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Wtchtnckch erscheint» drei -ftnmnern. Pränumeration«- Peet» 22j Sgr^ (- Lblr.) vieneljShrlich, ! thlr. für da« ganze Jahr, ohne tkr- Hitzung, in allen Ldeilen der Preußischen Monarchie. Magazin für dir Man prinumerirt auf diese« Beiblatt der AUg. Pr. Staal«- Aeitung in Berlin in der Er»ebition (Ariedriche-Slraße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auölandc bei den WvIMk-l. Post Aemtern. Literatur des Auslandes. 96 Berlin, Montag den 12. August 1839. Australien. Die Sandwichs-Inseln. Don Adolphe Barrot, Französischem Konsul für Indien und China. Am l». August I8ZK reisten wir von Guayaquil ab und kamen in der Nacht de« 2v. September» im Gesicht der Insel Hawaii oder Owaihi an. Den ganzen Tag über hallen wir schon mit Ungeduld die Richtung burchspäh«, in weicher nach unserer Meinung diese Insel liegen mußte- Rach den Berichten der Reisenden hauen wir schon ui weiter Entfernung den Gipfel de« Muna>Roa erblicken müssen, dessen geheimnißvolle Höhen seit langer Zeit von keinem Europäer mehr bestiegen worden; wir aber hauen beschlossen, seine unzugänglichen Abgründe zu durchspähen, die Schncelagen zu übersteigen und bi» zu seinem höchsten Pic hinaufzuklimmen, um dort unsere Ramen einzu- zeichnen. Uns schreckten weder die zahlreichen Unfälle, welchen wir uns, allen Reiseberichten zufolge, aussetzten, noch der Tod de« Englischen Nalurfvrschcrs Dougla«, der bei einer ähnlichen Lrptdition durch die Hörner eines wilden Stiere» uingekommcn war; die Gefahr verlieh unserem wissenschaftlichen Unternehmen nur einen neuen Reiz; unsere Blicke durchflogen die Räume und suchten mitten in den Molken den Schauplatz unserer nächsten Forschungen auf; aber eine dichte Nebclhülle entzog ihn den ganzen Tag unseren Blicken. Die« ist übrigen» sehr häufig der Fall, denn die Wolken, welche hier fast da« ganze Jahr hindurch von den beständigen Nord-Ostwinden fortgeiriebe» werden, stoßen auf ihrem Zuge an die von den Sandwichs-Inseln gebildete Scheidewand, bleiben stehen und hängen sich an die Berggipfel an. Gegen ein Uhr Nacht» wurden wir durch starken Schauen und durch da» Geräusch der sich an dem Ufer brechenden Wellen gewahr, daß wir uns dem Lande näherten; bei Tagesanbruch waren wir nur noch zehn bi« zwölf Meilen von der Imcl Owaihi entfernt; der Muna-Roa lag vor uns, doch stieg er so allmälig empor, daß er uns gar nicht sehr hoch Vorkommen wollt«. Die Folge wird lehren, wie sehr wir über die uns bevorstehenden Schwierigkeiten im Jrrihum waren. Die eimrelende Windstille und dann schwache Winde verhin derten mehrere Tage hindurch unsere Annäherung an die Küste, die wir erst am 1. Oktober früh erreichen konnten. Sogleich kamen eine unzählige Menge Piroguen auf uns zu gesteuert, und in weniger als einer Stunde war das ganze Verdeck der „Bonite" mit Insulanern besetzt- Die ersten wagten sich noch nicht recht hinauf, bald aber wurden sie so dreist, daß wir Schild wachen an die Leitern stellen mußten, nm dem zu großen Am dränge zu wehren. Hast alle waren nackt, nur um die Hüften trugen sie eine Art Gürtel, Maro genannt; einige, hauptsächlich Greise, warm lätowirl, andere trugen entweder auf der Brust «der auf den Armen ihren Namen mit großen Buchstaben ein geschrieben. Wir wurden bald gewahr, daß sic sich schon an den Anblick von Europäern gewöhnt hatten. An dem Handel besonder«, den sie mit un« einzuleitcn bemüht waren, konnten wir sehe», daß cioilisirtc Menschen schon dorr gewesen; „Tala, Tala" (Dollar, Piaster) war da«, was sie am häufigsten für die Muscheln, Hühner und Schweine verlangten, die sie uns brach ten; auch auf unsere Europäischen Kleidungsstücke schienen sie großen Werth zu legen, und stolz schritt der Besitzer einer Weste, «ine« Hemde» unier seinen Gefährten umher. Doch muß ich gestehen, daß wir all« sehr enttäuscht wurden: das waren nicht mehr Cook's Insulaner; obgleich der Einfluß des wilden Zu stande« in der physischen »»d moralischen Beschaffenheit jedes Individuum« noch bedeutend vorherrschte, so war es doch nicht mehr jene nackt«, ungeschminkte Namr, wie wir sie hier erwartet Hanen. Indeß konnten wir aus diesem ersten Ruhepunki noch am besten die Spuren davon wahrnehmen, wie es auf den Sandwichs-Inseln bei ihrer Entdeckung aussah; später «rasen wir auf fast Europäische Städte und auf Bevölkerungen, die «den so lasterhaft wie diejenigen waren, die sie civilisin Hanen- Ein Portugiese, welcher seil langer Zeit die Insel bewohnt and der kaum von einem Wilden zu unterscheiden war, dien«« mw al» Lovlse; Minag« gingen »vir in der Bai von Ke-ara- Kakua vor Anker- Gegen zweihundert Piroguen umringten die „Bonite", und noch hatten wir kein Weib erblickt. Wir erstaun i«n darüber, denn in den Berichten verschiedener Reisenden hauen wir gelesen, daß unzählige Weiber sogleich die ankommenden Schlffe umringten, wie Najaden um sie hcrumschwammen, unter tauchten und die Matrosen durch Gcberden und Stellungen auf da» Land und die Vergnügungen aufmerksam machten, welche ihrer dort harnen. Der Lovlse klärie un» darüber auf, indem er un» sagte, daß durch ein Gesetz der Missionäre den Frauen ver bvien sey, sich den Schiffen zu nahen, daß diese für sie als ge heiligt (c-bu-i) gälten; auch «heilte er uns noch andere von den Missionären un Interesse der Sittlichkeit und Religion gegebene Vorschriften mi«, auf die ich später zurückkvmmcn werde. Die Bai von Ke-ara-Kakua mißt von Norden nach Süden ungefähr vier bis fünf Meilen; im Hintergründe derselben ist eine Ar« natürlichen Hafen», der durch zwei niedrige Lrdzungen gebildet wird, welche recht» und link« in das Meer hineingehen. Ein Berg, ober vielmehr eine Mauer schwärzlicher Lava, v«er- bis fünfhundert Fuß hoch, beherrscht den Hafen; auf ihrer Höhe liegt links das Dorf Kaava-Roa, recht», mitten unter Kokus- bäumen, da« Dorf Kc-ara-Kakua, nach welchem d>e Bai benannt, und weiterhin noch ein anderes Dors, dessen Raine mir entfallen ist. Vom Landungsplätze aus bemerkten wir auf der Höhe über der Bai einige Häuser, unier denen eine» ganz auf Europäische Ar« ge baut zu seyn schien; der Lootse sagte un», die» sey das Hau» des Missionär Forbes, und das umliegende Dorf heiße Ober-Äaava- Roa. Nachmittag» begaben wir uns nach Kaava-Roa; da» An landen kostete viel Mühe; durch den Beistand der Indianer aber, die sich, um uns behülflich zu seyn, in« Wasser stürzten, gelang e» uns, bald festen Fuß zu fassen. Das Dorf bestand ungefähr au« fünfzig Häusern, denen einige Kokus- und Brodbäume ein malerische» Ansehen verliehen. Lin Abgeordneter der Dame Kapiolani, der Beherrscherin dieses Distriktes, der früher Eng lischer Matrose gewesen zu sey» schien, kam un- entgegen und zeigte uns a», daß seine Gebieterin bereit sey, uns zu empfangen. Wir sanden die edle Dame vor ihrem Hause unier einem Brod- bäum siycn; sie war ungefähr SV Jahr alt, wenigstens S Fuß 8 bi» lv Zoll groß und sehr dick und häßlich. Zur Begrüßung reichte sie un» die Hand, ließ uns echt Europäische Stühle brin gen und lud uns zuin Sitzen ein. Fünf oder sechs ihrer Ehren damen, die in ungeheuren, höchst unbequeme» Säcken steckten, welche in Hawaii Kleider genannt werden, standen im Hinter gründe, und auf den Felsen »in uns her lagerte die ganze Be völkerung von Kaava-Roa auf dem Bauch, La» Kinn in beide Hände gestützt, und stierte uns an. Kapiolani war ganz Euro päisch gekleidet; sie trug ein geblümte» Kleid von Englischem Musselin, einen blauseidenen Gürie! und' Schuhe; zwei SchUd- patlkamme hielten ihr Haar zusammen, und an ihren Fingern steckten drei oder vier dicke silberne Ringe. Die Bekleidung der Bevölkerung war sehr verschiedenartig; der eine oder der andere von den Männern «rüg als einziges Kleidungsstück eine Weste, oder ein Hemde, oder Beinkleider, die meisten waren ganz nackt, nur nlj« dem Maro umgünet, die Frauen meistenihei!» in einen weilen aus inländischen Stoffe» verfertigten Schurz gehüllt und nur einige wie Kapiolani » Ehrendamen gekleidet. Unsere Unter haltung mit dieser wähne nicht lange; der Englische Matrose dienie uns als Dolmetscher, oft aber antwortete die Dame nur durch eine Art Grunzen auf unsere an sie gerichteten Kompli mente; doch zeugte der Ausdruck ihres Gesichts von Wohlwollen und natürlicher Güie, und al» »vir den Wunsch aussprachen, am folgenden Lage dem Gottesdienste im oberen Dorfe beizuwohnen, bvl sie un» sogleich Pferde und einen Führer an. Nach beendigrem Besuch bei Kapiolani begaben wir uns nach dem One, wo Capiiain Cook ermorde« worden; es war ganz in der Nähe unsere» Landungsplatzes. Cook'» Tod war gewiß ein großes Unglück, aber nach Allem, was wir jetzt darüber er fahre» haben, ist er nur ihm selbst und der Hesngkci« seine» Charakterszuzu schreiben. Die« Volk ist keinesweges blutgierig, sie hegen vielmehr eine aränzenlose Ehrfurcht vor den Fremden, die sie wie Götter betrachten, und sicher konnte nur da» Entsetzen, welche« sich ihrer bemächtigte, al» Cook ihren König ergreifen ließ, sie zu dieser Gewaltthai verleiten. Roch konnten wir die Spuren der Rache sehen, welche Cook's Gefährten nach seinem Tode au«üb«en; man zeigte un» von Kugeln durchbohrte Kokus- bäume und vom Geschütz zerschmetttrie Felsen.