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Feierabend Unterhaltungs-Beilage der Sächsischen Volkszeitung Nr. 36 Sonntag den 7. September M3 Gott stützt -ich 1^>enn dir die Nacht in Schlaf vergangen, wenn Mond und Sterne nicht mehr prangen, wenn dich die Sonne träumend find't, Dann grüßt dich Gott: Wach auf, mein blind! Wenn einsam du im Felde gehst; Wenn unter Blütenduft du stehst; Wenn dich die Luft umgibt so lind; Wenn leise säuselnd weht der Wind; Wenn jubelnd hell die Drossel singt Und Lerchenschlag zum Herzen dringt: Dann grüßt dich Gott zu dieser Frist, Vb du wohl merkst, wer bei dir ist. Wenn vor dir liegt ein offnes Grab Und du blickst trauernd da hinab, Wirst du ans Sterben dann gemahnt Und denkst an den, der auferstand. Dann pocht Gott ernst wohl an dein Herz, Wie sonst wohl heiter und im Scherz; In Freud' und Leid grüßt er dich lind: Komm an des Vaters Brust, mein Kind! Felicitas vom Berge ZUM Feste Mariä Geburt Deine Geburt, o jungfräuliche GotteS- gebärcrin, hat Freude verkündet aller Welt; denn aus dir ist aufgegangen die Sonne der Gerechtigkeit, Christus unser Gott. Unsicher und zaghaft irrt der Fuß des Wanderers, wenn mit der Sonne das Licht des Tages, am nächtlichen Himmel auch die Sterne erloschen sind und grauses Dunkel den Erd' kreis umfängt, unsicher irrt sein Fuß, bis das Licht des neuen Tages aus dem dämmernden Morgen hervorbricht. So war es in der sittlichen Welt seit dem Untergang des Paradieses. Jene schöne Paradiesessonne und auch die freundlich schimmernden Sterne, die noch eine Zeitlang der Erde leuchteten, waren, untergegangen. Nacht und Finster nis legte sich auf den ganzen Erdkreis. Die Finsternis der Sünde und des Irrtums hat sich wie ein dunkler Schleier über das gesamte Menschengeschlecht ausgebreitet, ein ge heimes Grauen durchdringt die Welt. Auf allen Kindern Adams lastet auch das Sündenverderben Adams; als Kinder der Finsternis, mit dem Brandmal der erbsündlichen Be fleckung, werden alle geboren. Aber inmitten dieses Dun kels geht auf einmal an dem irdischen Horizonte ein helleuch tender Stern auf, von so reinem und mildem Glanze um flossen wie der Morgenstern. An Maria findet die Macht des Fürsten der Finsternis, dis Herschaft der Nacht, eine Grenze; ohne Sünde empfangen und geboren tritt sie auf den irdischen Schauplatz, sie erblüht, sagt die Kirche, wie eine Lilie mitten unter den Dornen; schön ist sie wie die aufstei gende Morgenröte, glänzend wie der Mond, auserkoren wie die Sonne. In ihr besitzt die Welt wieder eine Seele, die noch in der ursprünglichen Unschuld und Schönheit strahlt, sie wird darum die Freude der Engel, die Bewunderung der Menschen, das hohe Augenmerk Himmels und der Erde. Der Tag ihrer Geburt ist somit für die Menschheit der Aus gang eines herzerfreuenden Morgensternes, dessen Strahlen das nächtliche Dunkel der allgemeinen Sündenverderbnis durchbrechen und lichtere Pfade zeigen, auf welche die Per irrten zurückgeführt werden sollen. In Maria ward diejenige geboren, welche der Welt den Erlöser geben sollte; ihre Geburt, sagt die Kirche, hat Freude verkündet der ganzen Welt, denn aus ihr ging hervor die Sonne der Gerechtigkeit. Sie steht am Horizonte der alten Welt als leuchtender Morgenstern, deutend auf das große Tageslicht, das der Menschheit in dem Erlöser aufgehen sollte; ob auch auf Erden geboren, wird sie zu einem Zei chen anl Himmel, welches die Fülle und den großen Wende punkt der Zeiten ankündigt, womit die einst im Paradiese untergegangene Sonne der göttlichen Gnade mit ihrem himmlischen Lichtmeere über der Finsternis der West sich er hebt, um ein neues, glücklicheres Weltalter heraufzuführen. Je mehr wir darum das Heil erkennen, das uns in Christo geworden, um so freudiger werden wir heute Maria bei ihrem Eintritt in die Welt begrüßen, um so inniger werden unsere Herzen dem freundlichen Himmelsgestirn entgegen- schlagsn, welches in ihr uns aufgegangen ist und um so mehr verstehen wir es dann auch, wenn die Kirche und mit ihr so Viels Millionen Christsnherzen nicht aufhören, sie zu be grüßen als den Morgenstern. Als schimmernder Morgenstern steht Maria in der Ge- schichte der Welt, an der großen Zeitenwende, womit in Christo eine neue Ordnung der Dinge begann. So aber auch in der Geschichte der Kirche, an den Wendepunkten, mit denen bessere und schönere Zeiten für sie eintraten. Schwere Gefahren von außen und innen zogen sich oft wie drohende Wettwolkcn über der Kirche zusammen; aber Maria, eine erneuerte und erhöhte Andacht und Verehrung der Himmels königin, wurde stets die Vorbotin der Rettung, die Morgen röte, welche die Wiederkehr besserer Zeiten ankündigte. Am Anfänge des fünften Jahrhunderts stand in Nesto- rius, deni mächtigen Patriarchen von Konstantinopel, ein gefährlicher Feind der Kirche auf. Vertrauend auf den Schutz des Kaisers griff er mit verwegener Kühnheit öffentlich du Lehre von der Person Christi, die Einheit seiner Person, an und suchte auch Marien den Titel „GotteSgebärerin" streitig zu machen. Aber da entflammte sich die Andacht und Verehrung der Christen gegen Maria bei Abhaltung der allgemeinen Kirchenversammlung zu Ephesus zu einer, vorhin nicht gesehenen Begeisterung und die drohende Ge fahr war beseitigt, der neue Irrtum vernichtet, der wahre Glaube gerettet und in sich gekrästigt genug, um auch die bald folgenden neuen Stürme zu bestehen. So wurden von der Kirche, wie sie selbst bekennt, alle Siege, die sie über die Irrlehren davon trug, durch die Anrufung und Hilfe Ma riens errungen. Seit dem Eindringen des TÜrkentums, das sich wie ein verheerender Strom über die christlichen Länder ergoß, war ganz Europa von Osten her bedroht: die Freiheit aller euro päischen Völker, ihre christliche Religion, ihre Wissenschaft und Bildung schien eine Beute des mächtigen Türkenvolkes werden zu sollen, alle Völker zitterten vor dem grausamen Halbmond. Aber wie die düstere Wetterwolke immer näher kam, so steigerte sich auch die Andacht und das Vertrauen zu Maria und Maria wurde die Retterin Eurovas. Dis Päpste nahmen keinen Anstand, jene entscheidenden Siege, die unter Johann von Oesterreich im ^shre 1571 und später unter Prinz Eugen im Jahre 1716 gegen die Ucbermacht