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ZWeißerih-Zeitung.H Amts- und Anzcigk- Alatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zn Dippoldiswalde ond /ranensteiv. verantwortlicher Nedarteur. Lart Lehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. Im Monat April wurde die Aufmerksamkeit der Publicistik vorzugsweise durch die Entwickelung der Dinge in Oesterreich in Anspruch genommen. Zu Anfang des Monats nahm das liberale Bürgermini sterium seinen Abschied und ein sogenanntes Uebergangs- ministerium unter der Leitung des Grafen Potocki wurde an die Spitze des Staates gestellt. Oesterreich ist ein Staat, aber keine Nation; aus dieser Thatsache sind bereits unzählige Wirren gefolgt und werden weitere folgen. Thatsächlich haben seit Jahrhunderten die Deutschen das Regiment in Oesterreich geführt; das Kaiserhaus ist deutsch und die leitenden Staatsmänner waren mit vereinzelten Ausnahmen bisher Deutsche. So lange der Staat absolut regiert wurde, hatte die Vereinigung so verschiedener Bölkerracen in einem Staatsganzen weniger Schwierigkeit. Als man dagegen die parlamentarische Regierungsform einführte, traten sofort die nationalen Gegensätze in den Vordergrund, insonderheit waren es die Ungarn, welche auf Grund alter Privilegien eine Sonderstellung beanspruchten und in den Rahmen der Reichsverfassung sich nicht ein fügen wollten. Das Ministerium Schmerling setzte diesen Sondergelüsten der Ungarn zähen Widerstand entgegen und beschränkte sich auf das Abwarten. Da traten die Ereignisse von 1866 ein, das Ministerium Schmerling trat ab, und die Ungarn erreichten ihre Wünsche durch den berühmten Ausgleich, welcher nur mit den größten Opfern Seiten des Kaiserstaates er kauft werden konnte; sie erhielten eine besondere Ver fassung, ein besonderes Ministerium. Dieses Beispiel mußte voraussichtlich ansteckend wirken auf die übrigen Nationalitäten, und die Czechen, Polen rc. traten mit ähnlichen Prätensionen auf, welche in ihren Consequenzen zu einer Auflösung des Kaiserstaates führen müssen. Wie die N. Fr. Presse mit Recht bemerkte, ist durch die wiederholten Neugestaltungen in den Staatsformen der Monarchie einem großen Theile der Bevölkerung das Verständniß der Axiome jeder Staatsexistenz ab handen gekommen, und Millionen vergessen, daß der Schutz, den die Vereinigung zu einem großen Staats ganzen bietet, nur erkauft werden kann durch Opfer an Einzelwünschen zu Gunsten der Gesammtheit. Das neue Ministerium will den Versuch machen, einen Ausgleich mit den opponirenden Nationalitäten herbei zuführen; wir zweifeln indeß, daß dieser Versuch ge lingen wird, und die Zukunft wird lehren, welche Wendung die Dinge dann nehmen. Ein Theil der österreichischen Presse führt gegenwärtig eine sehr scharfe Polemik gegen den Reichskanzler. Nächst Oesterreich war es hauptsächlich Frank reich, welches die öffentliche Aufmerksamkeit in An spruch nahm. Der Kaiser hat beschlossen, die mit den Kammern vereinbarten liberalen Reformen einer Volksabstimmung zu unterwerfen. Diese Maßregel hat eine lebhafte Polemik in der französischen Presse hervorgerufen. Die Linke empfiehlt mit „Nein" zu stimmen, die Radicalen wollen sich der Abstimmung ganz enthalten ; im Ganzen bezweifelt aber Niemand, daß die Abstimmung mit großer Majorität zu Gunsten des Kaisers ausfallen wird. Ohne Zweifel bekommt die Dynastie hierdurch eine neue Stütze, und eS fehlt nicht an Publicisten, welche glauben, der Kaiser werde diese günstige Lage benutzen, um eine Action nach Außen in Scene zu setzen. In Deutschland sind die Dinge ihren geord neten Gang gegangen. Der Reichstag hat seine durch das Osterfest unterbrochenen Sitzungen noch nicht wieder ausgenommen, dagegen aber das Zollparlament seine Thätigkeit begonnen. Am Schlüsse des Monats weilte der Großherzog von Hessen in Berlin und der Besuch des Königs von Baiern wird daselbst in nächster Zeit erwartet. Man knüpft hieran vielseitig die Hoff nung, daß diese Begegnungen der Monarchen für die Lösung der süddeutschen Frage von förderndem Ein flüsse sein werden. Im Interesse der so vielfach ge wünschten Abrüstung ist der baldige Eintritt der süd deutschen Staaten in den Norddeutschen Bund von Werth, denn so lange der deutsche Staat nicht definitiv constituirt ist, können wir Schwert und Schild nicht aus der Hand legen. Die übrigen Staaten Europa'« boten im abge laufenen Monate kein Ereigniß von allgemeiner poli tischer Bedeutung. —r. Tagesgefchiehte. - Frauenstein. Am verflossener Mittwoch feierte unser allverehrter Herr Superintendent vr. Hasse sein fünfundzwanzigjähriges Dienst - Jubiläum. Mit freudiger und aufrichtiger Theilnahme würde die ganze Gemeinde und namentlich die gesetzlichen Vertreter der Ortschaften Frauenstein, Reichenau und Kleinbob- ritzsch, sowie die Mitglieder des Kirchenvorstandes und die Beamten des königlichen Gerichtsamtes, diese« Fest mit dem würdigen und seiner HerzenSgüte halber wirklich geliebten Jubilar gefeiert haben, wenn ihnen nur irgend eine Notiz von Denen, welche die Feier veranstaltet haben, zu Theil geworden wäre. Erst am Morgen des Festtages erfuhr ein Theil der Mitglieder des Kirchen- Vorstandes und des StadtratheS, und zwar nur durch