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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.08.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19100820019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910082001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910082001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-08
- Tag 1910-08-20
-
Monat
1910-08
-
Jahr
1910
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Amtsblatt des Mates und des Molizeiamtes -er Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis siir Inserate au« i'eivog nnb tlmgebung du ügeipattene SO mw breit« lieritiiril« 2d 4, di« 74 «uw drrit« ReNamejeile i »»» autwärt« ^0 ««.klamen l.L> Inserat« von Beddrden 'M amtlichen Teil bi« 74 wr» brrit« Petit,ril« «u »eschtitian^iaen ms« P ahoorschristea ,n» in ber Li>e»da««gade i»> Preise erhöh«, vtabati nach Laril. Beilagegebühr L p. Tausenb «xkl. Postgebühr. H«s>erleili« Äuslräge können nicht zurück gezogen werden, «für da» Erscheinen an destimmtin lagen und Plätzen wir» leise Garantie übernommen. «neigen-Annahme: tzluguftutplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen illnnoncen- itkprdltionen d«» Fn. ua» »utlande«. Haupt-Atlialr Grrlt». T«rl Dnncker. Heriogt. Bagr. Hosduch- Handlung, Lützowst atzc IL (Telephon Vt, öir. 4M8). Haupl-Atlialr Lretden: Leeslrase 4, l (Telephon 46ü1j, Nr. 22S Lonnabenü, ürn 20. Sugull ISIS. l04. Jahrgang. Das Wichtigste. * Am heutigen Tage findet in P o s e n die E i n - weihung des Kaiserschlosses statt. * Der Gedanke an eine neue Kreta-Kon ferenz wird von deutscher offiziöser Seite be stritten. (S. Ausl.) * Bei einer Sprengübung der Mainzer Pioniere wurden IS Soldaten verschüttet, einer ist tot, zehn find schwer verletzt. (S. d. Les. Art.) * Die Wahl des N a ch fo l g e r s des verstorbenen Präsidenten von Chile findet am 15. Okto ber statt. * Zn Hannover wurde ein Kriminalmuseum eröffnet. (S. Tageschr.) * Die frühere Polizeiassistentin Schwester Hedwig Arendt in Stuttgart beschuldigt in Sachen ihrer Dienstentlassung einen Regierungs assessor des Meineides. (S. Tageschr.) * Die Trauung der Baronin Vaughan mit ihrem früheren Geliebten Durieux ist gestern unter erheiternden Umständen vollzogen. (S. Tageschr.) »Die Angriffe Strindbergs gegen Sven Hedin erweisen sich als völlig unhaltbar und unlogisch. (S. Feuill.) I vom Streik im üeutlchen Schikksbsu. Der Schiffsbau ist ein altes Gewerbe an den deutschen Seeküsten und Flußmündungen. Aber in den siebziger Jahren des vorigen Jahr hunderts drohte er unterzugehen. Vor dem englischen hatte er den Eichenreichtum der deut schen Wälder voraus gehabt. Jetzt braucht man kein Holz mehr zum Schiffsbau, sondern Eisen und Stahl, und Steinkohlen, um es zu verarbeiten. Nun hatte mit einem Mal Eng land den großen Vorsprung, denn diese Roh materialien gewann man nahe bei den Schiffs bauwerften, während sie in Deutschland in großer Entfernung von der Küste erzeugt werden. Die deutschen Preise waren so viel höher, daß man die Materialien meistens billiger aus England bezog; immerhin ver teuerten sie sich durch die Transportkosten. Der deutsche Schiffsbau war zu Anfang der achtziger Jahre so gut wie abgestorben. Dann haben sich alle Beteiligten, Schiffs bauer und Reeder, Techniker und — was wir wahrlich nicht unterschützen — Arbeiter mit der größten Tatkraft dahinter gemacht und den deutschen Schiffsbau in einer Weise entfaltet, daß er technisch das Höchste leistete und selbst den englischen überflügelte, was dieser mit Staunen anerkannte. Aber er hatte doch Trümpfe in der Hand, die Deutschland niemals erlangen konnte. Vor allem den Bedarf der englischen Handelsflotte, den größten der Welt, dann die schon erwähnte Billigkeit der Roh stoffe und Halbfabrikate. Der deutsche Schiffsbau mußte sogar die Zollfreiheit dieser Artikel gegen die heftigen Ansprüche der deutschen Eisenproduzenten verteidigen, die die englischen Artikel dem Zoll unterworfen wissen wollten, damit sie für ihre Erzeugnisse höhere Preise erlangten. Wäre es nicht—wie man sagt, unter persönlicher Verwendung desKaisers abgewendet worden, so wäre es mit dem deutschen Schiffsbau vorbei gewesen. Denn dann hätten die deutschen Reeder wieder tun müssen, was sie von etwa 1862 bis etwa 1886 taten: ihre Eisenschiffe in England bauen lasten. Die Schiffahrt auf den Ozeanen ist ein freies, internationales Ge werbe. Dort kann nur bestehen, wer in keiner Weise gegen andere benachteiligt ist, also westen Fahrzeuge nicht teurer sind als die anderer Völker. Dieses Schicksal ist dem deutschen Schiffsbau glücklich erspart geblieben. Wie alle Länder, so hat auch Deutschland von 1900 bis 1908 zu lebhaft produziert. Die Reedereien überschätzten ihren Bedarf. Es mußte eine Zeit großer Untätigkeit kommen. Was an Aufträgen zu ergattern war, das nahmen die Werften zu verlustbringenden Preisen an, nur um ihrem alten Arbeiterstamm Verdienst geben zu können. Dividende gab es mehrere Jahre bei kaum mehr als einer Werft, I dem Stettiner Vulkan. Endlich kam die Wandlung. Zuerst in England, wo man mit der Einschränkung am ersten begonnen hatte. Es waren mehrere Jahre lang an gewöhnlichen Schiffen sehr wenig Neubauten erfolgt; nur für speziellen Bedarf, ferner für Flußschiffe, Lotsen fahrzeuge, Leuchtschiffe, Schleppschiffe, Bagger schiffe u. dergl. war der Bau im Gange gewesen. Dagegen hatte der natürliche Abgang an alten Schiffen ununterbrochen stattgefunden. Endlich reizten die sehr niedrigen Preise solche Reedereien, die nicht zu sehr unter Ueberfluß an alten Schiffen litten, zu Neubauten. Auch in Deutschland faßte die Reederei wieder Mut, und zwar ehe eine wirkliche Besserung eingetreten war, nur in Hoffnung auf eine solche. Die Güter fr ach ten blieben spottwohl- feil, die Passagierfahrt belebte sich zwar wieder, jedoch von vornherein weit weniger als man erwartet hatte. Und als in diesem Frühsommer die kaum eröffnete günstige Kon junktur in den Vereinigten Staaten wieder ins Gegenteil umschlug, da ließ auch die Aus wanderung wieder stark nach. Diesen Moment hat nun die Arbeiter schaft des Schiffsbaues für den rechten gehalten, um mit dem Streik zu beginnen. Kein ver nünftiger Mensch macht ihr einen Vorwurf daraus, daß sie ihr wirtschaftliches Los ver bessern will. Ein jeder strebt danach. Die Arbeitseinstellung ist nicht nur eine erlaubte Waffe, sondern eine ganz unentbehrliche. Schon daß sie aus der Scheide gezogen werden kann, verleiht ihr Bedeutung, selbst wenn sie darin stecken bleibt. Wenn der Arbeitgeber seine Leute haben muß, wenn die Arbeiten unaufschiebbar sind, selbst wenn er durch die Lohnerhöhung nur weniger verdient als ohne sie, wird er lieber nachgeben, als sein Unternehmen zum Stillstand kommen lasten. Aber was die Arbeiter in ihrem eigenen wie im allgemeinen Interesse tun müssen, das ist, daß sie die Eesamtlage der Industrie, ihres Gewerbes und auch ihre eigene berücksichtigen. Die Hamburger Werstbesitzer haben mitgeteilt, daß in der Akkordarbeit die Kupfer schmiede einen Erundlohn von 5 Mark täglich erhalten, und daß die geleistete Arbeit sie mit Leichtigkeit auf etwa 7 Mark und darüber bringe. Nun muß man doch fragen: wie viele Arbeiter gibt es denn, deren tägliche Einnahme diesen Betrag erreicht oder gar!' noch übersteigt? Gehören denn die Hamburger Werftkupfer schmiede damit nicht bereits zu einer gutge stellten Minderheit. Mögen sie ihre Verhältnisse bessern, wenn sie können, aber wundern sie sich nicht, wenn auch der Streik kein Allheilmittel für alle Fälle ist. Wundern sie sich namentlich dann nicht über einen Fehlschlag, wenn Schiffsbauer und Reeder sagen: unser Bedarf nach neuen Schiffen ist weit überschätzt worden. Wir sagten schon, daß die Reederei ein internationales Gewerbe ist, und daß sie den Schiffsbau aufsuchen kann, wo er am billigsten ist. Daran sind die sonst allmächtigen deutschen Schutzzöllner mit ihrem Verlangen nach Verzollung fremder Schiffsbaumaterialien gescheitert. Das werden die streikenden Schiffs bauer auch empfinden. Die englischen Arbeiter, die Erfinder des Streiks, haben sich nie in einen so allgemeinen blindwütigen Haß gegen das Unternehmertum hineinhetzen lasten wie die deutschen. Die Engländer sind Praktiker, die Deutschen machen sich zu Sklaven hetzender Theoretiker. Die Engländer haben ohne Mühe den Stand der Schiffsbaukonjunktur erkannt und sich gefreut, daß sie wieder leidlich voll ständig in Arbeit kamen. Die Deutschen werfen bei der ersten Besserung das Werkzeug nieder und verlangen eine Lohnerhöhung, die der Unternehmer nicht zahlen zu können erklärt. Lieber läßt auch er das Werk ruhen, als daß er sich in solchen Verlust schickt. Die Deutschen nehmen keine Vernunft an — da freuen sich in England die Unternehmer wie die Arbeiter. Solange das dauert, kann der deutsche Schiffsbau keine Arbeit akzeptieren, während in England die Werften offenstehen. Kommt es bald zum Frieden, so mag die Sache glimpflich ablaufen. Zieht sich der Krieg in die Länge, so mag mancher Auftrag nach Eng land gehen. Das erste kleine Anzeichen hat sich sofort eingestellt: ein in Reparatur befindliches Schiff ist aus Hamburg nach England oersegelt, um dort seine Arbeiten zu vollenden. Die Arbeiter pochen auf ihren Fonds von angeblich 10 Millionen. Das ist ein großes Kapital und mag für 25000 Arbeiter eine an sehnliche Zeit ausreichen. Aber wenn es ver braucht wird, ohne seinen Zweck zu erreichen, so sind die Arbeiter schlimmer daran als zuvor. Die Ansammlung einer so hohen Summe zeigt, daß von einem Lohnelend bei den Schifssbauern nicht gesprochen werden kann. Wer mit seinen Wünschen aufrichtig auf der Seite der Arbeiter ist, muß fürchten, daß dieser Streik ihnen statt zu nützen, schweren Schaden zufügt. * Zum Kampf in der Werftindustrie wird aus Hamburg unterm 19. August berichte!: Mit dem heutigen Tage hat die dritte Streikwoche der Werftarbeiter begonnen. Gestern wurde zum zweiten Male die Streikunterstützung ausgezahlt. Irgend welche Abweichungen der Streikenden und Aus gesperrten von den gefaßten Beschlüssen sind nicht zu verzeichnen. Ende August findet eine Sitzung des Eesamtausschustes des Verbandes der Eisenindustrie statt, in der die Frage einer weiteren Aus sperrung in der Metallind u st rie zur Er ledigung kommen soll. Wird diesem Antrag, wie es weiter in der hamburgischen Meldung heißt, statt gegeben, und das wird in maßgebenden Kreisen an genommen (?), dann ist mit einer zwölfmal so großen Aussperrung zu rechnen, als die bisher auf den Werften erfolgte. Es kommen in diesem Falle in der Metallindustrie etwa 300000 Arbeiter in Betracht. Schweres Sprengunglück bei üen Mainzer Pionieren. Nachdem durch Blitzschlag bet Matzkstiertz Ntld Truppenübungen in diesem Sommer bereits mehrere Soldaten des deutschen Heeres tödlich ver unglückten oder schwer verletzt Mrbetz, httt sich jetzt während militärischer Hebungen bei Mainz ein ganz eigenartiger Unqlücksfall ereignet, der leicht hätte die schlimmsten Folgen nach sich ziehen können. Wir teilten bereits gestern durch Ertrablatt folgen des uns zugegangene Telegramm mit: Mainz, IS. August. Wie der „M. N. Anz." meldet, stürzte bei einer Svrengübung am Hechtheimer Berg, an der ein Bataillon Pioniere und ein Infanterie bataillon teilnahmen, ein Teil des Berges «in und begrub Soldaten unter sich. Einzelheiten fehlen noch, doch heißt es, daß 15 Pioniere verschüttet seien. Dazu ging uns von unserem Mitarbeiter folgender ausführlicher Bericht zu: Kt. Mainz, IS. August. Seit einer Reihe von Tagen werden in dem an der Hechtheimer Landstraße gelegenen Forts Heiligenkreuz Pionierarbei ten vorgenommen. Seit mehreren Monaten schon dauern die Vorbereitungen, die von den 21. und 25. Pionieren gemacht worden sind, und eine Reihe von auswärtigen Offizieren beteiligten sich an der Hebung. Der Hebung war die Idee zugrunde gelegt, daß eine Belagerungsarmee gebildet wurde, und zwar aus dem Infanterieregiment 117. dem ganzen Batail lon der 21. Pioniere und einem Teil der 25. Pioniere, die das Fort belagerten. Ein Bataillon der 88. In fanterie und eine Kompanie der 25. Pioniere sollten das Fort verteidigen. Es war nunmehr am Mittwoch die Aufgabe ge stellt, daß die Belagerer die Festung derart bedräng ten, daß sie sich innerhalb dreier Tage gezwungen sah, zu kapitulieren. Die hauptsächlichsten Anariffs- arbeiten waren für die Nacht vom Freitag auf Sonn abend vorgesehen, und auf beiden Seiten sollte mit der Scheinwerferabteilung gearbeitet werden. Zu der Hebung waren auch mehrere Maschinengewehre heranaezogen worden. Den Schluß der Uebung sollte das Sprengen des ganzen Forts bilden. Heute nachmittag war nunmehr eine Abteilung der Pioniere damit beschäftigt, in einem Minen gang einen Schuß zur Entzündung zu bringen. Man kannte anscheinend die Wirkung des Sprengstoffes nicht genau: denn als sich eine Ab teilung in dem Minengang befand und der Schuß losgeganaen war, kam der Hechtheimer Berg, auk dem das Fort liest, ins Rutschen, und eine Abteilung der Pioniere wurde verschüttet. Bei den Belaaerungstruppen hatte man von dem Bergrutsch nichts bemerkt. Als jedoch die Svrengobteilung nicht zur reckten Zeit zurückkehrte, wurde ein» weitere Abteilung in den Minenqang be ordert. Diese Abteilung fand den Minenaang ge füllt mit giftigen Gasen, die sich bei der Ex plosion entwickelt hatten. Man alarmierte sofort die Mainzer Feuer- wehr, die mit ihren Sauerstoffapparaten an die UnfaMelle einrückte. Es wurden aus dem verschütteten Minengang 15 Mann herausgesckafft. die betäubt waren und bei denen man sofort Wiederbelebungsversuche anstellte. Sie waren auch insofern von Erfolg, als 11 Pioniere wieder ins Leben zurückgerufen werden konnten, der fünfzehnte, ein Gefreiter, war bereits tot. Schwer verletzt find Hauptmann Gehre ein Leutnant und acht Mann, während die anderen sich ziemlich rasch erholten. Die Schwer verletzten wurden nach dem Garnisonlazarett in Mainz gebracht. Deutsche Kulturarbeit im Osten. Aus der Feder des Direktors des Königlichen Staatsarchivs in Danzig, Max Bär, ist kürzlich als 83. und 84. Band der Publikationen aus den König!. Preußischen Staatsarchiven ein Werk, „Westpreutzen unter Friedrich dem Großen", erschienen, das viele bemerkenswerte Beiträge über den damaligen Tief stand der jetzigen deutschen Ostmark und die Bildung und Gesittung fördernde Arbeit enthält, die bereits Friedrich der Große dort geleistet hat. Die Besitzergreifung des Landes durch den König von Preußen nach der Teilung Polens ist im allgemeinen ohne Schwierigkeiten erfolgt; selbst an der Eidesleistung und an der Huldigung beteiligte sich der größte Teil des polnischen Adels freiwillig. Wo das nicht der Fall war, schritt Friedrich der Große mit großer Ent schiedenheit ein, so zum Beispiel gegenüber dem Fürsten Sulkowski in Lissa, der sich selbst zur Eides leistung nicht eingcfunden und den Angestellten seiner Güter die Teilnahme an der Huldigung untersagt hatte. Er ließ besten Besitz Witkowo mit Beschlag be legen und schrieb eigenhändig an den Rand der Ka- bincttsorder, die diese Maßregel verfügte: „Mit den Polen muß man durchgreifen oder man richtet nichts aus." Unter den Verwaltungsgrundsätzen des Königs stand obenan: die allmähliche Germanisierung des Landes, die Zuriickdrängung des polnischen Adels, den der König für unverbesserlich hielt, und die För derung des Schulwesens. Die Bestallung evange lischer und katholischer Schullehrer war eine seiner ersten Regierungshandlungen bei seiner ersten An wesenheit in Marienwerder. Auch sonst drang der König auf Gründung deutscher Schulen, „um den ge meinen Mann um so eher von der polnischen Skla verei zurückzubringen und zur preußischen Landesart anzuführen." In einer schrecklichen Verfassung befand sich durch gehends der Bauernstand. Auf ihn waren alle Lasten abgewälzt. Hat dach ein polnischer König, Stanislaus Leszcynski, einmal selbst über den Bauernstand das Wort gesprochen, Polen sei das einzige Land, wo die Masse des Volkes aller Rechte der Menschheit ent behr«: man betrachte hier die Dauern als Geschöpfe anderer Art und verweigere ihnen fast die Luft zum Atmen. Friedrich der Große griff sofort mit unz- fastenden Maßnahmen ejn, unter denen die Auf hebung der bäuerlichen Leibeigenschaft die be deutendste war. Ferner war er bemüht, der Menschen armut des heruntergewirtschafteten Landes zu be gegnen; er ließ sofort hundert Knaben aus dem großen Waisenhause in Potsdam gegen Kostgeld nach Wcstpreußen schicken und bei guten deutschen Wirten unterbringen, wo sie gleichzeitig Schulunterricht ge nießen konnten. Außerdem zog er zahlreiche Kolo nisten aus allen Teilen des deutschen Landes an sich und siedelte während seiner Regierungszeit nicht weniger als 3221 Kolonistenfamilien mit rund 12 000 Köpfen an. Diese Kolonisation begegnete jedoch den größten Schwierigkeiten. Um seine Bauten ausführen zu können, mußte Friedrich der Große Maurer aus dem Thüringischen und Ziegelstreicher aus dem Gebiete von Lüttich kommen lassen, da in dem industriearmen Lande die Ziegel einen außerordentlich hohen Preis hatten. Den Kalk für seine Bauten bezog er aus Rüdersdorf bei Berlin. Was sich an Industrie in dem Gebiete vorsand, wurde ebenfalls aufs kräftigste gefördert, so besonders die Tuchmacherei, die bereits bei der Besitzergreifung vorhanden war. Elfmal hat der König seit dem Zahre 1773 seine neue Provinz besucht und jahrelang regelmäßig im Juni auf der großen Ebene bei dem Dorfe Mockrau in der Nähe von Eraudenz eine große Revue abgehalten, zu der sich die höchsten Zioilbeamten einfinden mußten, um ihm über die Fortschritte zu berichten. Die größten Verdienste um das Land hat sich der König wohl durch die Steigerung des Bodenbaues erworben. Wenn heutigen tags jene Gebiete zu den fruchtbarsten und ertragreichsten des Deutschen Reiches gehören, so hat die preußische Verwaltung unter Friedrich dem Großen den ersten Grund dazu gelegt. Die Steigerung des Bodenanbaues bezeichnet der König selbst als „das erste Hauptstück einer jeden Provinz." Ein Niederschlag seiner Mahnungen und Weisungen ist die im Jahre 1780 erlassene Dorf ordnung für die Aemter, die viermal im Jahre den Insassen von neuem eingeschärft und sogar den Schul kindern zu Anfang jedes Vierteljahres von den Lehrern vorgelesen wurde, damit „schon die Jugend den Begriff von einer ordentlichen Wirtschaft und Polizei erhalte." Ein Teil des Inhalts dieser beiden umfangreichen Bände war schon bekannt: doch bieten sie daneben zahlreiche neue, bisher unbekannt gewesene Einzel heiten. Sie sind ein überzeugender Beleg dafür, daß Preußen nach der Besitzergreifung diese Landesteile nicht ausgesaugt hat, wie das die Polen mit dem alten, aufblühenden Be sitz des deutschen Ritterordens nach der Schlacht bei Tannenberg getan haben, sondern daß der preußische Staat stolz sein kann auf die dort von ihm ge leistete Arbeit. veutlches «eich. Leipzig, 20. August. * Nochmal« Gemeindeverband zur Errichtung einer Landespenstonvkass«. Wir erhalten folgende Zuschrift: „In Sachen den Gemeindeverband zur Errichtung einer Landespensionskasse betreffend, wird von Leipzig aus auf die Kritik entgegnet, mit der sich die Vereinigung der Bürgermeister nichtrevidierter Städte und der berufsmäßigen Gemeindevorstände Sachsens in der Versammlung am 12. August 1910 in Dresden wegen des Vorgehens von zwei staat lichen unteren Verwaltungsbehörden in der Landes- penfionskassenfrage beschäftigte. Di« vorerwähnte Vereinigung stellt hierzu kurz folgendes fest: In der
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