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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.03.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110325014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911032501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911032501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-25
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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-tVi'S »üb Vorort« dura> »m«r» TrTaer und Lpedileurk 2mat tsalich »»Hau« gebracht: SO -S, noaall., R.7üuk vlerkijLbrl Bei unf«r» Mial« ». Ln. nahiaesreven adgehottr 78 ->8 aoaatt., tz^8 viertEhrl. Lorch dir choft: :»n«rhaU> Drurfitilaiids und der teuttchen Kolonien vierreliLdn. U.KU .Hx, monatl. >.20 auefchi. PoftdeileUgew. kieroer n Belgien, Dänemark, den Toaaailaaten. Italien, lluremburz, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich-Ungarn, Siubland, «chwcden, Schweiz u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Seschtlrasielle de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2 mal täglich. Sonn- u. Aeicrlag» nur morgen». Ädonoe-neat-Lnnavine: Augustutplatz 8, dei unseren Drägern, Filialen, Spediteure» und Annahmestellen, lowie Postämter» und Brreslrigern. «Sinzelverkau s«prei« der Morgen- au«gabe IV der Äbend iu»gade 8 -d. Dtorgen-Ausgabe. WpMtrTagMaü Handelszeitung. Amtsblatt des Nates und -es Nolizeiamtcs -er Ltadt Leipzig. nzeicen- 1'rei<« iür I«>erate au» Leroug »no ilmge.'uni dm «^ipaltene ül) mm brett« Prtttz«,- Lü TZ, di« 74 mm breit« R<klam«zerl« l^» von auswärl» öl) Reklamen l.A) J»s«rare von Behörden -m amtlich«» Tei. di« 74 mm breit« Petitzeil« 4U GeschästSanzeigen mit Platzvorschriste» un» in der voendauryab« im Preis« erhobt. Rabatt nach Taris. Bmlagegebühr ä p. Taus«»» ezkl. Postgebühr. s>rsterteilt« Lusträg« können mcht zurück gezogen «erden. Hür da» i!rsch«in«a an bestimmt«» Tagen und Pl仫a wird k«in« Garanne üdernomm«». Anzeigen-Annahme: Auguftusplatz 8. bei jämrlichen Ailialen IU allen Anaoncen« Szpeditionen d«» In- und Aulland«». Nedaktion und Geschäft»-«-«: Johannitigasj« «. gern>pr-ch-r: 14«^ l4üUi, 14t>i)4 Hauot--tlial« Lr«»d«n: Leestra»- 4. l (Telephon 4»^l>. Sonnavenü, üen 25. Msrz lSll. Nr. 84 los. Jahrgang. Oss Dichtiglte. * Der Besuch des deutschen Kaiscrpaares am Wiener Hofe gestaltete sich überaus herzlich. (S. d. bes. Art.) * Der Reichstag erledigte am Freitag in zweiter Lesung den Etat der Schutzgebiete. (2. Reichstogsbericht.) * Die Schiffahrtsabgabenkom Mission beschloß, daß die Unterhaltungskosten für be stehende Anlagen nicht aus den Schiffahrts abgaben bestritten werden dürfen. (S. Letzte Dep.) * Die französische Kammer erteilte der Regierung in der Marokko-Angelegenheit mit großer Mehrheit ein Vertrauensvotum. sS. Letzte Dep.) * Beim Brande in einem Kincmato- graphentheater in Lille kamen sechs Per sonen u m s L e b e n. sS. d. bes. Art.) * Die große Liverpooler Steeplechase (60 000 .tt) gewann Mr. F. Bibbys br. W. „GIcnside" unter Mr. Anthony mit 20 Längen vor „Rhatnally". (S. Sport.) Berhmsnn Svllmeg, üer llmtsrier. Die Verleihung der drei Bundesxats- stimmen an Elsaß-Lothringen, die im Bundesrat wohl gegen, aber nicht für Preußen abgegeben werden können, hat die partikularisti- schen Ostelbier zum Kochen gebracht. Ihr Führer, .Herr o. Hey de brand, hat im preußischen Ab- geordnetenhause in heftigen Worten über die an geblich dadurch verursachte ganz „außerordent liche Schwächung des preußischen Einflusses im Deutschen Reiche" Beschwerde geführt und — das paßt zur Geste des „ungekrönten Königs" ganz vortrefflich — sich vorbehalten, „die preußische Staatsregierung zu einer gegebenen Zeit dazu aufzufordern, wie sie diese Stellung zu der Frage hat einnehmen können". Dem Mi nisterpräsident von Bethmann Hollweg sind Vor würfe gemacht worden, wie sie eben nur jemand erheben kann, der einem anderen seine Ueberlegenheit an Macht fühlen lassen will. Es ist wohl denkbar, daß der stürmische Angriff des Parteigewaltigen auf die Stellung des Ministerpräsidenten noch andere Gründe gehabt hat: die treibende Kraft der Ausführungen bildete aber jedenfalls das schwer verletzte partikularistische Gefühl der preußischen Konservativen. Bei seiner Fehde hatte Herr non Heydebrand in dem Freiherrn von Zedlitz einen außerordentlich brillanten Sekundanten gefunden, dessen Ausführungen an partikula- ristischer Engherzigkeit noch die des Herrn von Klein-Tschunkawe übertrafen. Nach der Meinung der Ostelbier muß im Deutschen Reiche eben alles nach der Pfeife Preußens tanzen, und da in Preußen die Führer der Konservativen und Agrarier sich ungekrönten Königen gleich gebärden und ihren Willen rück sichtslos durchzudrücken verstehen, soll die ganze Reichspolitik völlig auf preußisches Vorbild eingestellt sein. Der Entwurf über die Schiff- jahrtsabgaben legt für dieses Verlangen zwingendes Zeugnis ab. Vor der Möglichkeit einer Minderung preußischen Einflußes schaudert es den Konservativen. Sie wollen das Reich und seine Einheit nicht zu größerer Entfaltung gelangen lassen, und darum begehren sie jetzt heftig auf und spielen sich als Verteidiger der Krone Preußens auf, an der gewissermaßen der Ministerpräsident Verrat geübt hat. Herr von Bethmann Hollweg ist den Gegnern seiner Vorlage die Antwort nicht schuldig geblieben, und wir erkennen rückhaltlos und freudig an, daß er sich in seiner Erwiderung auf einen Standpunkt gestellt hat, der turmhoch über die Stellung derer um Heydebrand und Zedlitz erhaben ist. „Wir können in Preußen keine kleinlich beschränkte Politik machen." In diesem Satz liegt in wunderbarer Prägnanz Vie Abweisung des ganzen Systems Heydebrand ausgedrückt. Der ganze Vorfall zeigt wieder einmal, daß sich die preußischen Konservativen im Grunde genommen gleich geblieben, so lange sie als Partei bestehen. Die Einordnung Preußens in das Deutsche Reich und der deutsche Ein« heitsstaat find ihnen in innerster Seele un sympathisch, und wo es gilt, das Einheits sehnen zu vereiteln, di« Einheitsbande zu lockern und den Einheitsgedanken zu schädigen, sieht man preußische Konservative sehr häufig in vorderster Reihe tätig. Ein flüchtiger Blick in die Geschichte bestätigt dies jedem aufmerk samen Beobachter. Schon Leopold von Ger- lach klagte bitter über das „Laster des Patriotismus", der zur Reichseinheit drängte, und sein Bruder Ludwig bekämpfte in seiner Schrift „Deutschland im Neujahr 1870" die Männer aufs heftigste, die mit aller Energie die Verwirklichung des Einheitsgedankens erstrebten: ihm war die nationale Idee ein „nebelhaftes Traumgebilde einer ungewissen angeblich deut schen Zukunft". Von einer Einheitlichkeit des deutschen Rechts will in den 70er Jahren der Führer der Konservativen im Reichstag, Herr von Helldorf, nichts wissen: „Es widerspricht der Natur einer gesunden Gesetzgebung in die Reichslegislative das gesamte Gebiet des bürgerlichen Rechts einzunehmen." Herr von Heydebrand verwahrt sich gegenwärtig ganz von demselben Standpunkt des einseitigen Partikularismus aus in schärfsten Worten gegen eine Rechtsverleihung an die Reichslande, weil er eine Schädigung der preußischen Interessen durch diese „Selbstverleugnung" fürchtet. Vergebens haben mehrere Kanzler des Deutschen Reiches mit dem preußi schen Partikularismus gerun gen: er ist nicht umzubringen gewesen. Bismarck klagt in seinem Bekenntnisbuche: „Ich habe gegen den preußischen Partikula rismus vielleicht noch schwierigere Kämpfe durchzuführen gehabt, als gegen den der übrigen deutschen Staaten und Dynastien, und mein angeborenes Verhältnis zu Kaiser Wilhelm l. hat mir diese Kämpfe erschwert." Chlodwig Hohenlohe hat in seinen Er innerungen den denkwürdigen Satz nieder geschrieben: „Unsere Junker pfeifen auf das Reich und würden es lieber heute als morgen aufheben, wenn sie ihre persönlichen Interessen gefährdet, sehen." Bethmann Hollweg sieht sich genötigt, die preußischen Partikala- risten daran zu erinnern, daß Preußens Einfluß nicht auf der „Addition oder Subtraktion von Bundesratsstimmen, sondern auf seinen geschicht lichen Leistungen und seiner geschichtlichen Mission beruhe" und erklärte schlicht, aber be deutungsvoll: „Ich kenne keine Gegensätze zwi schen preußischen und Reichsinteressen." Mit Geschick hat er sich gegenüber dem Herrn von Klein-Tschunkawe auf Bismarck berufen, der die 17 Stimmen, die Preußen im Bundesrate des Norddeutschen Bundes bereits besaß, im Bundesrate des Deutschen Reiches nicht ver mehren ließ, obwohl 15 süddeutsche Stimmen damals hinzugetreten sind. Der kühne Vorstoß der preußischen Konser vativen wird jedenfalls scheitern, wenn der Reichskanzler fest bleibt, wenn er mit Bismarck auch in Zukunft trotz oder gerade wegen aller Anfeindungen von partikularistischer Seite her „im deutschen Nationalgefühl immer die stärkere Kraft überall da sieht, wo sie mit dem Partikularismus in Kampf gerät, weil der letztere, auch der preußische, selbst doch nur entstanden ist, in Auflehnung gegen das gesamte deutsche Gemeinwesen, gegen Kaiser und Reich". Mit Recht hat der Reichs kanzler betont, daß die elsaß-lothringische Frage nur in deutschem Geiste gelöst werden kann. Dieses Bekenntnis zum Unitarismus, zur Reichseinheit wirkt doppelt erfrischend und wuchtig, weil es in einer Zeit erfolgt ist, wo man in der Tat ernste Befürchtungen vor einem Erstarken des Partikularismus nicht von der Hand weisen kann, und weil es durch einen Mann erfolgt ist, der sich bislang als allzu willfähiger Diener des Ostelbiertums gab. Wenn es dem Reichskanzler gelingt, sich gegen über der gefährlichen Opposition der Partiku larsten Preußens zu behaupten, dann hat er dem Reiche einen großen, dankenswerten Dienst ge tan. 2m Kampfe für die Reichseinheit wird er jedenfalls stets den nationalen Liberalis mus, die „Partei der Reichsgründung", an seiner Seite haben. Oss Ssilerpasr in Die«. Der Besuch des deutschen Kaiserpaares mit seinen beiden jüngsten Kindern in Wien gestaltet sich zu einem außerordentlichen Ereignis, das deutlich zeigt, wie herzlich die Beziehungen zwischen den beiden Kaiserhöfen und da mit auch zwischen den beiden Lottern find. Am Freitaavormittag traf, wie wir schon im Depeschenteile unserer gestrigen Abendnummer aus führlich berichteten, das deutsche Kaiserpaar in Wien ein. Kaiser Franz Josef empfing es auf dem Wiener Rordbahnhofe, wo er mit ihm nach Penzig fuhr, der Eisenbahnstation des Schloßes Schönbrunn, dem selben Ort, wo seinerzeit die Huldigung der deutschen Bundesfürsten für Kaiser Fran; Josef stattfand. lieber den Empfang in Penzig und den weiteren Aufenthalt der Kaisersamilic in Schönbrunn wird gemeldet: Die große Auffahrt am Bahnhof Penzig beschloßen die Mitglieder des Kaiserhauses, und zwar die in Wien weilenden Erzherzoge mit dem Erzherzog Franz Ferdinand an der Spitze, die Erzherzoginnen mit der Erzherzogin Maria Ännunciata an der Spitze, sowie die Gemahlin des Erzherzogs Franz Ferdinand, die Herzogin von Hohenberg mit ihren Suiten. Die Erzherzoginnen und die Herzogin von Hohenberg begaben sich in das rechts vom Bahnsteig ernchtetete. in herrlichem Pflanzenschinuct prangende Zelt, wo sic die deutsche Kaiserin und deren Tochter erwarteten. Jetzt ertönten die Klänge der deutschen Hymne „Heil dir rm Siegertranz". unter denen der Hofzug ernfuhr. Diesem entstiegen gleich zeitig die beiden Kaiser, die vom Publikum mit begeisterten Hochrufen empfangen wurden. Kaiser Wilhelm schritt auf die Gruppe der Erzherzoginnen zu und begrüßte sie durch Handkuß, während Franz Josef der deutschen Kaiserin beim Aussteigcn behilflich war. In diesem Augenblick trat die Erzherzogin Maria Ännunciata auf die Kaiserin zu und begrützte sic herzlich mit Küssen: sodann begrüßten ebenw herzlich die übrigen Erzherzoginnen und die Herzogin von Hohenberg die Kaiserin. Hinter der Kaiserin folgten die beiden Kinder des Kaiser paar s. Pr nzessin Viktoria Luise und Prinz Joachim, die von der Kaiierin den Erzherzoginnen vorgestellt wurden Inzwischen hatte Kaffer Wilhelm die Erzherzöge begrüßt und die Vorstellung der zur Aufwartung erschienenen Persönlichkeiten entgegen genommen. Nach dem Abschreiten der Ehrenkompanie näherten sich beide Kaiser mit den Erzherzögen dem Zelt. Hier begrüßten die Erzherzöge die Kaiserin durch Handlufz. Darauf wurde Cercle gehalten und die beiden Kinder des Kaijerpaares den Erzherzögen vorgestellt. Sodann begaben sich die Herrschaften dem Aus gange des Zeltes zu. wo d>e deutsche Kaiierin die Vorstellung der Gemahlin und der Tochter des deutschen Botschafters v. Tschirschkv und Bögendcrff cntgegennahm. Die Gemahlin des deutschen Bot schafters überreichte der Kaiserin ein Riyenbukett, Fräulein v. Tscyirschky der Prinzessin Viktoria Luise ein Nelkenbukett. Hierauf begaben sich di> Herrschaften zu den Wagen. Im ersten offenen Wagen nahmen die Kaiser Platz, in dem zweiten geschlossenen Wagen saßen die Kaiserin mit der Erzherzogin Maria Ännunciata. im dritten offenen Wagen Erzherzog Franz Ferdi nand und Prinz Joachim, im vierten geschlossenen Wagen Erzherzogin Maria Theresia und Prinzessin Viktoria Luise. Um 11,10 Uhr verließen die Wagen den Bahn hofsplatz und fuhren nach Schönbrunn. Der Bahnhof und die angrenzenden Straßen waren festlich geschmückt. Als das Publikum der beiden.Kaiser ansichtig wurde, brach es in enthu siastische Hochrufe aus, welche sich erneuerten, als die Kaiserin und die Prinzessin vor dem Bahnhof erschienen. Umbraust von Ovationen die dichten Spaliers, nahmen die fürstlichen Gäste den Weg zum kaiserlichen Lustschlosse. Kaiser Wilhelm trug die österreichisch - ungarische Feldmarichalls- unisorm, die Erzherzöge die Uniformen ihrer deut schen Regimenter. An der blauen Stiege des Schönbrunner Schlosses machten der erste Obersthofmeister Fürst von Mon- tenuovo und der oberste Zeremonienmeister Graf Choloniewski die Aufwartung. Kaiser Franz Josef geleitete seine Gäste zu dem großen Salon der Fremdenappartements, worauf sich die Majestäten in ihre Salons zurückzogen Vorher wurden die kaiser lichen Gäste von der Erzherzogin Marie Valerie und der Tochter, der Erzherzogin Elisabeth Franziska, begrüßt. Darauf empfing das Kaiser paar in dem Marien-Theresienzimmer die obersten Hofchargen. Ministerpräsident Bienertk, die gemein- >amen Minister, Hofmarjchall in Unoarn Fürst Nikolaus Palffy den Generaladjutanten Freiherrn Belsras. den Kabinettsdirektor Freiherr» Schießl und die Palastdame Fürstin Trautmannsdorf. Um 1 Uhr nachmittags fand Familien dejeuner statt. Hieran nahmen teil: die beiden Kaiser, die Kaiserin, Prinz Joachim, Prinzessin Viktoria, Erzherzog Franz Salvator, Erzherzogin Marie Valerie mit ihrer Tochter Elisabeth Franziska. Gleichzeitig sand eine Mar schalltasel statt, an der die Begleitungen der deut schen Kaiserfamilie, Botschafter von Tfchirschky und die obersten Hofchargen teilnahmen. Das Kaiserpaar blieb am Nachmittag im Schloß Schönbrunn, wo es mit Kaiser Franz Josef eine ein stündige Spazierfahrt im Schloßpark unternahm. Prinz Joachim und Prinzessin Viktoria Luise besich tigten in Begleitung der Erzherzogin Ella die Hof burg, den kaiserlichen Marstall und die Sehens Würdigkeiten Wiens. Um 7 Uhr abends fand Galatasel in Schönbrunn statt, an der die kaiserlichen Herrschaften, die Erz- herzöae und Erzherzoginnen mit Gefolge, der deutsche Botschafter usw. teilnahmen. Die Tafeln waren herrlich mit Blumen geschmückt, gespeist wurde von goldenen Tellern. Toaste wurden nicht gehalten. Um 8 Ubr ö0 Min. abends erfolgte die Abfahrt des deutschen Kaiserpaares und der Prinzessin Viktoria Luise vom Bahnhof Hetzendorf aus über Venedig nach Korfu. Eine große offizielle Ver abschiedung unterblieb, doch ließ es sich Kaiser Franz Josef nicht nehmen, seine kaiserlichen Gäste zum Bahn hof« zu begleiten. Der Abschied war äußerst herzlich. Prinz Joachim begab sich zum Wiener Nord bahnhof, von wo er di« Rückreffe nach Berlin antrat. Kaiser Franz Josef verlieh dem Prinzen Joachim von Preußen das Großkreuz des Stephansordens und der Prinzessin Viktoria Luise das Großkren, des Elisa bethordens. Gin lpmtilch-krsnzülilcher Sonklikt. lVon unserem Pariser Mitarbeiter.» Paris. 28. März. Spanien und Frankreich sind wegen Marokkos in offenen Konflikt geraten. Die Gevatter von Alge riras, die in ihrem Gehcimvertrag von 1904 erne vollständige Aufteilung des Sultanats vorgesehen und also gute Gründe hatten, während der inter nationalen Konferenz von 1905 stillschweigend in das Prinzip der Integrität Marokkos zu willigen, beob achten sich seitdem mit scheelen Augen. Die Kon ferenz von Algeciras hatte ihnen einen Strich durch die Rechnung und die auf dem Geheim papier stehende Zweiteilung Marokkos unmöglich gemacht. Jedes der beiden Länder suchte darum aus Umwegen zu dem Resultat zu kommen, das vor dem Veto Deutschlands erlangt werden sollte. Aber Frankreich scherte sich bald nicht mehr um die Geheimkonvention von 1W4 und lreß sich häus lich auch in den Sphären nieder, in denen früher Spanien „Spezialinteressen" zuerkannt worden waren. Die glänzende Freundschaft mit Paris, der König Älvhons sogar die guten und herzlichen Beziehungen mit Berlin opfern zu können glaubte, hat einer Mißstimmung Platz ge macht, die sich nicht länger verbergen läßt. Es ist ein offenes Geheimnis, daß der König von Spanien nichts mehr von seinen Pariser Gönnern im Elysee und am Ouai d'Orsay wissen will. Perez Caballero, der in Algeciras Spaniens Interessen am besten zu vertreten suchte, indem er sich zum Sekundanten des französischen Kommissars Revoil machte, und der dann als Minister des Auswärtigen seine Politik blinden Vertrauens in die französische Uneigennützigkeit fort setzte, befindet sich jetzt in der unangenehmen Lage, als spanischer Botschafter in Paris den Pariser Diplomaten eine scharfe Noto nach der andern überreichen zu müssen. Die ganze Pariser Presse behandelt in sauersüßem Ton das „Mißverständnis", das sich zwischen Spanien und Frankreich wegen Marokkos erhoben hat. Der „Temps" gibt zu, daß man in der Form gefehlt habe, aber er behauptet, daß im „Fond" die spanischen Vorwürfe weniger gerechtsertrgt wären. Spanien nimmt übel, daß die verstärkte franriisiich« Militärmission die Reorganisation der Truppen in Fez durchführt. Es sieht darin eine dreifache Gefahr: Zunächst, daß Frankreich Marokko voll ständig in die Hand bekomme, dann die Bildung einer starken und fürchtenswerten marokkanischen Armee und schließlich eine Intervention des marok kanischen, von französischen Offizieren kommandierten Heeres in der spanischen Zone. Das Blatt sucht diese Gefahr in ein mildes Licht zu stellen, wendet aber schließlich gegen Spanien eine Sprache an, die eher eine Verschärfung der Spannung zur Folge haben wird. Am Ende seines großen Leitartikels macht sich der „Temps" sehr macchtavellisch über die spanische Naivität lustig, noch an die Stipulation des nie veröffentlichten Geheimvertrages über die Aufteilung Marokkos zu glauben: „Das öffentliche Abkommen von Algeciras hat Frankreich und Spanien zur ersten Pflicht die Fortdauer der Oberherrschaft des Sultans und die Zusammenarbeit mit ihm gemacht. Diese Oberherrschaft, die durch die Zusammenarbeit gestärkt wurde, kann nur ein Resultat haben: die Autorität des Sultans in allen Teilen seines Reichs vollkommener und folglich den Wert der Ein- flußzonen, die ihre ganze Bedeutung erst beim Zu sammenbruch der Sultansmacht erlangen sollten, gc ringer werden zu lassen." Das aber verhindert nicht, daß Spanien heute vollkommen die Pläne Frankreichs durchschaut hat. Die französische Diplomatie hat sich seit Alge ciras ein anderes Ziel gesteckt, das noch viel vorteil hafter ist als das im französisch-spanischen geheim vertrag ausgedachte. Der Sultan und das Sultanat dürfen nicht angetastet werden, beschloß die inter nationale Konferenz. Dementsprechend wünscht Frankreich heute nur noch den «ultan unter sein Protektorat zu bekommen, ähnlich wie es vor ihm den Bey von Tunis unmündig machte. Spanien soll sein Stücklein Risland behalten, aber das übrige Marokko soll insgesamt von Fez regiert werden — und Fez von Paris! Ob Botschafter Perez Caballero, der dies alles nicht kommen sah, sich heute wohl für einen bedeutenden Diplomaten halten mag? Der „Matin" kündigt an, daß Herr Cruppi in der Freitag-Interpellation über Marokko für Spanien befriedigende Erklärungen abgeben werde. Der „protev" üer wormler Gcke. Durch ein« Reihe ron Zeitungen geht dre Mit teilung, daß der Vorstand des Nationalliberalen Vcr eins in Worms dem in Berlin tagenden Partei ausschuß einen scharfen Protest gegen die von Dr. Stresemann in Mainz gehaltene Rede gesandt hätte. Di« „Freisinnige Zertung" fügt hinzu, daß dieses Telegramm an den Führer der hessischen Lan despartei Dr. Osann geschickt worden wäre, damit er es dem Zentralvorstand in seiner Sitzung zur Kenntnis brächte, wahrschcmlich in d«r Absicht, oiefen zu einer Stellungnahme gegen den Abgeordneten Dr. Stresemann zu veranlassen.- Wie uns auf Grund von Erkundigungen an zu ständiger Stelle mitgeteilt wird, ist weder bei dem Zentralbureau der nationalliberalen Partei, noch bei den führenden Persönlichkeiten der Fraktion von einem derartigen Telegramm des Wormser Partei vorstandes etwas bekannt geworden, noch ist es in der Zentraloorstandssitzung zur Verlesung gekommen Man kann also nur annehmen, daß der Abgeordnete Dr. Osann, falls er ein solches Telegramm erhallen hat, aus guten Gründen davon Abstand nahm, es dem Zentralvorstanb zur Kenntnis zu bringen. Die „W ormserZeitung" selbst beschäftigt sich übrigens in drei Leitartikeln mit den Aus führungen, die Dr. Stresemann in Main; gegen die fortgesetzte Befehdung der nationalliberalen Paricc ! leitung durch die .Wormser Zeitung" gemacht har und ! erklärt am Schlüsse dieser spaltenlangen Auseinander«
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