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Diese» Blatt erscheint täglich Rdends und ist durch all« Poft« anstalten des Zn- »nd Auslände» zu beziehen. Dresdner Journal, Preis für da» Vierteljahr Lhlr. 3»sertio»«gebüh» re» für den Rau» einer gespalten«« Zeile 12 Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. Staatsdiener und Bürger. — Plan zur Verbesserung der geschäftlichen Verhältnisse. — Beitrag zu Beantwortung einer der wichtigsten Aeitfragen: „wir ist für arbeitlose Tausende, ohne Geldopfer der Arbeitgeber, nützliche und lohnende Beschäftigung zu ermöglichen?" — TageSgeschichte: Dresden: (Seh. Regierungsrath Weinlig. Zwickau: Details der Wahlhandlung. Stettin. Köln. Flensburg. Rörmund. Frankfurt. Stuttgart. München. Kassel. Wien. Pesth. Paris. Straßburg. Mailand. Rom. Neapel. London. — Kunst und Literatur: Hoftheater: „Tartüffe" und „Der Lügner und sein Sohn."—Feuilleton.— Ei «gesendetes. — Orttkalender.— Angekom- mene Reisende. — Anzeigen. Gtaatsdiener und Bürger. „ Dadurch, daß ich ein Mitglied der Regierung gewor ¬ den bin, habe ich nicht aufgehürt, Burger zu sein, und al- Bür ger will und werde ich an allen politischen Bewegungen meines Vaterlandes Lheil nehmen. Dieses Recht, ja diese Pflicht ha ben in ihrer Eigenschaft al- Bürger alle Beamte rc." Römer, würtembergischer Minister (siehe Dresdner Journal Nr. 31 Feuilleton). Als ich in Nr. 6 des Herold vom Jahr 1846 einen Artikel: „Kann, darf und soll ein Staatsdiener ein Liberaler sein?*' unter meinem Namen veröffentlicht und an dem vielbesprochenen Reise- witzischen, politischen Festmahle Theil genommen hatte, wurde mir auf Befehl des Finanzministers v. Zeschau durch den Direktor unserer Akademie, des letzter» Umstandes wegen, ein mündlicher Verhalt unter Zugrundelegung einer schriftlichen Ministerialver- sügung zu Theil. In letzterer waren (woraus ich die sorgfältige Ueberwachung der Staarsdiener ersehen konnte und wahrscheinlich sollte) einige Sätze aus meinem eben erwähnten Artikel*) wört lich angezogen und ich dabei auf h. 2 des nichtswürdigen Bundes- -eschluffeS wegen der Universitäten verwiesen, nach welchem ein akademischer Lehrer, der sich politisch unbequem zeigt, ohne weite res abgesetzt und in keinem andern Bundesstaate wieder angestellt werden sollte. Die erwähnte Minifterialverfügung, deren mir erst auf ausdrückliches Einkommen gewährte Abschrift seit länge rer Zeit in den Händen meines Freundes, des Bundestagsgesandten Todt sich befindet, mir aber jetzt leider nicht vorliegt, sucht den Be weis des direkten Gegentheils von Dem zu führen, waS in der oben angezogenen Stelle der jetzige Minister Römer ausspricht. Der Staatsdiener mußte in der alten, nun Gott Lob ver lassenen Ordnung der Dinge sich einer selbstständigen politischen Meinung entäußern. Ich sage mit Absicht entäußern. Denn inwendig eine solche zu bergen, war ihm gnädigst verstauet, wie auch jene Verordnung an mich des Breitern ausspricht. Der Umschwung der Dinge ist gerade noch zeitig genug ge kommen, um einen völligen Bruch zwischen dem Gtaatsdiener und dem Bürger zu verhüten, der schon ganz nahe drohete. Obige Worte Römers würden unsere Herren Minister, Oberländer voran, gewiß unbedenklich unterschreiben, und dadurch eineEmanzipazion der StaatSdiener, die ja keine Ministerdiener mehr sind, aussprechen. Wenn sich jetzt viele Staatsdiener durch Darlegung fteiheit- *) Durch dessen Wiederabdruck ich mich in meinem Wahlbezirke empfoh len habe. athmender Grundsätze emanzipiren, so mißtraut ihnen das Volk, weil unter einem entschieden liberalen Ministerium der Liberalis mus der Staatsdiener ministeriell und daher der Gelegenheit be raubt ist, sich probehaltig zu erweisen. Die Gerechtigkeit erheischt aber, hier zwei Klaffen zu unterscheiden: diejenigen Staatsdiener, welche früher ersichtlich aus Furcht keinerlei politische Farbe zeigten, und diejenigen, welche offenbar mit Bewußtsein und Zustimmung die Ausführer und Lobredner des gestürzten Re gimes waren. Die erstem werden jetzt frei athmen und eS ist kein Grund vorhanden, die Aufrichtigkeit ihrer jetzigen Gesinnung zu bezweifeln. Bei ihnen war tsbuls rsss, auf der jetzt gewiß bei sehr vielen die Freiheit ihre unaustilgbare Inschrift eingegraben hat. Die letztem — müssen sich gefallen lassen, ihre jetzige Be- argwöhnung als selbstverschuldete Strafe hinzunehmen. „Für den selbstständigen Charakter," sagte ich in dem er wähnten Artikel, „giebt eS keinen unerfreulichem Anblick, als einm sonst achtbaren und tüchtigen Mann ohne eigene (politische) Mei nung, einen Anblick, den man unter den StaatSdienern, selbst der höchsten Stufen in Deutschland, tausendfältig haben kann." — — „Es giebt für einen Staatsdiener, der mit dienstlicher Pflicht treue, und, wenn er ein sogenannter Gelehrter ist, mit regem Eifer für seine Wissenschaft Liebe zu seinem Volk zu verbinden weiß, nichts Niederdrückenderes, als die Warnungen an daS Volk, ihre Vertreter nicht aus den StaatSdienern zu wählen, denn sie stellen die Staatsdiener als dem Volke präsumtiv feindselig dar." Er steres wird und muß nun verschwinden, und somit der Grund zu Letzterm allmälig wegfallen. Das berührte Mißtrauen des Volkes gegen StaatSdiener hat mich nicht abhalten können, in die Reihe der Bewerber um die Parlamentswahlen zu treten, denn ich bin mir bewußt, daß es mich nicht treffen kann. Die Aufnahme meines NamenS in die Kandidatenlisten der Generalversammlung der sächsischen Vater landsvereine und des Dresdner deutschen Vereins nahm daS Drückende des Staatsdienstes von mir, welches mir das „Er- hebende des Staatsdienstes, für seines Volkes Interesse im aus drücklichen Auftrage zu arbeiten", vergällte. Ich würde daher eine auf mich fallende Wahl (meine Tüch tigkeit, über die mir kein Urtheil zusteht, vorausgesetzt) als einen Akt der Aussöhnung zwischen Bürgern und StaatSdienern er kennen. Lharand. E. A. Roßmäßler.