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UN' ' — mßerger InMger und Tageblatt Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. 1871 MM Sonntag, den 8. August Preil vierteljährl. 20 Ngr, Inserate werdm die gespaltene Zeile »der deren Raum mit 8 Pf. berechnet. Tagesgeschichte. Berlin, 3. August. Seit längerer Zeit schon hat es geheißen, der Kriegsminister v. Roon werde aus seinem Amte scheiden, und es wurden sogar schön die Militärs genannt, die zu seinem Ersah bestimmt seien. In neuester Zeit ist, wie sich die „Schl. Z." schreiben läßt, der Beschluß gefaßt worden, daß Graf Roon im Amte verbleiben, jedoch eine Kraft zu seiner Unterstützung erhalten solle, die im Stande sei, ihm die Arbeit zu den durch die Erfahrung nothwendig gewordenen Reformen in seinem Departement abzu- nehmen. In nächster Zeit dürften nähere Aufschlüsse hierüber erfolgen. — Die „Frkf. Ztg." setzt ihre Veröffentlichungen zur Cha« racteristik des Generals v. Manteuffel fort, wobei sie bemerkt, daß zahlreiche Briese den großen Eindruck bekundet hätten, den diese Mittheilungen gerade in der Armee gemacht. Unter den Zuschrif ten, die der „Frkf. Ztg/' aus Anlaß jenes Artikels zugegangen, be findet sich ein in der neuesten Nummer des Blattes mitgetheilter Brief eines anderen höheren Offiziers, der den Feldzug gegen Faidherbe mitgemacht hat. Der Brief lautet: „Wer auch den Artikel gegen Manteuffel verfaßt haben mag, er ist tausend Braven aus der Seele geschrieben. Wer wie ich, ohne ein Wort reden zu dürfen, zusehen mußte, wie die größten Fehler gemacht wurden, Fehler, die von den blutigsten Folgen waren, die aber trotzdem zu „unsterblichen Heldenthaten" aufgebauscht, wahrlich, dem thut es doppelt wohl, zu sehen, wie doch endlich die Wahrheit an'S Licht kommt. Zum Verrücktwerden war es, wenn unsere Krieger heute nutzlos geopfert wurden und morgen, wenn sie durch einen kühnen Stoß den Feind der Vernichtung Preis geben konnten, ruhig zu schauen mußten, wie die Geschlagenen neue Kräfte sammelten. Freiherr v. Manteuffel ist General der Cavallerie; I^ueus a non lucLnäo ruft man unwillkürlich. — Niemals wohl ist ein General diesem Titel so wenig gerecht worden, wie er, nirgends wohl, außer bet Jena und Solferino, ist eine tüchtige Cavallerie so völlig ihrer Bestimmung entzogen, so durchaus lahm gelegt worden wie unter Manteuffels Befehl. Abgesehen davon, daß er einen ansehn lichen Theil Reiterei der Armee entzog, indem er sie zu Leibwäch tern verwandte, mußte die übrige Cavallerie, sich selbst zur Strafe, müßig zusehen, wie der Feind in nächster Nähe sich organistrte, fouragirte und requirirte; sie fand nur Gelegenheit, in der Schlacht durch einige brave Attaquen ihrer bedrängten Infanterie und Ar tillerie hier und da Luft zu machen. Sie haben schon neulich voll kommen richtig hervorgehoben, daß es von vornherein ein großer Fehler gewesen, den Feind zwischen seinen Festungen anzugreifen, unter deren Mauern sich derselbe jeder Zeit nach einer Schlappe zurückziehen konnte. Dieser Fehler hätte jedoch durch eine ent sprechende Verwendung der Cavallerie wieder gut werden können. Pflicht wäre eS gewesen, dem geschlagenen Feind sofort auf den Fersen zu folgen, ihn so aus dem Bereich der Festungen hinaus- zutreiben und diesen Zufuhren, Recruten- und Freischaaren-Trans- porte abzuschneiden. Nichts von alledem leuchtete jedoch Manteuffel ein. Wie groß die Panik der geschlagenen Faidherbe'schen Armee am 27. November 1870 bereits war, geht daraus hervor, daß ganze französische Regimenter in den nächsten Wäldern hinterm Schlachtselde Tage lang hungernd sich versteckt hielten, weil sie nicht wagten, angesichts der gefürchteten deutschen Reiter hittter- wärts über das freie Feld weiter zu retiriren. Als zu ihrem und unserem Erstaunen jedoch keine Verfolgung stattfand, schwoll den Verzagten der Kamm wieder; sie sammelten und verschanzten sich aufs Neue. Das Resultat war die zweite Schlacht von Amiens am 23. December auf demselben Terrain. Warum Manteuffel jene.zwecklos, ja schädliche, in Ihrem Blatt getadelte Excursion »ach Dieppe gemacht, darüber fragten wir uns schon' im' Felde, ohne zu einem bestimmten Resultat zu kommen. Die Antworten» die von uns mit Soldatenhumor darauf ertheilt wurden, in Ihre». Zeitung abzudrucken, will ich Jhneu nicht zumuthen. Wir ließ«N eS unentschieden, ob Manteuffel durch sein Gelüst nach frische« Austern an'S Meer getrieben wurde, oder ob ihn der Ruhm lochte» siegreich bis an den atlantischen Ocean vorgedrungen zu sein. .Man sprach, auch von zwei spröden Pariserinnen, deren Spür et ms an die Gestade des Meeres verfolgte, und deren habhaft zu werdest von Wichtigkeit sein sollte, da sie als Trägerinnen wichtiger diplo« matischer Geheimnisse galten, was einen alten Diplomaten, wix Manteuffel, besonders locken mußte. Er scheint glücklich gewesen, denn später sah man ihn häufig mit einer dieser Damen im Wägen. — Während er Wochen lang seinem Corps vollständig unsichtbar blieb, fiel es ihm plötzlich ein, sich eine Zeit lang täglich zu Amiens mehrere Stunden öffentlich zu zeigen. Mit dem Krückstock in dH Hand ging er, Friedrich den Großen imitirend, in den Straßen spazieren, ost stehen bleibend, um so ziemlich jeden Soldaten herab lassend zu befragen, „wie er mit seinem Vorgesetztes; zufrieden fei." Doch genug! Machen Sie mit diesem Briefe, was Ihnen güt dünkt. Ich mußte ihn schreiben, ich konnte dem Reiz nicht wider stehen, durch ein paar .characteristische Striche daS Bild eine« Mannes zu vervollständigen, der.sür seine kriegerischen Thaten da« Eiserne Kreuz 1. Classe, den Orden paar Is msrite und dm Schwarzen Adler-Orden erhalten hat, der seine Dotation heim tragen wird und dem vielleicht demnächst der Feldmarschallstab in die Hand gelegt wird." — Wilhelm von Humboldts ältester Sohn, zugleich Erbe der seiner Zeit dem berühmten StaatSmanne und Gelehrten von König Friedrich Wilhelm III. zu Theil gewordenen Dotationen, ist in diesen Tagen in Berlin, 75 Jahre alt, gestorben. Der Verstorbene, der von seinem Vater und seinem noch größeren Oheim Alexander nichts geerbt hatte, als den Namen und einen reichen Besitzt HK, der „Tribüne" zufolge, den größten Theil seines Lebens als Son derling zugebracht, in den letzten 10—15 Jahren hat er, obwohl vollständig gesund, das Bett nicht verlassen. Die Herrschaft Ott- mauchau in Schlesien, die seinem Vater zur Belohnung seintt Ver dienste um den Staat geschenkt worden war, geht jetzt aus die noch unmündigen Urenkel Wilhelm von Humboldts über., Die MHe des Verstorbenen wurde von einem Schutzmann gelestet , auf dy» Familten-Kirchhof nach Tegel gebracht und dort in Gegenwart der Angehörigen beigesetzt. — Der Bau des provisorischen Reichstagsgebäudes ist stn Laufe des Monats Juli ungeachtet der mehrfachen StrikeS der Maurer so weit gefördert worden, daß der Sitzungssaal de-Buüde«. rathS unter Dach gebracht, die Schieferdeckerarbeit dös Mein beendet und mit dem Ausputz des Saale« im Innern bereit« be- gönnen worden ist. Der sür das Plenum des Reichstage« zu errichtende Saal ist gleichfalls wesentlich vorgeschritten, so daß in den nächsten Tagen das Lindecken des Glasdaches in Angriff ge- nommen werden kann. Da« Richten des Sitzungssaales für da« Plenum ist in jüngster Zeit gleich den srühern Arbeiten bei elektrischem Lichte vor sich gegangen; die Gefährlichkeit dieser Arbeit bei Mcht ohne genügende Beleuchtung ist dadurch vermindert worden, daß man nach Beendigung der Bauarbeiten am Sitzungssaals deS Banves- raths drei weitere elektrische Flammen vom zweiten auf den ersten Hof geschafft und so auf diesem die zum Richten nothwendige Helle ebenfalls hergestellt hat. . . — Die N Pr. Ztg " bestätigt, daß auf einer „Mzahl po» Bauten trotz "der Beschlüsse der letzten Generalversammlung , her M v-- «EU- M-M selten MM. oder minder Wln^schen gewichen'ist, so M e- doch auch eine MW Mc Erscheint i. Freibergjed. Wochen«. Nb. 6 U. für den and. Tag. Jnser. werdm * bi» B. 11 U. für nächste Nr. angen-