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Nr. 236. Zehnter Jahrg. ^rscheiut: «glich srüh 7 Uhr. Inserate »erdrn «mgcnonimeae bt«Ab«nd-ü,Sonn tag» bi» Mittag» 12 Uhr: Marienstraße 13. Uuzrlg. in dies. Blatt«, da« jetzt in UMK Uxrmplareu erscheint, Puden »ine erfolgreich« Verbreitung. Donnerstag 24. August 186L. Tageblatt Kr Unterhaltung nnd Geschäftsverkehr. Mitrebacteur: Theodor Drobisch. Abonnement: vierteljährlich 20«^ bet unentgeldlicher Lie ferung in'» Han». Durch die «röntgt. Pos vierteljährlich 22 Rgr Einzelne Stummer» t Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltene» Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeil« 2 Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: tUepsch 6k Retlhardt. — Verantwortlicher Redactrur: JullUÄ Nelchürdt, Dresden, den 24 August. — Wie wir hören, wird Ihre lönigl. Hoheit die Prinzeß Georg nach erfolgter Zusammenkunft mit ihrem Gemahl in Frankfurt a M. von dort aus mit diesem München und Possenhofen besuchen wollen — — Von der königl. Polizei-Direktion wurde vorgestern m mehreren hiesigen Buchhandlungen die Druckschrift: Louis Napoleon, oder Schicksalskampf und Kaiserkrone, von Ernst Pitawall, Berlin, bei Werner Große, in Beschlag ge nommen — — Seit langer Zeit fahndeten viele Behörden des In landes auf einen Lienstknccht aus SpitzkunnerSdorf, der an mehreren Oitcn Diebereien und B.trügereien verübt hatte und deshalb zur Anzeige gekommen war. Seine Ausgreifung wollte deshalb nicht gelingen, weil er den Ort seines momentanen Aufenthalts häufig wechselte und überdies auch mehrere Dienst bücher besaß, die er entwendet und nun dazu benutzte, sich unter and rem, als seinem wirklichen Namen zu legitimircn. Wie wir hören, soll es in diesen Tagen endlich der hiesigen Polizei gelungen sein, den Menschen in Dresden zu ver haften — — Vorgestern Abend 7 Uhr, beim Abgänge des Dampf schiffes, fuhr in der Gegend der Krüger'schen Schwimman stalt und der Marienbäder ein junger Mann in einer kleinen Gondel dem Dampfer zu nahe, das Rad zerirümmerie die Äond-l und der Insasse stürzte in's Wasser. Herr Schwimm meister Julius Gaffe und seine Leute waren eiligst zur Ret tung thätig, und es gelang, den jungen Mann, wenn auch ziemlich ermattet, noch glücklich heraus.«,ichen. Dem Capitän des Dampfschiffes kann Niemand eine Schuld beimesscn. — Die in den Mafferquarrinen ausgelegenen „Ein- schreibe-, Wunsch- und Correspondcnzbücher", von denen uns einige zur Einsicht Vorlagen, geben ein vielsprechendes Zeug niß von der allgemeinen Befriedigung der Maffenquartierler. Sie sind zumeist angefüllt mit Anerkennungen der Gastlichkeit Dresdens und des Lobes voll für die mit Einrichtung dieser Quartiere Beauftragten. — Das Ministerium des Innern hat dem Vorstande des Erfurter Gartenbauvereins, welcher im Interesse der im Monat September d. I. zu Erfurt statifindenden allgemeinen deutschen Ausstellung von Gemüsen, landwirlhschastlichen Pro dukten, Obst, Pflanzen. Blumen rc. eine Verloosung der besten Ausstellungsgegenstände unternehmen will, die nachgesuchte Er- laubniß zum Vertriebe derartiger Loose in hiesigen Landen «theilt. — Gestern Morgen in der 8. Stunde stand der alte bekannte Haderhändler Gutmann wie gewöhnlich auf seinem Verkaufs- Platze an der Kreuzkirche neben der Fischbude, als er plötzlich vom Schlage getroffen wurde, umsiel und sofort verstarb. Ec wurde von zwei C,aisenlrägcrn im Siechkorbe nach dem Todtenhause getra en. Kaum war dies geschehen, als sich nicht weit davon ein neuer Unfall er ign.te. Eine anständig gekleidete Dame, die der eben erwähnten Episode beigewohnt und sich wahrscheinlich vor dim Anblick des Todten entsetzt hatte, fil, als sie fortgegangen und in die Nähe des Atr- markts gekommen war, ebenfalls plötzlich zu Boden und wurde von zwei Dienstmännern in einer Droschke in ihre Wohnung geschafft. — Ein Abonnent aus Großenhain theilt uns folgende Episode mit, welche zugleich die Mahnung enthält, Aufträge an zweite Personen recht genau und deutlich zu geben: „Ein Herr L. aus Großenhain wollte in voriger Woche einen Ab stecher in die sächsische Schweiz machen. In Dresden ange- kommen, übergiebt er zunächst se n Reisegepäck einem gelben Dienstmann mit dem Aufträge, dasselbe in einem auf der Schloßstraße gelegenen Gewölbe abzugebcn. Zwei Stunden später kommt Herr L in das eben e: wähnte Gewö be und wird von den betreffenden Chefs mit einem „Na bist Du da, alter Freund" empfangen. Auf die Frage nach seinem Ge päck mußte er leider erfahren, daß Nichts für ihn angekom- wen sei. Herr L. begiebt sich mit seiner erhaltenen Marke in's Burau des pelben Dienstmann - Instituts und erhält da den Bescheid, daß man schleunigst zur Auffindung des betref fenden DienstmannS schreiten würde. Da nach fernerem Ver lauf von zwei Stunden der Dienstmann immer noch nicht auf. gefunden war, wandte sich Herr L an die Polizei, und auch diese legt: uun Hand an'S Zeug, um der Sache auf die Spur zu kor men. Alles vergebens. Herrn L s. ganzer Reiseplan ,st vereitelt; die Zeit, um welche er weiter fahren wollte, ist längst vorüber; eS ist gegen Abend geworden, er fragt noch mal« im Comptoir dis Instituts und geht unverrichteter Sache wieder fort als plötzlich auf der Echloßstraße ein Polizist mit dem gelben Dicnsimann ongerückt kommt Letzterer besieht sich da« betreffende Haus genau und sagt endlich, daß er das Vepäck wirklich in diese- Haus getragen, aber allerdings zwei Treppen hoch abgegeben habe. Man wollte sich sofort über zeugen, und es begaben sich alle Drei in die zweite Etage, welche ein Herr Pastor bewohnt. Das Gepäck war da, und als der Polizist den Logis-Inhaber verwundert fragte, warum er denn das Gepäck angenommen und so lange an sich behal- ten habe? entgegnet« dir Herr Pastor: „Ja meine Herren, ich erwarte schon seit 8 Tagen selbst Besuch, und freute mich wie ein König, als mir heute Morgen der Dicnsimann das Gepäck bringt. Ich unterrichte sofort meine Frau von der Ankunft des Besuches, welche schleunigst Vorkehrung traf und den Mittagstisch darauf cinrichtcte, und nun sehe ich schon den ganzen Nachmittag zum Fenster hinaus und warte immer noch vergeblich auf meinen Besuch, ich hätte nunmehr auch die Polizei abschicken mögen, um mir ihn zvzuführen" Eine all gemeine Heit rkeit endete diese Fatalität." - Am l 7. August wurde in der Elbe bei Cölln unweit Meißen ein unbekannter niännlicher Leichnam aufgefischt, der bereits so weit in Fäulnis; übergcgangen war, daß er an Ort und Stelle, wo man ihn an das Land gezogen, vergraben werden mußte. — — Aus Reichenau, 22. August, berichtet das „Dr. I": Wie sich jetzt erst herausstellt, lief bereits vor vierzehn Ta gen ein toller Hund hier herum, welcher den Hund des Flei schers E. hier biß. E. ließ seinen Hund ohne Argwohn frei hcrumlausen, bis bei demselben ebenfalls die Tollwuth aus- brach. Dieser und acht andere von ihm gebissene Hunde wur den gestern durch Erschießen getödtet. Eine I2wöchige Ein- spenung sämmtlicher hiesigen Hunde ist weiter ungeordnet worden. — In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag fanden sich in der Nähe der Grüne-, und Stistsstraße Nachts gegen l I Uhr zwei Männer ein, die sich in unerquicklichen und ab gedroschenen Redensarten über die Behörden und insbesondere über die Polizei vergingen. Wie sie zu diesen Exaltationen kamen, weiß man nicht; ab»r das Wort „Lump" war noch das geringste Compliment, das sie in die Nacht hineinbrüllten Da kam denn der Oberwächtcr und erklärte, es wäre jetzt die Zeit, wo andere Leute schliefen und daher ungesetzlich die nächtliche Ruhe zu stören. Der eine der Ruhestörer rief „Aha, Du bist auch so ein ....!" und versetzte dabei dem Obernachtwächter einen derben Schlag nach dem fleischigsten Theile des Kopfes. Hierauf faßten sie sich, der andere Compl'.ce entfloh. Beide stürzten zu Boden und rangen. Dabei stand leider das Publikum zuschauend ruhig da, trotz der öfteren Bitten des Ocerwächtcts, es möge doch irgend Jemand von der nächsten Polizeiwache Hilfe holen. Der Mantel des Ober- Wächters harte sich in Folge einiger krampfhaften Handbe wegungen des Gegners in einzelne Theile aufgelöst. Endlich erbarmte sich ein junger Mann, lief nach der nächsten Polizei wache und bracht: als bald zwei Gcnsd'armen, die den unbe fugten Ringkämpfer einluden, mit ihm hinter die Frauenkirche zu gehen. Er that es auch und dürste nunmehr bald wegen grober Widersetzlichkeit öffentlich sein Urthel autzsprechen hören. — Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 23. August Wenn wir die Vergangenheit des heurigen An geklagten, Namens Ernst Ferdinand Heinrich Dohmann, er örtern, so erschrickt der Leser jedenfalls ; denn cs liegen nicht weniger als 29 Vorbestrafungen vor. Darunter finden wir sogar neun Arbeitshausstrafen. Am 8. Juli deeses Jahres verließ er das letzte Real das Arbeitshaus, aber blos des halb, um nunmehr aus's Neue wieder auf ein Jahr hinein- zukommen. Dohmann ist 48 Jahr alt, gelernter Messerschmied, gab aber diese Arbeit auf und betrieb so lange Handarbeit, als er «ben nicht im Kerker saß. Als er am 8. Juli aus Zwickau entlasten wurde, erhielt er 14 Ngr. Reisegeld bis in seine Heimath Dresden Er traf hier ein, allerdings später als es ihm in Zwickau vorgeschrieben worden war. Am 20. Juli ging Dohmann zu dem hiesigen Gürtlermeister Braun, der Sängermünzen für die Festtage angefertigt hatte und sie zum Verkauf an Unterhändler gab, und wollte eben falls solche Münzen auf Credit entnehmen. Er sagte, um den Mann sicher zu stellen: „Seh'n Sie, wenn Sie mir nicht trauen, so steht mein Bruder dafür ein, der ist Knopfmachcr und wohnt in Friedrichstadt. Lei'er ist er jetzt nach Frank furt zur Messe nefahren. Wenn der wiederkommt, zahlt er im schlimmsten Falle für mich!" Das glaubte Biaun und gab ihm auf Credit ein Dutzend Sängrrmünzen im Werthe von 20 Ngr. und ein halbes Dutzend im Werthe von 9 Ngr. Schon am nächsten Tage, kam er wieder, aber brachte noch kein Geld mit. Er sagte zu Braun: „Meine Tochter (er hat aber ltnne Kinder) sitzt drüben an der alten Elbbrücke Sie hat ein kleines Tischchen vor sich, auf welchem sie die I1 Dutzend Sängermünzen seil hä t, die Sie mir gestern gaben. Nun fitzen noch mehr solche Händler da, aber die haben eene groß: Menge Münzen vor sich liegen, die ganze» Tische sind bedeckt. Der Tisch meiner Tochter sieht aber ganz leer aus. Das ist doch zu ärmlich. Geben Sie mir noch ein Paar Dutzend Münzen!" Der Gürtlermeister glaubte auch das und gab ihm ein Dutzend zu 25 Ngr, zwei Dutzend zu 1 Thlr. 10 Ngr., und 2 Dutzend zu 1 Thlr. 6 Ngr. Am nächsten Tage kam er abermals wieder, der Lehrbursche war anwesend, dieser gab ihm auf's Neue ein Dutzend zu 25 Ngr. und vier Dutzend zu 2 Thlr 12 Ngr. Dohmann hat wirklich in Friedrichstadt einen Bruder, der Knopfmacher ist. Braun erkundigte sich bei diesem sehr angelegentlich nach Dohmann, doch die Frau des Bruders erklärte rundweg, daß ihr Schwager (der Ange klagte) gar nicht bei ihnen wohne und es ihrem Manne gar nicht einsiele, irgend Etwas für seinen Bruder zu bezahlen. Braun erfuhr auch noch von der Frau, daß Dohmann die Sängermünzen verschleudert, sie sogar noch unter dem Selbst kostenpreise verkauft. So habe er unter Anderem einmal eine solche Medaille an einen rothen Dienstmann für einen Ngr. nur verkauft, während sie ihm doch bedeutend mehr koste. Braun ging sofort auf dir Polizei und Dohmann wurde verhaftet. Er gestand auch Alles offen zu, nur über das aus den Sän germünzen gelöste Geld erfand er eine romantische Geschichte, deren Schauplatz er in die Nähe von Reisewitzens versetzt. Er sagt: , Jch war mittellos, erwerbslos, hatte kein Obdach: Meine Kleider hatten sich nach und nach verringert. Ich hatte die Münzen verkauft und wollte das Geld richtig an Herrn Braun abgeben, oder erst die Vogelwiese abwarten, um da auch Geschäfte zu machen. Das ganze erlöste Geld, cs waren über 11 Thaler, trug ich bei mir. Einen Thaler und 12 Gro schen hatte ich in der Hosentasche und das Uebrige rn der Rocktasche. Da ich keine Schlafstelle hatte, schlief ich nun Nachts auf einer Wiese in der Nähe von Reisewitzens. Als ich früh erwachte, war mein Geld weg. Das muß mir Je mand gestohlen haben und hätte ich den Thaler mit den 12 Ngr. nicht in der Hosentasche zufällig gehabt, da hätten sie mir dies Geld auch noch gestohlen!" Die Königl. Staats anwaltschaft glaubt nicht daran, daß Dohmann je die Absicht gehabt, an Braun das Geld zu zahlen. Bei der Erwerbs-, Mittellosig- und Obdachlosigkeit des Angeklagten war voraus zusehen, daß er das Capital angreife und es verzehren mußte; denn an Verdienst konnte ihm nicht viel übrig bleiben. Die ihm zudictirte Strafe e> scheint gerechtfertigt, deshalb sei nur die Bestätigung des erstinstanzlichen Erkenntnisses zu bean tragen. Es bli b heut auch bei der einjährigen Arbeits hausstrafe. Lage-geschichte. Oesterreich. Der kroatisch-slavonische Landtag ist erst zum 9. Oktober einberufen worden.— Das Justizministerium hat mittelst Erlaß vom 2 August ausgesprochen, daß durch dre Preßamnefiie auch die Rechlsnachthctle lür die Bestraften aufgehoben werden — Fürstin Julie, die geschiedene Gemah lin des Fürsten Michael von Serbien, hat ihren Aufenthalt in Wien genommen. — In Ischl ist erst der Kaiser von Oesterreich, später der König von Preußen angekommcn, beide Herrscher überhäufen sich mit Beweisen des freundlichsten Ein vernehmens. — Preußen soll an Oesterreich für Lauenburg 3 Millionen Gulden zahlen wollen. . Wien, Dienstag, 22. August, Abends. Die „General- Conespondenz' theilt die Hauptzüge der Gasteiner lieberem- kunst mit: Die von beiden Mächten durch den bezüglichen Ar tikel des Wiener Fricdcnstcrtraqs erworbenen Besrtzrcchte wer- d n künftig in Holstein von Oesterreich, in Schleswig von Preußen geübt werden. Am Bunde w rd von Oesterreich und Preußen ein Antrag auf Herstellung einer deutschen Flotte mit Kiel als Bundeshafen und auf Erklärung Rendsburg- zur Bundesfcstung cingcbracht werden. Bezüglich Lauenburgs ver zichtet Oesterreich gegen pccuniaire Entschädigung auf seinen Anrheil. (Dr. I.) Preußen. Der Präsident des „Allgemeinen Arbeiter vereins" B. Becker schreibt eine Generalversammlung im No vember d. I aus. Ort und Datum sollen der Polizei wegen erst später bekannt gegeben werden. — Die Regierung soll in nächster Zeit Schritte gegen den Nationalveiein beabsichtigen. — Die JahrcSeinnahme zum Kölner Dombauvcre n betragt bis jetzt 19,275 Thlr. 3 Sgr 3 Pf. — Wegen der Töctung tcS Kochs vom Prinzen Alfred von England ist »ine Unter- suchungscommission niedergesetzt worden. — Die Arbeitercoin- Mlssion soll hauptsächlich folgende Fragen beantworten: Ist die Aushebung der Coalitionsbeschränkungen notz ich; im be- jahendkn Falle, hätte die« auch für das Gesinde zu gelten? Bedarf ks bi sonderen Schutzes Derjenigen, welche einer Ar- bei-Seinstellung nicht beitreten wollen? Sind bei dergleichen Fällen Schiedsgerichte wünschinswertb? Muß die Fre zügigkert crwei en werden ? Wie könne» Erwerbs- und Wirthschansgenos» senschatten ur terflützt werden? Wie kann man billige Arbeiter- Wohnungen erlangen? In Bannen haben die Weber. Wir- kir und Ri-mendreher nne Erhöhung des ArdertSlohneS um