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Schönburger TageblM Dienstag, den 23. September 1919 Malen: in MItadt Waldenburg bei Herrn Otto F-r» ster; in Tallenberg bei Herrn Strumpfwirker Friede Hermann Richter; in Langenchursdorf bei Frau Emma verw. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Dahler; in Wallenburg bei Herrn Linus Friedemann und kn Ziegelheim bei Herrn Lduard Kirsten. Nr. 220. Amtsblatt für das ttmlsgerickt und den Stsdlral zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften oer StauveSaMrSbezirke Altstadt Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba- Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim, Erscheint tüglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und unv Festtagen. Annahme von Inseraten bis Vormittag 10 Ick' ck V LWLZ.7L7L-LNL ^azveiwarrirr amtlichen Te'le 6Y Pfg. Nachlaß nach festem Tarif. WitterungSbertcht ausgenommen am 22 September, Mittag 12 Uhr: Barometerstand 754 mm reduziert aus den Meeresspiegel. Ther»o«etersta«d -s- 10° L. (Morgens 8 llkr -i» 6° L. Tiefste Nachttemperatur -st 5° O. Feuchtigkeitsgehalt der Lust nach Lamprechts Polpmeter 57 ° » Taupuntt -st 2^. Windrichtung Siidwest. Niederschlagsmenge in den letzten 48 Stunden bis früh 7 Uhr: 6,4 mm. Daher WitterungSausstchten für den 23. September: Bewölkt mit Neigung zu Niederschlägen. Bezirksverband. K.-L. Nr. 993. Getr. s Haferdrmschverbot. Amtlicher Teil. Kartoffelverkauf. Dienstag von 9—12 Uhr Vormittags und 2—5 Uhr Nachmittags in der Malzhausgaffe Abgabe von 1v Pfund Kartoffeln auf Abschnitt L der Kartoffclkarten. Pfund 16 Pf. Abgezähltes Geld mitbrtngen. Waldenburg, den 22. September 1919. Der Stadtrat. Im Anschluß an die Bekanntmachung vom 1. September 1919 — K. L.-Nr. 922 Getr. — letzter Absatz wird be kanntgegeben, daß der Bezirksverband auf Ansuchen in dringenden Fällen den Haferausdrusch ausnahmsweise schon vor dem 16. Oktober 1S1S gestatten kann Die Ausnahmegenehmigung wird nur erteilt, wenn und soweit der Landwirt eigenen Hafer zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit seiner Zugtiere neu ausdreschen muß oder soweit neu zu dreschender Hafer an andere landwirt schaftliche Betriebe im Bezirk zur Vermeidung eines Not standes unbedingt abgegeben werden muß. Diesbezügliche Gesuche sind mit entsprechender Bescheinigung der Ortsbehörde an den Bezirksverband zu richten. Glauchau, den 16 September 1919. I V.: Or. Wahl, Regierungsamtmann Oesterreichs Schuld am Kriegsausbruch. Kür eine Diktatur Noske sollen Vorbereitungen -e- troffen werden. General Gröner tritt zurück. Die Gebühren im Weltpostvrrkehr werde« erhöht. vn Dorteu ist in Köln wieder anfgetaucht. In Oberschlesien finde« andauernd polnische Ueber- griffe statt. In Bayern wurde ei« «euer Umsturzplan aufgcdeckt. Die Deutschen und Oesterreicher haben zur Arbeiter- konferen; in Washington keine Einladung erhalte«. Die französischeZudnstrie breitet sich im Saargebiet ans. Die Wiener Kohlentrise hat sich weiter verschlechtert. Das Baltikum soll durch Truppen der Alliierten be setzt werden. DaS dänische rote Kreuz stellt seine Tätigkeit ei«. Die E«te«tc hat die schwarze Liste vollständig auf gehoben. Kinme soll Italien zugesprochen werde«. Letzteres beansprucht außerdem die albanischen Häse«. D'Annunzio fordert zur Empörung gegen die Ne gierung auf. In Italien streiken znr Zeit 40Ü.V00 Man«. Die Sowjetrcgierung will Kriedevsvrrhandlnngen mit der Entente einleiten. Japan wirbt deutsche Offiziere als Instrukteure für das japanische Heer an. Die Metallarbeiter in Amerika wollen heute Montag in den Ausstand treten. *Walbe«vnrg, 22 September 19l9. In Wien ist soeben ein Rotbuch veröffentlicht worden, das geeignet ist, in der ganzen Pelt das größte Auf sehen zu erregen. Es weist aus den diplomatischen Akten nach, daß nicht Deutschland den Krieg gewollt hat, son dern die führenden tschechischen und ungarischen Macht haber in Wien. Deutschland wurde vom Grafen Berchtold, der als Vertreter Ungarns im Ministerrat saß, hnterS Licht geführt. Die Krists nahm ihren Ausgang, wie die österreichischen Akten beweisen, von dem gespannten Verhältnis Ungarns zu Rumänien. Das Ziel der österreichisch-ungari schen Diplomaten war, dieses Verhältnis zu klären. Es drohte ein rumänisch-serbisches Bündnis und die daraus drohende Gefahr sollte beseitigt Werden durch die Ge winnung Bulgariens. Der Mord in Sarajewo kam diesen Politikern gelegen, denn das Berliner Interesse ging dahin, sich mit Rumä nien gut zu stellen, und Berlin wäre gegen das Vor gehen gegen Rumänien schwerlich zu gewinnen gewesen. Taher stellten jetzt die österreichischen Staatsmänner den serbischen Konflikt in den Vordergrund und änderten in diesem Sinne eine bereits für die Berliner Regierung abgesaßte Denkschrift über die österreichischen Balkanpläne. Graf Berchtold ordnete diese Aenderung an mit der Be gründung, „um Berlin nicht kopfscheu zu machen". Dies Rotbuch weist dann nach, daß der Krieg gegen Serbien nicht im Potsdamer Kronrat beschlossen wurde, sondern in dem gemeinsamen Ministerrat in Wien, der zwei Tage später am 7. Juli stattfand, und dem von deutschen Staatsmännern nur der Ministerpräsident Graf Stürgkh beiwohnte. Man beschloß dort die Austragung des Konfliktes mit Serbien, und zwar dadurch, daß so schwerwiegende Forderungen erhoben wurden, daß ein militärisches Eingreifen unvermeidlich wurde. In diesem Ministerrat sprach sich am schärfsten der slawische Ver treter, Finanzminister Bilinski, aus, indem er erklärte: .Mit Serbien kann man nur mit Gewalt sprechen." Der alte Kaiser Franz Joseph hat übrigens von der Ueber- weisung des Ultimatums an Serbien erst erfahren, als eS schon zwei Tage überreicht war, und er hat seine Zu stimmung zu der Formulierung erst am 18. August ge geben, als man schon mitten im Kriege war. Auch Deutschland hat wie Italien den österreichischen Schritt erst erfahren, als er schon längst beschlossen war und nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte Der Verfasser des Ultimatums war der damalige Referent in serbischen Angelegenheiten, der Gesandte Musull, selbst ein Kroate. Der wichtigste Teil der Enthüllungen betrifft den eng- lischen Vermittlungsversuch. Es wird festgestellt, daß Deutschland alles Mögliche getan hat, um Oesterreich klar zu machen, daß der Weltkrieg drohe, wenn es nicht eingehe auf den englischen Vorschlag einer Entscheidung des serbischen Konfliktes durch eine Konferenz, in der England und Frankreich, Deutschland und Italien ver- treten sein sollten. Es wurde Oesterreich weiter klar ge macht, daß die Bedingungen des Vorschlages: Einstellung der russischen Mobilmachung und Besetzung serbischer Brückenköpfe durch Oesterreich, für Oesterreich sehr ehren voll waren.. Graf Berchtold und seine tschechischen und ungarischen Genossen wollten den Krieg, und sie — ant worteten Teutschland gar nicht. Sie zögerten die Stel lungnahme zu dem Vermittlungsvorschlag so lange hin, bis England zu der Ueberzeugung kam: Deutschland übe seinen Einfluß in Oesterreich nicht aus, eS wolle den Krieg. Die Folge war das sofortige Eingreifen Eng lands in den Krieg. Die Wiener „Arbeiterzeitung" veröffentlichte am vori gen Sonnabend den Wortlaut des Protokolls über den am 7. Juli 1914 in Wien abgehaltenen Ministerrat unter dem Vorsitze des Grafen Berchtold. DaS Protokoll läßt gar keinen Zweifel darüber, daß Graf Berchtold ent schlossen war, den Konflikt mit Serbien durch Waffen gewalt auezutragen. DaS Protokoll verzeichnet die An wesenheit der Herren Stürgkh, Tisza, Krobatin, Konrad von Hötzendorff und des Vertreters des Marinekomman danten Kailer. Berchtold hielt eine Sanierung der Zu stände in Bosnien und der Herzegowina für notwendig, ebenso die Abrechnung mit Serbien. Ihm widersprach Gras Tisza. Das Aktenstück beweist, daß die diploma tische Führung des Dreibundes nicht in Berlin, sondern in Wien lag. Die Veröffentlichung wird noch weitere Erörterungen nach sich ziehen. Durch dieses Rotbuch wird nachgewiesen, daß die deut schen Diplomaten von der Wiener Regierung blind und Wider Willen in den Krieg hineingedrängt wurden. Hin durch werden die Grundlagen, auf denen unsere Feinde den Frieden von Verfalles aufbauten mit seinen niederschmettern den Friedensbedingungen, wie sie in dieser unerhörten Härte und Grausamkeit in der Weltgeschichte bisher noch nicht vorgekommen sind, aufs schwerste erschüttert. Unsere Gegner können nunmehr ihr Gewissen nicht mehr da mit beruhigen, daß sie behaupten, Deutschland ist schuld am Ausbruch des Krieges und an all dem Unheil, da durch diesen Krieg über die Welt gekommen ist. Durch diese Enthüllung wird aber «uch ein grelle- Schlaglicht auf die unbegreifliche Unfähigkeit der leitenden Staats männer in Berlin geworfen, die sich durch die Wiener Staatsmänner hinter- Licht haben führen laßen. politische Rundschau. Deutsch-- «eich. Ueber eine Diktatur Noske werden der „Tägl. Rund schau" aus den Kreisen des republikanischen Führerbundes Mitteilungen gemacht, nach denen hierzu umfassende Vor bereitungen getroffen werden. Ob sie sich aus die Linke stützen soll, wird dabei geheimnisvoll verschwiegen und nur angedeutet, daß Noske über die von ihm oder unter Bor schiebung seiner Person durch andere betriebene Angelegen heit rege Beziehungen zur Entente unterhält, um sich die Anerkennung einer Militärdiktatur — denn eine solche bleibt die vom Reichswehrminister als dem Militärgewaltinhaber geschaffene immer — zu erhalten. Die Nachrichten über die Haltung des Reichskabinetts zu dieser Frage lauten widersprechend. Dagegen soll die preußische Regierung, ge führt von einer bekannten Persönlichkeit, sich günstig stellen. Der RrichswirtschaftSminister Schmidt ist auf seinen Wunsch von dem Hon ihm mitverwalteten Amt des preußi schen Staatskommissars für Volksernährung wegen Arbeitsüberlastung entbunden worden. Zu seinem Rach solger ist der Unterstaatssekretär im ReichrwirtschaftSmini- sterium Peters bestellt worden, der bisher schon bei der Tätigkeit des preußischen Staatskommiffars hervorragend beteiligt war. Die sachlich erwünschte Fühlung mit dem Reichswirtschaftsministerium bleibt somit erhalten. Irgendein Syftemwechsel tritt nicht ein. In Pasing bei München wurde der angebliche Redakteur und Schriftsteller Heile aus Hagen in Westfalen Nachts als obdachloser Lumpenproletarier festgenommen. Er hatte einen falschen Militärpaß als Hauptmann d. R. Ebhard bei sich und ist tatsächlich beim Freikorps Dohna als Leutnant und Kompagnieführer tätig gewesen. Wegen seiner Be trügereien war er nach Frankfurt a. O. geschafft worden und dort mit einem gewissen Wilhelm Zöpl aus Apolda entwichen, der sich in Schlesien in die Reichswehr eingc- schlichen hatte. Bei Heile wurden kommunistische Geheim schriften und zwei genaue Pläne über die Organisation eines neuen gewaltsamen Umsturzes in München vorgefunden. Danach sollte die Reichswehr Morgens bei Tagesgrauen im Schlaf in den Kasernen durch konzentrischen Angriff aus- gehoben, die herbeieilenden Offiziere sofort erschossen werden. Im gewissen Zusammenhang mit diesem Umsturzplan scheinen Vorgänge in Hof in Oberfranken zu stehen. Dort soll am 21. August eine geheime Konferenz revolutionärer Kom munisten deutscher und russischer Nationalität stattgefunden haben zur planmäßigen Vorbereitung einer großangelegtrn Umfturzbewegung. General Gröner ist in den Ruhestand getreten und verließ am Freitag Kolberg. Am 22. verläßt der Rest der Obersten Heeresleitung die Stadt. DaS Oberkommando Nord wird aus Bartenstein nach Kolberg verlegt. Der „Vorwärts" beschäftigt sich in auffälliger Weife mit den Zuständen in den Eisenbahnwerkstätten. Vor dem Kriege wurden aus 100 Arbeiter gerechnet durchschnittlich