Suche löschen...
Dresdner Journal : 06.08.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189708064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970806
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970806
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-08
- Tag 1897-08-06
-
Monat
1897-08
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 06.08.1897
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vti„r»ret«: Für Dresden vierteljährlich: « Mark 50 Pf., bei den Kaiser- lich deutschen Postanstnlten vierteljährlich 3 Ma»k; außer halb de» Deutschen Reiche« Post» und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Ps. vrfchetnea: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernspr.-Anschluß: Nr 1295 Für de» Naum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift X) Ps Unter „Eingesandt" die Zeil« 50 Psi Bei Tabellen» nnd Ztffernsatz entsprechender «uiichlag Her,»«« eher. Königlich« Expedition de« Dresdner Journals Dre«den, Zwtngerstr 20. Fernspr.-Anschluß: Nr. 12SL. ^§180 1897 Freitag, den 6. August, abends. ÄmUicher Teil. »raeuvaugev, Versetzuv-eu rc. im öffeutlichea Dienste. Im Geschift-deretche des Viiniftertums de« Kultus und öffentlichen Unterrichts. Gesucht zur Verwaltung der ständigen Lehrerstellc in Plaußig sür dir Zeit vom 15. dss. MtS. bi- zum i Oktober ein Kandidat teS Schulamt- oder der Theo logie. JahreSgehalt 1060 M. neben freier Wohnung Bewerb ungen sind sofort bei dem König! Bezirk-schulinspektor für Leipzig II Zimmler einzureichen Nichtamtlicher Teil. Tie Reise des Deutschen Kaisers nach St. Petersburg hat bis jetzt in der ausländischen Presse eine nach Verhältnis umfänglichere und lebhaftere Erörterung hervorgerufen als in der deutschen, die diesen Besuch zumeist mit kurzen, ruhigen Bemerkungen erwähnt und ihre der Fahit des Kaiserpaares gewidmeten guten Wünsche ohne hochpolitische Tiraden und be sondere Erwartungen hinsichtlich des Erfolges der Reise zum Ausdruck bringt. Man weiß bei uns, daß sich °daS deutsch-russische Verhältnis seit einiger Zeit ganz zur beiderseitigen Befriedigung gestaltet hat und man fühlt zugleich, daß auch zwischen den Höfen die besten Beziehungen obwalten. Seit dem chinesisch-japanischen Kriege haben die deutsche und die russische Diplomatie mehrfach gemeinsame Aktionen ausgeführt und gerade in diesem Jahre ist in den heiklen Orientfragen ein gleichmäßiges, erfreuliches Zusammenwirken der beiden wahrzunehmen gewesen. Man unterschätzt auf unserer Seite nach wie vor nicht die Festigkeit der russisch-französischen „Entente" und ist darauf gefaßt, daß der Besuch des Präsidenten Faure in Äußland sich unter anderen Formen vollziehen wird wie derjenige des Deutschen Kaisers. Es ist uns aber zur Gewißheit geworden, daß in dieser Freund schaft mit der Republik keine unmittelbare Bedroh ung des Friedens mehr liegt, daß sie Rußland die Anknüpfung und Pflege guter Beziehungen mit den Mächten des Dreibundes vollkommen gestattet, daß der Zar mit dem Deutschen Kaiser in dem Be mühen, die Ruhe Europas zu wahren, übereinstimmt, und daß zur Zeit die Vorbedingungen wieder ge geben sind, unter welchen Deutschland und Rußland gemeinsame Interessen, solche des Frizens, in Harmonie verfolgen können. Letztere Gedanken, die den Kern unserer ge mäßigten Wünsche einschließen, lesen wir auch aus der im übrigen reservierten Besprechung heraus, welche die zu diesem Zwecke zweifellos inspirierte „Nowoje Wremja" gestern dem Kaiserbesuch gewidmet hat. Es ist darin folgendes ausgeführt: Wenn feit dem vorigen Herbste in der Gruppierung der Großinächie auch keine entscheidende Veränderung durch die politische Situation Europas hervorgerufen ist, so hat doch vieles die weitere Entwickelung einer internationalen Evolution be günstigt, die aus einen zuverlässigeren Schutz des europäischen Friedens vor einigen unerwünschten Zusälligkeiten gerichtet ist, al- er früher bestand Jener Rolle, welche Deutschland schon zur Zeit des japanisch-chimsiichen Krieges in dieser Evolution übernahm, hat das Berliner Kabinett auch bis heute nicht ent sagt Nach wie vor an der Spitze des Dreibundes stehend, ist es zugleich offenkundig bemüht, zu den beiden Mächten, welche außerhalb dieses Bundes stehen nnd durch engste Freundschast miteinander verknüpft sind, die besten Beziehungen zu unter halten. Man muß der deutschen Diplomatie die Gerech tigkeit widerfahren lasten, daß sie durchaus nicht wenig für jenes Übereinkommen der kontinentalen Mächte gethan hat, dessen Ernst und Augenscheinlichkeit England veranlaßte, von einer gesonderten politischen Tätigkeit im christlichen Orient abzusehen. Die Ausrichtigkeit seine- so viele Male laut auS- gesprocheucn Wunsches, ein mächtiger Beschützer de-europäischen Friedens und der Ruhe Europas zu sein, beweisend, Hal Se. Majestät der Deutsche Kaiser ohne Zwkiscl die internationale Luust und Wissenschaft. 88 Der erste Tag des Anthropologenkongresses schloß mit einem Ausflüge nach Alt-Lübeck, den Resten eines alten wendischen Markt- und Handelsplatzes aus der Zeit König Gottschalks (1043 bis 1066) an der Einmündung der Schwartau in die Trave Am Mittwoch früh wurden der Dom und das Museum besichtigt, der alte, von Heinrich dem Löwen 1173 be gonnene, später vielfach ergänzte und erweiterte Dom mit seinen reichen architektonischen, bildhauerischen und male rischen Schätzen, dem Altarschrein von Hans Memling, der prachtvollen Grabplatte der Bischöfe Burchard v Seecken und Johann v Mul, dem großartigen Triumph kreuze, der Tumba de« Bischofs Heinrich und den sonstigen zahlreichen Kunstwerken — da« neue, im Stile de« Dome« über dessen altem Kreuzgange errichtete Museum, eine Zierde Lübecks, da« den Neid mancher größeren Stadt herauszu fordern vermag Die zweite Sitzung begann am Mittwoch vormittag mit einem Vortrage von vr. Köhl-WormS über die Ausgrabungen bei WormS Redner legte zunächst einen Satz kleiner neolithischer Steingeräte aus einem .Frauengrabe vor, Stücke aus kleinen Flußgeschieben her gestellt, die wegen ihrer handlichen Form von den Stein zeitmenschen geeignet befunden wurden zur Bearbeitung von Holz und Leder, zum Glätten der Thongefäße und sonstigen, damals der Frau zufallenden Arbeiten, dabei ein Feuerstein, von dem etwa ein Dutzend Feuerstein messer verschiedenster Größe durch Schlag abgesprengt sind. Weiter gab Redner Schilderungen der Ausgrab ungen auf römischen Grabfeldern bei Worm« vom Juli 1896 und Ostern 1897, die der Reichtagsabgeordnete Frhr Heyl v Hernrheim zu Gunsten des Paulusmuseums in Worms auf dem schon bekannten südlichen Römer sriedhofe hat vornehmen lassen — ferner von den Au»- Kombination gefördert, weiche die erste Rolle im christlichen Orient Rußland überlasten hat Wir glauben, daß Kaiser Wilhelm, der bei uns gerade in der Zeit erscheint, in welcher der durch die Vermittelung der Mächte erreichte Friedensschluß zwischen Griechenland und der Türkei bevorsteht, nach Pcterhof mit dem aufrichtigen Wunsche reist, auch die weitert» Ersolge der europäischen Einmischung in die orientalischen Angelegen heiten zu fördern Wenn man von diesem Gesichtspunkte aus geht, so mutz man erwarten, daß Kaiser Wilhelm, nachdem er aus Rußland nach Deutschland zurückgekehrt ist, noch mehr Anlaß al- bisher haben wird, sich an jenes politische Programm zu halten, welches ihn dazu brachte, sowohl während des japanisch chinesischen Streites al- während der ersten Stadien der diplomatischen Einmischung der Großmächte in die An gelegenheiten des osmanischen Reiches volle Einmütigkeit mit Rußland und Frankreich an den Tag zu legen In Anbetracht dieser Erwägung erblicken wir in der Ankunft des Deutschen Kaisers ein Ereignis, welches ein neues Unterpfand für die guten Be ziehungen zwischen Rußland und Deutschland ist DieseBeziehungen sind sür jeden wahren Russen solange erwünscht, als sie eine Grundlage der internationalen Situation sind, bei welcher der von Deutschland geleitete Dreibund nicht mehr eine gleichzeitig gegen Rußland und Frankreich gerichtete politische Kombination ist AlS Schöpfer einer folcher Situation sind in der letzten Zeit ohne Zweifel Kaiser Franz Joseph und Kaiser Wilhelm erschienen Wir hoffen, daß letzterer, gleich seinem monarchi schen Freunde und Verbündeten, au- Rußland die Überzeugung mit sich nehmen wird, daß unsere politischen" Kreise dieses wissen und schätzen. Marinegedanken. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt in ihrer heutigen Ausgabe an leitender Stelle: Seitdem der Reichstag bedauerlicherweise die im Marine etat sür Schiffsbauten gestellten Forderungen in ebenso erheb licher wie bedenklicher Weife gekürzt hat, wird fortgesetzt da- Thema der Entwickelung unserer maritimen Wehrmacht in der Presse, in Broschüren, Vorträgen rc. erörtert. Bemerkenswert ist der Eifer, mit welchem gerade die Or gane jener Richtungen die „Marinesrage" behandeln, deren Nein bei jenem ReichStagsbeschlusie ausschlaggebend war. Man darf in diesem Eifer wohl eine Gewissensregung begrüßen. Denn wenn man auch anstandshalber nachdrücklichst jenen zu widersprechen sich verpflichtet hält, die sür die Notwendigkeit eintreten, unseren erfreulich wachsenden überseeischen Interessen einen ausreichenden Schutz durch unsere KriegSflagge zu sichern, so sind es doch nur einzelne — prinzipielle Nörgler, welche grundsätzlich einer Erweiterung der Kriegsmarine und einem gesteigerten Kriegsschiffsbau widerstreben Letztere wären vielleicht — obwohl auch das vergeblich sein wird - an daS Verhalten ihrer Väter und Großväter, deren einige ja noch als parlamentarische Größen unter ihnen weilen, gegenüber der Vergrößerung der preußischen Armee zu er innern, mit welcher König Wilhelm I. seine so rühm und thatenreiche Regierung begann. Autatis motunäi« hat man zur Konfliktszeit genau die gleichen Argumente von jener Seite gegen die Armeeorganisation geltend gemacht, die man heute der Entwickelung der Marine entgegenstellt Damals haben Erfahrung und historische Thatsachen den Mannern recht gegeben, die mit ihrem Könige unter der Führung von Bismarck und Roon mutvoll an die Durchführung gingen und es der Zukunft überließen, den parlamentarischen Streit zu schlichten. Politiker, die sich gegen Belehrungen solcher Art nicht verschiießen wollen, hätten daher alle Ursache, auch die Marinefragen unter den Gesichtswinkel der großen Ver antwortung zu nehmen, welche man auf sich ladet, indem man für doch jedenfalls mögliche ZukunftSereiguisse dem Vaterlande nicht die denkbar beste Rüstung auch zur See schafft — so lange eS Zeit ist. So nne die Dinge heute liegen und bisher parlamentarisch behandelt worden sind, kann die Marineverwaltung, können das ausgezeichnete Osfiziercorps und die ebenso ausgezeichneten Mannschaften der Marine nicht das leisten, waS sie leisten sollten und könnten, um sür jede Eventualität der Zukunft ihre Berufspflicht zu erfüllen Die BerusSsreudigkeit in der Marine muß schließlich darunter leiden, wenn ihre Arbeit, die doch aus Fort- und Weiterbildung des Vorhandenen gerichtet fein muß, stets unter der Ungewißheit steht, ob auch der Reichstag die Mittel bewilligen werde, welche die marine technischen Autoritäten für erforderlich und die finanziellen als nm den sonstigen Bedürfnissen und den Einnahmen der Reich- im Einklänge befindlich erachten Es ist überhaupt sowohl sür die Marine als auch sür die Regierung ein unwürdiger Zu stand, wenn jedes Jahr von neuem erst in der Kommission de- Reichstags, dann in dessen Plenum und nebenher in der Presse um jede einzelne Forde:ung sür ein neues Schiff gekämpst und gescilfcht wird Aber ist etwa dieser Zu stand des Reichstags würdig? Die Marinevcrwaltung muß aus technischen und die Reichsverwaltung aus finanzpolitischen Gründen einen positiven Anhalt dafür haben, wie der Reichstag im Laufe der nächsten Jahie die Entwickelung der Marine behandeln will Ein Septennat, wie es sür die Landarmee eingesührt ist, wäre da« auch für die Marine zu erstrebende Ideal Aber dieses Ideal wird vorläufig kaum zu erreichen sein, weil der Reichstag, und zwar mit Recht, geltend machen würde, daß die aufgestellten Flottenpläne bisher niemals innegehalten worden sind. Daß es nicht etwa Willkür der Regierung oder der Marine verwaltung gewesen ist, wenn die Flottenpläne nicht so aus- gesührt werden konnten, wie sie ausgestellt und vorgelegt wurden, ist bekannt. Das Gegenteil wird auch von keiner Seite be hauptet Technische Gründe waren es, welche Abweichungen von jenen Plänen bedingten. Die rapide Entwickelung der Schiffsbautechnik, der Artillerie, des TorpedowescnS, des Schutzc- gegen beide, kurz geradezu grundstürzende Änderungen in Kon struktion, Ausrüstung und Bewaffnung der Schiffe und der an die Marine in ihrer Gesamtheit und da- einzelne Schiff zu stellenden Anforderungen sind es gewesen, welche zwangen, die Flottenbaupläne zu durchbrechen, noch bevor sie zur Hälfte auS- gesührt waren. Es wäre also auch für die Zukunft wenig ge holfen, falls man die Regierung und die Marineverwaltung auf einen bestimmten Bauplan sestlegcn wollte, denn auch ferner wird die technische und wissenschaftliche Entwickelung dieser Dinge nicht stille stehen und würden die Thatsachen sich härter erweisen als programmatische Vorherbestimmungen Nichtsdestoweniger muß ein Weg gefunden werden, welcher der Marineverwaltung die Sicherheit schafft, daß sie sür eine Reihe von Jahren über ge wisse Summen zu Neubauzwecken versügen kann Daß die Bauthätigkeit der Marine eine gewisse Stetigkeit er hält, liegt aber nicht nur im Interesse der Marine und der Reich-finanzen, sondern auch in dem der gesamten deutschen Erwerbsthäligkeit. Wir bauen grundsätzlich unsere Schiffe aus deutschen Wersten und verwenden, soweit irgend möglich, nur deutsches Material für unsere Marine Die inländische Industrie muß sich also aus den Bedarf unserer Marine einrichten können, fall« sie ihn regelmäßig befriedigen soll. Dieser Bedarf muß daher sür eine gewiße Zeit ein stetiger, ein zu übersehender sein. Wollten wir in einem Jahre sehr viele und im nächsten gar keine Neubauten auSführen, so würden wir unseie Schiffe nicht mehr im Jnlande, jedenfalls nicht mehr aus deutschem Material bauen können Der Streit um die Marinesragen sollte sich also vor allem der Erörterung darüber zuwenden, wie eS möglich ist, ohne die parlamentarischen Rechte krS Reichstages zu beschränken, doch der Marineverwaltung, der Marine und der deutschen Industrie die Sicherheit einer stetig sortschreitendcn Entwickelung zu ver schaffen und die Feststellung der hiersür eisorderlichen Mittel den wechselnden parlamentarischen Konstellationen und dem all jährlich wiederholten Kampf um die einzelne Position zu ent ziehen. Die Anfänge des modernen Verkehrs Hamburgs mit Vorderindien und Lstafien. (Schluß.) Was den Handel mit China anbrlangt, so gelang e« dem hamburgischen Konsul in Kanton, Mac Vicar, bereits 183V, der hamburgischen Flagge die Anerkennung der chinesischen Autoritäten zu verschaffen und die Rechte der meistbegünstigten Nation zu sichern Daß der Verkehr hamburgischer Schiffe in Kanton trotzdem ein geringer blieb, war eine Folge der zurück gebliebenen Entwickelung des hamburgischen Warenmarktes gegenüber dem Londoner, namentlich in asiatischen Artikeln. Ein regelmäßiger Schiffsverkehr Hamburgs mit China kann erst von den vierziger Jahren datiert werden Bis zum Abschlusse deS britisch-chinesischen Vertrags von Nanking im Jahre 1812 war — noch dazu unter hemmenden Bedingungen — nur Kanton dem europäischen Handel geöffnet; durch diesen Vertrag wurden ihm außer Kanton auch noch Amoy, Futschou, Ningpo und Schanghai erschlossen, und im Ergänzungsvertrage von 1843 wurde ausgesprochen, daß in diesen Häsen auch die anderen fremden Länder, deren Untertanen oder Bürger schon bisher in Kanton verkehrt hätten, unter denselben Bedingungen wie die Engländer verkehren könnten Diese wertvolle Errungen schaft machten sich die Hamburger schnell zu nutze; sie wandten diesem neueröffneten Handelsgebiete ganz besondere Aufmerk samkeit zu. Zwar nur langsam wuchs für die Hansestädte die Bedeutung dieses Verkehrs, aber sie wuchs doch, und wenn auch die meisten deutschen Jndustrieerzeugnifse noch nicht sür den chinesischen Markt geeignet waren, so nahm doch der direkte Handel zwischen Hamburg und China im allgemeinen zu. Noch bedeutender, als die Zunahme dcS Fernverkehrs, war diejenige des Anteils der hamburgischen Flagge an dem Küstenverkehr China- Von 1850 bis 1863 stieg der Verkehr der ham burgischen Flagge in Hongkong nach der Zahl der Schiffe saft aus da- Achtzehnfache, nach der Größe auf da- Scchzehnfache Und nicht nur in diesem englischen Hasen, der Kanton bald zu überflügeln wußte, sondern auch in den rein chine sischen Häsen, wie Amoy, Futschou und Schanghai, wurde die hamburgische Flagge von Jahr zu Jahr bekannter, und in vielen kleinen Plätzen sand man sie schon vertreten, als sich noch gar keine Europäer dort aushielten Um die einmal grabungen auf einem im letzten Winter vom Vortragenden neu entdeckten Grabfelde, das noch völlig unversehrte Gräber umfaßt, wahrscheinlich mehrere Tausende 175 davon sind bis jetzt erschlossen, auf beiden Fundstellen zusammen 518 seit Juli v Js. An einem Plane von Worms er örterte Redner die Lage der Gräberfelder und der von ihm aufgefundenen und genau vermessenen mehr als dreißig Römerstraßen Derartig umfangreiche Entdeckungen von Straßen sind bisher noch in keiner der alten Römerstädte gemacht worden. Dabei konnten drei zeitlich verschiedene Arten des Straßenbaues nachgewiesen werden Die früh römischen Brandgräber mit ihren Beziehungen zur Im lüns-Zeit, sowie die Skelettgräber der spätrömischen Zeit, da« häufige Vorkommen von Steinsarkophagen aus Pfälzer Sandstein, das Einhüllen der Leichen in Gips zwecks ihrer Erhaltung wurden vom Redner eingehend be trachtet — Von allgemeinerer Bedeutung war der folgende Vortrag von vr. Karl Ranke-München über die Sehschärfe der Indianer. Vortragender ist der vielerwähnte Teilnehmer der Brasilienreise (1895 bis 1896) Ur Meyer«, der auf dieser Reise durch einen un glücklichen Zufall (Zerspringen des Gewehrs) sein linkes Auge verlor Seme Beobachtungen über die Sehschärfe der Indianer verdienen um so mehr Beachtung, al« gerade neuerdings vielfach Mitteilungen über die Sehschärfe bei Naturvölkern durch die Zeitungen gegangen sind, die über ganz unglaubliche Leistungen berichten Diese unzweifelhaft übertriebenen Angaben werden durch Rankes Erfahrungen auf da» richtige Maß zurückgeführt Er hatte sich für die Reise mit den üblichen Hilfsmitteln zur Messung der Sehschärfe, den Snellenschen Tafeln, den Burchardtschen internationalen Sehproben und dem Wolffbergschen diagnostischen Farbenapparate ausgerüstet und fand auch Gelegenheit, diese Apparate bei den Bakairi, sogenannten zahmen Indianern, und bei den wilden Trumai an zuwenden, obschon nicht ohne anfängliche Schwierigkeit, weil die Leute mißtrauisch und ängstlich gegenüber den „Zaubcrtafeln" waren, weil sie die Punkte der snellenschen Tafeln nicht zu zählen vermochten, weil sie keine gleich mäßigen Bezeichnungen für die Farben hatten rc. Am Paranatinga warb man zunächst fünf Bakairi als Reise begleiter an Das Gebaren dieser Leute erweckte anfäng lich den Eindruck ganz ungewöhnlicher Sehschärfe, so bei der Jagd und dem Fischfänge In den Stromschnellen des Flußes erlegten die Leute trotz der reißenden Ström ung, trotz der Schwierigkeit, die Strahlenbrechung richtig abzuschätzen, mit größter Sicherheit den kaum sichtbaren Fisch. Sie schossen mit ihren zwei Meter langen Pfeilen (Feuergewehre sind ihnen noch fast unbekannt) den Sinumbu, eine Art Leguan, mitten aus dem Dickicht des Urwaldes, von dem er sich seiner Farbe nach kaum unter scheidet Sie machten alle Augenblicke die Reisenden auf einen Auerhahn oder Affen in einer Baumkrone aufmerk sam, den diese trotz aller Mühe nicht zu entdecken ver mochten; sie folgten ohne jede Unsicherheit einer Spur, von der die Europäer zuweilen nicht das Geringste wahr nehmen konnten, und unterschieden das Geschlecht eine» Rehes auf Entfernungen von mehreren Hundert Metern. Trotzdem ergab die Untersuchung mit den genannten Apparaten eine keineswegs ungewöhnliche Sehschärfe Wie sind nun jene auffälligen Sehleistungen der Indianer zu erklären? Einfach aus der Übung und Gewöhnung Ge rade wie unser Blick sich für manche Dinge durch Übung schärft, gerade so schärft sich der de« Naturmenschen für andere lediglich durch die tägliche Übung und Gewöhnung, ganz abgesehen davon, daß manche Leistungen einfach auf Kunstgriffen beruhen, die, einmal erfaßt, jedem anderen dieselben Sehleistungen ermöglichen So wird das Ver-^ folgen einer Fußspur sehr erleichtert, ja überhaupt er möglicht durch Betrachtung de« vorliegenden Geländes unter einem bestimmten Gesichtswinkel, aus gewißer, nicht zu geringer Entfernung Da« Geschlecht des Rehwildes er kennt man leicht an der Art, wie das beobachtete Stück läuft re Äußerst wichtig ist die Fähigkeit, da« Auge auf angeknüpften Handel-Verbindungen zu erhallen und zu erweitern, ernannte der hamburgische Senat Konsuln, wo es nur möglich und thunlich war, nachdem er sich 1852 einmal entschloßen hatte, daS etwa seit 1843 offene Konsulat in Kanton wieder zu besetzen. Die Notwendigkeit, auch einen Handelsvertrag mit China abzuschließen, machte sich besonder- von 1858 an geltend, in welchem Jahre China neue Verträge mit England, Amerika, Frankreich und Rußland schloß, in denen die Bedingung. Laß die zugesicherten Handel-vorteile auch den übrigen Schiffahrt treibenden Nationen zu teil werten sollten, nicht enthalten war. Direkt und selbständig Schritte in dieser Richtung zu thun, er schien den Hansestädten nicht rätlich, da nach allgemeiner An sicht ohne Begleitung von Kriegsschiffen ein hanseatischer Unter händler in China und Japan nichts auSrichten werde. Sie stellten daher den Antrag, in die Verhandlungen, welche Preußen namenS de- Zollvereins mit China wegen des Abschlusses eine- Handelsvertrages führte, eingeschlossen zu werden, was denn auch zur Folge hatte, daß sie in den Vertrag, den Gras Eulen burg am 2. September 1861 in Tientsin unterzeichnete, aus genommen wurden Nicht so leichten Kaufes gelang es Hamburg, mit Japan, wo seit Jahrhunderten von den europäischen Mächten allein Holland aus der Insel Desima im Hasen von Nagasaki hatte Handel treiben dürfen, Handelsverbindungen anzuknüpsen I» den Verträgen, die Japan von 1854 an mit den Bereinigten Staaten und europäischen Staaten (England, Rußland, Frank reich, Niederlande) ringing, war nicht, wie in dem ersten eng lisch-chinesischen Vertrage, allen übrigen fremden HandelSstaaten eine gleich günstige Behandlung zugesichert; die Hansestädte, die ja bisher in gar keiner Verbindung mit Japan ge standen halten, mußten also auf Mittel sinnen, die Vor teile, welche den Bertrag-staaten zufielen, auch sich zu sichern, um so mehr, als die Vertragsabschlüsse mit Japan rasch auseinander folgten Auch fchon der ausgedehnte Küsten- handel in China legte da- Verlangen nach einem Vertrage nahe, denn er schien ohne die Ausdehnung auf Japan ge fährdet. Ein selbständiges Vorgehen der Hansestädte war Japan gegenüber noch weniger ersolgverheißend al- gegenüber China. Die Hansestädte erreichten es zwar, daß die preußische Gesandt schaft unter Führung dcS Grafen Eulenburg, die. wie mit China, auch mit Japan sür den Zollverein emen Vertrag ab- fchließen follte, den Auftrag erhielt, die Aufnahme der Hanfe» städte in denselben ebenfalls zu betreiben, allein Eulenburg mußte froh sein, sür Preußen allein einen Verlrag zu erlangen, und sand es nicht sür ratsam, seine besondere Beglaubigung sür die Hansestädte zu übergeben Die nunmehr unternommenen Versuche, durch Hollands Vermittelung zu eincm Vertrage zu gelangen, scheiterten nicht minder, ebenso die Schritte, welche der hanseatische Minifierresident in Berlin, Gefielen, im Juni 1862 bei der damals in Berlin weilenden japanischen Gesandt schast unternahm Den Plan, unter fremder, etwa holländischer oder englischer Flagge am Verkehr mit Japan teilzunehmen, hatte man in Hamburg bald wieder fallen laßen Die alte Hanseftadt war in einer sonderbaren Lage „Hamburg stand damals am Ende einer vielhundertjährigen Epoche, in der e« die Autonomie besessen hatte, völkerrechtliche Berlräge zu schließen; diese Verträge bildeten die Etappen in seiner Handel«- politik; bei ihnen zeigen sich alle Vorteile und Schwächen der seltsam isolierten Stellung, die mit ihren Schwestern diese Stadt Jahrhunderte hindurch eingenommen hat Zum Schluß trifft in dem Ringen nach dem japanischen Vertrag noch ernmal alles zusammen: die Ohnmacht nach außen, die Notwendigkeit deS Anlehnens an das Ausland; ouj der andern Seite kommerzielle Rührigkeit und daS Bewußtsein, bei kräftiger autoritativer Unterstützung durch einen Staat den meisten Nebenbuhlern wirtschaftlich gewachsen zu sein. Wenn nun am Abschluße dieser Epoche Hamburg noch einmal eine jener Enttäuschungen erlebte, wie sie ihm in jener langen Periode nicht erspart geblieben sind, wenn eS den Vertrag mit dem neuerschlossenen Japan nicht erhielt: so ersüllle ihm die neue, mit dem Jahre 1866 ansangende Zeit mit manchen andern Wünschen auch diesen Die japanische Regierung e:teUle im Jahre 1867 die Zusicherung, daß die Schiffe der Staaten des Norddeutschen Bundes unter norddeutscher Bundetflagge in den geöffneten und noch zu öffnenden japanischen Häsen be handelt werden sollten, wie nach dem japanisch-preußischen Vertrage bisher die preußischen Schiffe behandelt wurden." Von dieser Zeit an, vor allem aber seit dem Jahre 1870 sind Wandlungen in politischer wie in wirtschaftlicher Beziehung eingetreten, welche auf den deutschen Handel im allgemeinen, ganz besonders aber aus den Handel mit dem Osten einwirken: politisch die Gründung de- Deutschen Reiche-, wirtschaftlich in erster Linie die Eröffnung de- Suezkanals, in zweiter die groß artige Entwickelung der Dampsschiffahrt. Schöne, vielver- heißende Anfänge, da- Werk eines durch Jahrhunderte ge schulten kaufmännischen Geiste-, haben die Hansestädte in den Beginn dieser Entwickelung hereingebracht, Größeres haben sie seitdem geschaffen unter kräftiger Benutzung jener beiden wirt schaftlichen Hilfsmittel und mit dem Rückhalte, den ein mächlige- Staatswcfen, wie das Deutsche Reich, gewährt Das berechtigt zu der Hoffnung, daß sie in Zukunft noch weit mehr dazu bei tragen werden, daß Deutschland im Wettkampfe um die Er- fchließung des Ostens denjenigen Anteil am Orienthandel ge winnt, deßen es für feine wirtschaftliche Entwickelung bedarf. eine bestimmte Entfernung einzustellen, eine Fähigkeit, die dem an die Abmessung seines Zimmers gewöhnten Kultur menschen für größere Entfernung abzugehen pflegt Das Auge des Menschen paßt sich eben dem täglichen Bedürf nisse an, und so haben wir in der Eigenart unseres Seh vermögens nicht etwa eine durch die Kultur verschuldete Entartung, sondern eine Anpassung an die Anforderungen unserer Umgebung und unserer gewöhnlichen Thätigkeit zu erblicken So wird die Erkennung eines Tieres im Ur walde erst möglich, nachdem man gelernt hat, durch das zunächst sich dem Blicke aufdrängende Lberflächenbild de» Waldwuchses hindurch wie durch ein vergittertes Fenster in die Tiefe des Walde» zu blicken, das Auge auf die größere Entfernung dieser Waldestiefe, in der wir das Tier sehen sollen, einzustellen In steter Lebensgefahr, dazu auf die Jagd beute angewiesen, ist der Indianer gezwungen, der ihn um gebenden Natur unausgesetzt die höchste Aufmerksamkeit zuzu wenden, und deshalb äußert er eben die Feinheit und Schärfe der Naturbeobachtung, die uns anfänglich in Er staunen setzt und die Meinung von einer außergewöhn lichen Leistungsfähigkeit seiner Sinne entstehen läßt. Der stets in Gedanken versunkene Kulturmensch dagegen be obachtet seine Umgebung zu wenig; es mangelt ihm in folgedessen die Fähigkeit, sich rasch und sicher zurechtzu finden, einen einmal gesehenen Ort sofort wiederzuerkennen. Es fehlt ihm der Schatz von Erinnerungsbildern, die den vornehmsten geistigen Besitzstand des Naturmenschen bilden. Welche Rückwirkungen dieser Unterschied auf das seelische Leben äußert, hat Vortragender bei jener Reise an sich selbst erfahren Anfangs erquickte er sich an der landschaft lichen Schönheit der durchzogenen Gegenden Als Kultur mensch war er an diese Auffassung de» ihm entgegentretenden Naturbildes in seiner Gesamtheit und an die aus dieser Auffassung entspringenden Empfindungen gewöhnt Bald aber änderte sich da«; er fing an, sich mit den Einzel heiten der Natur zu beschäftigen, und damit schwand zu sehends die Empfänglichkeit für den landschaftlichen Ein-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite