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Nr. 111 Freitag, den 13. Mai 1938 90. Jahrgang Kundt brandmarkt Prager System Sudetendeutsche Erklärung im Abgeordnetenhaus Zur Vorlage über das Unteroffiziersgcsetz gab oer Vorsitzende des parlamentarischen Klubs der Sudeten- deutschen Partei, Aba. Kundt, eine Erkläruna ab, wobei er seine Feststellungen mit dokumentarischen Beweisen be- leate. Kundt erklärte u. a., die Sudetendeutsche Partei sei anaesichts des Ernstes der innerpolitischen Lage verpflich tet, zu dieser Vorlage folgendes festzustellen: Ebenso wie die im verfassungsrechtlichen Ausschuß Vertagte Staatsbürgerschaft-Vorlage der Regierung sei auch die Unteroffiziersvorlage ein neuerlicher Beweis da für. daß immer noch die praktisch wirksame Einsicht zur Abkehr von dem bisherigen innerstaatlichen System fehle. Die Regierung mache zwar Versprechungen, fasse aber keine entsprechenden Beschlüsse. Sie gebe zwar Erlasse heraus, bestrafe aber zuwiderhandelnde Organe nicht. Es seien auch Gcmeindewahlcn versprochen worden. Tatsache sei jedoch, daß bis heute nur in 738 von mehr als 3000 sudctendcutschcn Gemeinden Wahlen aus geschrieben worden seien. Die meisten grösseren deutschen Städte fehlen dabei. Kundt stellte weiter fest, daß die Regierung nicht ein mal in der Lage sei, bei Ausschreitungen tschechischer Be völkerungskreise gegenüber den Sudetendeutschen durchzu greifen, wie das die Vorgänge in Troppau und kleinere Vorfälle bewiesen. Vielmehr traten sogar staatliche Or gane selbst als Ruhestörer auf. Die Sudetendeutsche Partei verlange als Beweis des guten Willens der Negierung die öffentliche Untersuchung der Geschehnisse von Troppau und Falkenau, Bestrafung aller schuldigen Staats- und Armee-Organe und Bericht im Abgeordnetenhaus über den Vollzug der Strafen. Während Konrad Henlein und die sudetendeutschen Parteistellen seit Wochen die mit Recht erbitterte sudeten deutsche Bevölkerung zur Ruhe und Ordnung angehalten hätten, sei nichts Gleichartiges von feiten der Leiter der tschechischen Regierungsparteien geschehen. Im Gegenteil, die Presse der verantwortlichen tsche chischen Parteien Hetze die tschechische Bevölkerung gegen das Sudetendeutschtum auf. Sozialdemokraten und Kommunisten verursachten stürmische Szenen. Der deutsch-sozialdemokratische Abge ordnete Jaksch versuchte, der Sudetendeutschen Partei Be leidigungen des tschechischen Volkes in die Schuhe zu schieben. Drei katholische Mitglieder des belgischen Kabinetts Janson, der Wirtschaftsminister Smet, der Justizminister du Bus de Warnaffe und der Landwirtschaftsminister Pierlot, haben ihre Demission eingereicht. Ministerpräsident Janson begab sich sofort zum König, der um 17 Uhr mit dem Flugzeug vom Haag, wo er der Taufe der hollän dischen Prinzessin Beatrix beigewohnt hatte, zurückgekehrt War. Es ist noch nicht bekannt, ob König Leopold der Demission stattgeben wird. Das Rücktrittsgesuch der katholischen Minister ist damit zu erklären, daß der größere Teil der katholischen Fraktion gegen das Vertrauensvotum für das Kabinett Hanson gestimmt hatte. Hinsichtlich der politischen Lage herrschte ein Zustand großer Verwirrung. Bevor sich Ministerpräsident Janson w König Leopold begab, erklärte er, daß die ausgegebene halbamtliche Mitteilung, wonach drei katholische Minister zurückgetreten seien, nicht den Tatsachen entspreche. Nach Beendigung der Audienz, die über eine Stunde dauerte, Hai Janson jede weitere Erklärung verweigert. Gegenwärtig sieht die Lage folgendermaßen aus: Die drei katholischen Minister de Smedt, du Bus de Warnaffe and Pierlot, deren Demission angekündigt war, verbleiben noch im Kabinett. In politischen Kreisen nimmt man an, Autonomie und Wiedergutmachung Die Ansprüche der polnischen Minderheit an Prag. Das Blgtt der in der Tschechoslowakei lebenden Polen berichtet, daß der Verständigungsausschuß der polnischen Parteien in der Tschechoslowakei folgenden Beschluß zur Regelung der polnischen Frage gefaßt hat: Zur Wieder gutmachung der Verluste, die die polnische Bevölke rung in der Tschechoslowakei erlitten hat, wie auch zur tatsächlichen Sicherstellung der Bevölkerung vor den wei teren Auswirkungen eines Systems, das diesen Schaden verursacht hatte, ist notwendig: 1. Rückgabe des Besitzstandes vom Jahre 1918 an die polnische Bevölkerung der Tschechoslowakei; 2. grund sätzliche Aenderung der N e ch t s st ru kt u r, inner halb deren sich das Leben der polnischen Bevölkerung bisher vollzog. Die polnische Bevölkerung steht, wie es weiter heißt, voll hinter den Autonomieforderungen, die unter Punkt 2 gemeint sind. Drei grundsätzliche Garantien Das Verständigungskomitee erachtet es als seine Pflicht, festzustellen, daß drei grundsätzliche Garantien verlangt werden müssen, die ein eventuelles Autonomie gesetz enthalten müßte, und deren Zuerkennung unumstöß liche Bedingung des Erfolges aller Pläne der Ne gierung in dieser wichtigen Frage sei: a) Direkten und entscheidenden Einfluß der pol nischen Bevölkerung auf die Sozialpolitik, die Fragen der Bevölkerungsbewegung, die Ansiedlung, die Besetzung der Bcamtenposten, die Regulierung der Ver eins- und Organisationstätigkeit usw.; b) völlige Autonomie des kulturellen und nationalen Lebens; e) direkten und entscheidenden Einfluß auf die Wirtschaftspolitik des von Polen bewohnten Gebietes, Entscheidung über alle auf diesem Gebiet be findlichen Arbeitsmöglichkeiten und Verfügung über die entsprechenden Staatseinnahmen aus diesem Gebiete. daß es Janson in letzter Minute gelungen ist, diese Mini ster unter Hinweis auf die schwierige politische Lage zum Bleiben zu bewegen. Belgien verschärft Grenzkontrotte Wie das belgische Justizministerium mitteilt, haben die Negierungen Frankreichs, Hollands und Belgiens sehr scharfe Maßnahmen hinsichtlich der Zulassung von Emi granten angekündigt. Es habe sich nunmehr ergeben, daß Ausländer, die infolge der kürzlichen politischen Ereignisse ihr Land verlassen, sich mit Vorliebe nach Belgien begeben und versuchen würden, heimlich die Grenze zu über schreiten. Der belgische Justizminister hat aus diesem Grunde eine Verschärfung der Grenzkontrolle angeordnet. Beträcht liche Gendarmerieabteilungen sind zur Verstärkung der Grenzen eingesetzt worden, um eine Grenzüberwachung bei Deutschlands Jugend braucht Jugendherbergen! Hilf auch du diese Werks bauen! Erwirb die Plakette! Schreib dich ein in die Sammellisten für das Jugend» herbergswerk! Tag und Nacht mittels Patrouillen durchzuführen. Alle Personen, die auf ungesetzliche Weise versuchen, in Belgien einzudringen, werden mit Gewalt zurückgewiesen werden. Knappe Mehrheit für Janson Vertrauen unter bestimmten Voraussetzungen. Die belgische Kammer sprach mit knapper Mehrheit der Regierung Janson das Vertrauen aus. 101 Stimmen waren für die Regierung, 76 dagegen. Acht Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Das Vertrauensvotum ist an die Voraussetzung ge- 'kuüpft, daß die Regierung das Gleichgewicht im Haushalt herstellt, weitere Einsparungen erwägt und den Wiederaufbau der belgischen Wirtschaft in Angriff nimmt. Ferner wird die sofortige Erörterung der zwei Steuer Projekte gefordert, die bereits vom Finanz ausschuß der Kammer angenommen wurden, nämlich Wie dereinführung der Krisensteuer und Erhöhung der Zölle und Abgaben. Die politische Krise kann damit vorläufig als bei - gelegt gelten. Der Abstimmungssieg der Regierung ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß ein Teil der Katholiken, insbesondere die christlichen Demokraten unw zahlreiche flämische Katholiken, der Regierung treu blei ben, da die Bildung einer neuen Regierung, die sich nicht wiederum auf die gegenwärtige Koalition von Katholiken, Liberalen und Sozialdemokraten gestützt hätte, von vorn herein aussichtslos erschien. Da die konservativen Katholiken gegen die Negierung stimmten, hält man es für nicht ausgeschlossen, daß die konservativen Minister ihren Rücktritt erklären werden. Die Presse äußert sich skeptisch über die weiteren Aus sichten des Kabinetts. Die „Jndöpendence Belge" bemerkt in ihrem Kommentar, daß die Christlichen Demokraten nur deshalb in letzter Stunde für die Regierung gestimmtj hätten, weil sie die Bildung einer Regierungskoalition mit den Rexisten und Flämischen Nationalisten befürchte-' ten. Wenn die Regierung am Ruder bleiben wolle, dann! müsse sie endlich Energie zeigen und sich tatkräftig den! Reformen der Verwaltung, der Finanzen und der Wirt schaft widmen. Andernfalls werde der jetzige Negierungs sieg sich nur als eine Eintagsfliege erweisen. Bolen gedachte MMis Im Rahmen der Trauerfeierlichkeiten anläßlich des Todestages Marschalls Pilsudski legte der Staatspräsi dent an der Gedenkstätte im Belvedere-Schloß in War-! schau einen Kranz nieder. Zu dieser feierlichen Handlung erschienen auch die Mitglieder der Regierung mit dem, Ministerpräsidenten General Skladkowski an der Spitze,! die Marschälle von Sejm und Senat sowie Vertreter der staatlichen Verwaltung. Im Auftrag des in Urlaub wei lenden Marschalls Rydz-Smigly legte Kriegsminister: General Kasprzycki an den Stufen des Belvedere-Schlosses: einen Kranz nieder. — Anschließend nahmen der Staats-! Präsident und die Vertreter der Regierung an einem se^ erlichen Trauergottesdienst in Ler Warschauer Kathedrale teil. Staatssekretär Pavla erlraalea Der Staatssekretär im tschechischen Außenministe rium Dr. Bogdan Pavlu ist tödlich verunglückt. Sein von! ihm selbst gesteuerter Wagen stürzte in den Una-Flutz,- der Hochwasser führte. Pavlu und eine Begleiterin er-: tranken in dem geschlossenen Wagen, während seine Frau? sich durch ein Fenster retten konnte. Pavlu war seinerzeit! der erste tschechische Gesandte in Moskau. Vorher war erj in Sofia und Kopenhagen tätig gewesen. Als Staats sekretär in Prag fiel die Stellvertretung des Außenmini-s sters in seinen Amtsbereich. Frau Pavlu, die ernste in nere Verletzungen und einen Bruch des linken Armes erlitten hatte, wurde in das Kranktnhaus von Vosanski Novi gebracht. Verworrene Lage in «Belgien Die Haltung der katholischen Fraktion Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Der Pulsnitzer Anzeiger ist das znr Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft zu Kamenz, des Stadtrates zu Pulsnitz und des Eemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts- oerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamen» Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis betrögt bei Abholung wöchentlich SV Rpf., bei Lieferung frei HauS SS Rpt. Postbezug monatlich 2.50 RM. Die Behinderung der Lieferung rechtfertigt keinen Anspruch auf Rückzahlung des Bezugspreises. ZeitungsauSgabe sür Abholer täglich S—6 Uhr nachmittags. 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