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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.05.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191005155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19100515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19100515
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-05
- Tag 1910-05-15
-
Monat
1910-05
-
Jahr
1910
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P^tdetzelleeld. fternrr >n Belgien, Dänemark, den Donausiaaicn, zwli«, Luxemburg, Niederlande, Noe- wegen, Omerretch-Ungarn. Nntzlend, Lchwede», Schweig ». Spanien. A» ,lle» übrigen Staate» nur direkt durch bi» SrichchUllell« de« Blatt«« erhältlich. Da« Leipziger Tageblatt erscheint Smat i»glich, Sann- ». Feiert«« mn morgen«. tivonnement-Anaadm«: Bugufiu«vlatz 8, bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmeftellen, sewie Postämter» und Briefträgern. «ingelneckaufsprei« »er Momen« >u«gabe 10 der ittdendau«gade » Redaktion und Aefchäftästeller Iohannitgasse 8. Fernlvrecher, I««SL I«Sl». I4SS6. eipMer TaMalt Handelszeitttng. Ämtsklatt Les Rates »nd des Ralizeiamtes -er Stadt Leipzig. Änzeiqen-Preis ittr Jnierat« an« Leipzig und Umgebung di, 6geipolt«ne SO wm breit» Pelitzeil, 25 4, di« 7« mm breit« SleNamezeile l von au«wärt» 50 H, NeNamen l.Ä) Inserate ven Vebirden 'm amtliche» Teil di« 74 mm drei»« Petitzeil, 40 ch. SiefchäitSanzcigen mit Plahvorschriste» und i» der Avendautgad« im Preise erbdiu ptadaii nach Taris. Beilagegeb^br 5 p. Tausend extl. Postgebühr. Fefterteilte Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Für da« ilrscheincn an bestimmten Tagen und Plätzen wird lein, Garantie übernommen. Anzeigen. Annahme i Augustu«pl»tz », de« sämtlichen Filiale» u. allen Annoncen- iäxpedltionen del In» und Aütlande«. Vanpt»Filiale Berlin: Karl Diuckei. Herzogl. Brqr. Hosduch- Handlung, Lüstowstratze Illi (Telephon VI, Nr. 4003). Haupt-Filiale LreSdem Seesirahe I (Telephon 4821s. Nr. 133 Sonntag, üen 15. Mai 1910. l)ie näcdsie tummel' cles l.eiprigek' lageblatteL ei-sclieint >x/egen cier f'singZiseier'tsge am biensiag, cien 17. svlai, mo>-gen5. Das Dichtigfte. * Zn Strabburg tritt während der Pfingst tag« der Allgemeine Deutsche Lehrer verein zusammen. (S. Dtschs. R.) * Zn ganz England werden am 26. Mai mittags um 1 Uhr zur Stunde der Beisetzung de« Königs Eduard Gottesdienste ab- gehalten werden. * Eine große Anzahl von Mitgliedern der russi schen Duma protestieren energisch gegen jede fremde Einmischung in die innere russische Politik. (S. Ausl.) * Bei den Wettfliegen in Berlin- Zohannisthal ereigneten sich gestern mehrere Unfälle. Pfingsten. Am Pfingstfest feiert der Optimismus seine schönsten Triumphe. Die ewig rührenden Le genden der Auferstehung von den Toten, der Himmelfahrt, der Vereinigung durch die hohe Inspiration der christlichen Nächstenliebe und zum Entschluß rüstiger Tätigkeit zum Heile der gesamten Menschheit, hätten für unsere nörd liche Zone in keine passendere Jahreszeit gelegt werden können, wenn einem klugen und empfind samen Geist die Möglichkeit derZeitwahl gegeben worden wäre. Wir Modernen, zum Skepti zismus und leider auch zum Pessimismus durch das Leben und seine Erfahrungen Erzogenen, sind alle ein wenig von der Heinischen Spott lust über die landläufigen Gefühle beim Wechsel der Jahreszeiten angesteckt und schützen uns selbst gern vor der Rührung durch die Geste des erfahrenen und erhabenen Zeitgenossen. Aber die Geste ist nicht echt. Tief im Innern fühlen wir die innige Verwandt schaft mit aller Natur und deren weit überwiegende Bedeutung gegenüber den uns von der Natur trennenden Schranken der Zivi lisation. Wer könnte ganz unbewegt das über all sprießende, in die zartesten Farben gekleidete junge Leben sehen? Wer spürte nicht von diesem Drange zu neuer Lebensbetätigung auch in sich eine Spur? Es gibt kein klügeres Wort menschlicher Er kenntnis, als das: Nur der Optimismus, der das Leben bejaht und zum Schaffen drängt, besiegt das Leben. Mit Pessimismus und Re signation ist uns nicht geholfen, sie haben nie und nirgends etwas zuwege gebracht, aber die freudige Schaffenslust hilft uns weiter. Nicht so ist das zn verstehen, daß Skeptizismus und Pessimismus gar keine Berechtigung hätten und ganz auszuschalten seien, daß alles und jedes, was wird und vor sich geht, segensreich sei und von uns begrüßt werden müsse, sondern jedes Gefühl hat sein Recht. Nur die Erundstimmung bei aller Arbeit soll optimistisch sein, der ein zelnen Erscheinung gegenüber ist häufig genug die ganze Stufenleiter abweisender Gefühle wohl am Platze. Ein sicherer Instinkt liegt dem Worte zugrunde, daß Schwarzseher nicht ge duldet werden sollen, wenn man es so versteht, daß die Leute, die überall Unglück sehen und Unglück prophezeien, zu nichts nütze sind, al» den produktiven Geistern die Arbeit zu ver leiden. Der Amerikanismus ist ja heute moderner denn je, da sein rührigster und am idealsten gerichteter Repräsentant die alte Mutter Europa in einer Spritztour durchstreift und allen Völkern predigt. Nicht» aber ist so charakteristisch für diesen Amerikanismus als der Wagemut, al» der Optimismus. Er durchzieht das ganze Getriebe de» nördlichen Amerika. Nirgendwo werden Unternehmungen gewerblicher Art. werden Errungenschaften der Technik, der Wissenschaft, der Kunst so leicht finanziert wie dort. Gewiß, der Einwand ist richtig, häufig genug allzuleicht. Aber wo ist eine große Bewegung, die nicht über das Ziel hinaus schösse! Und wenn die Erfolge der Prüf stein sind, wenn man wirklich auch die geistigen Bewegungen an ihren Früchten erkennen kann, dann bleibt diesem Optimismus doch die Palme. Schwer will es uns durch Tradition und Sitte Gebändigten und Gefesselten werden, die Unbe kümmertheit uns zu eigen zu machen, mit der das junge Volk der Amerikaner zu Werke geht. Auch wäre es schade, wenn wir uns ganz der Rücksichten entwöhnen wollten, die uns Er ziehung und Landeskultur auferlegen. Es wäre nicht nur schade, es wäre schädlich, denn das robuste Zufassen, das drüben gang und gäbe ist, würde in den älteren Kulturen hohe Güter zerstören müssen. Aber eine gehörige Portion dieses Draufgängertums ist uns bitter not. Unsere politische Situation in Deutschland ist wahrlich nicht erfreulich, sobald man die äuße ren Erscheinungen betrachtet. Ein gewaltiger Gegensatz der politischen Ziele hat sich aufgetan zwischen den Regierenden und den Regierten, wobei gerade das so betrüblich erscheint, daß die Lenker des Staatsschiffs von keiner Erkenntnis des Notwendigen und Zeit gemäßen beseelt zu sein scheinen. Wer die gräßliche Herumdoktorei am preußischen Wahl recht Phase für Phase verfolgt hat, muß gerade zu starr sein ob der Zaghaftigkeit und Ver ständnislosigkeit, die sich hier offenbart. Und nicht nut Verständnislosigkeit, sondern vor allem Mißtrauen gegen die eigenen Volksgenossen spricht aus jeder Maßnahme. Alles Große ist klär und einfach, und auch eine Wahlreforip, die ihren Namen verdient, hätte klar und ein fach zu sein. Das Volk würde seinen Dank für das ihm entgegengebrachte Vertrauen schon durch rechten und eifrigen Gebrauch seiner Rechte ab statten, und der Erfolg würde neues, frisches Leben, zeitgemäße Ausgestaltung der, ach gar so antiquierten, staatlichen Institutionen sein. Roosevelt glaubt nicht an den Zusammen bruch unserer Kultur, glaubt nicht, daß sich die Erscheinungen des Blühens und Vergehens, die Aegypten, Griechenland und Rom gesehen haben, wiederholen werden. Jene lokal be grenzten und vor allem meist nicht tief ge gründeten, sondern oberflächlichen Kulturen mußten zugrunde gehen im Kampfe mit den kraftstrotzenden Naturvölkern, an deren Jugend stärke die Kultur der naturentfremdeten Ver feinerung wie Glas zersplitterte. Unsere heutige Kultur ist nicht mehr nur wie jene eine natio nale, sondern tatsächlich eine Weltkultur, so daß eine Ueberrumpelung durch wilde Horden nicht mehr möglich ist. Und den Zusammenhang mit der Natur suchen und finden wir langsam wieder. Zu diesem Zweck hat der moderne Mensch sich den Sport geschaffen. Die Kulturbewcgung als Ganzes wird bestehen, aber wird auch jede Nationalkultur fortbestehen und ihren Platz behaupten? Das ist die große Frage, die unseren Politikern zu denken geben sollte. Bei spiele der Gegenwart geben die Antwort. Frank reich, noch vor vierzig Jahren scheinbar die ge waltigste Macht des Kontinents, ist langsam in die zweite Reihe zurückgewichen, nicht aus Mangel an Geld und Gut, aber aus Mangel an Idealis mus. Und Roosevelt hat recht, wenn er sagt, daß Charakter für die Völker wie für den einzelnen der einzig lebensnötige Besitz ist. Charakter aber ist nichts anderes als die sichere, anständige Haltung des Individuums wie der Nation in voller Freiheit. In Banden nicht zu sündigen, ist kein Kunststück. Daher tun uns freiheitliche Institutionen not, um ein Volk von Charakteren heraufbilden zu können. Ein in Freiheit und Wahrheit erzogenes Volk wird seinen Platz im Weltgetriebe behaupten, wird auch seine nationalen Qualitäten nicht ver lieren, es wird sich selbst vorwärts helfen und der Welt damit den besten Dienst leisten. Das sind Lehren des Pfingstfestes, die aus dem Optimismus geboren find, und in denen sich die besten Garantien für die Zukunft dar bieten. Darum in Wahrheit: Fröhliche Pfingsten r Zum MU Merkel. Aus Kreisen der nationalliberalen Landtags fraktion wird uns geschrieben: Herr Abg. Merkel hat am 10. Mai d. Z., also am Schlüsse der Session, plötzlich die Entdeckung ge macht, daß sich in der nationalliberalen Fraktion des sächsischen Landtages eine derartige Dekadenz gezeigt habe, daß ihm ein weiteres Verbleiben darin unmög lich sei. Wir wollen nicht mit ihm über den Aus druck „Dekadenz" rechten: er mag ein Ausfluß der starken Individualität sein, die ihm eigen ist. Be- bäuerlich ist aber, daß er ihn durch Mitteilungen aus den internen Besprechungen der Fraktion zu stützen sucht, deren vertraulicher Charakter ihn allerdings hätte abhaltcn sollen, sie nachträglich der Leffent- lichkeit preiszugeben. Indes haben wir diese Oesfent- lichkeit nicht zu scheuen, da die Mitteilungen des Herrn Merkel in ihrer Gesamtheit unrichtig sind. Es ist eine Beobachtung, die wohl nicht nur innerhalb der Fraktion gemacht worden ist, daß Herr Merkel bei allen seinen Bestrebungen eine auf persönlichen Motiven beruhende Gegnerschaft vermutet, eine Eigenschaft, die ihn gegenüber Negierung, Parla ments- und Fraktionsgenossen von vornherein mit Mißtrauen erfüllt. Dies Mißtrauen hat ihn auch bei leinen jetzigen Veröffentlichungen in die Irre geführt. Was zunächst seine Behauptung anlangt, daß durch Schiebereien" seine Wahl zum Vorsitzenden der Finanzdeputation 8 unmöglich gemacht worden sei, so mag festgestellt sein, daß Konservative und Sozial demokraten geschlossen gegen ihn stimmten, so daß die nationalliberalen Mitglieder allein seine Wahi nicht ermöglichen konnten. Zur Annahme einer „Schieberei^ hat er auch dann keinen Anlaß, wenn das älteste nationalliberale Mitglied der Depu tation, wie er das offen erklärt hat, ihm seine Stimme nicht gab, da er es für eine Unmöglichkeit hielt, daß ein Reichstagsmitglied mit seinen auswärtigen Ab haltungen das Amt des Vorsitzenden einer wichtigen Deputation bekleidet, das die dauernde An wesenheit am Sitze des Landtages erfordert. Unerhört ist sein Vorwurf, daß seine Orqanisa- tionsanträge in der Fraktion verschleppt und ihm in den letzten Tagen zuruckgeqeben worden seien. Diese Anträge hoben von Beginn der Session an in einer großen Anzahl von Sitzungen zur Beratung ge standen, ja sie haben auf den Tagesordnungen der Fraktion einen größeren Raum eingenommen, als 'der Angelegenheit irgendeines anderen Mitgliedes eingeiäumt worden ist. Ein vorläufiger Einblick in die noch vorhandenen Einladungskarten zu den Frak- tionssitzüngcn zeigt zum Beispiel, daß sie am 23. November, 7., 13. und 16. Dezember sowie am 3. Februar zur Beratung standen. Herr Mertel hat sich aber nicht zu einer einzigen dieser Sitzungen ein gefunden. Noch bedenklicher erscheint seine Behaup tung speziell wegen des Antrages auf Einrichtung eines Eiscnbahnministeriums. Dieser Antrag wurde wegen der anerkannten Wichtigkeit einer besonderen Kommission, bestehend aus den Abgeordneten Dr. Niethammer, Anders, Bauer und Merkel, überwiesen. Diese Herren haben in angestrengter Arbeit und zahlreichen Sitzungen beraten — mit Ausnahme des Herrn Merkel, der trotz rechtzeitiger Einladung zu keiner Sitzung erschien. Er wird sich auch nicht damit entschuldigen können, daß ihm die Zeit der Sitzungen wegen seiner auswärtigen Abhaltungen nicht gepaßt hätte. Er ist mehrfach vorher, nicht nur mit Rücksicht aus seine Empfindlichkeit, sondern auch auf die Wichtigkeit seines Antrages, ausdrücklich befragt worden und hat erklärt, daß er zur beabsichtigten Stunde erscheinen könne. Er ist auch diesen Sitzungen ferngeblieben. Welche ernste Arbeit die drei anderen Herren geleistet haben, geht aus dem Resultat her vor dem Antrag Niethammer, der wegen seiner um faßenden Bedeutung weithin Aussehen erregt hat. Herr Merkel irrt auch, wenn er annimmt, daß er niemals zum Fraktionsredner bestimmt gewesen sei oder als solcher gesprochen habe. Er war sogar als einer der drei Etatredner der Fraktion in Aus sicht genommen: da er indes in Berlin sestaehalten wurde, trat der Abg. Bauer an seine Stelle. Die An nahme, daß die Nationalliberalen bei seinen Reden den Saal verlaßen hätten, läßt sich nur durch die oben charakterisierte Eigenheit erklären. Endlich irrt Herr Merkel, wenn er der Fraktion einen Umfall in der Ordens- und Gesandtschaftssrage vorwirft. Beide Kapitel hatten allerdings bei einer Reihe von Frak- tionsmitaliedern Bedenken erregt — es ist aber un wahr. daß die Fraktion jemals beschloßen hätte, als Fraktion dagegen zu stimmen. Beide Kapitel er schienen auch nicht wichtig genug, sie zur Fraktions frage zu machen: aber gerade die Ausführungen des Herrn Merkel in der öffentlichen Sitzung mögen noch manchen veranlaßt haben, seine Bedenken zurückzu stellen und für die Bewilligung zu stimmen. Beide Kapitel scheinen diejenigen zu sein, aus deren Be- willigung Herr Merkel die Dekadenz der Fraktion ab leitet. Er ist hier wieder einmal einer unglückseligen Verwechslung zum Opfer gefallen, der Verwechslung von liberal und oppositionell. Wenn man allerdings das Wesen des Liberalismus in einer nach Form und Inhalt möglichst aggressiven Haltung gegenüber der Negierung sieht, dann geben wir zu, dekadent im Sinne des Herrn Merkel zu sein O Der „Neuen Voatl. Ztg." in Plauen teilt Abg. Merkel noch mit. daß er an der von ihm gegen ver- schieden« Dresdner Journalisten gemachten Aeußerung über die Gründe seines Austritts festhalte. Er will nur aus der nationalliberalen Fraktion aus- getreten sein, weil er den „Verfall der Fraktion" als liberaler Mann nicht mitmachen wollte. Er habe nie gegen das Parteiprogramm gefehlt, sondern «s im Gegenteil stet« hochgehalten. Persönliche Gründe liegen zu seinem Austritt nicht vor, was schon dadurch bewiesen werde, daß Abg. Langhammer doch in der nattonalliberalen Fraktion bleibt Wenn er dem Genannten hätte nützen wollen, so wäre doch sein Verbleiben in der Fraktion das Natürliche ge wesen. Herr Aba^ Merkel wird noch eine Dar stellung der Verhandlungen der Kom. mißion geben, die sich mit dem Fall Lang. Hammer zu beschäftigen hatte. lv4. Jahrgang. Brülleler klusllellungsbriel. (Von unserem Brüsseler o.-Korrespondemen.) Brüssel, 13. Mai. Am 11. Mai wurde die Deutsche Dekorativ-Kunst- ausstellung für das Publikum eröffnet, über die ich natürlich noch eingehender berichten werde. Am Abend vorher gab Generalkommissar Albert ein Fest essen. zu dem er alle hervorragenden Männer aus Kunst und Wissenschaft eingeladen hatte. In seine: nach Stil und Inhalt gleich bedeutenden Rede be zeichnete er es als Zweck der Ausstellung, zu zeigen, „daß die deutsche Kunst in ihrer Entwicklung bestrebt ist. sich von der Eewerbsmäßigkeit frei zu machen, di; die Künstler zu Sklaven der internationalen Mode macht. Zn ihrem Stil müsse die gewerbliche Kunst Unabhängigkeit, Würde und die Kraft tragen, sich ans ihrer untergeordneten Rolle zu befreien und einen leitenden Einfluß auf die Entwicklung des Kunstgewerbes zu gewinnen". Wenige Tage vorher fand die Eröffnung des Kon gresses der internaticnalen Vereinigungen statt, auf dem gleichfalls Deutschland eine hervorragende Rolle spielen wird. Alles, was auf humanitärem, wissen schaftlichem und schöngeistigem Gebiete die Menschheit eint, wird vertreten sein. Wenn man bedenkt, daß erst ein halbes Jahrhundert verflossen ist, seitdem der erste internationale Kongreß getagt hat. so ist cs ein erhebender Gedanke zu sehen, wie trotz aller natio nalen Rivalitäten das allgemeine menschliche Soli- daritätsgesühl auf allen Gebieten zum Durchvruch ge kommen ist. Neben den staatlichen internationalen Vereinigungen (Haager Konferenz, international:! Postverein, Telegraphenoereinigung, Union de la Croix-Rouge usw.) tagen alle hervorragenden medi zinischen, luristischen, künstlerischen, ethischen und sozialen internationalen Privatvereinigungen. Wenn auch die breite Oesfentlichkeit sich wenig sür diese Veranstaltungen interessiert, so Haven sic iür die all gemeine Wohlfahrt doch wohl unter allem, was die Ausstellung bietet, den nachhaltigsten Wert. Der Tod des englischen Königs hat auch aus die Ausstellung großen Einfluß gehabt. Das belgische Kvnigsvaar bat selbstverständlich seine Teilnahme an allen Veranstaltungen der nächsten Wochen zurück gezogen. Der Monarch reist ja auch persönlich zu der Reerdigungsseier und knüpft damit wieder die Fäden an, die durch die Feindschaft zwischen Leopold und Eduard in den letzten Jahren gerissen waren. Nicht nur die englische, sondern auch die französische Sektion haben ihre auf Mitte Mai anberaumt gewesene Er- 'öfsnung um einen Monat verschoben, weil auch die offiziellen französischen Kreise aus Sympathie für das verbündete trauernde Znselreich sich an einer Feier nicht beteiligen wollten. So wird denn auf lange Zeit hinaus die deutsche Abteilung das einzig wirklich Sehenswerte bilden. Daß dies auch seine Nachteile bat, dafür gibt ein vor wenigen Tagen auf Ersuchen des deutschen Ecneralkommissariats von der Ausstcllungsleitung er laßener Aufruf die beste Illustration. Darin wird der Bevölkerung bekauntgegeben, daß am letzten Sonntag bei dem Massenzulauf in der deutschen Sektion nicht nur eine Reihe von Gegenständen entwendet, sondern ein erheblicher anderer Teil auch mutwillig beschädigt wurde. Das Exekutivkomitee appelliert an das Eör- gefühl der Bevölkerung und droht, falls dieser Auf ruf nichts nütze, das Generalkommissariat zu ver anlassen, die deutsche Sektion an Sonn- und Feier tagen zu schließen. Ueberhaupt lassen die Herren Belgier in ihrer Eigenschaft als Wirte etwas zu wünschen übrig Es wäre doch nun nachgerade Zeit, daß sie ihre eigene Sektion fertig brächten, um nicht als letzte hinter ollen eingeladenen Nationen nachzuhinken. Aber obwobl sich sogar der König sehr scharf über die Lanaweiligkeit geäußert hat und alle Zeitungen teils mit Strenge, teils mit Spott ihre Landsleute anzusencrn suchen, geht die Arbeit nur so schrittweise voran, daß die Ausstellungsleitung zu einem drako nischen Mittel greifen mußte. Sie hat durch einen Ukas kurzweg eine Frist für die Fertigstellung der Arbeiten festgesetzt und bei Nichteinhaltung der Frist den säumigen Ausstellern den Entzug ihrer Konzession angedroht. Nur etwas war rechtzeitig fertig, La Bruxelle- Kermessc, über die ich Ihnen ausführlich zu berichten versprach. Stellen Sie sich eine große Holzbudenstadt vor, die ein Stück Altbriisseler Lebens bieten soll. Steile Gäßchen, kleine Häuser, ein gedeckter Markt platz und noch so manches andere ganz hübsche Bild. Aber das Ganze ist doch zu sehr Kulissenarbeit und leidet darunter, daß man aus Profitwütigkeit jedem Häuschen Schankgerechtigkeit verliehen hat. All- Lrüsiel war doch wirklich nicht bloß eine gemütliche Bierstadt! Wir Deutschen, die wir in Passau, Nürn berg, Bayreuth, Rothenburg und vielen anderen Orten noch alte Stadtteile realiter erhalten sehen, sind allerdings etwas zu verwöhnte Beurteiler der artiger Imitationen. Ucbrigens Labe ich auf mein-n Wanoernngcn durch Brüssel selost im Herzen der Stadt, im sog. Marollenviertel, auch schon ganze Gäßchen gefunden, die vollständig noch das Gepräge entschwundener Zeit tragen. Aber für so etwas hat der Durchschnittsbclgier nicht viel übrig. ..Der Fläme liebt die Wissenschaft, wenn sie ihm etwas einbrtugt, und die Kunst als Vorwand für ein vergnügtes Leben", so urteilt Vanderkindere über seine Lands leute, und der Mann kennt als alteingesessener Vrurellois seine Pappenheimer. So ist denn Brurelle-Kermesse zwar Tag für Tag von Besuchern überflutet, aber sie lassen sich weniger von seinen arkitektonischen Reizen, als durch dir vielen Estaminets anlocken. Dort werden Lambie und Faro verzapft, beides belgische Gebräus, die man hierzulande komischerweise für Bier hält und — noch unbegreiflicher — mit Hochgenuß trinkt. Za, sie haben in Antoine Clesse sogar ihren Poeten gefunden, der den schauerlichen Stoff mit den begeisterten Versen besingt: 8alnt ä toi, diärg Ijmpiöe et blonile Jo tieus man verro vt Is boabeur va mnin -1K! j'cu vonärai» verner ä tout Io moocke kvur Io boadonr <iv tout Io aovre duvnuv. (Heil dir. helleuchtender Trunk, ich halte mit dem Glas zugleich mein Glück in den Händen. O, gern
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