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ria. Jahrgang stbead-ftussabe Nr. S24 1»1S> Mittwoch, den 28. 3nni Fernsprech-Anschluh Nr. 11892. 11893 und 11694 Schrlflleltung und D«>chLfl»sIell»: Juhannllgasle Nr. 8 MMks VK MßMS DWen gestlirmt Der deutsche Tagesbericht Das Wölfische Bureau meldet amtlich: Gröhes Hauptquartier, 28. Juni. Westlicher Kriegsschauplatz Dom Kanal von La Bassee bis südlich der Somme machte der Gegner unter vielfach starkem Artillerieeinsatz sowie im Anschluß an Sprengungen und unter dem Schutze von Rauch- und Gaswolken Erkundungsoorstößc, die mühelos abgewiesen wurden. Auch in der Champagne scheiterten Unternehmungen schwächerer feindlicherAbkeilungennordöstlich von Le Mesnil. Links der Maas wurden am „Toten Mann" nachts Handgranatenabteilungen -es Gegners «-gewehrt. — Rechts -es Flusses haben die Franzosen nach etwa zwölfstündiger heftigster Feuervorbereitung gestern den ganzen Tag über mit starken, zum Teil neu herangeführlen Kräften die von uns am 23. Juni eroberten Stellungen auf dem Höhenrücken „Kalte Erde", das Dorf Fleury und die östlich an schließenden Linien angegriffen. Unter ganz außerordent lichen Derlusten durch das Sperrfeuer unserer Artillerie und im Kampfe mit unserer tapferen Infanterie sind alle Angriffe restlos zusammengebrochen. * * * Ein feindlicher Flieger wurde bei Douaumont ab geschossen. Am 25. Juni hat Leutnant Höhndorf bei Raucourt (nördlich von Nomeny) fein siebentes feind liches Flugzeug, einen französischen Doppeldecker, außer Ge fecht gesetzt. Wie sich bei der weiteren Untersuchung herausgestellt hak, trifft die Angabe im Tagesbericht vom 23. Juni, unter den gefangenen Angreifern auf Karlsruhe hätten sich Engländer befunden, nicht zu. Die Gefangenen sind sämtlich Franzosen. Oeftlicher Kriegsschauplatz Bei der Heeresgruppe des Generals von Linsingen wurden das Dorf Liniewka (westlich von Sokul) und die südlich des Dorfes liegenden russischen Stellungen mit tiürmender Hand genommen. Sonst keine wesentlichen Veränderungen. Balkankriegsschauplatz Außer Art'-lleriekrümpfen zwischen dem Barbar und dem Doiran-See ist nichts zu berichten. Oberste Heeresleitung. HLLmzvsischer GerreriMabsberrcht ivlb. Paris, 28. 3uni. (Drcchtberichk.) Amtlicher Bericht om Dienstag nachmittag: Auf dem linken MaaSuscr wn'.-e ein -^rutschcr Handgranatenangrisf westlich der Höhe 304 in der Nacht »eicht zurückgcschlagen. Auf dem rechten Ufer wurden durch die nächtlichen örtlichen Kümpfe die französischen Stellungen in der Gegend des Werkes Thiaumont erweitert. Die Lage im Dorfe Fleury II unverändert. Der Kampf geht ziemlich lebhaft auf den Maashohen eiter. Ein Angriff ans die französischen Stellungen von Rouilly 'cheik.rtc im Feuer. — Flugdienst: 3m Laufe einer Erkundung ü!,cr Belgien feuerten drei mit Geschützen bewaffnete französische Flug- enge 65 Granaten auf deutsche Schiffe in der Nähe -er belgischen Küste. Amtlicher Bericht vom Dienstag abend: 3n den Argonnen »(schien wir in der Gegend von Rolante den südlichen Rand eines i'nrch die Explosion einer deutschen Mine hcrvorgernfenen Trichters, iuf beiden Usern -er Maas dauerte die Beschießung im Lause des Tages mit mittlerer Heftigkeit an, am heftigsten in der Woevre im 'ibschnilt von E i x. Auf dem rechten Ufer unternahmen die /rutschen gegen 2 Uhr nachmittags Angriffe auf den Teil des vorfeS Fleury, den wir besetzt halten. Sie wurden vollständig zu- nickgeschlagen. TUegerlrämpfe an der englischen Front rvth. London, 28. Juni. (Drahtbericht.) Amtlicher Kriegs bericht vom 27. Juni: Gestern abend wurde südöstlich des Borsprunges i'on Dpern ein deutscher Angriff abgeschlagen. Unsere Patrouillen waren an der ganzen Front sehr tätig. Sie drangen an zahlreichen Punkten in die feindliche Linie ein und fügten dem Gegner viele Ver luste zu. 3n der Gegend von Loos kam es zum Minenkampf, in dem die Deutschen schweren Schaden erlitten. Zahlreiche feindliche Flugzeuge wurden gestern in Kämpfe verwickelt. Ueber den Linien es Feindes kämpften fünf unserer Flugzeuge mll vier Fokkerflug- wugen. Zwei wurden abgeschossen, die beiden anderen wurden gleich falls zum Niedergehen gezwungen. Auf britischer Seite wird ein Flug- ug vermißt. Todesurteile gegen englische E. O.'s (r.) Amsterdam, 27. Juni. (Drahtbcricht.) Die ersten Todes urteile gegen englische Soldaten, die sich wegen Gewissens beschwerden weigern, Kriegsdienste zu tun (man nennt sie «eon- 5>.icntivus objeclors', abgekürzt .S. O.'s'), wurden in Frankreich ge lallt. General Haig wandelte die Todesstrafen in zehnjährige Zuchthausstrafen um. Alle vier Angeklagten waren dem Ar- "USbalalllon zugetcilt worden, verweigerten jedoch vom ersten Tage an jede A bett. Vierzig andere erwarten noch ihr Urteil. 3m Unter- Hause lenkte am Donnerstag der Abgeordnete Barnes die Aufmerk samkeit des Hauses aus die Meldung, daß vier dieser Leute in Frank reich zum Tode verurteilt worden seien. Unlerstaatssekretär Ten- nant erwiderte: .Diese Leute sind Soldaten und müssen wie Sol daten behandelt werden.' Hier kam auS den Hinteren Bänken ein er- staunter Zwischenruf des Abgeordneten Whitehouse, was Ten- nant zu der Fruge veranlaßte: .Könnte vielleicht das ehrenwerte Mit glied sagen, wie die Leute sonst behandelt werden sollten?' — .3ch werde dies tun, wenn der Zeitpunkt hierfür gekommen ist", erwiderte Whitehouse. («Voss. Zig.') Siegreiche §liegerkämpfe am Rigaischen Meerbusen >vtb. Berlin, 28. Juni. (Amtliche Meldung.) Am 26. äunr zwang eines unserer Marineflugzeuge am west lichen Eingang zum Rigaischen Meerbusen im Kampfe mit fünf russischen Flugzeugen eines derselben zur Landung. 3m Verlaufe eines weiteren Luftkampfes, der sich zwischen fünf deutschen und ebenfovielen russischen Flugzeugen in derselben Gegend abspielte, mußten zwei feindliche Flug zeuge schwerbeschädigt landen. Eines unserer Flugzeuge ging infolge Treffers in den Propeller auf dem Wasser nieder und wurde versenkt. Die Besatzung wurde von anderen deutschen Flugzeugen ausge nommen und nach ihrem Heimalstützpunkt gebracht. Obwohl die Flugzeuge heftig von Zerstörern beschossen wurden, sind sämtliche Flieger und Beobachter unversehrt zurückgekehrt. Kein II Boot in der Skagerrak-Schlacht vtb. Berlin, 28. Juni. (Amtliche Meldung.) Die immer wiederkehrende englische Behauptung auch von offi zieller Seite, daß eine größere Anzahl von deutschen H-Booten während der Seeschlacht vor dem Skagerrak vernichtet worden sei, ist völlig aus der Luft gegriffen. Es hat kein einziges deutsches 17-Boot an der Seeschlacht teilgenommen und es konnte daher während der Seeschlacht auch keins verloren gehen. Auch sind sämtliche zur Zeit der Seeschlacht in See gewesenen II-Boote wohlbehalten zurück gekehrt. Der Chef des Admiralstabes -er Marine. Wilsons Kriegsplan (r.) New Vork, 28. 3nni. (Drahlbericht.) 3n politischen Kreisen Washingtons befürchtet man, daß Carranza nicht nachgebe« könne, ohne alle seine Anhänger zu verlieren, und daß er daher dem Krieg-: zuneige. Wilson würde keine aktive KricgSführung beginnen, sondern zunächst versuchen, die mexikanischen Küsten und das nördliche Grenzgebiet zu blockieren. Man glaubt, daß dieses Vorgehen den lateinischen Republiken besser zusagt und wohl weniger Kosten verursachen würde. Der Erfolg einer Absperrung sei in dessen zweifelhaft, da Mexiko sich schon jetzt auf eigene Hilfsmittel stützt und unbedingt notwendige Waren über die südliche Grenze eingeführt werden können. («Franks. Zkg.") (r.) Rotterdam, 28. Juni. (Drahtbericht.) «Daily Tele graph' melde! aus New Bork: Wenn es zum Krieg mit Mexiko kommt, wird der Präsident sofort 250000 Freiwil lige ausrufen. Der Feldzug wird in zwei Abschnitten statt finden. Solange nämlich die Miliz und die Freiwilligen noch nicht gründlich ausgebildet sind, soll nur eine Grenz Verteidigung erfolgen. Erst im Herbst, wenn alles für einen großen Stoß fertig ist, würde der Vormarsch nach Mexiko beginnen. («L. A.") Südamerika und der Mexiko-Konflikt (r.) Köln, 28. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Der «New Vc>rk Hercud' (Pariser Ausgabe) erfährt nach der «Köln. Zta." über die amerikanisch-mexikanische Krisis aus Washington: Die einzige Hoffnung bestehe noch darin, daß der mexikanische Botschafter er klärt habe, Carranza nähme im Prinzip die Vermittlung der südamerikanisch en Republiken an. Ueber diese Hoffnung meldet die HavaS-Agcntur aus Washington: Nach einer Besprechung mit Lansing teilte der bolivianische Gesandte mit, daß die süd- und zcnkralamerikanischen Republiken ihre Ver mittlung in der derzeitigen Krise nicht anbieten werden. (r.) Washington, 28. Juni. (Drahtbcricht.) (Funkspruch.) Die Ausschüsse der beiden Häuser halten eine Beratung, nach deren Schluß m'igeleilt wurde, Amerika erwarte ein Vermitk- l un gsan gebot Spaniens in dem mexikanischen Konflikt, da die südämcrikanischcn Staaten eine Vermittlung verweigert hätten. Fast alle Mitglieder des Kongresses äußern, daß man keinen Weg sehe, den Krieg zu vermeiden. Ein Block gegen Denizelos (r.) Berlin, 28. 3uni. (Drahtbericht.) Gegen VenizeloS isi nach einer Meldung der «Vosfischen Zeitung' ein Block aller n i ch » o e n i z e l i si i s ch e n Parteien zustande gekommen. Di: Anhänger von Skuludis, EunariS. RhaüiS, MichclledakiS schlosse : gcgcn die liberale Pariei ein Bündnis und erließen einen gemeinsamen Aufruf an die griechische Bevölkerung. tu. Haag. 28. Juni. (Drahibericht.) Aus London wird ge meldet: Dw Gesandten von Frankreich und England hatten eine lange Unterredung mit Zaimis. In informierten Kreisen glaubt man, daß die Gesandten von Deutschland und Oester- reich-Ungarn Athen verlassen werden, weil sie Griechenland nicht mehr als unabhängigen Staat onsehen. Der Sinn der Waffenbrüderlichkeit Aus Budapester und Wiener Pfingsttagen. Von Dr. Richard Bahr-Berlin n. Die Ungarn behaupten, daß sie von uns verkannt würden, und haben in den Pfingsttagen um die reichsdeutsche Seele zu werben gesucht. Sie erklären — und darin werden sie im allgemeinen recht haben — daß unsere Vorstellungen von ihrem Lande sich ln ein paar Schlagworten erschöpften. Sie versichern, man hätte sie bislang bei uns zu sehr durch die Wiener Brille oder, wie Franz Herczeg das in der soeben begründeten «Ungarischen Zukunft" ausdrückt, durch die von «deutsch-ungarischen Kirchturmpolitikern" gesehen. Selber sollten wir kommen und selbst urteilen. Das war der ernste Grundton, von dem ich in meinem früheren Aufsatz sagte, daß er durch alle Reden und Gespräche klang. Der ernste und mitunter nicht mehr ganz waffenbrüderliche Grundton. Denn durch ihn schrillte leise zumeist, aber mitunter doch auch ganz un verdeckt der Gegensatz zu Oesterreich und zum österreichischen Deutschtum. Der Gegensatz ist am letzten Ende so alt wie die Ver knüpfung Ungarns mit dem Habsburger Reich. Er bedeutet nicht — und soll auch gar nicht bedeuten — daß man in Ungarn an die Lösung des bald halbtausendjährigen Bandes denkt. Dazu sind die Ungarn viel zu kluge, auch in auswärtigen Geschäften viel zu erfahrene Politiker. Sie wissen nur zu gut — und wenn sie es nicht wußten, hätten sie es in diesen zwei Jahren genugsam er kennen müssen —, daß das Leben der Kleinstaaten in unseren Zeit läuften ein Dornenweg ist, und sie möchten Großstaat bleiben und Großmachtpolitik treiben können. Zudem ist die Stellung der Monarchie in dem Lande, die Anhänglichkeit an die Dynastie so lebhaft wie nur je zuvor. Aber die Ungarn fürchten eine Benachteiligung ihrer wirtschaftlichen Interessen durch die andere Reichs hälfte, von der sie meinen, daß sie sie auf dem Standort des Agrar staates festhalten wolle, und zum andern haben sie das Bedürfnis, alte Rechnungen, die im Grunde längst beglichen sind, nachmals durchzublättern. Zweimal im Laufe der letzten 150 Jahre sind die Ungarn von Oesterreich, vom deutschen Oesterreich, hart angefahk worden. Joseph II., der Reformkaiser, hatte auch in das Land jen seits der Leitha einen frischen Luftzug hinelngeleitet. Er hatte die Leibeigenschaft aufgehoben, ein Toleranzedikt erlassen, den Zunft- zwang beschränkt und die Vorrechte des Adels beseitigt. Aber als er die Komitatscinteilung vernichten und die deutsche Geschäfts sprache den Madjaren aüfzwingen wollte, war er gescheitert. Und sein Nachfolger hatte, um das Land zu beruhigen, eilends alles zurücknehmen müssen, das Nützliche und Heilsame mit dem Un nützen. Dann hatte noch einmal, nach der Revolution von 1848, Alexander Bach, von Felix Schwarzenberg angeregt und getrie ben, den Versuch gemacht, die nationale Adelsverwaltung durch ein System der Zentralisation und Germanisation abzulösen. Auch hier war im einzelnen dem Lande manches Gute gebracht worden. Den früheren Hintersassen war ihr Recht geworden gegenüber den Grundherren: die ganze Verwaltung war ohne Frage moderner, korrekter, unparteiischer geworden. Aber das Verfahren war un psychologisch gewesen: man zog die Zügel zu straff an und verletzte das Volksgcfühl auch dort, wo man es hätte schonen sollen. Ströme von Bürgerblut wurden vergossen, und die landfremden Beamten, denen das Werk der Germanisation überlassen ward, die sogenannten «Bachhusaren", waren in der Mehrzahl nicht ein mal Deutsche, sondern derbzugreifende Tschechen, die alle Na tionen in gleicher Weise vor den Kopf stießen und in ihrem unita rischen Eiser selbst vor den Treuesten der Treuen, den Sieben- bürger Sachsen, nicht halt machten. Indes auch Alexander Bach scheiterte, wie 70 Jahre zuvor Kaiser Joseph gescheitert war. Und am Ende der unglücklichen — auch für Oesterreich unglücklichen — Epoche, die die Sonderstellung Ungarns ein für allemal hatte zer trümmern sollen, stand der Ausgleich von 1867, der den Madjaren statt der Autonomie, die sie ursprünglich nur angestrebt hatten, die fast völlige staatliche Unabhängigkeit bescherte. Seither ist die von Wien nie mehr ernstlich angetastet worden. Manche weitergehenden Wünsche sind dann auch noch mitten im Kriege still erfüllt worden: von anderen haben gerade unter den Erfahrungen und Lehren des Krieges die einsichtigen Kreise Un garns ebenso schweigend Abschied genommen. Unter diesen Um ständen hakte es eigentlich nicht viel Sinn, uns verharschte Wundenmale zu zeigen. Wenn es ans Aufrechnen ginge, könnten am Ende auch die Oesterreicher alte Rechnungen präsentieren, und vielleicht mochte es dann geschehen, daß die ihrigen erheblich jün geren Datums waren. Madjaren und Deutschösterreicher habe« in diesem Kriege sich gleich tapfer, mit der nämlichen Todesverach tung geschlagen. Wenn das alte Reich, dessen unrettbarer Zerfall ehedem Neidern und Feinden als nahe bevorstehende, eifrig be brütete Tatsache galt, sich während des Wettringens wie ein Phönix aus der Äsche erhob, ist das im wesentlichen ihrer beider Verdienst. Auf diesem Boden, sollte man meinen, müßte doch ein dauernder, ein wirklich unbefristeter Ausgleich auch der Seelen möglich sein. Wie, der etwa auszusehen hätte, hat Joseph Szterenyi vor ein paar Wochen in Salzburg gezeigt, indem er den Deutschen in Oesterreich, den Madjaren in Ungarn die Rolle des Skaaks- velkes zuwies. Beide haben das gleiche Interesse, daß die '."henden Dämme nicht «ingerissen werden und die slawischen Wo- nicht zischend und brodelnd zusammenströmen.