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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.08.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930816013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893081601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893081601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-08
- Tag 1893-08-16
-
Monat
1893-08
-
Jahr
1893
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Tabellarischer und Zissernsotz nach höherem Tarif. Kptra-Beilagen (gesalzt), nur mit de» Mvegea-Ausgabe, ohne Postbesörderuug 60.—, mit Posidtsvrderuag ^ 70.—». Annalsmeschluß für Äryeizen: Abend-An-gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,9 Uhr. Lei deu Filialen und Annahmestellen je »tu» halb« Stund« früher. Anteile« sind stet» au dt» GxPedltt«« zu richten. Druck und Verlag vou E. P olz kn Leipzig. Mittwoch den 16. August 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekannlmachung. Die Leuchtkraft des städtischen Leuchtgases betrug in der Zeit vom 7. bis 13. August dieses Jahres im Argandbrenner bei 150 Litern, stündlichem Consum das 18,8 fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Das specifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,425. Leipzig, am l». August l893. De» Rath» Deputation zu den Gasanstalten. Gesucht wird die am 21. November 1863 in Unterzctzsch bei Altenburg geborene Näherin Emma Selma Amanda Lichteblau gen. Reifenfteiu» welche zur Fürsorge für ihr Kind auzuhalten ist. Leipzig, am 14. August 1893. Der Rath der Stadt Leipzig, Armen-Amt, Abth. LV». IVa. 4539. Hentschel. Marbach. Köni^licheKlinstakademie und Äunstgewerbeschule in Leipzig. Beginn der Studien im Wintersemester 1893. 9» Montag, den 2. Oktober, in den Tageskursen früh 8 Uhr, in den Abendkursen um 5 bez. 7 Uhr. Der TageScursu» gliedert sich in die Fachschulen: für architektonische Kunst,rwerbe, 8. für Vildhanrret, 6. für Zeichnen und Malen mit den Unterabiheilungcn für Buchornamentik, Tecoralionsmalerei, Aquarellmalerei, Muster zeichnen, Porzellan- und Glasmalerei, Lithographie, Xylographie, Kupfer, und Stahlstecherei, sowie v. für photomechanischc BervielsälttgungSverfahren. Der Abendkursus besteht aus den Abthellungen für typo- graphisches Zeichnen, Zeichnen nach Vorlagen, nach Gyps, nach dem lebenden Modell und für photomechanischc Vervielsältigungsverfahren. Anmeldungen vom 11. bis 23. September Nachm, von »—5 Uhr erbeten. Regulative kostenfrei. Leipzig, am ». August 1893. Der Direktor: vr. Ludw. Nieper. Städtische Gewerbeschule. Der Unterricht im Wintersemester beginnt Montag, den 2. Oktober, früh 8 Uhr. Anmeldungen sür die Tagesschule, die Abendkurs» und den offenen Zeichensaal werden durch den Unterzeichneten vom 17. bis 27. September Nachmittags »—5 Uhr, Sonntags 11—12 Uhr ent- gegengenommen. Leipzig, den 15. August 1893. Der Direktor: Architekt 8. 8ebii8ter. Neichskriegsschah und Socialreform. Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht Rudolph Grätzer im „Socialpotit. Eentralblatt" die folgende beachicnSwcrtbe Betrachtung: Es giebt wohl wenig nationalökonoinische Pro bleme, die so schlagend die Abhängigkeit der Theorie von den historischen Geschehnissen beleuchten, als die Lehre vom Staats schatz. Anknüpsend an die Erfahrungen ihres Zeitalters, lehrten die Schriftsteller des vorigen Jahrhunderts, ins besondere Hume, Adam Smith und »ul Rachdruck I. H. G. von Justi, welche große Bortheile die Thcsaurirung verbürge, und zwar in politischer wie in ökonomischer Beziehung. Smith hebt anerkennend die Schatzsainmlung der preußischen Könige hervor, denen er die niit Schulden belasteten damaligen Republiken entgegen hält. Justi hält einen Staat sür ge fährdet, der keine» Staatsschatz besitze. Die Liebe der Untcr- thanen könne einen solchen nicht ersetzen. Alle Unternehmungen des Monarchen hätten dadurch Nachdruck. Es sei »nt den Fürsten wie mit den Privatpersonen: wo Geld ist, da läßt sich etwas anfangen. Weit abgekühlter waren die Anschauungen über den Staatsschatz in der folgenden Epoche. Während L. H. v. Jacob die Gründe, die für und gegen diese Institution sprechen, zusammenstellt, ohne zu einer klaren Stellungnahme zu gelangen, verwirft sie die gcsammte folgende Theorie durchaus. Die Gründe sür diese Wandlung sind einleuchtend. Man beobachtete, daß auch der reichlichst angesüllte Schatz zur Kriegführung nicht auSreichte, und ferner berechnete die beginnende capitalistische Anschauungsweise des Staalsfinanz- WesenS den Entgana an Zinsen Trotzdem hielt Preußen an dieser Einrichtung fest, wahr scheinlich auch mehr aus vis merlino, denn aus besonderen finanzpolitischen Erwägungen. Es kam der Krieg von 1866, der mit außerordentlicher Schnelligkeit und ohne Bcrusung der Kammern geführt werden mußte, mit denen bekanntlich kein regelrechtes Elalsgcsetz vereinbart war. Neben andere» Mitteln verwendete man hierzu den Staatsschatz. Mit den überraschenden Erfolgen dieses Krieges, wie noch mehr deS französischen, war denn auch die Uebertragung dieser Institution auf das Reich gegeben. Ohne sonderlicvc Debatte wurden durch NeichSgesetz vom ll. November 187 t 120 Millionen Mark, die der französischen Kriegsentschädigung entnommen waren, für diesen Zweck ini JuliliStbnrin zu Spandau thesaurirt. Sic sind ausschließlich zur Deckung der Mobilmachungskosten bestimmt. Adolf Wagner und, sich ibm anschließend, fast alle bedeutenden Finanzthcoretiker haben zur Rechtfertigung dieser Institution ein« modificirtc Lehre vom KrcegSschatz ausgestellt, die wir im Folgenden kurz skizziren. Demnach ist dieser nur ein unvollkommenes Deckungsinittel und nur anwendbar für ein Volk mit kriegstüchtigen Nachbarn, offenen Grenzen und einem Systeme der allgemeinen Wehrpflicht. Hier aber hat er den Bortheil, den Staat bei der Eontrakirung der aus die Dauer zur Kriegführung erforderlichen Anleihe un abhängiger zu machen von dem Eapitalmarkte, der sich gerade in den Tagen der Mobilmachung in kopsloser Deroule be findet. Es bandelt sich somit nur um eine kurze Zeit und um einen Nutzen für die Steuerzahler, der selbst einen be deutenden ZinSverlust aufzuwiegen vermag. Daneben trägt die Ausschüttung des Baarvorraths, wie schon Hume erkannte, zur Beilegung der Panik wenigstens etwas bei und er möglicht kurze schnelle Schläge, die oft das Schicksal deS Krieges entscheiden. Eine eingehende Kritik dieser Theorie zu liefern, ist an diesem Orte nicht angängig. Es kommt kier vielmehr darauf an, den Zusammenhang des NcichSkriegsschatzcS mit der Socialreform zu beleuchten. Nun ist cs klar, daß man den obigen Gedankengang sür richtig halten und die Tbesaurirung billige» kann — jedoch unter einer Bedingung. Es muß die aufgcspeichcrte Summe groß genug sein, um auch wirklich die MobilniachunzSkosten voll und die Kriegskosten einige Zeit decken zu können. Die Mobilmachungskosten betrugen im Jabr 1870 für das preußische Kriegsheer allein etwa 6 Millionen Mark für den Tag. Die Eonlingcntc nach dem Bevölkerungsvcrbältniß berechnet, ergäbe daS ein Zureichen des Staatsschatzes sür etwa ll Tage. Gerade auf diese aber könnte es ankommcn, und wenn man die sonstigen Ueberschüsse der Lassen i» Be tracht zieht, hätte der Inhalt des Juliusthurms seine Function vollständig erfüllt. Allein diese Zahlen beziehen sich auf die Kriegsstärke der deutschen Armee im Jahre 187 l. Kurz vor dem Frie densschlüsse wurde diese mit 1 350 000 Mann festgestellt — allerdings nach schweren Berluslen. Nach officivser Dar stellung beträgt heute die Kriegsstärke dagegen 3>/, Millio nen Mann, nach Annahme der Militairvoriage und deren Ausbau erheblich mehr. Die Friedciiöpräscnzstärke ist allein von I87l—93 von 401 000 aus 5l l 000 Mann gestiegen. Weit wichtiger aber ist die seither erfolgte beträchtliche Ver mehrung derKriegsflotte. JmJabre 1871 war diese erst in ihren Anfängen vorhanden; von 1880—93 vermehrte sich ihr Tonnengehall von 153 000 auf 251 000, ihr BesatzutigSetat von 16 000 auf 21 000. Die Indienststellung dieser Schisse, die ebenso nothweudig ist wie die deS Landhcercü, wird sicherlich bedeutende Kosten erfordern. Und wenn wir an- nebmen, daß die gesammten Aufwendungen sür die Mobil machung nur proportionell wachsen, so sind die 120 Mil lionen in wenigen Tagen erschöpft. Dem gegenüber kann cS nur zwei Wege rationellen Verhaltens geben. Entweder man bringe den Schatz cun die volle Höhe seiner AuSnntznngSfäbigkeit, oder »ici» lös ihn einfach ans und führe seine Bestände der RcichScasse zu. Der erstere Weg ist bei der gegenwärtigen Finanzlage für die absehbare Zukunft ganz verschlossen, somit der andere geboten. Und daraus erhellt auch die Bedeutung einer solchen Maß regel für die deutsche Socialpolitik. Die Finanzkunst — richtiger die Künstelei des FiscaliSmuö — ist in eine Sack gasse geratben, aus der eö kein Entrinnen gicdt. Trotz der gewaltigen Steuererböhungen hat daS deutsche Reich daneben noch beinahe 2 Milliarden Schulden gemacht in kaum 18 Jahren. Die dauernden Ausgaben für die Berzinsmig der Reichsschuld betrugen im Etat für 1874 : 0, in dem sür 1893/94 dagegen 65,6 Millionen Mark! Unseres Erachtens würde die Ausschüttung des ReichSkricasschayeS durch gesetz liche Festlegung außer Len circa 5 Millionen entgangenen Zinsen noch die Abwehr von Steuern bewirken, die trotz aller Versicherungen und wohlgemeinter Absichten schließ lich doch die minder besitzenden Elassen belasten werden. Und wenn die Summe zur Finanziirung deS einmaligen Aufwandes sür die jetzt beschlossene Militairvoriage oder zur Tilgung der Schulden dient, wirkt sie in gleicher Richtung. Freilich noch bedeutender und für die Zukunft nutz bringender könnte sie wirken, wenn sie zu einer Reibe von socialresormatorischen Maßregeln flüssig gemacht würde, die jetzt aus Mangel an Mitteln zurückgcstcllt oder aus gegeben worden sind. Wie ist unser gesammteS BolkSschul- wcsen, wie namentlich daS Fortbildungsschulwescn spcciell in Preußen „beschämend" zurückgeblieben! An all das kann man freilich nur erinnern, die Erfüllung dieser hoben Culturausgabcn fordern — ohne Hoffnung, daß sich dies in naher Zukunft verwirklichen wird; aber vielleicht geschickt doch ein Anfang, der nicht zurückgethan werden kann, durch Aushebung des jetzt völlig irrationalen FondS. Deutsches Reich. H Berlin, 15. August. DaS Erscheinen der großen Lotta'schcn Prachtausgabe der ParlainentSreden deS Fürsten B ismarck gab der„Kreuzz eitu ng" jüngst die Veranlassung, in einer längeren historisch-kritischen Betrachtung den großen Staatsmann durch die verschiedenen Abschnitte seiner poli tischen Wirksamkeit zn begleiten. In heutiger Zeit hat daS gewiß doppelten Werth: die Vergangenheit, die wir selbst noch mit er lebt, ist daS aufgeschlageue Buch, aus dem wir für die Fortführung unserer Mission als einheitliche Nation und als constitutionelles Gemeinwesen die lebendigste Belehrung schöpfen können und täglich a»ss Neue schöpse» sollten; sie ist auch überraschend reich an Momenten der Entwickelung, in deren Spiegel sich gegenwärtige Zustände und Vorkommnisse erst scharf genug darstellen, um völlig verstanden zu werden. Wer darausbin ver gleichende Betrachtungen anstellt und objectiv aus der Geschickte der Beziehungen zwischen dem Kanzler und dem Parlament, bezw. den Parteien nützliche Erkenntniß gewinnen will, wird sich durch daS Studium der BiSmarckreden reich belohnt sehen. Aber dazu anzuregen, war nicht die Ausgabe, die sich der Verfasser der kritische» Betrachtung der „Krenzzeitli»g" gestellt bat. Ihm war, wie cs scheint, einzig und allein daran gelegen, zunächst aufs Gründlichste darzuthun, welches die Ursachen der nahezu elementaren Wirksamkeit der große» BiSniarck'schen Reden gewesen, um dann kesto schärfer hervortreten zu lassen, wie wenig ein Staatsmann mit solcher Beredtsamkeit »öibig gehabt hätte, den — „demokratischen Ideen in Teuticklanv aus die Beine zu Helsen", von der „Nützlichkeit eines popu lären Regiments" sich zu überzeugen und insbesondere „die Leute, die er ehemals am deftigsten bekämpfte, schließlich als ganz nette, liebenswürdige Leute zu erkennen." So geht es weiter. Der preußische Ministerpräsident, der die Jndcmni- tätSvorlage rinbrackte, der Bundeskanzler der dein erstehen den Reiche das Allgemeine Wahlrecht aus die Schwelle legte und im Norddeutschen Reichstag die lebendigen Kräfte reS Nordens und deS Südens zu gemeinsamer, groger gesetzgeberischer Tbätigkeit führte, er ist in bei: Auge» des KreuzzeitungSmaiiiieS bereits ein Opfer seines eigenen Be dürfnisses nach Ruhe, um nicht zu sagen eine ermattende Größe. „Man sieht einen gewaltige» Sieger, der alle seine Schärfe gegen den geschlagenen und bier und da sich noch aus- bäumendcn äußeren Feind wendet, biegsam und schmiegsam gegen einige häusliche Störenfriede die Rolle deS Bittenden übernehmen, anstatt die Ziichtruthc zu gebrauchen. Dieser Tbcil der parlamentarischen Reden erinnert auch in seiner Form an einen Ehemann, der nach langer Reise zurück- kcbrt nnd gegen Gardinenpredigten der Frau sich nur durch gute P)ortc und Liebkosungen Rath zu schaffe» wußte." Diese geradezu höhnische Sprache vcrrätb ja aufs Tentlichstc, wie in all' den 27 Jahren seit Beilegung deS CoiiflictS die altpreußische conscrvative, damals auch Hof- und Militairpartei cö nicht verwinden mochte, daß sie mit ihrem Rathe beim König in jenem wichtigsten Augenblick der inneren preußisch - deutschen Geschichte absicl »nd BiSmarck mit scincin bestimmten, ent schlossenen Willen die Oberhand gewann. Aber daS höhnische Wort der „Krcuzzeitung" läßt auch wieder ein bclleS Licht aus den Weg fallen, den der König »ach dem Rathe der KreuzzeitungS-Partei betreten sollte. Der Mann, der den Dualismus im Reiche von Grund auö curirt hatte, damit demnächst die nationale Einheit wiederbergestellt werden könne, wäre jenen altconscrvativcn Politikern gerade reckt gewesen, um fortan als „Zuchtrulhe" wider den „inneren Feind" gebraucht zu werde». Darüber war ja ehe dem kein Zweifel. Interessant ist nur, daß die „Kreuz zeitung" auch heute noch denselben Standpunct theilt, daß eö ibr heute noch erwünschter wäre, wenn Bismarck damals die weitere Verfolgung einer großen deutschen Politik fürs Erste anfgegcben und sich den Dank der KrcuzzeitungS- partci durch einen unversöhnlichen Kamps wider die Demo kratie — natürlich „von Bennigsen bis Bebel" — zu verdiene» gesucht Kälte. Ob die „Kreuzzcttung" auch geneigt wäre, die Folgen zu verantworten, wenn anstatt der inneren Einigung, anstatt der Versöhnung des liberalen Südens mit dem bureau- kratischen Norden, anstatt der gewiniieuden Rücksichtnahme auf die reichen politischen Erfahrungen und Keniitiiisse angesehener Führer auS Kurl,essen, Hannover und Nassau vielmehr der preußische Eonflick ohne Noth und äußeren Anlaß foUgesübrt worden wäre, Preußen sich selbst im Innern mehr und mehr wieder zersetzt hätte? Wir glauben, die KreuzzeitungSpartei kann Gott danken, daß diese Frage der Verantwortung niemals praktisch geworden ist. Um so schnöder das Unrecht, wenn sic trotz Sybcl und trotz der Eotta'schcn Prachtausgabe dabei bebarrt, selbst den Fürsten BiSmarck dcr Jabre l866 bis l87l berabzusetzen. In deutschen Herzen findet solches Schmähen keinen Widerhall. 6. II. Berlin, l 5. August. Der internationale Arbeitercongreß in Zürich ist geschlossen; seine lang- atbmigen Resolutionen werden bald vergessen sein, weil sie eine Wirkung nicht baden werden. Anders verhält eö sich mit den internationalen GewcrkschaftScongressen, von denen nur wenig bekannt geworden ist, deren Beratklingen aber zu Beschlüssen erführt haben, die sich bald fühlbar machen bürsten. In allen diesen Coiigrcssen war man sich darüber einig, daß in erster Linie die Schaffung internationaler Arbeitersccretariate erstrebt werden müsse und cö viel leicht das Beste wäre, dieselben in der Schweiz zu er richten. So haben denn auch die Schuhmacher, die Metall arbeiter rc. ibr iuternationaleSArbeitersecretariat in dcrSchwciz zu schaffen beschlossen. Von anderen Ländern toinmen nur noch England und Deutschland in Betracht, und beide Länder sind nickt leer ausgegangcn; die Holzarbeiter sollen in Stuttgart ihren Eentralpniict erhalten, die Textil arbeiter in einer englischen Stadt. WaS die Stimmung, die auf diesen Eongressen herrschte, anbctrisft, so war sie eine reckt gedrückte; überall wurde geklagt, daß die Gewerkschafts bewegung im Niedergang begriffen und vor allen Dingen von einem SolidaritätSgefühl der Arbeiter der verschiedenen Länder wenig zu spüren sei. Um dasselbe zu stärken, kam man aus die Idee, die Unterstützung reisender Mitglieder zu einer internationalen zu gestalten. Tic soll »ach Kilometern erfolgen. Für das geeignetste Mittel, eine Organisation m diese- Unlerstütziingswcsei, zu bringe», wurde das Markensystem in Vorschlag gebracht. Jedes Land erhält besondere Marken, so daß dadurch das inter nationale Arbcilersccretariat z. B. erfahren kann, wieviel organisirte, d. b. socialdcinokratischc schweizerische Schuhmacher in Deutschland arbeiten. Alle drei Jahre sollen dann wieder, vielleicht in Verbindung mit dem internationalen Socialistencongresse, besondere GewertschaflScongresse ab- gebalten werde»; auch die Schaffung eines gemeinsame» gewerkschaftlichen Blattes (in deutscher, französischer »nd eng lischer Sprache) wurde in Vorschlag gebracht. Die Aufgabe dieser internationalen GewerkschastSsecrctariate wird eine sehr vielseitige sein; sie sollen sich viel mit Statistik beschäftigen, eine internationale Streikkasse schasse», bestimmte Grundsätze bezüglich der Streikunterstützung ausstellen, daS Lehrlings- wcscu eingebcnd studiren, die Frage prüfen, wie »nd ans welche Art am besten die Stückarbeit abzuschasfen sei. Nauientlich die Engländer und die Deutschen sollen mit Eifer für die Schaffung dieser internationalen Arbeitcrsecrelariate einzetreten sein, die bei richtiger Leitung geeignet sein dürften, die gewerkschaftliche Bewegung vollständig z» beeinflusse» und ihr neues, frisch pulsirendes Leben cinziiflößcn. V Berlin, >5. August. (Telegramm.) Der Kaiser gewährte gestern Abend dem Reichskanzler Grasen Caprivi den erbetenen Jniincdiat-Vortraz. ^ Berlin, 15. August. (Telegramm.) Der „NeickS- anzeiger" meldet die Ernennung de« Ncichsbankpräsidciiten Koch zum Wirklichen Geheimen Rath mit dem Prädicat Excellenz. --o Berit». 15 August. (Telegramm.) Gegenüber der Meldung einiger Blätter, die Negierung beabsichtige, die Anweisung teö Lberpräsikcitten von Schleswig-Holstein vom 18. Tcccinbcr >888, betreffend die dänische Tprachcii- srage, ganz oder tbcilweise ausznbcben, erfährt die „Nordd AUg. Ztg", eine solche Absicht liege der Regierung durchaus fern. Die Drohung einzelner Blätter mit dem MassenaliStritt aus der LaiiteSkirche >n NordscklcSwiz dürfe in die Rubrik des blinden LärmS verwiesen werden. >«- Berlin, 15. August. (Telegramm) Der Beleidi- guiigs-Proccß des früheren Gesandten in China v. Brandt gegen Karl Paasch und Genossen wird im October zur Erledigung gelangen. Ta Paasch von den Acrzten für geisteskrank erklärt worden ist, so wird nur gegen seine Mit angeklagten verhandelt werden, welche sich bei dem Druck und btt der Verbreitung der beanstandeten, von Paasch ver faßten Druckschrift bethciligt haben. Wo Paasch zunächst doniicilirt werden wird, ist noch nicht entschieden. — Die zum Herbst dieses Jahres einberufenen P ro v in zial- Synoden werden an folgenden Tagen zusammentretcn: Die ostprcußische am 3. October zu Königsberg, die westpreußische am 3. October zu Danzig, die brandenburgische am l4. October in Berlin, die pvinmcrsche am 7. October in Stettin, die poscnsche am 7. October in Posen, die schlesische am 28. November in Breslau, die sächsische am 14. October in Merseburg, die westfälische am 9. September in Soest und die rheinische am 9. September in Neuwied. — lieber das Agrarrecht, von dem in den Forderungen unserer Agrarier häufig die Rede ist, ohne daß man sich ein bestimmtes Bild davon machen könnte, was mit diesem Schlagwort gemeint sei, schreiben die „B. Pol. Nachr.": „Mo» wird dabei an die Erhaltung nnd Befestigung, soweit Sitte und Rechtsüberzeugung des Volkes dies gestatten, auch an die Ausdehnung derjenige» erbrechtliche» Bestimmungen, di» den Erbübergang erleichtern und den Grundbesitz vor Uebrrlasiung mit Erbantheilen einigermaßen schützen, ferner an Maßregeln denken dürfen, die der gewerbsmäßigen AuSschlachiung des Grundbesitzes einige Schranke» ziehen. Bor Allem wird angesichts der zunehmenden Verschuldung die Frage nach Umfang und Form der Verschuldbarkeit des Grundbesitzes im Vordergründe liehe,>, wenn von Rcivrme» aus dem Gebiete des Agrarrechtes die Red« ist. Man denke hier z. B. daran, wie gerade der Grundbesitz Lurch di« Art der Erbantheile, ganz abgesehen von ihrer Hohe, dauernd be tauet wird. Bei cinigcrmaßc» zahlreicher Familie wird, wenn nicht noch anderweit Vermögen vorhanden ist, bei der Eintragung der Erbantheile als dauernder Lasten schon in der zweiten Generation dem Grundbesitzer so wenig von seinem Grundbesitze bleibe», daß seine Existenz aus sehr schwachen Fuße» stellt und von dein geringste» Unfälle vernichtet werden kan». Könnten Erbantheile etwa nur in der Form einer Rente, in welcher »eben Len Zinsen auch die Tilgung derart enthalten ist, daß durch Zahlung der Rente» innerhalb der Tilgiiiigsp'.'riode die Schuld selbst gciilgl wird, aus den Grundbesitz aiigcwandt werden, so würde einer dauernden Be» lasiung deS GrundliesitzkS i» den meisten Füllen vorgebeugl sein. Daß Aenderunge» in den rechtlichen Unleriagen deS ländlichen Grundcredits auch eine erweiterte Organisation des ganzen Grund- crcditwesens nach sich ziehen würden, ist klar. Wenn es daher zu- trisst, daß unter den betheiligten vrcnßischcn Ressorts, worunter natürlich auch das Ministerium für Landwirihschaft, commissarische Verhandlungen über wichtige Fragen des Agrarrechts ichwebcn, so handelt eS sich um eine weilaussehende und schwierige Aufgabe." Viel klarer wird dadurch der Begriff des Agrarrechts auch nicht. — Nachdem im März d. I. der Justizminister angeordnet hatte, daß an Gefangene, die, ohne eigenes Reisegeld zur Verfügung zu baden, aus Gefängnissen der Justizver waltung entlassen werde», Fahrkarten »nd Zebrgeldcr zur Reise in die Heimath oder nach einem anderen Bestimmungs orte auf Staatskosten gegeben werden sollen, ist diese mit allgemeinem Beifall ausgeiivmmcne Verfügung nun auch auf mittellose Untersilchuilgögcfangene ausgedehnt worden, wenn die Entlassung auS der Untersuchungshaft auf Grund einer Aushebung deS richterlichen Haftbefehls erfolgte. * Neustadt a. d. Tasse, 15. August. (Telegramm.) Gegen den Bürgermeister St o Sb erg, Len der Regierungs präsident auf Veranlassung beider städtischer Körperschaften seiner Functionen enthoben hat, ist eine Disciplinar- untersuchung eingclcitct worden. *X* Fulda. 14. August. Es klingt vielleicht in bohem Grade unwahrscheinlich, ist aber dennoch Tbatsache, daß in gewissen Kreisen die Möglichkeit der Wahl eines deutschen EardinalS zuin Papste, an Stelle deS jetzigen Trägers der höchsten Würde in der katholischen Ebristenbeit, lebhaft erörtert wird. Namentlich ist eö der katholische Adel Deutsch lands, der mit dieser Eventualität rechnet und schon alle Vortheilc In calcnlo prüft, die ein solches Wahlergebniß an geblich sür die katholische Kirche im Allgemeinen und für den KatboliciSmuö in Deutschland insbesondere haben würde. Ist der neue Papst — so dcdueirl man — deutscher Nationa lität, so wird eS nicht schwer sein, sür die Kirche in allen deutschen Landen diejenigen Vortheite von den Regierungen zu erlangen, welche derzeit noch obne Hoffnung auf Reali- siriing aus dem ultroiiiontancn Wunschzettel stehen, daS heißt, man träumt bereits von einem „Concordakc", das jedem Wiederaufleben deS Eulturkanipfcs einen un- übersteigbarcn Damm entgegensetzen würde, von Wietcr- zulasiuiig der Jesuiten, Gestattung der Errichtung specisisch katboliscker Hochschulen, Preisgabe jeden staatlichen Ein flusses auf Erziehung, Anstellung rc. der Geistlichkeit, Ge währung des Rechts zur Anwendung kirchlicher Zuchtmittcl gegen Laien rc-. rc. Dieses Schatzkältlein erwartet inan als Angebinde deS Deutschen Reichs sür einen Papst deutscher Herkunft. Vornehmlich wird auch daraus spcculirt, daß ein solcher Papst am ehesten wieder in den Besitz der weltlichen Herrschaft gelangen werde. Wie viele Earrinälc sür eine solche Wabl zu gewinnen wären, ist freilich höchst fraglich, wenn aber, wie behauptet wird, der Jesuitenorden dem Plane günstig wäre, so könnte man sich über die Hoffnungen unserer ultrainontancn Junker nicht wundern. * Frnnksnrt a. M.. 13. August. Auch von hier wird eine große Huldigungöfahrt zum Fürsten BiSmarck nach Kissingc» stattfinden. Der Besuch erfolgt Sonntag den 20. August. * Würzburg, >4. August. Der „Franks. Ztg" wird telegraphier: Tic sehr durchsichtige „Würzburger Meldung" in der .Kölnischen Zeitung" betreffs der Verschiebung deS Katholikentages in Würzburg wegen der Eboleragefahr wird von dem hiesigen Local - Eomitä als durchaus der Wahrheit nicht entsprechend bezeichnet. DaS VorberettungScomitä für den Katholikentag weiß von einer solchen Maßregel nicht nur nichts, sondern eS ist hierzu auch nickt der mindeste Anlaß gegeben, da der Gesundheitszustand in Dürzburg zur Zeit der allerbest« ist und auch die leiseste Gefahr zur Zeit nicht besteht.
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