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72. Fahrgang. >i° 218 Abenö-Ausgabe Montag, 7. Mai I82S Gegründet 18SS rroLIansArift: ««chrlcht», »re»»«« Aernwrccher-Lammelnummer: 28 241 »« stir Nachtgelpüiche: »0011 »OM t. bi» Ui. Mal »928 bet »»glich zweimaliger Zustellung irel Hau» » Postbezugapleii iiir Monat Mai ».49 Marl ohne Postzuftcllungtgcbülir. itinzelnummer »« Vlennig. Die Anzeigen werben nach Goldmarl berechnet: b» Psg.. tür aubwLrt« 19 Pin. ffamilienanzeig, Ltnzeigen-grelle. ,!> Bla-, austerhalb 2S B,g„ die 90 mm breite 2»9 Psg. Ossertengebühr »9 Big. Aurwirtige en «erden nach Goldmarl berechnet: die einivaliige »o mm breite Zelle lg., iür auswärts 49 Psg. ffamilienanzeigen und Stellengeiuche ohne Rabatt - " " "" . Reklamezelle 299 Plg., austerhalb Auiträge gegen Vorausbezahlung. Gchriftleiiung und Hauplgelchistrstekl«: «arienltrast» 38/42 Druck UN- Verlag von >!ie»Ich ck Reichar», m Treiben Bv>t1chcck-<io„io 1083 Trebde« Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe l,Dresdner Nachr.-> ,»lästig — Unver'angte Schriitstücke werden nicht aulbewahrt. Köhler fordert vorsichtige AnleihevoliM. Tschianglaischek protestiert gegen die Japaner. Japanische Flottenverftartnngen für khina. Möglichst Keine Reichs- und Landes- anieihen im Ausland! Berlin, 7. Mat. In einer Rede in Baden nab der Reichs- Minister der Finanzen Dr. Köhler folgende Erklärung ab: Der bevorstehende Abschluß der Arbeiten der Beratungsstelle über die Zulassung von Anletheanträgen der (Gemeinden gibt Beranlassung, noch einmal die leitenden Gesichtspunkte in der Politik der Neichsregterung hier vorzuheben, die für die Her anziehung von A u o l a n d ö k a p i t a l zu Zwecken von Finan- zieruiigöbcdiirfnissen, die im öffentlichen Interesse zu befrie digen sind, mastgebend sind. Diese Gesichtspunkte sind im wesentlichen schon in meiner RcichotagScrklärung vom 28. März 1928 enthalten. Wenn es auch in gewissem Umfange weiter erforderlich ist, im Nahmen der natürlichen Grenzen fcdcr Auslandsverschuldung ausländisches Leihkapital für die deutsche Gesamtwirtschaft heranzuziehen, so gebieten doch die folgenden Erwägungen weitestgehende Zurückhaltung. Die rationelle Ansgabegebarnng der öffentlichen Stellen «nter strengster Beobachtung der Grundsähe der Sparsamkeit und Rentabilität ist wesentlicher Bestandteil der VerivaltungS- rcsorm, die die gesamte deutsche Oessentlichkcit gebieterisch fordert. Es ist auch unerläßlich, über Deutschland hinaus zu be kunden, daß wir uns des Ernstes der Aufgaben bewußt sind, die uns die aus dem Kriege übernommenen Verpflichtungen und die Sorge um die Erhaltung des deutschen Kredits a»f- crlegen. Auf den gegenwärtig mit Erfolg beschrittcncn Wegen äußerster Sparsamkeit muß daher sortgesahren, zugleich muß die Kenntnis über die Finanzwirtschast der öffentlichen Körperschaften durch lausende Beschaffung geeigneten Zahlen materials und seine Veröffentlichung gesichert werden. Es kommt hinzu, daß der Umfang unserer AuslandSvcrschttldnng Vorsicht verlangt im Hinblick auf die nur langsamen Erfolge, die unsere Bemühungen um die Besserung unserer Han dels- und Zahlungsbilanz gehabt haben und daß die Reparativ nsfragc, wie sich nun einmal die Möglichkeiten gestaltet haben, die allein zurzeit für die Durchführung des Sachvcrständigenplancs bestehen, nicht als für die Dauer gelöst betrachtet werden kann. Diese Fragen entziehen sich der Beurteilung der einzelnen an der Nnlciheausnahme beteiligten Stellen der deutschen Ge- samtwtrtschaft. Jnsolgcdcsscn ist cs, je näher wir der Zeit kommen, t» der die großen Fragen zur Entscheidung reifen, desto notwendiger für die Rcichöregicrung geworden, von sich ans die Politik zu bestimmen, die für die Hereinnahme von Auslandskapital öffentlicher Stellen ctngehaltcn werden muß. Tic jetzt vor dem Abschluß stehende Prüfung des kommu nalen Anleihebcdarfs durch die Beratungsstelle zeigt das hohe Maß von Verantwortung, die dem Reiche und den beteiligten öffentlichen Körperschaften gemeinsam zu tragen obliegt. Der Gang der Arbeiten läßt ein Ergebnis erwarten, bei dem die oben gekennzeichneten Richtlinien voll eingchalten sind. Die Ausnahme der Verhandlungen durch die zunächst für die Inanspruchnahme des Auslandsmarktes in Betracht kom menden öffentlichen Körperschaften oder ihre Krcditverbänbe wird daher in kürzester Zeit sreigcgcben werden. Planmäßiges Vorgehen ist im Interesse des deutschen Kredits im Auslände hierbei ebenso »vic bei den Körperschaften, deren Anleihen noch folgen können, unerläßlich. Die Erledigung des jetzt durchzuführcnden Programms wird allerdings nur dem dringendsten Bedarf der Ge meinden gerecht. Dennoch wird es dabei für einen längeren Zeitraum sein Bewenden haben müssen. Erst nach Ablauf dieses Zeitraumes und nach sorgfältiger Prüfung der Gesamt- situativn wird an die Frage herangcgangen werden können, ob und wann die Hereinnahmc weiteren Auslandskapitals für kommunale Zwecke in Zukunft wieder befürwortet wer den kann. Die Beratungsstelle wird nach Abwicklung ihres jetzigen Programms ihr besonderes Augenmerk darauf richten, daß ihre Bemühungen und die Wirkung der von ihr be obachteten Grundsätze nicht durch Maßnahmen besonderer Natur, insbesondere dnrch Aufnahme kurzfristiger Auslands gelder, zunichte gernacht werden. Ausländsanleihen des Reiches und der Länder, sowie Ausländsanleihen, die Reich oder Länder garantieren, erscheinen anch weiterhin nicht ratsain. Reick und Länder müssen in der Innehaltung der für die öffent lichen Stellen maßgebenden Grundsätze selbst pein lichste Genauigkeit üben. Die Notlage der L a n d w t r t s ch a f t macht auch ans dem Gebiete der Auölandsfinanzierung außergewöhnliche An strengungen erforderlich. Insbesondere kann den Landwirten, die nach dem Nvtprogramm der Reichsregieruug Umschnl- dnngshilfe erwarten, gegenwärtig im wesentlichen nur durch Inanspruchnahme ausländischen Leihkapitals die dringend gebotene, nicht aufschiebbare Unterstützung zuteil werden. Von der hierbei vorgesehenen Art der Finanzie rung »vird indessen nur in engstem Umfange Gebrauch ge macht werden. Die Innehaltung der von der Reichsrcgic- rung eingeschlagcncn Politik bedeutet ohne Ziveifcl für ein zelne Beteiligte große Härten. Die Rcichöregicrung vertraut aber weiter auf die Einsicht aller beteiligten Kreise in die Notwendigkeiten, die Deutschlands besondere Lage erfordert, und rechnet auf das Bewußtsein der gemeinsamen Bcrantwortnng, ohne das ein Erreiche» des großen Zieles, dem die Anleihepolitik des Reiches untergeordnet ist, in einem allen Beteiligten gerecht werdenden Sinne in absehbarer Zeit nicht wohl denkbar Ist. jW. T. B.j Fapan will die Provinz Schantung besetzen. Zuspitzung -er japanisch-chinesischen Krise. Paris, 7. Mai. Nach französischen Meldungen aus Schanghai ist ei» provisorisches U e b e r e i n k o m m e n zwischen den Japanern und Chinesen wegen Tsinanfu unter der Bedingung erzielt worden, daß die chinesische» Truppen in einem Umkreis von zehn Kilometer um die japanische Kon zession nicht cindringen. Den Japanern wurde das Recht eingeräumt, Plünderer zu verhaften. Der oberste japanische Mtlitärrat in Tokio, dein die Minister und die Chefs dcö Gcncralstabeö der Land- und Marinetruppen angehöre», ver langt. daß die Chinese« die Feindscligkcitcu in Schantung einstcllcn nnd die Japaner diese Provinz besetzen, nm die Eisenbahnlinie bis zur endgültigen Regelung des Zwischen falles zu kontrollieren. Die französische Darstellung, als ob Chinesen und Japaner schon zu einer Einigung gekommen wären, dürste freilich nicht ganz der Wahrheit entsprechen, wie sich aus den folgendem er gibt. Dieses Ucbereinkvminen ist sicher nur ganz lokaler Natur: im übrigen ist die Spannung anscheinend ganz ge wattig gestiegen: Japanische FloNenverskärkungen. Tokio. 7. Mai. Das Marineministerinm hat beschlossen, acht Torpcdojägcr, die zurzeit in dem japanischen Hasen Kure liegen, nach den Aangtsc zn entsenden. Sieben weitere lanfcn von Saßbo nach Swatan und Kanton aus nnd schließlich vier von Maizurn nach Schanghai. General Ugaki, der frühere KriegSministcr. ist znm Obcrkommandiercnden der nach Schan tung entsandten Truppen, deren Stärke sich jetzt ans 18 »Nü Mann bcläust. ernannt worden. Chinesische Empörung über Japan. London, 7. Mat. Der Oberbefehlshaber der nationalisti schen Strcltkräfte, General T s ch I a » g k a i s ch c k, hat von Tsinanfu ans a» die Negierung In Nanking ein Telegramm gesandt, in dem es heißt: „Die japanischen Truppen haben «ns ohne jede» Grund heransgetordert. Die Zahl unserer getöteten Beamte», Sol daten und Zivilisten beträgt mehr als tansend. Die Bosheit der Japaner übersteigt jede Bcschrcibungsmöglichkcit. Einer solchen Herausforderung kann ich mich nicht beugen." Die chinesischen Zeitungen und Studcntcnvcrbände und selbst die chinesischen Handelskammern und die lokalen Be amten habe» sich zusammengeschlossen, um die chinesische Oeffentlichkeit gegen Japan mobil zu machen. Ein Manifest der Allgemeinen Handelskammer beschuldigt Japan, Truppen nach Schantung gesandt zu haben In der ansgesprochenen Ab sicht, den nationalistischen Vormarsch znm Stehen zu bringen, nnd wirst den japanischen Truppen gleichzeitig vor, den Kom missar für auswärtige Angelegenheiten in Tsinanfu Kung- Chih ermordet zu haben. Die Japaner hätten ihm die Augen ansgestochcn und die Nase abgeschnitten. Keine Deutschen geschädigt. lDrahtmeldung unserer Berliner Schrtftleltung.i Berlin. 7. Mat. Nach einer im Auswärtigen Amt ein- gegangenc Drahtung des dcutsckwn Generalkonsulats in Tsingtau befinden sich die dort ansässigen Deutschen innerhalb der japanischen Bcrteidigungsstellcn. Bis auf die Plünderung deö deutschen Hotels ,-Stein" in Tsinanfu sind deutscherseits bisher noch keine Schädigungen an Leben und Eigentum zu beklagen. 61 amerikanische Kriegsschiffe in -en asialischen Gewässern. London, 7. Mat. Das amerikanische Marlneministerium kündigt an. daß sich gegenwärtig 1196» Man» amerika nischer Marinesvldaten und Matrose» in China befinden nnd sofort verfügbar sind, wen» die Entwicklung der Ereignisse in Lchaiitiiiig das notwendig mache» sollte. 61 amerika nische Kriegsschiffe befinden sich in de» asiatischen Gewässern. DaS Marineministerinm betrachtet cS als nn- ivabrscheinlich. daß die Vereinigten Staate» gezwungen sein werden, in Tsinansn oder andere» Teilen Lchantnngs aktiv einzngrriscn, doch bleibe die Entscheid»»» dem Ches des asiatische» Geschwaders, Admiral Bristol, überlasse». Vierhundert Jahre Rigaer Gymnasium. Am 7. Di a i begeht das deutsche klassische Gym nasium in Riga den Tag, wo cs voi vierhundert Jahren aus der alten T o n, s ch u l e hcrvorgegangen ist. Zu Ehren dieses TageS findet eine griechische Ausführung von Sophokles' „Ocdipus K o l o n e i o s" statt. In alte Zeiten führt dieser Tag zurück: 12N wurde das Domkapitel am Rigaer Tom errichtet. Eine k a t h o l i s ch e K l o st c r j ch u l e hat von Beginn an bestanden. 1528 wird aus ihr eine protestan tische Mittelschule, als deren erster Rektor Jacob Batt genannt wird, der auf Empfehlung Luthers und Mc- lanchthons aus Wittenberg nach N'ga berufen wird. Unter Gustav Adolf wird aus der Mittelschule 1631 ein aka demisches Gymnasium. Dieses hat, zeitweise durch Krieg und Pest unterbrochen, bis 1862 sortbestandcn, wo es dem russischen Unterrichtsministerium unterstellt und 1804 zu eines Kreisschule umgewandelt wurde. Erst 1861 wurde es ein Realgymnasium, das 1873 eine klassische Parallelabteilung erhielt. 188» bis 1894 siel es der N u s s i f i z i e r u n g trotz des Protestes der Stadt zum Opfer, und erst 1817 wurde von der deutschen O k k u p a t i v n s g e w a l t die russische Schule als deutsches klassisches Stadtgymnasium iviedcrhcrgcstellt Im Januar 191» von den Bolschewiken von seinem 'eim vertrieben, lmt cs seine endgültige Form als städtisches klassisches deutsches Gymnasium erhalten. Fürwahr ein wcchselvvlles Schicksal, in dem sich bas des ganzen Landes widcrspiegelt! Wenn das Jubiläum mit einer klassischen Auf führung begangen wirb, so folgt man auch hier sehr alter Tradition. Wie der Chronist Heinrich von Lett land berichtet, ist schon 1206 aus dem Markte von Riga „Gideon und die Philister" in lateinischer Sprache, offenbar von Scholaren und Klerikern, aufgeführt worden. Im 16. Jahrhundert sind Schlllcrausführungcn, sei es in der Kirche, sei es im Rathauic, sehr häufig. Von besonderem Interesse dürste die Ausführung von Moliöres „Der ein- gebildete Kranke" 1730 i» französischer Sprache sein. In der zweiten Hälfte des 1». Jahrhunderts cröffnete die Aufführung von Tcreuz' „Andrea" den Reigen, und es folgten Auf führungen des „Prometheus" von Acichylos, der „Antigone", des „Königs Ocdipus" und „Ocdipus Koloneios" in griechischer Sprache. Ter Krieg brachte eine große Pause, und erst 1927 hat man die alte Traditvn griechischer Tragödien wieder aus genommen. 8—m. Rakekenslugversuche in Breslau. Auf dem Breslauer Flugplatz fanden in diesen Tagen interessante neue Versuche mit Nakctcnflugzeug- Modellen statt. Sie wurden veranstaltet von dem Verein für Naumschifsahrt, der die einzige Vereinigung tm In- und Ausland ist, die Freunde und Förderer des Naumschisfahrts- gedankcns erfaßt. Ihr gehören die führenden Persönlichkeiten aus dem Gebiet der Naumschifsahrt an, so Max Ballier, Prof. Obersh-Mcdtasch, Dr. Hohmann, Ingenieur Sander, Fritz v. Opel usw. Im Vorstand der Bereinigung, die gegenwärtig 560 Mitglieder, meist Techniker und Ingenieure zählt, befindet sich u. a. Geheimer Hofrat Dr. Franz v. Hoefft, der Vorsitzende der Gesellschaft für Höhenforschung in Wien. Bei den jüngsten praktischen Versuchen handelt es sich um ein Raketenflngzcugmodell, das eine Spannweite von 139 Meter hat. Das Modell erhob sich den Erwartungen gemäß nach Ent zündung der Rakete mit Hilfe einer Zündschnur von einer Gleitbahn aus in die Lust, flog ein Stück und ging tm Glett- flug auf den Boden nieder. Dem Flugzeug folgte ein dicker Fcuerstrahl. Auf dem Flugplatz des Modell- und SegelflugvereinS Schlesischer Adler wurde vor kurzem schon ein ähnlicher inter essanter Flug gemacht. Hier kam ein kleines Doppel decker Modell zur Verwendung. Außer den Modell versuchen, denen insofern große Bedeutung zukommt, als sie Vcrglctchswertc für die Auswertung in großem liefern, wurden von dem Verein für Raumschiffahrt tm Maschinen- laboratorium der Technischen Hochschule wissenschaftliche Fest stellungen über die Leistungsfähigkeit und die Arbeitsweise der A n t r i c b s r a k c t c getroffen. Die Organisation plant t» absehbarer Zeit ein größeres Modell herzustellcn. Bereits für 8999 Mark läßt sich ein Rakctensegelflngzeug bauen, das in der Lage wäre, einen Passagier zu tragen. Die Höhe, die cs evtl, erreichen würde, hängt ganz von der Größe der Rakete ab, die als Antricbömtttcl verwendet wird. Bet den Versuchs arbeiten ist man auf den Gedanken gekommen, das Raketen- Prinzip auch in der Scgelslicgeret nutzbringend zu verwerten. Noch keine Sulfcheidung über die Reichsbahn- Tariferhöhung. lDrahtmeldung unsrer Berliner S ch r t s t ke t t u n g.f Berlin, 7. Mat. Gegenüber einer Meldung des sozial demokratischen Pressedienstes, »ach der der Neichsverkehrs» minister bereits seine Zustimmung zur Erhöhung der Fahr, preise der 4. Klasse der Reichsbahn gegeben habe, wird an zuständiger Stelle festgestellt, daß die TarifcrhöbungSdcnk- schritt der Rcichsbahngesellichast eben erst im RetchSverkehrs- »itnisteriui» eingelauscn sei und daß der Minister noch leine riet Stellung dazu genommen habe.