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Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188507307
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18850730
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18850730
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-07
- Tag 1885-07-30
-
Monat
1885-07
-
Jahr
1885
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.07.1885
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- ^>r" -- -- S.JahrMq. AbonnemeutspreiS: Der Uttpartettsche — jeden Wochentag Abend (mit dem Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende — Landes »Anzeiger mit Beiblättern kostet bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten 60 Pfennige monatlich; bei der Post 60 Pfg. (10. Nachtrag 4533b.) Verlag: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz. Sächsischer LMrs-Mkistt mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Donnerstag, 30. Juli 188s. JnsertionspretS: Raum einer schmalen Korpuszeile 15 Pfg.; — Reklame (Ispaltige Petitzeile) 30 Psa.— Bei Wiederholung großer Annoncen Rabatt- Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifüge» (je » Silben Korpusschrift bilden ca. 1 Zeile). Annoncenannahme: nur bis Vormittag- iürdedttton und Redaktion: Chemnitz, Theaterstraße Nr. 48. Telegramm-Adr.: Wiede'S Anzeiger, Chemnitz. Krwtter: „Tägliches Unterhaltungsblatt" und hiimnjiW illuMrte; S-miugMtt „Lustiges Bilderbuch". Amtliche Bekanntmachungen sächsischer Behörden. Nachdem von den Vertretern der Höchstbesteuerten die Herren Berg« director Weigel, früher in Lugau, und Fabrikant Carl August Weidmüller in Grüna aus der Bezirksversammlung der Unterzeichneten AmtShauptmannschast im Lause dieses Jahres ausgeschieden sind, macht sich die Vornahme ander- weiter Wahlen demnächst nothwendig. Es ist deshalb zu diesem Behufs die gesetzlich vorgeschriebene Liste der für die Wahl stimmberechtigten Höchst« besteuenen aufgestellt worden und liegt dieselbe in der Canzlet der Unterzeich neten Amtshauptmannschaft vom 29. Juli bis 26. August dieses Jahres zur Einsichtnahme aus. Etwaige Einsprüche gegen dieselbe sind nach 8 ? deS Gesetzes, die Bildung von Bezirksverbänden betreffend, vom 21. April 1873, bei deren Verlust wenigstens 14 Tage vor der Wahl, bezüglich welcher noch besondere Bekanntmachung erlassen werden wird, bei dem Unterzeichneten AmtShauptmann anzubringen. Unter Verweisung aus die Bestimmungen des oben angezogenen Gesetzes wird dies andurch bekannt gemacht. Chemnitz, den 15. Juli 1885. Die Königl. AmtShauptmannschast. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgericht- wurde heute aus Folium 2795 die Firma Otto Wiegand in Chemnitz lKaß« bergstraße Nr. 5 b) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Heinrich Otto Wiegand daselbst, Besitzer eines Agentur«, Speditions« und Commissions« geschästs, eingetragen. Chemnitz, am 27. Juli 1885. Das Königlich« Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 2194 verlautbart, daß die dem Kaufmann Herrn Louis Melzer für die Firma Seligsohn L Mendclson Nachf. in Chemnitz ertheilte Procura zurückgenommen worden ist. Chemnitz, am 27. Juli 1885. Das Königliche Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 2790 verlautbart, daß der Schneider Herr Friedrich Carl Johann Benzin in Chemnitz die Firma A. Benzin daselbst von der bisherigen Inhaberin zur Fortiührung übernommen hat. Chemnitz, am 27. Juli 1885. Das Königliche Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 2793 die Firma I. Mehler in Chemnitz (Theater« straße Nr. 50a) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Julius Mehler daselbst, Besitzer eines Strumpswaarenfabrikationsgcschäfts, eingetragen. Chemnitz, am 25. Juli 1885. Das Königliche Amtsgericht. Telegramme des Landes Anzeigers. Vom 28. Juli. Prag. Der Stadtrath des Prager Vorortes Weinberge gab der Prager Eisen-Jndustrie-Gescllschaft bekannt, daß er seinen Bedarf bei ihr nur unter der Beding ung decken werde, wenn sie ihm tschechische Rechnungen auf tschechischen Blanketten zukommen lassen und über haupt tschechisch correspondireu werde. In ihrer Antwort gab die Firma dem Bedauern Ausdruck, daß ihre Central-Direction dem Wunsche des Weinberger Stadtrathes nicht entsprechen könne. Weil ihre Geschäftssprache die deutsche ist; sie sei dagegen bereit, mit deutschen Rechnungen tschechische Uebersetzungeu einzusenden. Wie nun der „Pokrok" meldet, hat der Stadtrath diese Zuschrift mit dem Be schlüße beantwortet, seinen Bedarf anderwärts zu decken. Oedenburg. Seit gestern Mittag steht Kapuvar in Hellen Flammen, DaS Feuer ist in drei Gassen auf beiden Seiten zugleich auSgebrochen. Fünfundfünfzig Häuser sind abgebrannt. Nachdem ge rade Jahrmarkt abgehalten worden, herrscht große Bestürzung. Paris Der chinesische Gesandte überreichte dem Präsidenten der Republik, GrSvy, seine Creditive und sagte unter Anderem: Schmerzliche Umstände, welche augenblicklich die guten Beziehungen zwischen beiden Ländern trü tcn, verzögerten die Ueberreichuug meiner Creditive. Heute jedoch, wo der Friedensvertrag alle ehe maligen Freundschastsbezichungen Wieder herstellte, hat die chinesische Regierung, von dem Wunsche geleitet, ihre Genugthuung zu bezeugen, mich beauftragt, sofort nach Paris zu gehen, um die Aufrichtigkeit ihrer guten Absichten zu bestätigen. Rom. Laut dem „Ostervatore Romano" hielt der Papst im gestrigen geheimen Consistorium eine Ansprache politischen Inhalts, die sich mit Deutschland. Italien und Frankreich beschäftigte. Näheres ist über den Inhalt noch nicht bekannt. Auffallende« Weise wurde der neue Erzbischof von Köln, Kremeutz, nicht proclamirt. London, 28. Juli. Wie die „Times" erfahren, steht die Ab reise Sir Henry Drummond Wolff's nach Egypten unmittelbar bevor. Wolfs begebe sich vorher nach Constantinopel. London. Die „Pall Mall Gazette," welche häufig von Lefsar benützt wird, um seine Ansichten zu veröffentlichen, erklärt heute, di« Rüsten hätten Zulsicar bedingungslos aufgegeben, sie lehneu jedoch ab, eine Position östlich davon zu räumen, welche nicht zu Zulsicar gehört und die Verbindung zwischen zwei Rußland gehörigen Positio nen vermittelt. Rußland würde vielleicht einwilligen, das strittige Gebiet zu theilen, werde aber gewiß keine größere Concesfiou macheu. Sollten die Unterhandlungen als erfolglos abgebrochen werden, daun würde Zulsicar sofort in russische Hände fallen Petersburg, 28. Juli. Das Gesetzblatt veröffentlicht ein vom Kaiser bestätigtes Statut für einen beim Verkehrs-Ministerium au» Repräsentanten sämmtlicher Ministerien und der ReichS-Controle, ferner aus zwei Repräsentanten von Privat Eisenbahnen und je einem deS Handel-, der Industrie, der Landwirthschaft und des Bergbaues einzusetzenden Eiseubahnrath zwecks Berathung beziehungsweise An ordnung von Maßnahmen zur Ausrüstung, Exploitation und finaueiellen Verwaltung aller russischen Eisenbahnen. Desgleichen wird ein vom Kaiser bestätigtes allgemein-russische» Eisenbahureglement veröffentlicht. M o Skau, 28. Juli. Fürst Dolgorukow erließ eine Verordnung, wonach die Moskauer Waffenhändler Schießgewehre, Patronenbüchsen, desgleichen Revolver und Revolverpatronen nur Denjenigen verkaufen sollen, di« einen Erlaubnißscheiu vorweisen. Zuwiderhandelnde werde« mit fünfhundert Rubel oder dreimonatlichem Arrest bestraft. Belgrad. Wie gemeldet wird, hätten Arnautenbande« das serbische Dorf Zlatnipotok bei Novibazar überfallen, einzelne Häuser geplündert und einige Bewohner derselben nirdrrgemacht. Madrid. Vorgestern kamen in Spanier« 2582 Erkrankung» «nd neunhunderteiuundzwanzig Todesfälle in Folge der Cholera vor. Von letzteren entfallen zwölf auf Madrid, zweihundertsünsnndachtzig auf Saragossa, einunddreißig anf Tarragona, zweihundertzweiund fünfzig auf Valencia, rinundsiebeuzig auf Alicante, huudertdreizrhn ans Terruel und sünsundfünfzig aus Murcia. New-Park, den 29. Juki. General Grant soll nicht im Central-Park, sondern auf Wunsch der Familie in einem Park am Hudsonnfer bestattet werden. Der neue Statthalter von Elsaß Lothringen Fürst Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst, der deutsche Bot schafter bei der französischen Republik, hat am Montag Gastein ver lassen, wohin er gereist war, um sich dem Kaiser vor Uebernahme der Statthalterschaft deS Reichslaudes vorzvstellen. DaS Amt, welches der Fürst zu übernehmen sich anschickt, ist nächst der Reichskanzler schaft das schwierigste in Deutschland. Unter allen Verhältnissen ist rS eine mühselige, zu ihrer Lösung lange Jahrzehnte bedürftige Aufgabe, di« Bevölkerung eine» eroberten Gebietes für die neue Herr schaft zu gewinnen, wenn jene völlig mit dem alten Vaterlandr ver wachsen, von einem, zeitweise in Chauvinismus ausartenden Patrio tismus durchglüht war und durch tausendfältige Fäden der Familien- Verwandtschaft und schwerwiegende ökonomische Interessen an das ver lorene Vaterland geknüpft ist. Elsaß-Lothringen zählt heute noch un- verhältuißmäßig starke Contiugente seiner Söhne in der Armee, der Flotte und der Bureaukratie der Republik; diese Elemente rühren nnablässig den Revanche-Eifer unter den Franzosen uud die Oppo- filiouSlust unter ihren zu deutschen Reichsbürgern gewordenen Ver wandten. Elsaß-Lothringen ist aber nicht nur das trefflichste Rekru- tirungsdepot, auch die blühendste Jndustriestätte Frankreichs gewesen. DaS Absatzgebiet der dortigen Fabriken ist natürlich Frankreich ge wesen; seit 1871 hat die Zoll-Linie die alten Verbindungen gestört, und wenn die Schaffung derselben ein Jahrhundert erfordert hat, ist der Gewinn neuer, gleich wohlhabender Märkte in Deutschland nicht binnen anderthalb Jahrzehnten zu vollziehen. Die Schwierigkeiten find erheblich gesteigert worden durch den Umstand, daß die Reichsregierung, ihrer sonstigen Eigenart zuwider, nicht Geduld und Ausdauer bei dem großen Werke gezeigt, sondern mehrfach geschwankt und die Methode gewechselt hat. Möller, der erste Statthalter, versuchte es, nach allpreußischer Art Elsaß-Lothringen moralisch mit Deutschland zu verschmelzen. Die Elite der preußischen Beamten wurde in's Reichsland gesandt und ein strammes Regime eingeführt. DaS Verfahren hatte sich bei früheren Vergrößerungen Preußens trefflich bewährt; doch in Elsaß-Lothringen blieben die Wirkungen des bewährten Systems aus. Die Errungenschaften von 1789 hatten die dortige Bevölkerung wie mit eisernen Klammern au Frankreich geschmiedet; dazu kamen die erwähuten verwandtschaftlichen Beziehungen und wirthschaftlicheu Interessen uud kam der Glaube an den nahen Ausbruch des Revanchekrieges, welcher erst eine end gültige Entscheidung bringen werde. Statt auszuharreu auf der Bahn, die allerdings weit größere Hinderniffe aufwies, als berechnet war, aber bei consequenter Ver folgung doch au's Ziel geführt hätte, bog die Reichsregierung durch Ernennung Manteuffel's in andere Pfade ein. Der verstorbene Feld« marschall kehrte, im Gegensatz zu der eisernen, mit absoluter Unpartei- lichkeit gepaarten Strenge seines Vorgängers, die äußerste Liebens würdigkeit und Humanität hervor. Er suchte bei den Masten volks- thümlich zu werde«, machte den Notabeln beinahe den Hof uud schloß einen Bund mit dem katholischen Episcopat, mit besten Hülfe er die Partei der Unversöhnliche« zu besiegen hoffte. Während in Deutsch- land noch der Culturkampf tobte, wurden im Elsaß alle Forderungen der Kirche erfüllt. Aber auf politischem Felde erwies sich Manteuffel als schlechter Stratege. Wohl war er persönlich beliebt und den Unwillen der altdentschen Einwanderer aus dem Reiche und der Büreaukratie, gegen welche er in Streitfällen stets zum Vortheile der Eingeborenen Partei genommen, mochte er gering anschlagen; doch bei den Wahlen brachen die Ultramontanen den Pact. Alle, welche nicht Parteigänger Frankreichs waren, unterlagen, ausschließlich Protestler gegen die Zugehörigkeit zu Deutschland wurden gewählt: Manteuffel's System hatte totalen Bankerott gemacht, und das Eingcständniß des Letztere» durch Abberufung des Feldmarschalls wurde nur durch den Tod des Statthalter- verhindert. Jetzt soll nun das dritte System in der Behandlung Elsaß- Lothringens eingeführt werden. Fürst Hohenlohe ist Liberaler und Süddeutscher: damit ist das neue System gekennzeichnet. Deutschland -actirt nicht länger mit den Elsaß Lothringer Ultramontanen. Hohenlohe hat 1869 als baierischer Ministerpräsident die europäischen Regierungen eingeladen, Vorkehrungen gegen den Versuch der Einführung des Unsehlbarkeitsdogma's zu treffen. Graf Bismarck hatte damals alle Aufmerksamkeit aus den herannahendeu Krieg mit Frankreich gerichtet, das von der moralischen Hülfe der Curie große Erfolge erwartete, und ließ, trotz aller Mahnungen Grasen Harry Arnim's, daS Concil seinen Lauf nehmen, so daß später der Culturkampf hereinbrecheu mußte. Während seiner Miuisterschaft ist Hohenlohe auf Tod und Leben von den Clericalen befehdet worden. Da» Reichrland wird also fortan liberal regiert werden. Volksthümlichkeit wird Hohenlohe um so leichter erwerben, da er nicht nur, gleich seinem Vorgänger, bemüht sein wird, liebenswürdig zu sein, sondern es, im Gegensätze zu dem rauhen Kriegsmanne, von Natur ist. Ueberdies steht er als Süddeutscher den Elsässern, welche dem schwäbischen Stamme ange- hören, und auch den Lothringern, welche fränkischen Ursprungs sind, erheblich näher, als der rauhe Sohn Norddeutschlands, Manteuffel. Endlich geht ihm von seiner Thätigkeit als Botschafter in Paris her der Ruf eines den Franzosen wohlgesinnten Mannes voraus und ebnet ihm die Wege in Neudeutschland. Doch weit mehr, als er zu vollbringen vermöchte, thun Zeit und Verhältnisse. Zunächst bilden die altdeutschen Einwanderer einen immer stärkeren Procentsatz der Städtebewohner. Dann beginnt die Erinnerung an die Zugehörigkeit zu Frankreich doch io Elsaß-Loth ringen zu verblüffen. Das gutnachbarliche, fast freundschaftliche Ver- hältniß zwischen den Cabineten von Paris und Berlin verringert die Hoffnungen auf einen Rückfall au Frankreich. Mit jedem Jahre wird der Abstand zwischen der VolkSkraft Frankreich» und Deutsch laudS größer, vermindert sich sonach die Aussicht auf französische Revanche. Frankreich zählte 1820 vier Millionen Einwohner mehr als das Gebiet des Deutschen Reiches, 1880 zählte es neun «nd 1884 schon zehn Millionen Köpfe weniger. Der Abstand wird all jährlich größer, uud da die französischen Colonien wenigstens 40,000 Mann fesseln «nd jährlich dreihundert Millionen Mark kosten werden, ist die Möglichkeit eines französischen Angriffes ans Deutschland heute schon fast ausgeschlossen. So füge» sich denn langsam die Elsaß Lothringer in daS Unvermeidliche, uud die zweitnächste Generation wird sie ganz in Deutschland aufgehen sehen. Politische R««-schau. Chemnitz, den 29. Juli. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm hält, wie man der „Wiener Presse" schreibt, auch diesmal die seit Jahren für Gastein festgesetzte Tagesordnung inne. Um halb acht Uhr früh steht er auf, begiebt sich in die unmittelbar bei seinem Schlafzimmer befind liche Badecabine uud verbleibt daselbst eine halbe Stunde. Al- der Kaiser zum ersten Male die Badecabine betrat und oberhalb der mit Tannenreifig uud Kornblumen umrahmten Thür eine in den deutschen Farben kunstvoll auSgeführte Inschrift mit den Worte«: „Guten Erfolg" erblickte, dankte er dem Badediener lächelnd für den gutge meinten Wunsch. Nach dem Bade nimmt der Kaiser ein Frühstück, ruht ein wenig aus und macht Toilette. Inzwischen ist eS zehn Uhr geworden uud die Zeit de» täglichen Spazierganges herangerückt. In Begleitung de» Geueraladjutanteu Grafen Lehndorff und gefolgt von einem Kammerdiener, welcher den Ueberrock des Kaisers nach« trägt, wird der Spaziergang nach der Kaiserpromenade »»getreten. Auf dem Straubinger Platz ist zu dieser Zeit stet» ein zahlreiche» Publikum vorhanden, dessen ehrfurchtsvolle Begrüßung der Kaiser leutselig erwidert. Da kommt eS nun öfters vor, daß der Monarch einzelne Bekannte, zumeist Damen, auspricht und mit ihnen converstrt. Um elf Uhr ist der Kaiser wieder in seinem Zimmer, pflegt kurze Zeit der Ruhe, worauf ein aus Thee uud Ausschnitt bestehende» Dejeuner servirt wird. Von zwölf bis drei Uhr erledigt der Monarch die Staatsgeschäfte. Die Aktenstücke hierzu werden täglich von einem au» Berlin eiutreffenden Courier gebracht und von einem zweiten Courier, der Abends sechs Uhr von Gastein abgeht, nach Berlin zurückbefördert. Während dieser Zeit ist die in Gastei» weilende Civil« und Militär-Canzlei des Kaisers in voller Thätigkeit, um dem Monarchen bei der Erledigung der zahlreichen Actenstücke behülflich zu sein. Um vier Uhr Nachmittag« ist Diner. Außer den sechszehn Personen aus dem Gefolge des Kaisers werden zu demselben täglich zwei bis drei angesehene Curgäste zugezogen. Gegen sechs Uhr fährt der Kaiser aus und kehrt um sieben Uhr in seine Wohnung zurück, setzt sich an'S offene Fenster seines Arbeitszimmer» und lauscht den lustigen Weisen, welche die Curcapelle täglich zu dieser Zeit auf dem Straubinger Platz spielt. Um acht Uhr fährt der Kaiser in di« Villa „Solitude" zur Familie Lehndorff, wo er meist die Abende verbringt, und kehrt um zehn Uhr in das Badeschloß zurück, wo er sich sofort zur Ruhe begiebt. Dieses Programm wird täglich bei jeder Witterung eingehalten und diese Regelmäßigkeit in der Lebens weise wag nicht wenig zum Wohlbefinden des greise« Monarchen beitragen. — Der Kaiser hat genehmigt, daß das der Nationalgallerie in Berlin gehörige Bildniß des verstorbenen Statthalter» von Elsaß- Lothringen, General Feldmarschalls Freiherr« von Manteuffel, von Professor von Angeli zum Zweck der öffentlichen Ausstellung in Straßburg dargeliehen werde. — Nach lauge» Streitereien steht denn doch endlich fest, daß der Reichskanzler Fürst Bismarck und der österreichische Minister de» Auswärtigen, Graf Kalnoky, vor dem Herbst noch eine Zusammen kunft haben werden, in der wesentlich Zollfragen erörtert werde» sollen. Ueber Ort und Termin dieser Zusammenkunft Genauere» ermitteln zu wollen, erscheint ganz überflüssig. Es ist ja bekannt, daß Fürst Bismarck alles Andere eher thut, als seine Reisepläne vorzeitig bekannt zu geben. — Fürst Hohenlohe, der künftige Statthalter von Elsaß Loth ringen, der zum Besuch seiner Gemahlin in Wildbad Gastein einge troffen ist, ist daselbst auch von unserem Kaiser wiederholt empfangen worden. Wann die osficielle Ernennung de» Fürsten zum Statthalter bekannt gegeben werden wird, ist noch nicht der Oeffentlichkeit über geben worden. Gewiß sind noch mancherlei Formalitäten zu ordnen, «nd kann sich daher der endgültige Amtsantritt wohl noch etwa» hinziehen. — Fürst Hohenlohe ist Dienstag früh von Wildbad Gastein nach Berlin gereist. — Der braunschweigische Minister Graf Görtz« WriSberg wird sich nach Gastrin begeben. — Eine Ehrengabe für den Hofprediger Stöcker wird von den Anhängern desselben vorbereitet. Die zu bildende Summe soll al» besonderer Fond der Berliner Stadtmission zu Gute kommen. — Wie verschiedentlich mitgetheilt wird, hat die Reichsregierung >>en Wunsch ausgesprochen, daß sich di« drei an der Ostküste Afrika» vertretene« deutschen Interessengruppen, die ostafrikanische Gesell- chaft, die Witu-Gesellschaft und die alten ans Zanzibar ansässigen Firmen, zu gemeinschaftlicher Action vereinigen möchten. Die ost afrikanische Gesellschaft macht jetzt die ersten größeren Versuche mit dem Anbau von Caffee uud Tabak. Es sind zu diesem Zwecke unge Pflanzen von Batavia nach dem afrikanischen Gebiete hinüber geschafft worden. Man verspricht sich von diesem Versuche bessere Erfolge, als von dem Anbau mit europäischen Sämereien. Die ost afrikanische Gesellschaft hat bis jetzt fünfundzwanzig Deutsche, meist Osficirre, in ihre Dienste genommen, doch soll deren Zahl noch er heblich vermehrt werden. — Die neuen von uns vor einigen Tagen mitgetheilten preußischen SubmisfionSbedingungeu für amtliche Submissionen haben allenthalben großen Beifall gesunden. Namentlich erstreckt sich der letztere auf die Bersüguvg, daß ein außerordentlich niedriger Preis nur dann anerkannt werde« soll, wenn die Persönlichkeit des Bietenden Garantie für eine reelle Ausführung der Arbeit giebt, und für den niedrigen Preissatz triftige Gründe angegeben werden könne«. Gerade in dieser Beziehung ist in den letzten Jahre« viel gesündigt und solche PrriSofferten unreellen Charakters find oft aus einer Coneurrenz-Ehicane gemacht worden. Das wird nun hoffentlich sein Ende haben I — Wie di« .Kölnische Volkszeitung" mittheilt, find au» BreSlau auch polnisch-russische Studenten auSgewiesen worden. — Im Landtage deS Fürstenthums Lippe, der im October wieder zusammen tritt, wollen der „Vostischrn Zeitung" zufolge, liberale Abgeordnete versuchen, ein ähnliches RegeutschaftSgesetz durch- znbringen, wie eS in Brannschweig besteht. Der regierend« Fürst ist kinderlos und sein Bruder nicht suecesfionsfähig. Die Grafen von Lippe glanbeu erbberechtigt zu sein, aber im Lande will man keine neue Dynastie. Oesterreich-Ungar». Die Zusammenkunft zwischen den beiden Kaisern von Rußland uud Oesterreich- wird jetzt schon zur reinen Seeschlange. AuS Besorgnih vor nihilistischen Putschen wird
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