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Geschäftsstelle: PulSnitz, Ulbertstrabe Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz - - - Erscheint a« jedem Werktag - - - IM Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung deS Betriebes der Zeitung oder der BefördemngScinrichtungen, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück- zahlung des Bezugspreises. — Wöchentlich 0.65 RM bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentlich 0.55 RM; durch die Post monatlich 2.60 RM freibleibend Anzeigen-Grundzahlen in O/: Die 41 mm breite Zeile (Mosse'S Zeilenmesser 14) I 1 mm Höhe 10 ÄH/, in der Amtshauptmannschast Kamenz 8 O/; amtlich 1 mm I 30 und 24 ÄA/; Reklame 25 Tabellarischer Satz 50"/, Aufschlag. — Bei » zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällcn I gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. I Bis r/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme l Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Staotrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgertchtsbezirkS: PulSnitz, PulSnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach Ober- und Niederlichtenau, FriederSdvrf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-DittmannSdorf ßulsmherFayeblaü LULLBezirksanzeiger Wochenblatt NMAMKk 21b Freitag, den 7° September 1828 88. Jahrgang SeriWe md sächsische Ängelegenyeilen Pulsnitz. (Das Wetter wird wieder wär mer.) Schon gestern war die Temperatur wieder gestiegen. Die nächste Zeit soll cs dabei auch bleiben. Obwohl die Nächte kühl, hat sich dadurch die Möglichkeit des Fortbetrie bes der Freibadeanstalten ergeben. Sie, die bei der einge tretenen Kühle der letzten Tage bereits zu vereinsamen an gefangen hatten, haben wieder Vollbetrieb, und man hofft und wünscht, daß es dabei auch einige Zeit noch bleibe. — (Die Lausitzer Gruppe des Heimatbun des Sachs.-Thür. Landsmannschaften,) zu denen die der Pulsnitz-Großröhrsdorfer gehört, unternimmt näch sten Sonntag 6.54 Uhr ab Dresden eine Heimatfahrt nach Bautzen. Unter der Führung des dortigen Berkehrsausschus ses wird die Ortenburg, der Dom, der Tauchersriedhof usw. besichtigt. Ab 18 Uhr findet ein Kommers im Bürgergarten statt. Unsere Heimatgenossen sind zu dieser Fahrt herzlichst einaeladen. — (Welche Stadt hat den ältesten Ge sangverein?) Anläßlich des Wiener Sängerbundesfestes ging durch die Presse ein Artikel, in dem ein seit 1776 be stehender Gesangverein als der älteste der in Wien vertretenen Vereine bezeichnet wurde. Diese Darstellung dürfte nicht der Richtigkeit entsprechen. In seinem vor einigen Jahren im Verlag Limpert, Dresden, erschienenen Buche „Die Ge schickte des deutschen Männergesangs" untersucht der Ver fasser Prof. Dr. Kötzschke die Vergangenheit des Vereins wesens und bezeichnet den „Adjuvantenverein in Coswig" als den ältesten Gesangverein. Es heißt dort wörtlich: „Der Adjuvantenverein zu Coswig in Anhalt ist wahrscheinlich schon in der Reformationszeit auf Anregung Luthers und des mit ihm befreundeten Fürsten Wolfgang von Anholt gegründet worden. Erwähnt wird er zum erstenmal 1588 in den Supermtendenturakten des Stadtarchivs zu Zerbst, 1604 in den Stadtrechnungen von Coswig... 1684 wurde er „wieder in vollen Flor gesetzt" und nahm den Namen colle^ium musicum an; außer dem Gesang wurde jetzt auch die Instrumentalmusik von den Mitgliedern gepflegt. In der Satzung von 1865 ist die Instrumentalmusik weggefallen und der alte Name Adjuvantenverein wieder angenommen worden. Nach den Freiheitskriegen wurde neben dem Männer chor auch ein gemischter Chor gegründet, und beide Chöre betätigen sich noch jetzt sehr regsam in der Kirche, üben aber auch außerhalb der Kirche eine eifrige Tätigkeit aus. Der Adjuvantenvercin zu Coswig hat 1844 den anhaltischcn Sängerbund mit begründet und gehört dem Deutschen Sänger- bunde seit dessen Gründung 1861 an. Man kann ihn wohl k soweit jetzt unsere Kenntnisse reichen, als den ältesten der bestehenden deutschen Männergesangvereine bezeichnen." m Haftpflicht der Gemeinden.) Man cherlei Beobachtungen deuten darauf hin, daß man, zumal in den Landgemeinden, noch nicht überall stets daran denkt, daß die Gemeinden für ihre Einrichtungen eine große Haftpflicht tragen. So las man kürzlich in einer Tageszeitung folgen den Bericht: „Der Gemeindestier, der zum Verkauf auf den Markt geführt und von einem Manne, der zur Sicherheit den Strick um die Hand gewickelt hatte, gehalten wurde, scheute plötzlich und riß sich mit Gewalt los. Dem bedau ernswerten Mann wurden alle Finger von der Hand abge- rissen." Die Gemeinde ist nun für diesen Schaden haftbar, öczw. ihre Versicherung muß für sie eintreten. Hätte dec Leiter des Stieres diesen, wie es Vorschrift ist, mittels Na- Das Wichtigste Wie aus Moskau gemeldet wird, sind die am 19. August auf Kam tschatka zu einem Fluge nach Leningrad mit dem Flugzeug „Sowjet« russischer Norden" gestarteten russischen Flieger an der Nordküste Sibiriens verschollen. Die Suche nach den Fliegern blieb bis jetzt ergebnislos. Der russische Außenkommifsar Litwinow hat nach Meldungen aus Moskau dem dortigen französischen Botschafter die eigenhändig unterschriebene Beitrittserklärung Rußlands zum Kclloggpakt übergeben. Die Mächte der Botschaftcrkonferenz werden die deutsche Forderung auf Gesamträumung des Rhemlandes prüfen. Der Reichspräsident hat sich auf das Stammgut Neudeck in Ostpreußen begeben. Wegen Indiskretionen im Falle StinneS ist gegen eine Angestellte des Büros des Untersuchungsrichters ein Ermittclungsverfahren einae- leitet worden. Briands Antwort an den Reichskanzler Vorbereitung von Verhandlungen mit den Besatzungsmächte« Englische-japamsche Verhandlungen über das Flottenkompromiß — Kein Besuch des Reichskanzlers bei den Vertretern Englands, Belgiens und Italiens Genf. Der französische Außenminister Briand hat es für richtig gehalten, nach der Unterredung mit dem deutschen Reichskanzler Müller die Antwort bekanntzugeben. Briand ließ feststellen, daß der Reichskanzler die deutsche Auf fassung über die Frage der Räumung mitgeteilt, aber keine bestimmten Forderungen gestellt habe. , Briand hat als Frankreichs Standpunkt dargelegt, daß Deutschland keinen Anspruch auf die vorzeitige Gesamträumung auf Grund von Locarno und auf Grund allgemeiner anderer politischer Leistungen, etwa wie der Unterzeichnung des Kel logg-Paktes, machen könne. Die Frage der Gesamträumung des Rheinlandes sei ein Rechtsproblem, das nur auf Grund der Paragraphen des Vertrages von Versailles geregelt werden könne. Ueber diese Frage könnten Verhandlungen mit den Besatzungs mächten ausgenommen werden. Briand hat es übernom men, diese Verhandlungen mit England, Frankreich, Belgien und Italien vorzubereiten. Bei der deutschen Delegation scheint man mit wenigen Ausnahmen bereits zu der Auffassung gekommen zu sein, daß zunächst, was auch schon in den diplomatischen Vorver handlungen der letzten Wochen geschehen ist, der Versuch ge macht werden soll, Frankreich noch einmal das sogenannte Kleine Finanzgeschäft anzubieten, das heißt, cs soll irgend wo, in Amerika oder Europa, Geld beschafft werden, womit Frankreich eine Vorleistung für die Reparationen gegeben werden soll. Die deutsche Delegation hat sich auch auf indirektem Wege über die Frage der Rheinlandkontrolle bei Briand erkundigt und die Antwort erhalten, daß im Ernstfälle von Verhandlungen über die Gesamträumung Frankreich auch eine Rheinlandkontrolle fordern werde. Erst wenn die Verhandlungen über das Kleine Finanzgeschäft hier scheitern sollten, würde die Delegation vielleicht den Entschluß finden, etwas energischer zuzufassen und den deutschen Standpunkt schriftlich mit der Bitte um klare Antwort zu formulieren. Einmischung der Kleinen Entente in die Ranmungsverhandlungen. Genf. Der jugoslawische Außenminister Marinko- witsch und der tschechoslowakische Außenminister Benesch haben den Wunsch ausgesprochen, daß die Kleine Entente über den Gang der Verhandlungen der alliierten Mach.e mit der deutschen Regierung über die Räumungsfrage fortlaufend unterrichtet würde, da jede Entscheidung über die Räumung des Rheinlandes auch die Interessen der Klerncn Entente be rühre. Muniere Krüik an der Völkerbundarbeii. Genf. Zu Beginn der Dölkerbundvollversammlung am Donnerstag wurde ein Danktelegramm Strese manns auf das Sympathietelegramm verlesen, das die Völkerbundversammlung aus ihrer ersten Sitzung an den deutschen Außenminister abgesandt hatte. Der erste Redner zur Generaldebatte war der australi sche Senator MacLachlan. Er kam auf die Unterzeich nung des Kellogg-Paktes zu sprechen und empfahl trotzdem den Gebrauch der Schiedsgerichte und der Sicherheitsver» träge. Im Gegensatz zur Völkerbunddoktrin empfahl er Verträge zwischen zwei Staaten vor mehrseitigen Verträgen. Was die wirtschaftliche Tätigkeit des Völkerbundes an- belangt, so wünschte er dringend, daß der Völkerbund in die Zolltarifhoheit der einzelnen Völkerbundstaaten nicht hineinredet. Der zweite Redner war der norwegische Ministerpräsi den Mowinckel. Er huldigte begeistert dem Völker bundgedanken, für den Norwegen die größten Opfer zu bringen bereit ist. Dann untersuchte er die Gründe für die bestehende Vertrauenskrise, in der sich der Völkerbund befindet. Er tadelte die Unent schlossenheit des Völkerbundrates und wandte sich gegen die Verminderung der jährlichen Ratssitzungen, gegen die Wie derwählbarkeit, gegen den zu weit gehenden Nationalismus der Völkerbundbeamten. Dann entwirft er ein dramatisches Vuo oer ungeheuer zunehmenden Kriegs- rü st ungen zu Lande, zu Wasser und in der Lust, wobei er auch die großen Manöver tadelte. (An dem Beifall der Versammlung beteiligen sich Briand und Paul-Bon- :our nicht.) Dcr belgische Außenminister Hymans ist mit dem Völkerbund natürlich sehr zufrieden. Er pries Locarno und di? Wirtschaftstätigkeit des Völkerbundes. Die Abrüstung entwickel sich Kach seiner Ansicht gut, d. h. so langsam, als es die Sicherheitsbedürfnisse erforderns Man brauchte Sicherheit, und daher lobt er den Sicherheitsausschuß. Er erlaubte sich schließlich, Belgien als friedliches Land darzu stellen. Englisch-japanische Verhandlungen über das Flottenkompromitz Berlin, 7. September. Wie das Berliner Tageblatt aus London meldet, haben nach dem Bericht des Sonder korrespondenten des „Evening Standard" aus Genf zwischen den englischen und japanischen Delegierten Verhandlungen über die Flottenabrüstungsfrage begonnen. Auch zwischen der britischen Delegation und dem amerikanischen Delegierten der vorbereitenden Entwaffnungskommission sei die Fühlung bereits ausgenommen worden. Eine erneute Erklärung von großer Bedeutung zu dem französisch-britischen Flottenkom promiß sei demnächst zu erwarten. ^ein Besuch des Reichskanzlers bei den Vertretern Englands, Belgiens und Italiens Berlin, 7. September. Wie der „Vorwärts" aus Genf meldet, ist ein besonderer Besuch des Reichskanzlers bei den Vertretern Englands, Belgiens und Italiens ähnlich dem Schritt bei Briand nicht in Aussicht genommen, da Briand sich bereit erklärt habe, die übrigen Besatzungsmächte direkt zu verständigen, um mit ihnen eine gemeinsame Aus sprache mit dem Reichskanzler zu vereinbaren. Reichsinnenminister Scveru.g entwirft sein Programm. Rede auf der Hamburger Gewerkschafts tagung. Hamburg. Auf der Donnerstagsitzung der Gewerk« schaftstagung sprach Reichsinnenminister Severing. Der Minister gab zunächst seiner Freude darüber Ausdruck, daß die Gewerkschaftsbewegung in Deutschland so stark geworden sei, daß sie eine Art Offensive auf die Gesetzgebung und Ver waltung hinsichtlich der Ausfüllung der Lücken des Fort bildungsschulwesens ergreife. Der Minister verwahrte sich dann gegen den Verdacht, allzu radikal zu sein. Er erblicke seine vornehmste Aufgabe in der nächsten Zeit darin, dafür zu sorgen, daß der Bau der deutschen Republik zunächst einmal ganz fest liege. Diese Sicherung könne aber «nicht herbeigeführt werden dadurch, daß man nur Gastrollen in der Leitung der Republik spiele und dann wieder ab danke, sondern dadurch, daß man die Republik wenigstens einmal eine, ganze Legislaturperiode lang verwalte. Der Minister teilte sodann mit, daß einiges von dem, was der Referent Hessler gefordert habe, erfüllt werden könne, so vor allem die Forderung nach , Aufstieg des Minderbemittelten in bezug auf Bildungsmöglichkeiten. Im Haushalt des Mi nisteriums des Innern würden für diesen Zweck 1,75 Millionen Mark mehr eingesetzt werden. Die fehlenden Mittel sollten auf anderen Gebieten emge- spart werden, vor allem durch den Abbau der Tech nischen Nothilse, den er durchsetzen wolle. Ferner wolle das Innenministerium die Zwiespältigkeit auf dem Ge biete der Schulzuständigkeit beseitigen. Dazu müsse dis staatsrechtliche Konstruktion des Reiches abgeandert werden in Richtung auf den Einheitsstaat. Er habe den Ehrgeiz, diese Frage zunächst einmal anzugreifen.