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AZnigltch Sächffschev Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien nnd der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 52. o Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat Do enge- in Dresden. <r Freitag, 3. März 1911. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Expedition, «roße Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint: Werktags nachmittag«. — Fernsprecher: Expedition Nr. 1295, Redaktion Nr. 4574. Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der 6 mal gesp.«nkündiguna»seit«25Pf., die ZeUe grSßerer Schrift od. deren Raum auf 3mal gesp. Textseite im amtl. Teile 60 Pf., unter dem RedaktionSstrich (Eingesandt) 75 Pf. PreiSermäßigg. aus Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Le. Majestät der König ist wohlbehalten in Taufikia eingetroffen. Die Leipziger Verlags- und Druitereifinna B. G. Teubner begeht heute die Feier ihres 100 jährigen Bestehens. * Der BundeSrat versammelte sich gestern zu einer Plenar sitzung. Der Reichstag erörterte gestern bei Weiterberatung des Militäretats u. a. das Remvntewesen, die Bedeutung des Turnens für das Heer und die Verhältnisse in de« Militär- Werkstätten. * Die österreichische Delegation hat den Marineetat an genommen. * DaS englische Unterhaus hat die Betobill in zweiter Lesung angenommen. Amtlicher Teil. Se. Königl. Hoheit Prinz Johann Georg haben in Vertretung Sr. Majestät des Königs gnädigst geruht, dem Soldaten des 15. Infanterie-Regiments Nr. 181 Karl Fritz Leonhardt in Themnitz für die von ihm am 10. Dezember 1910 nicht ohne eigene Lebensgefahr bewirkte Errettung eines Kindes vom Tode des Er trinkens in einem Teiche in Themnitz die silberne Lebens rettungsmedaille mit der Befugnis zu verleihen, sie am weihen Bande zu tragen. In der Bekanntmachung der unterzeichneten Kreis hauptmannschaft vom 1b. Februar 1911, 303IV, die Ein führung des d-Uhr-Ladeuschlusse» in Aalkeusteiu betreffend — Nr. 41 des Dresdner Journals vom 18. Februar 1911 —, ist auf Ansuchen der Antragsteller für das Wort „Fleischwarenhandlungen" das Wort „Fleischereien" zu setzen. 303. IV Zwickau, den 27. Februar 1911. 1512 Sössigliche «r»i-hauptma«»schaft. Das Kaiser!. Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche au« Bi-lich, Kreis Ree«, Reg.-Bez. Düsseldorf, Ritterbude und Torfmoor, Kreis Oster holz, Reg.-Bez. Stade, Hövel, Kreis Coe-feld, Reg.-Bez. Münster, und Ellerhoop, Kreis Pinneberg, Reg.-Bez. Schleswig, am 28. Februar sowie au« Vordersteinenberg, Oberamt Gaildorf, Königr. Württemberg, am 1. März. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche deS Mi«ift«ri»mS der Aiuauze«. Beider Post-Berwaltung ist ernannt worden: Ritter, seit her Postsekretär, al« Postmeister in Groitzsch. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums deS Innern. Bei dem Landgendarmeriekorp«. Verstorben: Gendar merie-Brigadier Wicke in Burkartshain. — Ange stellt: Bize- wachtmeister Mühling al« Gendarm in der Brigade Klotzsche, Etadtgendarm Martin al« Landgendarm bei der Sendarmene- Oberinspekiion Bei der Polizeidirektion zu Dresden Angestellt: Stadtgendarm Eulitz al« Expedient. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Inseratenteil.) Nichtamtlicher Teil. Bo« Königlichen Hof«. Dresden, 3. März. Se. Majestät der König ist mit Gefolge, nach einem gestern einaeaangenen Telegramm, nilabwärts wohlbehalten in Taufikia eingetroffen. Se. König!. Hoheit Prinz Johann Georg nahm vormittags die Borträge der Herren Staatsminister und des Kabinett-sekretür- entgegen. Dresden, 3. März. Se. Königl. Hoheit der Prinjz Johann Georg wird heute abend 8 Uhr im Verein für Erdkunde dem Lichtbildervortrag de- Hrn. Wilhelm Streit über: „Meine Reise in Birma re." im Vereins raume, kleine Brüdergasse, beiwohnen. Dresden, 3. März. Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Mathilde wohnte gestern abend den vom Königl. Konservatorium veranstalteten Prüfungsauffüh rungen im Palmengarten bei. Deutsches Reich. Bundesrat. Berlin, 2. März. In der heutigen Sitzung des Bundesrats wurde dem Anträge Bayerns, betreffend die Prägung von weiteren Denkmünzen aus Anlaß der Feier des 90. Geburtsfestes Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Luitpold, deS Königreichs Bayern Verwesers, sowie dem Anträge Württembergs, betreffend die Prägung von Denkmünzen aus Anlaß der Feier der Silberhochzeit Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Württemberg zugestimmt. Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Tagegelder, die Fuhrkosten und die Um zugskosten der Kolonialbeamten, der Entwurf eines Ge setzes, betreffend den Patentausführungszwang und die Vorlage betreffend die Berechnung der Matrikularbeiträge zum Etat für da- Rechnungsjahr 1911 gelangten zur Annahme. Reichstag. Sitzung vom 2. Mürz 1911. Am BundeSratötische: Staatssekretär Wermuth, Krieg-- Minister v. Heeringen. Auf dem Platze de» Aba. Geyer (s»z.), der seit 2b Jahren dem Hause angehört, steht ein prächtiger Blumenkorb. Die Beratung de» Milttäretat» wurde bei dem Kapitel „Pferdebeschaffung, Remvntewesen" fortgesetzt. Abg Roste (soz.): Die ausgeworfenen Mittel für Remonten sind fast immer überschritten worden; hierin liegt ein ungerecht fertigte» Entgegenkommen gegen agrarische Wünsche. Abg. Rogall« b. Bieberstein (kons.): Überschreitungen waren nicht zu vermeiden. Man kann vom Pferdezüchter nicht verlangen, daß er die Pferde zu Preisen hergibt, die die Selbstkosten, die erheblich gestiegen sind, nicht decken. Abg. Gyßling (fortschr. Bp.): Die Preise müssen so gestellt werden, daß Überschreitungen nicht vorkommen. Doch vergißt der Abg. Roske, daß die allgemeinen Gesichtspunkte von Angebot und Nachfrage hier nicht zutreffen. Die Zahl der Säufer ist hier be schränkt; so sind die Verkäufer natürlich darauf angewiesen, daß die Remontekommission die Pferde ankauft, die sie für die Zwecke des Heeres gezüchtet haben. Mit besseren Preisen werden die Pferdezüchter Liebe und Lust für ihren Betrieb erhalten, gewiß zum Segen des Vaterlandes. (Bravo!) Abg. vr. B«re»horst (Rp): Die Preise sind verhältnismäßig nur wenig gestiegen. Gerade kleine Bauern rechnen stark mit diesem Verdienst. Die Remontepreise sollte» eher erhöht werden. Abg. NoSke (soz ): Wenn ich auch nicht selbst Pferde ge züchtet habe, so halte ich doch meine Behauptungen aufrecht. So patriotisch sind die Agrarier noch nie gewesen, daß sie Geld zusetzen. Abg. Frhr. b. G«mp (Rp): Die Rede des Herrn Gyßling hat uns mit Freude erfüllt. Wollen wir nicht die Millionen ins Ausland fließen lasten, so müssen wir die inländische Zucht durch beste« Preise unterstützen. Abg. Kegler (fortschr. Vp.): Der Borwurf deS Abg. Ro«ke, der Großgrundbesitz schöpfe das Fett bei der Nemontezucht ab, trifft nicht zu. ' Abg. Nogill« b. Biederstem (kons.): Herr NoSke hat keine Ahnung von den tatsächlichen Verhältnissen. Gerade die kleinen Be sitzer haben in erster Linie Vorteil von den besseren Preisen. Abg vr. Becker-Cöln (Z ): Sowohl im Osten wie im Westen treiben die mittleren und kleinen Bauern die Pferdezucht, die durchaus auf der Höhe steht. Abg. NoSke (soz ): So sehen die Agrarier nicht au», al» ob sie uneigennützig für die kleinen Züchter eintreten könnten. Generalmajor W«»del: Di« Preise haben sich 1910 in den Grenzen de« Etat» geholtem Nach unsere, Kenntni» werden namentlich von kleinen Züchtern die Remonten angeboten. Abg Kegler (fortschr. Vp ): Der Bedarf muß möglichst im Jnlande gedeckt werden. Dazu ist e» nötig, die kleinen und mittleren Betriebe zu vergrößern. Da« Fideikommißgesetz muß aufgehoben werden. (Lachen recht«; Unruhe.) Abg. vr. P««sche (nl.): Die Pferdezucht ist kein ren table- Geschäft. Im nationalen Interesse sollte die Militär verwaltung ihren Bedarf im Jnlande decken. Staatssekretär Wermnth: E» h«ndelt sich hier um erheb- liche Ausgaben, in diesem Jahre sind e- mehr al- 11 Mill. M. Im Interesse de- Etat« müssen wir diesem Posten Aufmerksamkeit widmen. Da» Kapitel wurde bewilligt. Kap. 34. Reise- re. Kosten. Abg. Werner (Rfpt ): An den Reisekosten könnte gespart werden. Darauf wurde da« Kapitel angenommen. Beim Kap. 35, MilitärerztehungS- und Bildung», wesen befürwortete «bg. Vr. Müller - Meiningen (fortschr. vp.) den freisinnigen Antrag, Erwägungen anzustellen, wie Militärpflichtigen mit hervorragender turnerischer Ausbildung Vergünstigungen in kürzerer Dienstzeit, im Avancement w bewilligt werden können. Die Vudgelkommissi«» de» Reichst««» setzte gestern die Beratung über die beantragten Zulagen für alte Oberpost- und Telegraphenassistenten (100 bi» 300 M.) fort. Nach Mitteilung der Reichspostverwaltung würden sich die Mehraufwendungen be laufen 1911 auf 2,4 Rill., 1913 auf 2'/. Mill., 1914 auf 3 Mill. Sie steigen dann bi« 1922 auf 5H Mill., dann aber würden sie allmählich wieder sinken, um 1947 ganz fortzufallen. Man überzeugte sich, daß die mitgeteilte Resolution angesichts der finanziellen Folgen und der Ruckwirkung auf andere Beamten- klassen keine Au«sicht auf Erfolg bei den Verbündeten Regierungen haben würde und nahm daher folgende Resolutton an: „Den ReichS- kanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß den vor 1900 an- gestellten Oberassistenten und Vorstehern von Postämtern 3. Klasse, soweit sie mindestens drei Jahre im Genuß ihre« Höchstgehalt» sind, ein« pension-fähige (oder auch nicht pension-fähige) Zulage gewährt werde." Eine Reihe neu geforderter Beamtenstellen wurde dann bewilligt. Die Reichöt«g»kommissio» fstr Vie ReichSversichermigS. orbmmg kam gestern zu einem Beschluß über die Anstellung der Kassenbeamten. Die Vertreter der einzelnen Parteien faßten noch einmal ihre Gründe zusammen und betonten mehr fach auch heute, daß an der Verschärfung der Verhältnisse nur die Sozialdemokraten selber schuld seien. Bon einer Schädigung der Selbstverwaltung oder Entrechtung der versicherten sei keine Rede; auf jeden Fall aber müsse für die Zukunft verhütet werden, daß die Krankenkassen zu sozialdemokratischen AgitattonS- und Kampszwecken mißbraucht würden. Der Vertreter der Volks partei begründete nochmal« die ablehnende Stellung seiner Freunde zum Kompromißantrag. Der Kompromißantrag wird sodann gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der volks part«! angenommen. Doch wird der Wortlant dahin geändert, daß statt „Ortskrankenkasse" „Krankenkasse" gesetzt wnck;^ier- Abg. Enno (fortschr. Bp.): Die bürgerlichen Turnvereine verdienen alle Förderung seitens der Behörden. Jedenfalls ist da» die beste Jugendpflege. Kriegsminister b. Heeri»-««: Den Antrag bitte ich nicht an zunehmen. Unser Bestreben ist, den Turnunterricht möglichst auf freiwilliger Beteiligung aufzubauen, damit die Leute mit Freude daran teilnehmen. Wir können aber auf geringere Dienstzeit nicht eingehen. Sind die Turner tatsächlich die Besten ihres Jahr gangs, so können wir sie gerade im Interesse der Gesamtheit nicht herausnehmen, Mit Ablehnung der Resolution will ich natürlich keine geringe Bewertung des TurnwesenS ausgesprochen haben. Abg. vr. Goercke»Brandenburg (nl.): Die Forderung der Resolution geht zu weit, eS würde genügen, der Verwaltung nahezulegen, die Turner aus alle Weise zu fördern. Abg. Krhr. v. Richthofen-Damsdorf (kons.): Bewähren sich die Turner als Soldaten, so erzielen sie schon ganz von selber Vorteile, von vornherein sie zu begünstigen, halten wir nicht für glücklich. Abg. vr. Müller-Meiningen (fortschr. Bp.): Schöne Worte allein helfen den Turnern nichts, wir wollen ihnen mit der Tat beistehen. Abg. Schöpfli« (soz.): Wir fordern Verkürzung der Militär dienstzeit überhaupt, waS bei vernünftiger Ausbildung wohl an gängig wäre. Abg. vr. Pfeiffer (Z.): Wir sind große Freunde der Turnerei, die Resolution aber rennt offene Türen ein. Die Resolution wurde abgelehnt. Da» Kapitel wurde bewilligt, ebenso ohne Debatte da» Kapitel Militärgefängniswesen. Sodann wurde über das Kapitel „Artillerie- und Waffen wesen" verbunden mit Kapitel „Technische Institute" be raten. Abg. vr. Weber (nl.) bat um bessere Besoldung der gewerb lichen Arbeiter und Handwerker Abg. Schirmer (Z.) begründete zwei Resoluttonen seiner Partei auf Ausbau der ArbeiterauSfchüsse in den Militärbetrieben und Ausbesserung der Löhne für die in diesen Betrieben b schästigten Handwerker, Arbeiter und Arbeiterinnen entsprechend den durch Tarifvertrag festgesetzten Löhnen. Abg. P««li-Pot»dam (kons.):In Spandau bestehen die sonder lichsten Lohnvcrhältnisse. Die gelernten Handwerker m den Militär betrieben stehen sich schlechter als die Straßenfeger. Generalmajor Waibel: Der gute Wille ist bei uns zweifellos vorhanden, doch sind wir gebunden durch die uns bewilligten Geldmittel und dann durch Rücksichten, dl« wir auf die Privat industrie nehmen müssen. Gleichwohl steigen unsere Löhne an« dauernd. Daß die Verhältnisse befriedigend sind, beweist u. a. der Andrang zu diesen Stellen. Abg. Boehle (soz.): Die Arbeiterausschüsse funktionieren keineswegs so, wie es immer hingestellt wird. Wir fordern ein ausreichendes Einkommen für die Arbeiter. Dabei läßt die Be handlung der Arbeiter auch noch sehr zu wünschen übrig, insbesondere in den Straßburger Werkstätten. Unrichtig ist die Angabe des Kriegsminister», die Krankenabteilung in Straßburg sei auf Wunsch der Arbeiterschaft eingerichtet worden. Krieg-Minister v. Heeringe«: Was ich gestern über die Straßburger Krankenabteilung gefügt habe, halte ich voll auf recht. Ich habe gerichtliche Untersuchung der Angelegenheit angeordnet, und die beteiligten Arbeiter haben beschworen, daß sie den Protest gegen die vorjährigen Behauptungen Böhles frei willig unterschrieben hätten. (Bravo! rechts.) Abg. vr. Potthoff (fortschr. Bp.): Den vorliegenden Re solutionen stimmen wir zu. Den Beamten und Arbeitern in den Werkstätten sollte man mit möglichstem Wohlwollen entgegen kommen. Ich verlange gar nicht, daß unsere Militärbeiriebe Musterbetriebe sein sollen, sie sollen nur nicht schlechter organisiert sein, als andere anständige Großbetriebe. Nach einigen persönlichen Bemerkungen wurde die Weiter beratung auf morgen nachmittag 1 Uhr vertagt. Schluß H8 Uhr.