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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 14.09.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060914020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906091402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906091402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-09
- Tag 1906-09-14
-
Monat
1906-09
-
Jahr
1906
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Ln- kündigunge» aus der Drivatleite Seil« « Big : die 2 Ivaltige Zelle aus Lert- ieite «a Dkg., al« Singeiandt Seile « Pig In Dimmern »»q Gomi. und Feiertagen t wattige Grundteile so Nig. aus Lrivaileite «o LI,., slvaliige Seile aus Terttelte und al» Erngelandl so Big. Auswärtige Lus trage nur gegen Vorausbezahlung. Belegdlätter tollen io Llcnnige. Fernsprecher: Nr. U und 2088. LauptgeschSstsstelle: Marienftr.SL VoriLtix a 8tüok 56 Lkx. io allen Xpotliolcon, Uro^urisn unä kaikümerisn. — §>vi«a«!» Prinz Aldrecht von Preußen 7. Neueste Drahtberichte. Hofnachrichten, Lehrerdeiikschrist. Keine Berbandsbrauerei, vsttllll. Kaufmaiinsgerichte. Metzeleien in Sicdlce. Sittardsche Orgellonzerte. Eine Berliner Krankenhansstadt. Metta;;, 14. September Prinz Alvrecht von Preußen ^ AuS i^amenz meldet der Draht vom 13.: Prinz Albrecht von Preußen ist deute früh 5 Ubr 20 Min. oerschieden. Der Tod des Prinz-Regenten von Brannschweig, der die Regentschaft des Herzogtums seit dem 2. November 1885 geführt bat. läßt aufs neue die Erwägungen und Erörterungen darüber >n Fluß geraten, ob unter irgendwelchen Bedingungen und Voraussetzungen die Möglichkeit einer Berufung des Herzogs von Cumberland zur Thronfolge gegeben erscheint. An sich, d. h. rein vom Standpunkte der Legitimität aus betrachtet, steht die Berechtigung des Herzogs zur Sukzession in den braun schweigischen Landen außer Frage. Die rein formale Lcgi- timitätsauffassung kann hier aber nicht den Ausschlag geben, weil es sich in der braunschweigischen Angelegenheit um die höchsten nationalen Interessen des Reiches lmndelt. die be- dingungslos verlangen, daß ein deutscher Bundesfürst «sich vor behaltlos zu der nach dem deutsch-französiichen Kriege ge- schafsenen neuen Ordnung der Dinge in Deutschland bekennt. An dieser obersten Voraussetzung seiner Thronfolge aber läßt es der Herzog von Cumberland fehlen: denn er Hai sich in einem zu staatsrechtlicher Bedeutung gelangten Schreiben an die Königin Viktoria von England vom 18. September 1878 ausdrücklich auch für den Fall, daß er regierender Herzog von Braunschweia werden würde, alle die Rechte Vorbehalten, „die ihm von seinen Vorfahren in bezug auf Hannover überkommen find" und darin wurzeln, daß der Herzog Ernst August von Cumberland der Sohn dcS letzten Königs von Hannover, des blinden Georg, ist. Unter solchen Umständen und Verhältnissen konnte der Bundes rar als berufener Hüter oer Einheit und Unteilbarkeit des Reiches nicht anders, als dem Herzog von Cumberland nach dem Tode deS Herzogs Wilhelm von Braunschweig den Zugang zur Thronfolge verwehren. Es erging daher am 2. Juli 1385 aus Antrag Preußens ein bedeutsamer Bundcsratsbeschlutz deS In halts: ./Die verbündeten Regierungen sprechen ihre Ueber- zeugung dahin aus. daß die Regierung des Herzogs von Cumber- land in Braunschweig, da derselbe sich in einem dem reichs- verfassungsmäßig gewährleisteten Frieden unter den Bundes- gliedern widerstreitenden Verhältnis zu dem Bundesstaate Preußen befindet, und im Hinblick auf die von ' ihm geltend gemachten Ansprüche auf Gebietsteile dieses DundeSstaatS. mit den Grundprinzipien der Bündnisverträge und der Reichsoerfassung nicht vereinbar ist." Die Folge war, daß der Regentschaftsrat. der bereits früher für den voraus- gefehenen Fall der Behinderung des Thronfolgers an der Ucber- nabme der Regierung von der Laiidesgcietzgebuiia geschaffen war. dem Landesparlament die Wahl des Prinzen Albrecht von Preußen zum Regenten vorschlug, die dann auch einstimmig vollzogen wurde. Der verewigte Regent hat seine schwierige Stellung mit dem größten persönlichen Takt von Anfang bis zu Ende ausgefüllt und ist nach besten Kräften bestrebt gewesen, die Gemüter zu ver- söhnen und drohende Gegensätze auszugleichen. Vermochte er trotzdem, wie ja nicht anders zu erwarten war, die unbekcbr- baren und unversöhnlichen welfischen Heißsporne nicht zu ge winnen, so ist sein Wirken doch bei den einsichtigen Kreisen des Landes nicht verloren geblieben, sondern hat gute Früchte im Sinne einer inneren Verschmelzung der öffentlichen Meinung mit den gemeinsamen nationalen Interessen des großen ge einten Vaterlandes getragen. Auf einem so vorbereiteten Boden kann der Bundesstaat Graunschwcig mitsamt dem übrigen Deutschland die weitere Entwicklung der Dinge mit voller Ruhe abwarten in der festen Gewißheit, daß nichts geschehen und nichts von dem führenden Bundesstaate zugclassen werden wird, waS dem unerschütterlichen nationalen Zusammenhalt wider- streitet und in den Kernbau des vaterländischen Gesamtgefüges l auch nur die geringste Lockerung zu bringen droht. In den letzten Jahren haben sich allerdings hier und da Anzeichen bemerkbar gemacht, daß mehr oder minder einfluß reiche höfische und politische Kreise darnach streben, eine Aus söhnung zwischen unserem Kaiscrhause und dem Herzog von Cumosciand herbeizusühren und dadurch dessen Thronfolge in Brau..,chweig zu ermöglichen. Es wurde immer wieder und wieder von Annäherungsversuchen erzählt, bei denen dem nativ- nalen Empfinden der Umstand, daß sie stets nur als von unserem Kaiser ausgehend dargestellt wurden, peinlich aus die Nerven fiel. Auch hat sich ein namhafter Jurist, Tr. Kekulö von Stradonitz, die Mühe genommen, eine eingehende Untersuchung darüber anzustellen, ob es nicht denkbar und angängig sei, die Neuwahl eines Regenten zu vermeiden und den Herzog oder seinen Nachfolger aus den Thron zu berufen. Dabei geht Tr. von Stradonitz von der völlig zutreffenden Voraussetzung aus, daß ohne einen formellen Verzicht aus die hannoverschen Ansprüche dem Herzog von Cumberland die Ausübung der Regicrungsgewalt in Brannschweig nicht gestattet werden kann. Da nun aber vom Herzoge selbst ein solcher Verzicht nicht mehr zu erwarten sei, so müsse, folgert der genannte StaatL- rcchtslehrer weiter, der Herzog von Cumberland zu gunsten seines ältesten Sohnes GcorgWilhclin als Herzog zu Braunschwcig und Lüneburg und als Thronprätendent für Hannover ab danken und dann der neue Herzog Georg Wilhelm „für sich und seine Nachfolger in der Negierung feierlich und für alle Zeit aus das Königreich Hannover verzichten" Dann, meint Herr Tr. von Stradonitz, wäre die Behinderung im Sinne des Bundesratsbeschlusses vom 2. Juli 1865 in Wegfall ge- kommen, und es stände seitens Preußens und des Reichs „nichts im Wege", den Herzog Georg Wilhelm zur Thronfolge in Braunschweig zuzulassen. Und es steht doch noch etwas im Wege, auch nach einem solchen Verzicht! Dieses Etwas, das sich nicht beseitigen läßt, ist die geschichtliche Erfahrung, daß das Geschlecht der Welfen von .Heinrich den, Löwen an bis aut unsere Zeit nicht ausgebört hat, in verhängnisvoller Weise aus unsere nationale Entwicklung ein- zuwirken. Würde jetzt in Brannschweig ein neuer Wclfenthron auf- gerichtet, so gehört keine besondere Prophetengabe zu der Vorber- snge, daß sich dort alsbald ein Mittelpunkt für reichsfeindlichc wrlfische Bestrebungen hernuSbilden und zumal dem hannoveri schen Wclsentum eine gefährliche Rückendeckung bieten würde. In richtiger Würdigung dieser Gesichtspunkte hat denn auch das im Jahre 19o2 in Brannschweig erlassene neue Regentschaftsgesetz, worin das Nichterlöschen der Regentschaft mit dem Wechsel in der Person des erbberechtigten Thronfolgers bestimmt wird, ausdrück lich festgcstcllt, daß nach preußischer Auffassung ..in den tatsäch lichen Verhältnissen keinerlei Veränderung eingetrelen ist, die dem Bundesrate Anlaß geben könnte, aus eigener Entschließung oder auf Anrufen eine andere Stellung als indem Beschlüsse von 1885 einzunehmen". Hiernach ist der weitere Gang der Dinge klar. Der Regentschastsrat wird alsbald auf Grund des Regentschasts- gesetzes seine Entscheidung über die Persönlichkeit eines neuen Regenten, wahrscheinlich des ältesten Sohnes des Prinzen Albrecht, treffen und die Landesversammlung um ihre Zustimmung ersuchen. Deutschland aber darf überzeugt sein, daß die Neuwahl eines preußischen Prinzen zum Regenten Braunschweigs auch ferner den nationalen Interessen sowohl des braunschweigischen Bundesstaates wie deS gesamten Reiches, förderlich sein wird. Des weiteren wird noch gemeldet: Camenz. Prinz Albrecht ist sanft und ruhig entschlafen. Am Sterbelager waren versammelt: die drei Söhne des Prinzen, die drei Aerzte, Geheimrat Tr. Kraus, Generalarzt Dr. Scheibe und Stabsarzt Dr. Dörendorf, sowie die nächste ! Umgebuna des Verewigten und seiner Söhne. Brannschweig. Nach Eintreffen der Nachricht vom Abscheiden des Prinzen Albrecht wurde von allen Kirchen Trauer ge läutet. Tie Stadt legt Traucrschmuck an. Braun schweig. Das Herzogliche Ministerium macht in einem Extrablatt der amtlichen „Braunschweigischen Anzeigen" das Ableben des Prinzen Albrecht von Preußen bekannt. In einem zweiten Extrablatt wird ans Grund des Regentschasis- gesetzes von 1879 die Konstituierung des Regent- schaftsrates bekannt gegeben. Ter Regentschastsrat wird die provisorische Regierung des Landes nach jenem Gesetze führen. Tie Landesversammlung des Herzogtums Braun schweig wird unverzüglich einbcrnfen werden. Brannschweig. Aus Anlaß des Ablebens des Prmz- reqenten Albrecht ordnete der Regentschastsrat die Landes- trau er,aus die Tauer von sechs Wochen an. Jede öffent liche Musik, Lustbarkeiten und Schaustellungen sind bis zum Beisehungstage verboicn. Tic Trauer beginnt mit dem heutigen Tage. Gleichzeitig legt der herzogliche Hof für die Tauer von sechs Wochen tiefe Trauer an. Neueste Drahtuieldnilklen vom 13. Seplbr. Zur Lage in Nuffland. Insterburg. Wie der .Ostdeutschen Volksztg." aus Ehdtkuhnen gemeldet wird, herrscht in der Stadt Kalwaria, Gouvernement Suwalki, die etwa 8600 jüdische Einwohner hat. eine L r o ß e F e u e r s b r u n st. die bereits einen großen Teil der Stadl in Asche aelegt hat. Auch sollen einige Menschen in den Flammen nn'gekvmmen sein. Odessa. Nach hierher gelangter Meldung ist der Flecken Kupi l im Bezirk Kamenez, der von 200 jüdischen Familien bewohnt wird, durch Bauern aus der Umgegend gänzlich aaS- geplündert und verbrannt worden. Wie es heißt, sind mehrere Dorfbewohner ermordet oder in den Flammen umgckommen. Li cgniß. Der Kaiser begab sich heute früh nach 6(H Uhr im Automobil ins Manövergelände. Leipzig. sPriv.-Tel.s Heute vormittag ist aus dem hiesigen Landgerichtsgcbäude der mit Zuchthaus vorbestrafte Tilchlcr Hirsch, geboren am 4. Juni 1878 in Leipzig, aus der Aufbcwahrunaszclte entsprungen: es sollte heute gegen ihn wegen Rückfalldiebstahls verhandelt werden. Weida. Ein Einbruchsdiebstahl wurde heute morgen in der dritten Stunde beim Uhrmacher Gies verübt. Die Diebe schoben die Jalousie hoch, schlugen mit einem Ziegel steine die Schaufensterscheibe ein und entnahmen 92 goldene Damcnuhrcn, 2 goldene Herrenuhren und 10 silberne Anker uhren. Zwei sofort erschienene Schutzleute fanden die Diebe nicht mehr vor. Vor 14 Tagen wurde ein Diebstahl in der selben Weise in Ruhla i. Thür, ausgeführt. Der Bestohlene setzte 100 Mark Belohnung für die Ergreifung der Diebe und die Beschaffung des gestohlenen Gutes aus. Berlin. sPriv.-Tel.j Das Hansathcatrr in der Goltzstraße hat gestern abend die Vorstellungen eingestellt, da der Besuch von dem Eröffnungstage am 1. September bis jetzt ein äußerst schwacher war. Den Mitgliedern soll eine geringe Abfindungssumme geboten worden sein. Die Direktion kultivierte das Genre der Gebrüder Herrenfeldt und der Folies Capriees, für welches im vornehmen Westen anscheinend weniger Neigung besteht wie im Osten und Norden Berlins. Köln. sPriv.-Tel.s Der Verein für evange- lischeFreiheit zu Köln beschloß in Sachen Cesar, an den evangelischen Oberkirchenrat eine Eingabe zu richten, in der erklärt wird, daß bei der sichtlich zunehmenden Tendenz der landcskirchlichen Behörde, ihre Gewalt auf dem Gebiete des inneren kirchlichen Lebens auszudehnen, es Wicht und Bedürf- ms ist, vor dem evangelischen Oberkirchenrat und der Oeffent- lichkeit zu erklären, daß die Art unerträglich erscheint, wie durch das Konsistorium zu Münster die Dortmunder Reinoldi- Gemeinde bevormundet und ein bewährter Geistlicher, einem Kunst und Wissenschaft. s" Die Sittardschcn Orgelkonzerte im Evangelischen Kirchen raume der Kunstgewerbe-Ansstellung haben gestern vor überfülltem Saale ihren Abschluß gefunden. In der Zeit vom l2 Mai bis gestern hat Herr Sittard zwanzig solcher Konzerte veranstaltet und mit dielen nicht nur durch die technische und künstlerische Vollendung des Vortrags die Musiker und Musik freunde dauernd gefesselt, er hak auch mit der Fülle der durchweg von distinguiertem Geschmack gewählten großen und hervorragen den Werfe sich von neuem die Wertschätzung der Dresdner Mnsikwelt gesichert. Von Seb. Bach allein gab er uns dreizehn herrliche Präludien, Fantasien, Toccaten und Fugen und dar» fünf von dessen Choralvorlpielcn. Dann ein Konzert (0-moll> von W. Fr. Bach, zwei von Händel, drei große Werke von Bonll- mann, vier von Brahms und daneben eine gediegene Auswahl von neuklassischen und modernen Werken von LlSzt, Mendelssohn, Rheinberger, Schumann bis Bossi, Guilmant, Reger, Saint- SaönS re., sowie auch einige seiner eigenen Kompositionen: drei sehr sorgfältig gearbeitete und feinsinnig erfundene Ehoralstudien. Sern Schlußkonzert (gestern) eröffnete er mit Seb. Bachs machtvoller Toccata und Fuge in v-moll, der er zwei in zarten und zartesten Stimmungen gehaltene moderne Werke gegenüber- strllte: Rhapsodie <ap. 7. Nr. 1) von Saint-SaönS und Liszts „AngeluS" in der TranSskription von I. Volbach. AuSklingen ließ er das Konzert mit der von ihm in der Ausstellung wieder holt vorgrtrogenen 8mts xotdigns von Bokllmann. Ganz ab gelebt» von der Virtuosität der Technik, die man Herrn Sittard nachzurühmen oft Gelegenheit hatte, interessierte und fesselte er auch gestern wieder durch Echtheit und Distinktion deS Stilgefühls. Vornehmheit de- Vortrags und die Kunst einer dem Werte »nd Bedeutung der Vortragsstücke unbeschadeten außerordentlich effekt- und wirkungsvollen Registrierung. So außerordentliche Borstige bei einem immerhin noch sehr jugendlichen Künstler, wie es Herr Sittard ist, in ähnlicher Vollkommenheit vereinigt zu finden, bat man selten Gelegenheit. Mag man aber auch die eine seiner künstlerischen Eigenschaften über die andere stellen, die Virtuosität über die Tiefe der Auffassung oder umgekehrt, jedenfalls wird niemand anstehen, ihm das Zeugnis eines hervorragende» Künst lers auSzustellen. der es ebenso ernst und heilig mit seiner Kunst nimmt, wie er dazu durchaus berufen »nd in vollgerütteltem Maße befähigt ist. Ganz vortrefflich unterstützt wurde Herr Sittard gestern durch die sollstische Mitwirkung der Harfenvirtuosin der König!. Kapelle, Frau Kammermustkcrin Melanie Bauer- Ziech, die mit Herr» Sittard ein Händelsches Larghetto meister lich spielte, und Herrn Kammersänger Busf - Gietzen. der mit Orgel- und Harfenbegleitung (Herr Sittard und Frau Bauer- Ziect» den 23. Psalm von Liszt in künstlerisch fein abgetöntem Vortrage und vorzüglicher stimmlicher Disposition sang. Schließ lich kann man von diesen Konzerten nicht Abschied nehmen, ohne der König!. Hoforgelbauer Gebrüder Iehmlich zu gedenken, die mit dem unter großen Kosten und Opfern zur Verfügung ge stellten herrlichen Werke ei» neues, rühmenswertes Meisterstück geschaffen haben. Sie sind die eigentlichen intellektuelle» Urheber der großen und nachhaltigen Erfolge dieser in dem würdigen und stimmungsvollen Rahmen der Ausstellung gegebenen Kanzertc. Vor und nach den Sittardschcn Vorträgen konzertierte im GesellschaftSIaale der Ausstellung das Dresdner Philharmonische Orchester unter Leitung des Herr» Musikdirektors Rei» hold Baade. ES war seit Eröffnung der diesjährigen Ausstellung das erstemal, daß man ein Dresdner Zivilorchester im Ans- stellungsparke zu hören bekam und Gelegenheit hatte, dem in früheren Jahren sich so ausgezeichnet bewährte» Philharmonischen Orchester wieder zu begegnen. In seiner gediegenen Zusammen stellung (Harmonie-Musik) und trefflich künstlerischer Disziplinie rung bot es unter Herrn BaadeS sicherer und verständnisvoller Führung eine Reihe von Opern- und Operetten-Fragmcnten, Fantasien, Arien. Walzern und Märschen, kurz rin ganz ausgezeich netes Konzertprogramm. das durchweg mit großem Beifall aus gezeichnet wurde. ES bat sich hierbei wohl niemand der Ansicht verschließen können, daß, wenn für die Konzertkonkurrenz im Aus- stellungSparke das effektive Können »nd die erprobte Leistungs fähigkeit mitzusprechen haben, das Philharmonische Orchester min destens das gleiche Recht für sich beanspruchen darf, wie alle anderen Orchester, die wir bis letzt an gleicher Stätte hörten. Dies besonders zu betonen, ist man der einwandSfreieu Tüchtig keit und der Konkurrenzfähigkeit der Dresdner Zivilmniiker schuldig, ssus raueuus gegen andere. II 8t. Eine Berliner KrankenhanSstadt. L. Berlin, 12. September. Schon wiederholt wurde an dieser Stelle darauf hin- gewiesen, daß Berlin und die Berliner in mancher Hinsicht I große Äehnlichkeit mit dem amerikanischen Wesen nach besten guten und nicht minder nach dessen schleckten Seiten zeigen. > Erstaunlich ist dieser Zug nicht. Denn jene Äehnlichkeit beruht am letzten Ende auf der naben Wesensverwandtschast, die der Berliner und der Aankce als Emporkömmlinge besitzen. Es ist das unangenehme Protzentum des Parvenü, das beiden viel fach anhastet, nicht eben zur Freude ihrer unbeteiligten Zeit genossen. Der Hankee pflanzt sich breit hin und nennt laut rühmend die höchsten Häuser, die größten Gefängnisse, die läng- sten Eisenbahnlinien und wer weiß was noch alles derart sein eigen. Auch der Berliner ist nur zu sehr geneigt, bei jeder Ge- legenheit die Elle hervorzuholen und an ihr die Vorzüge und den Wert seiner Neuschöpsungen zu messen. Auch für ihn kommt mehr die äußere Ausdehnung, mehr die Breite als die Tiefe in Betracht. So posaunt er auch jetzt wieder in die Welt hinaus, daß er „das größte Krankenhaus der Welt" zu eröffnen im Begriff siche. Das „Rudolf Virchow-Krankenhaus", das am 1. Oktober seiner Bestimmung übergeben werden soll, bedeckt eine Grundfläche von 267194 Quadratmeter, enthält 57 ver schiedene Gebäude, in denen 2000 Krankenbetten untergebracht werden können, eine Riesenküchc, in der für 3000 Personen täglich Speisen zubereitct werden können, in der ein Dutzend Kessel stehen, wovon jeder 600 Liter saßt, daneben noch mehrere kleinere von 500 bis 300 Liter Inhalt, ferner 4000 zum Aufent halt von Kranken geeignete Räume, Wohnungen für 100 Aerzte. 600 Schwestern und Wärter, die Gcsamtanlage hat gegen 18 Millionen Mark gekostet usw. usiv. „Ist das nicht kolossal?!" fragt der Berliner stolzgebläht, wirst sich in die Brust und trinkt mit einem Zuge leine große Weiße aus. Damit ist die Sache für ihn erledigt, er geht zu anderen beliebten Tagesgesprächen über, die ihm bessere Gelegenheit bieten, seiner angeborenen Räsonnierlust die Zügel schießen zu lassen Aber diese Sache verdient denn doch nach anderen Gesichts punkten betrachtet und gewürdigt zu werden, als nach denen einiger Riesenziffern allein. Denn sie ist wirklich großartig und bewiindeningswnrdig. Es haben sich da wieder einmal deutsche Gelehrsamkeit »nd Kunst, deutsche Gründlichkeit und Oraanisatianslähiakeit, deuffcher Zwcckmäßigkeitssinn und zäher Fleiß aufs glücklichste zusammeiigesunden. Ilm mit dem Anfang zu beginnen: noch vor sieden Jahren war das Gelände, auf bem sich setz! das Krankenhaus erhebt, eine öde Sandwüste, die der Garde-Arlillcrie als llebungsplatz diente. Heute durch- zicbt die Anlage eine graßc Baiimallee. die die Hauptachse des Ganzen bildet und (hier muß man allerdings wieder eine Ziffer nennen) sich 500 Meter lang hinzieht. Man hat hierzu
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