüssel, 2K. Mai, wird gemeldet: „Der Bürger meister Bul» hat heute an Mähen, den Generalsecretair der belgischen Arbeiterpartei, in Beantwortung der Ankündigung einer Arbeiterkundgebung sür da» allgenieine Stimm' recht, die am t3. Juni erfolgen soll, folgendes Schreiben aerichtet: .Ein au» 80.000 di« lOO.OOO Arbeiter bestehender Zua soll die Straßen der Hauptstadt durckziehen. Obne die Aufrichtigkeit Ihrer Erklärungen zu bezweifeln, glaube ich doch meine Beamte» nicht den Fährlichkeiten auSsetzen zu dürfen, welche bei einer so bedeutenden Volk-ansammlung sich ergeben können, dg e» nickt erwiesen ist, daß vie Veranstalter der Kundgebung genügend« Macht über die Vvlk»masien haben, um olle Unordnungen zu vermeiden, oder daß ihre friedlichen Ab sichten von allenThrilnehmern getheilt werden. Um so mehr ist e« meine Pflicht, derartige öffentlich« Kundgebungen nickt einen Umfang onnehmen zn lassen, der z»> de» Kräften, Uber die ich zur Verbürgung ver öffentlichen Sicherheit verfüge, in keinem Verhältnisse steht. Ich bitte Sie also, allen Denen, die Sir zu der Kundgebung vom >3. Juni ausgesorderl haben, mitzntHelle«, daß ich von den Rechten, die mir Artikel IS der Verfassung und Artikel 94 de» Gemeindegesetze» geben. Gebrauch mache und diejenigen Maßregeln treffen werde, welche ich für zweckmäßig erachte, um den, Verbote Achtung zu verschaffe», welche« ,ch die Ehre habe Ihnen mitzutheilen." * Sobald die Frag, der Au«weisnng der Prinzen ans. geworfen wird, kann Prinz Iärüme Napoleon sich nicht versagen, sich der französischen Nation, die sonst kaum Notiz von ihm nimmt, in Erinnerung zu bringen. Der iß biW llv« Salden M ößjim. Dies mal ist r» einer der „Vertrauten" de» Prinzen, der sich in dem genannten Blatte all» vernehmen läßt: ..Gewiß deschäsligt sich Prinz Napoleon mit der AntwrisnngS. rage, aber beunruhigen kann sie ihn nicht, venu er »ft selbst sür die luSweiiung und dies aus verschiedenen Gründen. Erstlich weil er ich dagegen geschützt wähnt. Wie er schon mehrmals erklärte, bat er nicht die Drohungen abgewortet, um aozuerkeaneo, daß die Re publik die logische Folge des allgemeinen Stimmrechts »st. Er ist also sür die Republik und gegen jede Art von Monarchie; er will eine Republik, deren Bersassnng di« BolkSsouveränetät zur rechl- niäßige» Grundlage hat, eine Republik, in der die ausübende Gewalt Zugleich thätig und verantwortlich ist, kurz eine Republik, deren erster RegierungSaci wäre, dem allgemeinen StimninngSrecht das Recht, da- Staatsoberhaupt zu wähle», zurückzuerstatten. Man dot dem Prinzen nicht ein Wort gegen die Regierung vorzuwersen: er unlerzicht sich üffenrlich dem gemeinen Recht, er unterwirst sich der Bolk-iouveräiieiät. er benutzt jede Gelegenheit, zu erklären, die Monarchie widerstehe heute den politischen Sitten, dem modernen Glauben, den VolkSrechlrn, und er wendet sich frei, ohne Nebenabsicht, der einzigen Regierung-weise zu. welch« die großen Ideen der sranzüsischen Revolution vertritt, der Republik. Er kann also nicht glauben, daß die Minister ihm etwa- anhaben werden, ihm. der >n seinen Lehren und Erklärungen weiter fortgeschritten ist al- Herr Clemciiccau. eine der Stützen des Ministerium». UeberdieS ist er der Ansicht, die AuSiveisungSsraae, die regelmäßig Wiederkehr«, könne wohl »»r Wochen und Monate bei Seile geschoben, müsse ober durch ein bestimmte» VerbannungSgesetz livthwendig gelöst werden. Frankreich kann nicht unau-gesetzl durch de» unerbittlichen Kamps zwischen zwei einander aushcbende» Principicn, dem Wahlprincip und dem Lrt'solgeprnicip, untergraben und bedroht bleibe». Auch die Ausweisung ist kein unfehlbare» Mittel, sondern ein bloßer äugen- blicklicher Nothbehels. Solange nicht alle Demokraten die Nolb- wcndigleit erkannt haben, eine Bersassnng graniisest aus die Volks- souveräueläl zu bauen, eine Bcrsanunluug eigens dazu einzuberuscn, eine Constituante, welche die Priiicipien und die Regeln einer Re gierung auszusetzcn und der Bestätigung durch da- Bolk zu unter breiten Hai, werde» die Prälendenten, ob sie nun in Frankreich oder im AuSlandc wohnen, belästigend oder gesahrbringend wirken. I», Ausland« werden sie Lerschwörungen und »n Zulande Zittrig»«» anzctteln, und diese letzteren sind in unserem positiven Zeitalter, dem die Hcldentage von 1630 und 1846 schon so ferne liegen, viel mehr zu besiirchten als die Berschwörungen." Hier folgen, sagt Ver „Figaro", gewisse Einzelheiten, welcbe wir nicht wiedergcven könne», weil die Uebertreibunq allzu groß ist und sie ohnehin durch zahlreiche Bonapartisten ,m Publicum verbreitet werden. * Monsignore Renier, von Geburt ein Denetianer und Abkömmling eine« Doge» von Bencdia, päpstlicher Hau»- prälat und berühmter Schriftsteller und Kanzelredner, 60 Jahre alt, hat den römlsch katboliscd«» Glauben öffentlich vor dem Pfarrer der amerikanischen St. PaulSkirche, Mr. Ncviii, abgesckiworen, sich der italienisch-katholischen Kirche i» Rom angefchlossen und sich unter den Schutz de» anglikanischen Episkopat» gestellt. * Ucber die Arbeiteraufstände in Italien wird dem .Neuen Wiener Tagblatt" unterm 25. d. M. über Rom auS Trani weiter gemeldet: „Heule (Dienstag) wurde über Conversano der Belagerungszustand verhängt. Jede Familie erhielt Einquartierung lieber 300 Verhaf tungen wurden vorgenomme». Die HaupträvrlSführer wurden unter starker militairischer E-corte nach Bari gebracht, da die Befürchtung nahe lag. da» erbitterte Bolk werde suchen, dieselben zu befreien. Thatsächlich wurde von einen, Volk»- Hausen die EScorte angegriffen und der Bahnhof zu stürmen versucki, jedoch ohne Erfolg. Der Truppenzuzug von Foggia und Bari Lauert fort, eben so die Auswanderung vieler Familien zur Grenze. Aus den Bürgermeister wurde ein Attentat verübt, >edoch wurde derselbe nur leicht verletzt. Zn Gravina (Provinz Terra d> Bari in der alten Landschaft Apulien) brach eine ernsteZnsurreclion au». BolkSmassen zogen vor daSMunicipium. Brod und Arbeit verlangend. Beim Erscheinen deS Bürger meister» aus dem Balco» empfing denselben ein Steinhagel Sämmlliche Fensterscheiben wurden zertrümmert. Da« schnell verbarrikabirte Thor wurde gesprengt. Ein eindringender Volkshause, welcher die über da« Dach geflüchteten Magistrats personen nicht vorsand, verwüstete den Ralb-sacil und da» Archiv. Die ganze Nacht über dauerten die Excesse fort, bei wetchen ein ganzer Stadttheil durch Steinhagel »nd Schüsse verwüstet wurde. Da« früh anlangende Militair fand keinen Widerstand, da die Arbeiterführer vorher schon warnten, aus die Soldaten zu schießen, da dieselben auch Söbne de» Volke» seien und der Tag nicht mehr fern sei, wo sie mit ihnen ge meinsame Sache machen würden. Man befürchtet die Ver breitung der Bewegung über ganz Apulien." * Depeschen aus Fez, welche dem .Akhbar" überlanger zugegaiigen sind, melden, daß die von Sultan Sibi Muley Hassan vo» Marokko m eigener Person gegen den Rebellen und Beherrscher der beiden Provinzen Su« und Draa, Sidi Ben Haschen», geführte Armee die Truppen de» Letzteren im Thale Tirmo. unweit vom Draaflusse. plötzlich Überfällen nnd dieselben total geschlagen hat. Zweitausend Rebellen sollen dabei gefallen sein, während achlbundert derselbe» mit drei Geschützen in die Hände des Sieger» gerathen wären. Sidi Ben Haschein selbst habe sich jenseits de« Draaflusse« geflüchtet, uni ver Küste näher zu kommen, da er bosse, daß Frankreich und Spanien, die sein« Sache begünstigt hatten, ibm Hilfe gewähren oder weniqstr»» zu seinen Gunsten beim Sultan interveniren würden. Durch diesen Sieg scheint die Autorität de» Sultan» über ganz Marokko wieder hcrgestellt zu sein. * lieber da» Berhältniß China» zum Vatikan wird der .Nationalzeituiig" au» Rom geschrieben: Die neuen chinesiich-vaticanilchen Beziehungen ge stalten fich von Tag zu Tag interessanter. Ihre Geschichte ist etwa folgend«. Boe ungefähr drei Monalen kam hier ein gewisser John George Dünn an. ein englischer Katholik. welcher ieit etwa zivanzig Jahre» in chinesischen Diensten steht. Derselbe legitimirte sich am päpstlichen Hose in bester Form al- Agent der chinesischen Regierung und fordert« ans Grund seiner wohl- beglaudiglen Vollmachten di» Curie aus, einen Nuntius nach Peking zu schicken und da» Protektorat, welche» Frankreich sich über olle in China befindlichen katholischen Missionen ongemaßt bade, auszukeben. da die Regierung de« himmlische,, RcicH den Fortbestand diese« Proteciorai», welche« allmälig einen Staat im Staate bilde und zu den ärgsten Verwickelungen mit dem Tsung-U- Vamen Anlaß gebe, nicht buchen wolle. Diele Anträge riesen natürlich im Vatieon eine große Aufregung hervor. Dem ?npe- viplownt« Leo XM gab die Angelegenheit reichen Stoff zum Nachdenken, «nd kühne Hoffnungen knüpfte sein Ehrgeiz an die Möglichkeit der Srndnvg eine« Nnntin» jnach dem fernen satel- haften China. E» wurden also verschiedene Cordinal.'-Covseren^n adaehalien, in denen die Majorität sich stet» kür Annahme der Duonsschen An träge aussproch. wahrend die Minorität, geführt von dem sranzosen- trrnndUche» polnfföfft» Cardinal Gz-ckl, bedenklich darans hsiunies.
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