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Dresdner Journal : 06.06.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186906067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18690606
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18690606
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-06
- Tag 1869-06-06
-
Monat
1869-06
-
Jahr
1869
- Titel
- Dresdner Journal : 06.06.1869
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LV«nar«rM,pretse: DreMerZoumal Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. Provinzialnach richten. Statistik und LolkSwirthschaft. Frequenz sächsischer Bäder. I» » tritt jldrUod S "rklr. 8t«wpelx«dUdr, »u»»«rk»Id a«» Koniii. ituoä«» ko»t- voä 8t« m p« I»u»«l>l»x du»». Lnseralenpretse: kür ä«v u»aw einer xeepeltenvn Heil«: 1 K^r. lauter „Linbe»»o6t" äi« /eil«: 3 K^e. Erscheinen: rL^liol», mit a«r kann- anä k>l«rt«ss», ad«»ä» kür äeo kolxeoüeo i ^. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die Anleihe der Stadt Reichenbach betreffend. Das Ministcrium des Innern hat zu der von dem Stadtrathe zu Reichendach, unter Zustimmung des da- sigeu größercu Bürgerausschusics, beschlossenen Anleihe von 231,600 Thalern gegen Ausgabe von auf den In haber lautenden, übrigens planmäßig auszuloosenden, bis dahin aber mit Vier und ein halb vom Hundert jährlich zu verzinsenden Schuldscheinen, nach Maaßgabe des vorgclegten Anlcihcplancs, sowie der Schuldscheine nebst Zinsleisten und Anscheinen, die Genehmigung ertheilt. Es wird Solches für die Behörden und alle Die jenigen, welche cs sonst angcht, hiermit zur öffentlichen Kenutniß gebracht. Dresden, am 2. Juni 1869. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz.Forwerg. l» RorLL. Na»«,: Hil.rlioü: « külr. Hxr >LjüUrIick: 1 „ lü „ UonAtNoN:— „ lS „ ^i»relo«tluinm«ro: 1 ,, Nichtamtlicher Theil. Uebcrsickt. relegraphische Nachrichten. LageSgeschichte. Sächsische Landtag-Wahlen. Dresdner Nachrichten. Tagesgeschichte. 6 Berlin, 4. Juni. DaS Präsidium des ersten deutschen Zollparlaments wurde für die diesjährige Sitzungsperiode heute wiedergewählt und zwar sofort im ersten Wahlgange mit entscheidender Majorität. Während Präsident Simson dem Gedanken der natio nalen Zusammengehörigkeit in den Worten, in welchen er für die auf ihn gefallene Wahl dankt, nur einen leisen Ausdruck gab, entwickelte der zum ersten Vice- Präsidenten gewählte bayersche Premierminister, Fürst v. Hohenlohe-Schillingsfürst, unter dem lebhaften Bei fall der überwiegenden Mehrheit des Zollparlaments mit Nachdruck den Gedanken, daß er aus seinem natio nalen Standpunkte unbeirrt verharren werde. Diese, wie man allgemein annahm, als politisches Programm aufzusassende Rede ist vielleicht als eine Kundgebung zu dem Ausfall der letzten bayerschen Landtagswahlen anzusehen, wird aber sicher nicht verfehlen, in der bun desfreundlich gesinnten Presse des Nordens wie des Südens ungctheilte Befriedigung hervorzurufen. Fürst v. Hohenlohe.empfing nach Schluß seiner Rede von vielen Seiten Glückwünsche, die sowohl dem Inhalt seiner Worte, als der ungezwungenen, sich wie von selbst ergebenden Gelegenheit, dieselben zu sprechen, galten. Die Worte, mit denen der Herzog v. Ujest die auf ihn gefallene Wahl annahm, waren rein ge schäftlicher Natur. Die süddeutsche Fraction stimmte für den Präsidenten Simson, stellte aber für den ersten und zweiten Viccprästdenten besondere Candidaten auf. Dasselbe that die Fortschrittspartei für die Stelle des zweiten Vicepräsidenten. Die unbeschriebenen Zettel, die regelmäßig eingingen, rühren thcils von den So- cialisten, thetls von den avancirtesten Süddeutschen her. Uebrtgcns waren die Süddeutschen erheblich zahlreicher erschienen. Die Wahlen der Vorsitzenden in die 7 Ab- thcilungen, in d>e das Haus zerfällt, haben verhält- nißmäßig viel Vertreter von Mittel- und Kleinstaaten ergeben; die altpreußischen Conservativen blieben in erheblicher Minderheit. Die 7 Abtheilungcn des Zoll- Parlaments haben sich unter dem Vorsitze folgender Abgeordneten constituirt: I. Jordan (Bayern), l)r. Becker- Dortmund; U. Graf Solms-Laubach, Forster; 111. vr. Stephani (Leipzig), vr. Marquardsen; IV. v. Forckcn- bcck, v. Bockum-Dolffs; V. Or. Wagner (Altenburg), Graf zu Münster; VI. v. Frankenberg-Ludwigsdorf, v. Denzin; VII. Lasker, v. Stauffenberg. — Uederden specicllen Gang der heutigen Sitzung Folgendes: Man schreitet zur Wahl des ersten Präsidenten. Es werden 228 Stimmzettel abgegeben, wovon 6 un beschrieben sind und von denen u. A. je 1 Stimme auf Abg. Mende und Abg. Sepp fallen, während für vr. Simson 215 Stimme» abgegeben sind. Der mit über wiegender Mehrheit Gewählte nimmt die Wahl mit folgenden Worten an: „Meine verehrten Herren! Sie rufen mich abermals an diese Stelle. Ich habe kaum nöthia, auszusprechen, daß ich es für meine Pflicht erachte, diesem Ruse zu folgen, und daß ich es gern thue. Mich beseelt das lebendige Gefühl der hohen Auszeichnung, die Sie mir wieder zu Theil werden lassen, und der lebendige Wunsch, durch gerechte und unbefangene Hand habung unsrer Geschäftsordnung für den Fortgang unsrer Ge schäfte nach allen meinen Kräften zu forgev. Ich weiß, daß das Haus mich in allen feinen Theilen dabei mit dem Ver trauen unterstützen wird, ohne welches sich die Aufgaben mei nes Amtes nicht lösen lasten. Und wenn es Fragen wesentlich materieller Natur sind, die uns für die Wochen unsers Bei sammenseins beschäftigen werden, so erlangen sie — wenn ich das aussprcchen darf — eine höhere Weihe durch die Bewach- tung, daß es gleichzeitig Fragen von nationaler Zusammen gehörigkeit und dem Bewußtsein einer solchen sind." (Bravo von den Nationalen.) Tas Haus dankt hierauf dcm Alterspräsidenten für seine bisherige Thätigkeit durch Ausstchen. — Zur Wahl eines ersten Vicepräsidenten werden 220 Stimmzettel abgegeben, darunter 5 unbeschriebene. Auf den bayerschen Premier Minister Fürsten v. Hohen lohe-Schillingsfürst sind 168, auf den Viccpräsi- deutcn des bayerschen Abgeordnetenhauses, Frhrn. v. Thüngcn, 32 Stimmen gefallen, die übrigen zersplit terten sich zumeist auf einzelne Süddeutsche. Fürst v. Hohenlohe dankte für die ihm zum zweiten Male er wiesene Ehre folgendermaßen: „Diese Ehre ist um so größer und meiue Dankbarkeit um so aufrichtiger, al- ich im vergangenen Jahre nicht Gelegenheit gehabt habe, Beweise für meine Befähigung zn dem mir über- agcnen Amte abzulegeo. Wenn Sie mich dennoch heute ge wählt haben, so haben Sie mir damit das Recht gegeben, das Motiv Ihres Vertrauen- iu meiue Thätigkert außerhalb dieses HauseS zu suchen. (Vielseitiges: «ehr wahr!) Damit gewmot aber Ihr Votum für mich eine höhere politische Be deutung, und das Vertrauen dieses hohen Hauses wird mir den Muth gebea, auf dem Wege, den ich für deo richtige» halte, unbeirrt fortzuschreiten (Lebhaftes Bravo! von vielen Seiten) und auszuharren in dem Bestreben, für Verständigung, Ver söhnung und Eintracht der deutschen Stämme mit allen Kräf ten zu wirken. (Zustimmung.) Sollte ich Gelegenheit haben, in dieser hohen Versammlung den Vorsitz zu führen, so ersuche ich Sie, mir mit freundlichem Wohlwollen uud Nachsicht ent gegen zu kommen." (Lebhafter Schlußbeifall.) Unter den zur Wahl eines zwei teil Vice Präsi denten abgegebenen 208 Stimmzetteln sind 8 unbe schriebene. Von den giltigen Zetteln tragen 134 den Namen des Herzogs v. Ujest, 31 (von den Süd deutschen abgegebene) den Namen v. Naurath (Würt temberg), 22 (von der Fortschrittspartei abgegebene) den Namen vr. Löwe; die übrigen haben sich ze> split tert, auf vr. Stroußberg sind 2 Stimmen gefallen, was das Zollparlament mit Heiterkeit anfnimmt. Ler Herzog v. Ujest nimmt die Wahl unter tiefstem Aus druck für die ehrenvolle Auszeichnung an. — Das Er- gebniß der Schriftführerwahlen wird in der nächsten Sitzung mitgetheilt werden. (Gutem Vernehmen nach sind dies 6 Schriftführer des Reichstags und die Süd deutschen Frhr. v. Zu Rhein — an Stelle des nicht wiedergewählten Grafen v. Luxburg — und Frhr. v. Stauffenberg.) Der Präsident ernennt die Abgg. v. Auerswald und vr. M. Barth zu Quästoren. Man beschließt, eine Geschäftsordnuugscommission von 14 und eine Petitionscommission von 28 Mitgliedc.ru zu bilden. Auf die Tagesordnung der Montagsfttzung setzt man die Berathung über die geschäftliche Behand lung des Handelsvertrags mit der Schweiz, des Frcuud- schafts, Schifffahrts- und Handelsvertrags mit Japan und des Gesetzentwurfs wegen der Besteuerung des Zuckers. * Berlin, 4. Juni. Nach der „N. Pr. Z." ist in dem Befinden dcs Bundeskanzlers Grafen Bismarck gestern eine entschieden bessere Wendung cingetrewn. Die Einladungen desselben z» der morgenden Soiree sollen bereits an die neu hinzugetretencn Mitglieder deS Zollvereins abgegangen sein. — In der heutigen (24.) Sitzung des Bundesraths des Norddeutschen Bundes führte der Präsident des Bundeskanzleramtes, Delbrück, den Vorsitz. Die Miltheilungen des Präsidenten des Reichstags, betref fend: ») die Ablehnung deS Gesetzentwurfs über die Besienerung der Schlußscheine; d) die Ablehnung des Gesetzentwurfs über die Besteuerung des Braumalzes: v) die Beschlüsse des Reichs tags über den Antrag wegen der Ausgabe von Staatskassen scheinen; ä) die Beschlüsse de« Reichstags über den Antrag we- geo der Entschädigung für die Beschränkungen des Privaleigen- thums durch die FestungSrayonSbestimmungen; «) den Beschluß des Reichstag« über den ersten Bericht der Bundesschuld-n- commission; t) die Literarconvention mit Italien; x) die Pe tition des Consuls Lotste und Genoffen; K) die Petition der neuen Harburg Altona Hamburger Dampsschiffsahrtsaescllschast zu Harburg, wurden vorgelegt. Es folgte sodann die Beraihung über die vom Reichstage bei der zweiten Lesung der Gesetzent würfe, betreffend I) die Besteuerung dcs Branntweins, -) die Wcchselstcmpelsteuer, 3) die Rechtshilfe, gefaßten Beschlüsse. Mehrere an den Bnodesrath gerichtete Eingaben gingen an die betreffenden Ausschüsse. — In der hcutigrn (5.) Sitzung des Bund cs- raths des Zollvereins führte der Präsident dcs Bundeskanzleramts, wnkl. Geh. Rath Delbrück, auf Grund einer Substitution dcs Bundeskanzlers, den Vorsitz. Ueber die Vorlage des Präsidiums, betreffend den Entwurf eines Vercinszollgcsctzcs, wurde der Ausschußbericht erstattet. — Nach den der „Z. E." zugegangcnen Nachrichten beabsichtigten die Äeltcsten der m e n n o n i t i s ch e n Gemeinden sich nach Er ledigung ihrer an den Reichstag gerichteten Petition unter Darlegung des Sach- und Rechtsverhältnisses nochmals an die Gnade Sr. Majestät des Königs zu wenden. — Die „N. A. Z." schreibt: Die vor einigen Abg. v. Hennig fragt an, wie die Regierung zu der Annahme des Gesetzes stehe. Präsident Delbrück will die Beschlüsse der dritten Lesnng abwarten. Die Einführung der Fabrikatssteuer sei unmöglich, wenn die Steuerhöhung abgelcbnt werde. Der Schluß des Reichstags erfolge voraussichtlich erst nach dcm Schluffe des ZollParlaments. Mindestens würden noch zwei Plenarsitzungen dcs Reichstag stattfinden. Nachdem bei der Abstimmung über die Branntwein steuer die Erhöhung abgclehnt worden, erklärt Präsident Delbrück: Die Bundesregierungen legen keinen Werth auf die Weiterbcratbnng des Gesetzes. Schließlich wurden daS Gesetz über die Recht-- Hilfe und der Vertrag mit Baden wegen der Mi- litärfreizügigkeit in dritter Lesung angenommen. Wien, Sonnabend, 5. Juni. (Corr Bür) Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht das Gesetz über Regelung der Grundsteuer, Gesetz betreffs Umge staltung der Linz-Budweiser Pferdebahn in eine Locomotivbahn und daS darauf bezügliche Ueberein- kommen zwischen der Regierung und der Eisenbahn. Pesth, Freitag, 4. Juni, Abends. (Eorr.-Bür.) DaS Unterbaus nahm in der Specialdebatte un verändert den Adreßentwurf der Deakpartei an. Brüssel, Freitag, 4- Juni, Nachmittags. (W. T. B) Die Repräsentantenkammer hat mit 54 ge- gen 33 Stimmen die Amendements deS Senats zu dem Gesetze über die Aufhebung der Schuldhaft verworfen und die Vorlage in der ursprünglichen Form wieder angenommen. Madrid, Freitag, 4. Juni, Abends. (W.T.B.) Die Unterzeichnung der Verfassung durch die Mit glieder der CorteS schreitet fort; bis jetzt haben S Deputirte der republikanischen Partei ihre Un terschrift verweigert. (Vgl. unter „Tagesqeschichte".) Ein Dekret Zaina'S hat die Einweihungsfeier deS NauonalpantheonS auf den 13. d. verschoben. In der heutigen Sitzung der CorteS bestätigte, auf eine an ihn gerichtete Interpellation, der Mi nisterpräsident Serrano die Demonstration der Frei willigen aufCuba gegen den Generalcapitän Dulce, um ihn zu seiner Einschiffung zu zwingen; jedoch sei die Ernennung des neuen Gouverneurs Ca ballero de RodoS vercitS bekannt gewesen. (Vcrgl. unter „TageSgcschichte".) London, Freitag, 4. Juni, RachtS. (W.T.B.) In der heutigen Sitzung deS Oberhauses kam die Alabamaangclcgenhett zur Sprache. Viscount Stratford beantragt die Vorlage des Alabamatractatcs, bezeichnet die Rede des Senators Sumner als extravagant, hofft die besonnene Wieder aufnahme der Verhandlungen und lobt den Charakter des neuen Gesandten der Union, Motley. Der Staats- secretär des Acußcrn, Earl Clarendon, skizzirt die frühen: Verhandlungen, nennt Sumner's Rede eben falls extravagant und bedeutungslos, da Sumner nicht Mitglied der nordamcrikanischcn Regierung sei, und versichert Englands Bereitwilligkeit zu einem friedlichen Ausgleiche, wofern nichts Ehrwidrigcs gefordert werde. Bukarest, Freitag, 4. Juni. (Corr.-Bür.) Prinz Otto von Bayern ist inkognito eingetroffen und wurde vom österreichischen Generalkonsul im fürstlichen Palais empfangen. Athen, Mittwoch, 2.Juni, Abends. (W.T.B.) Das Ergebniß der Wahlen ist jetzt vollständig be- kannt und ist dasselbe ein, dem srühern Ministe rium Vulgaris wenig günstiges. Es sind vielmehr zum großen Theil Anhänger des jetzigen Ministe riums KomunduroS gewählt worden. New-Uork, Freitag, 4. Juni. (W.T.B.,Kabcl- tclegramm.) Der Präsident hat Russel Jones zum Gesandten am belgischen Hofe ernannt. Aus Cuba eingctroffenc Nachrichten melden, daß der Gouverneur von Matanzas aus Anlaß gegen ihn gerichteter Demonstrationen der Frei willigen seine Entlassung gegeben hat. 6owllü»»loQ>te - ä«l Dreitiner ^ourn»i8; «t>«llä».: H. l'oir; U»mdnr?-N»rld>" ->»«: -U : öl Voai.»», N»rU»: Nundd , Nmriürri»'» kur«»u, Rvool.»-» ölos», Nrsmen: k. 8cul.orr«; I,. Xnvo»c«ndurs«u, NiLl, t ».N.: liueük.; NLIo: Kivi», Uvl.r.,»:n L Oo., (S, kl»«. ä« l» Lour»«); Nr»?: I?» Uucüü.r wi«>: Xl.. Könlzl. L»p»äitioo ä», Dr«»üv«r vr««ä«o, L1«ri«»itr»»»« Ko. 7. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Sonnabend, 5. Juni, Vormittags. (Tel. d. Drcsdn. Journ.) In der heutigen Sitzung deS Reichstags stand auf der Tagesordnung auch die dritte Lesung des Finanzgesetzes von 18^0. Gei der allgemeinen Debatte spricht Abg. Ewald (Hannover) über die Mißstimmung in den neucrwor- bencn Provinzen. Als Redner zu den Ereignissen dcs Jahres 1866 übcrgeht, droht ihm der Prasidcnt Sim son mit Entzühung des Wortes. Abg. Ewald verzich tet aus das Wo:t. Abg. Wagener entwickelt die künftige Finanzpoli tik der Conservativen und hofft rinc Verständigung mit dcn Nativnalttberalen auf Grund der Erhöhung der indirekten Steuern durch einen später» Reichstag. Die Nattonalliberalen könnten sich dieser Bewilligung nicht dauernd rntttehrn. Abg. v. Forckenbeck hebt die Nothwendigkeit her vor, daß erst der preußische Landtag die Finanzlage prüfe, ehe die Nationatliberalcn auf ein Arrangement eingehen. Präsident Delbrück kündigt eine Nachtragsfor derung für dcn Bundeshandelsgrrichtshof an und be- rechnct dcn Ertrag der Wcchselstrmpelstener für die Bundeskaficn auf circa 890,000 Thlr., um welche Summe sich die Matricularbctträgc M» mindern würden. Abg. Mende spricht (unter Heiterkeit und Unter brechungen) gegen die Bewilligung dcs Budgets. Bei der Abstimmung wird die Budgetvorlage angenommen. Berlin, Sonnabend, 5- Juni, Nachmittags. (W. T. B.) Nachdem der Reichstag in seiner heu tigen Sitzung den Gesetzentwurf wegen deS rectifi- rirten Budgets für 1868 in dritter Lesung geneh migt hatte, erfolgte die dritte Brrathuna deS Wcch- selstempelgesetzeS. Der Präsident des Bundeskanz leramts, Delbrück, erklärt die Zustimmung des BundeSratbS ru den bei der zweiten Lesung vom Reichstage gefaßten Beschlüssen, und wird daS ganze Gesetz mit großer Majorität angenommen- Bei der dritten Berathung drS FinanzrtatS für 1870 werden die einzelnen Positionen genehmiat und ein Amendement deS Abg. v. Forckenbeck, nach dem Präsident Delbrück demselben zuaestimmt hatte, angenommen. Es folgt die dritte Berathung der Branntweinsteuer. Feuilleton. AuS Livland. In der ersten Nummer ihres 92. Jahrganges hat die „Rigasche Zeitung" einen Rückblick auf das Jahr 1868 m:t folgenden Worten eingeleitet: „Das abge- lausene Jahr hat den Provinzen keine Veränderungen der allgemeinen politischen Situation gebracht, wir tre ten in das neue Jahr unter derselben Pression, welche seit mehrern Jahren alle unsre Verhältnisse be herrscht. Welche Wirkung die eben erst vollzogene Thatsache der Loyalitäiserklärung der baltischen Ritter schaften haben wird, ist noch nicht zu beurthcilen; als Zeichen des hier herrschenden aufrichtigen Friedensbe- dürfnisses, als eine Handreichung zur Beilegung des Zwiespalts sei sie ohne alle Kritik sreudig begrüßt. Indem wir jedes weitere Eingehen auf diesen Gegen- ttand vermelden, wollen wir auch von Seiten der bal tischen Presse den Wunsch nach Versöhnung docu- mentiren." Auch wir wollen uns einer unfruchtbaren -ritt! der ritterschaftlichen Nachgiebigkeit gegenüber den Wünschen des kaiserlichen Statthalters in Liv-, Ehst- und Kurland enthalten und die naheliegende Frage, welchen greifbaren Nutzen diesen Landen einige leere Ergebenheitsphrasen gewähren sollen, wenn nicht ihr vom Anbeginn der Zusammengehörigkeit mit Rußland unausgesetzt in Krieg und Frieden bewährtes Verhal ten strengster Loyalität sie vor schnöder Unbill und ge hässiger Verleumdung schützen konnte, hier unerörtert lasset»; gern würden wir uns auch dem Wunsche der „Rigaschen Zeitung" nach „Versöhnung" auschließrn, wenn wir gegenüber dem ebenso übelwollenden wie illoyalen Verfahren der national-russischen Presse irgend einen Erfolg davon uns vcrsp:ccbcu könnten. Wenn die russ. Regierung, welche mit ihren deutschen Unterthanen bislang kaum auf Kriegsfuß gestanden, neuer dings leider ein intolerantes System russificirender Ni- vellirung, wie im aufrührerischen Polen und Lithauen, so auch in den loyalen baltischen Küstenländern zu inaugurircn begonnen hat, so folgt sie dabei viel leicht weniger eigener Neigung und Ueberzeugung, als dcm unabwciSlichcn Drängen der seit der „neuen Aera" unter Alexander II. in jugendlicher Kraft und unter Leitung hervorragender Latente zu bedeutungsvoller, einflußreicher Thätigkeit cmporgcwachscnen russischen Presse. Nur in hoch civilistrten Staaten wird die öffentliche Meinung aus dcm Volke selbst sich fortbil den und die Presse leiten und beherrschen; in Rußland wird, bei dem fühlbare»» Mangel gründlicher Bildung, freier Forschung und selbstständiger Urtheilskraft, noch mehr als irgend wo sonst in Europa in »erb» msgistri geschworen, den Orakelsprüchen einer einmal iu Mode gekommenen Autorität nachgebetrt. Der von einer solchen Macht systematisch irregeleiteten öffentlichen Mei nung dcs russischen Volkes eine gründlichere Kcnntniß und gerechtere Bcurtheilung des baltischen WcsenS und Sondcrlebcns beizubringen, fehlen uns leider Mittel und Wege. Abgesehen davon, daß die baltischen Tages blätter, gleich der übrigen provinziellen Presse, unter dem drückenden Joche einer strengen Ernsur arbeiten, während ihre Gegner in St. Petersburg und Moskau seit Jahren von der Prävrntivcensur befreit find, so nützt auch dir zahme Polemik, welche den deutschen Zei tungen gegen die hauptstädtische Presse noch zu führen vergönnt »st, um so weniger, als diese allein vom rus sischen Volke gelesen wird und sich durchaus nicht be wogen fühlt, demselben etwaige Zurechtstellungen und Widerlegungen seiten der baltischen Presse mttzuthrilen. Wie wenig cs aber den Herren Literaten in Mos kau und St. Petersburg um die ihnen von der „Riga- schcn Zeitung" zu Beginn dieses Jahres gebotene Hand der Versöhnung zu thun ist, das beweisen die unausgesetzten verleumderischen Angriffe derselben ge gen alles, was bei uns zu Recht besteht und uns werth und heilig ist. Außer der Förderung russischer Sprache und griechischer Confession liegen den Moskowiten besonders die Agrarverhältnisse der Ostseeprovinzen am Herzen, und es wird kein Mittel gescheut, die Letten und Ehsten gegen ihre deutschen Landsleute und Glau bensgenossen zu verhetzen und die Deutschen vor dem russischen Lescpublicum als die schwärzesten Bauern schinder und verranntesten Reactionäre auszumalen. Natürlich wurde die infolge dreijähriger Miß ernten in einigen Gegenden Liv- und Ehstlands leider schwer drückende Noth von den Herren Katkoff und Genossen freudigst io u»um lielpdini ausgebeutet und einige durch gewissenlose Schwindeleien zur Auswan derung nach Rußland verlockte Bauernfamilien mußten mit jammervollem Elend ihre thörichte Leichtgläubigkeit büßen, um der „Moskau'schen Zeitung" als unwider leglicher Beweis für die grausige Lage des baltischen Bauernstandes dienen zu können! Vergebens suchte der Secretär deS livländischen statistischen Comttös, Fr. v. Jung-Stilling, mit Veröffentlichung des in seiner amt lichen Stellung fleißig gesammelten „statistischen Ma terials zur Beleuchtung livländischer Bauernverhält nisse" durch die deutliche Sprache der Zahlen die er freulichsten Fortschritt- der bäuerlichen Entwickelung in Livland darzuthun: unsre guten Freunde in Moskau tasten, wo sie sonst nicht- durch Verdrehungen rc. ein- rnwendcn wissen, einfach die Zuverlässigkeit der Jung'- schen Angaben an und und verharren mit erhabenem Gleichmuth bei ihren alles factischen und moralischen BodcnS entbehrenden Anschuldigungen, e- kommt ja puf Beweis und Schuld nicht i» Geringsten an, wenn der Jude nur gehängt wird I Im Frühjahr beging die livländische Bauernschaft in herzlicher Eintracht mit dcn deutschen Gutsherren und Predigern die 50jährige Ju belfeier ihrer persönlichen Freiheit; das ist allerdings den lieben Herren an der Newa und Moskwa etwas unbequem gewesen, aber wie lcicht wissen sic auch das sich weise zurecht zu legen und für ihr Lieblingsthcma zu verwerthen: aller Jubel, alle Festfreude der Baucrn, ihre Fcstgesänge und Dankredcn, Alles ist ja von den deutschen Tyrannen bestellt und erzwungen gewesen I Wie sollten auch die armen, geplagten Bauern darauf kommen, ihre Befreiung von der Leibeigenschaft zu feiern, da sie ja noch bis vor Kurzem unter der drückenden Last der Frohne seufzten und noch heutzu tage nicht Alle Grundcigcnthümer geworden sind, um gleich den biedern Russen die mübelos erworbenen Früchte deS Grund und BodcnS fröhlich in den Schen ken zu verprassen, während Weiber und Kinder in Noth und Unbildung verkommen! Wirklich erstaunenswerth, wenn man noch über die Einfälle der moskowitischen Literaten erstaunen könnte, erscheint die erfinderische Energie, mit welcher gerade den trostlosen Agrarver hältnissen Rußland- gegenüber die in jeder Beziehung um viele Deceunien regsamer fortschrittlicher Entwicke lung überlegene, bei Weitem günstigere und erfreu lichere Lage der Letten und Ehsten grau in grau auS- gemalt und mitleidig bedauert wird. Damit läßt sich nur die naive Dreistigkeit vergleichen, mit welcher dieselben Propheten der öffentlichen Mei nung in Rußland, deren eminente EntdeckungStalente sich an den Quellen de- Ntl- trefflich bewähren könn ten, ihre Leier glauben machen wollen, die griechisch- orthodoxe Kirche sei in den Ostseeprovinzen unterdrückt und bedroht, und die daselbst angefiedelten Russen wür- dm in ihren Rechten auf nationale Existenz empfind-
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