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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.05.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120513011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912051301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912051301
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-05
- Tag 1912-05-13
-
Monat
1912-05
-
Jahr
1912
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Morgen-Ausgabe Bezu-A-PreiS Anzeige»-Preis 12 MpMcrTagMaU islrn Handelszeitnng Lankkonto: chnungeu Nr. 242 los. Jahrgang Montag, üen >s. Mal ISI2 Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Seiten ein 12224 * Theateranzeigen siehe Seite 10. s en von KI »6 S8 Man beacht- auch bi- Anf-rat- in b-v Ab-nb-An»gab-. die und B«nich.2k,«1» L»tpz>, >08. ro l9l1. chnin^rn des Ab. ; 5 Stück ck Aktien t Stellen P.UI»e<N.«t» L.tpst, «8. ol ke i.. ° 17 wk. ntlüel. ' null ' Lreis. cechtigten !0. Mai » - II, >1, v im «5t SV». 0 o SV nchternre. ngcn I Ü«LL1« ctenür. 6. Lei. 77«" 8lI»L rclil !0, kommen. Insbesondere wandte er sich gegen die dort getanen Angriffe auf eine angebliche Klassen justiz. Seine maßvollen Ausführungen und ihre sachlichen Momente werden ihren Eindruck auch in weiteren Kreisen nicht verfehlen. Gleich dem Justiz minister erkennt auch er gewiße Mängel in unserem heutigen Nechtsverfahrcn an, er verweist dieselben jedoch auf das Gebiet der Gesetzgebung, nicht der Rechtsprechung. Er bemängelt besonders unsere Gesetzesbestimmungen in roba« crimiualidn.--. Seine weiteren Darlegungen waren der auch in der Zweiten Kammer besprock^enen Vorbildung, d. h. praktischen Vorbildung unserer jungen Juristen gc widmet, und hier fand er später die volle Zu stimmung des Justizministers, der den Anregungen in dieser Beziehung weitestgehende Berücksichtigung, zunächst bei den großen Amts- und Landgerichten zusagte. - 1 14 692 Tel.-Anschl.i »4 «ss l 14684 Minister des Innern ein kräftig Kapitel über die Nutzlosigkeit der Ausgaben für unsere Gesandtschaften. Wenn den Sozialdemokraten inkl. der fortschritt lichen Volkspartei auch die 6 000 000 .lt für ihr eigenes Heim, d. h. das sächsische Ständehaus nicht zu viel erscheinen, — 200 000 für unsere aus wärtige Vertretung zur Wahrung unserer wirtschaft lichen Interessen und nationalen Repräsentenz aus- zugeben, halten sie für Verschwendung. Dagegen läßt sich nun nichts machen, und der Staatsnnnister begnügte sich, dies einsehcnd, mit einer kurzen kalt sachlichen Begründung der Auffassung der Regierung über die Einrichtung der Gesandtschaften. Wie ich Ihnen bereits berichtet«, berührte er dabei auch die frage der Haltung unseres Berliner Bevoll mächtigten in der Erbschaftssteuerfrage und die von. finanzminister von Seydewitz abgegebenen beiden Erklärungen, ohne aber überzeugend wirken zu können. Die sächsische Regierung hat tatsäch lich ihren Standpunkt in dieser frage geändert, wenn man ihr anderseits auch die Berechtigung der Motive zucrkennen muß. Mit besonderem Eifer nahm der Abg. Günther im Laufe dieser Wock>c Gelegenheit, seinen Nachbarn von der äußersten Linken hilfreich beizuspringen. Dies war zwar nicht überraschend, aber etwas auf fallend. Vor allem trat sein freundschastlicljes Be mühen zutage am Mittwoch bei der Auseinander setzung über die Beschlußfähigkeit des Hauses. An diesem Tage schien tatsächlich die Kammer an der Grenze der Leistungsfähigkeit angelangt zu sein. Wie Abg. Opitz später konstatierte, hat die Zweite Kammer inkl. der Deputationssitzungen Tage von 13—16stündiger Arbeitszeit zu bewältigen ge habt. Jedenfalls ein ganz exorbitanter Ausnahme zustand, dem ein gleiches Maß von Rücksichtnahme zuzubilligen ist. Ein Kammerbeschluß solle den Willen der durch das Wahlergebnis bestimmte» Kammer zum Ausdruck bringen, aber niemals das Resultat einer zufälligen Mehrheit sein. Von diesem Standpunkte aus waren die Mitte und Rechte des Hauses berechtigt, den beabsichtigten „Streich" de«. Sozialdemokraten, die günstige Situation zur Ab stimmung über ihre Anträge auszunützen, mit allen Mitteln der Geschäftsordnung zu verhindern. Und das geschah ja auch. In gleicher Weise hat auch die Erste Kammer ein tüchtiges Stück Arbeit geliefert. Sie erledigte außer einer größeren Anzahl Etatkapitel des Lisen- bahnressorts u. a. den Antrag betr. freie Eisenbahn fahrt für Urlauber, den Titel Akademie für graphische Künste, Buchgewerbe und Kunstgewerbe, den Titel betr. Fürsorgeerziehung und die Abänderung d«s Gesetzes über die feuerbestattung z. T. konform den Beschlüßen der Zweiten Kammer, sowie den Antrag betr. Abrufen der Züge auf den Stationen. Die Schlußberatung des Iustizetats gab, wie zu erwarten, dem verdienstvollen Jurist Exzellenz Pro fessor Dr. Wach Gelegenheit, auf die betreffenden Verhandlungen in der Zweiten Kammer zurückzu- ?n, n statt »lla«m»t«< Deustch« Lredtt» Lnilatt Brühl 7Ü/77. Deutsch« Bank, Filiale Urlprta Dep.-Nall« Dnmm. Stetnw-a 6. Amtsblatt des Aales und -es Nokizeiamtes der Ltadt Leipzig Sächsische Parlamentsmache. (Von unserer Dresdner Redaktion.) X Selten wohl hat der Landtag und insbeson dere die Zweite K a m me r so intensiv gearbeitet, wie in der vergangenen Woche, sowohl im Plenum als auch in den Deputationen. Auch die Herren Volksvertreter sind eben untertan menschlichen Schwächen und müssen dann auch ihrerseits folgeerscheinungcn folgsam auf sich nehmen, eilen, wenn „die Not alle Mann an Deck ruft". Die Woche eröffnete eine Montagsitzung 9 Stunden Dauer. Der neue Tag hatte bereits seinen Lauf begonnen, als unsere Abgeordneten die ersehnte Ruhe finden durften. Und am Dienstag? Es war keine Müdigkeit zu verspüren. Im Gegenteil. Auf der Linken und äußersten Linken las man dem //! e/r Das Wltztiglte. In Berlin fand unter Beteiligung von über 1200 Delegierten der 14. Allgemeine Der-- tretertag der Nationalliberalen Partei statt. * Der Deutsche Wehrverein hielt gestern in Berlin seine Hauptversamm lung ab. * Die Fortschrittliche Bolkspartei für das Königreich Sachsen hielt am Sonnabend und Sonntag in Chemnitz ihren Partei tag ab. * Das Henkel-Memorial in Hoppe garten (Ehrenpreis und 26 000 Mark) gewann Flagge vom Kgl. Hauptgcstüt Graditz unter F. Bullock, der außerdem noch drei Pferde des fiskalischen Stalles zum Siege ritt. — Die Badenia (Ehrenpreis und 60000 Mark), die am Sonntag in Mannheim gelaufen wurde, gewann Herrn W. Thiedes LoquetII mit Herrn A. de Fournas im Sattel. — Im Pest er Kö nigspreis (Ehrenpreis und 117 000 Kronen) siegte Kascal unter G. Janck und im Grand Prix de Bruxelles (50000 Franken) ging Baron Gourgauds De Viris als Sieger durchs Ziel. 14. Allgemeiner Vertreters üer Nattonsllideralen Partei. Berlin, 12. Mai. Unter Beteiligung von über 1200 Delegierten aus ganz Deutschland und bei fast vollzähliger Anwesen heit der nationalliberalen Fraktionen des Reichstags und der Einzellandtag« wurde am Sonntag der 14. Allgemeine Vcrtretertag der Nationalliberalen Partei abgehalten. Der Vorsitzende der Partei, Reichstagsabg. Basferman, eröffnete den Partei tag mit dem Hinweis auf die stolze Heerschau der Hunderte und aber Hunderte von Parteimitgliedern, die sich zum Parteitag hier versammelt haben. Er gab dann unter dem Beifall des Parteitages dem Wunsche Ausdruck auf einen großen Erfolg. Sodann brachte er ein dreifaches Hoch auf den Kaiser aus, in das der Parteitag begeistert cinstimmte. Hierauf wurden zu Vorsitzenden gewählt der Vizepräsident des Reichstags Dr. Paasche und der Vizepräsident des preußischen Abgeordnetenhauses Dr. Krause. Hierauf wurde in die Tagesordnung ein getreten. Der einzige Punkt lautete: „Arnderung der Partrisahnngen." Hierzu lagen eine Reihe Anträge vor, denen der Zentralvorstand am Sonnabend einstimmig seine Zu stimmung erteilt hat. Diese Aenderungen wurden vom Landtagsabg. Dr. Krause begründet: Die vor geschlagenen Acnderungen beziehen sich auf das Verhältnis de» Reichsverbandes der national liberalen Jugend zur Eesamtorganisation. Während bisher diese Beziehungen so geregelt waren, daß di« einzelnen Vereine und Verbände in unfern Satzungen überhaupt nicht genannt wurden, während der Reichsoerband als solcher bestimmte Rechte in der Partei hatte, so soll jetzt gewißermaßen diese Sache umgedreht werden. Der Reichsverband soll aus unserer Organisation völlig verschwin- Die Langemeile im Leben lies kinües. Langeweile ist, um mit dem Pädagogen Hcrbart zu roden, „viele lange Zsit". Bewußt wird sie uns in einem Gefühl der Unlust über den Mangel an irgendwelcher Beschäftigung, über den langsamen dder gar stockenden Verlauf unserer Gedanken. Wo Still stand, Stagnation in unsevm inneren Leben herrscht, wo wir uns nicht hinreichend beschäftigt merken, da spüren wir die innere Leere, und weil unser Geist in haltslos an sachlichen Vorstellungen ist, kommt uns eben die Vorstellung der Zeit, die wir bei hinreichen der Beschäftigung gar nicht gewahren, zum deutlichen Bewußtsein. Da dies« bloße Zeitvorstellung inrmer dieselbe, immer eintönig bleibt, da sie die Seele zu nichts anregt, wirkt das Gefühl der Langeweile eben unangenehm auf unser Gemüt ein. Dem ganz kleinen Kinde muß das Gefühl der Langeweile noch völlig fremd sein. Sehr natür lich. Denn einmal geht ihm die Vorstellung der Zeit noch ab, zum anderen hat es noch nicht versucht und erfahren, die Zeit mit einer Beschäftigung auszu füllen. Sein erstes Leben ist gar kein Leben nach den Begriffen Les erwachsenen Menschen, es ist viel mehr nur ein gleichmäßiges Dahinvegetieren. Auch in den ersten Lebensjahren noch, so etwa bis zur Schulzeit, wird ihm die Zeit schwerlich lang werden. Den» in diesen Jahren ist das Kind fast ganz Phan tasie. Die Vorstellungen, die es bis dahin gewonnen hat, setzt es fortwährend in höchst produktiver oder korNbinierender Weise zu immer neuen Gebilden zu sammen — man denke nur an sein« mannigfachen Spiele — ist also immer beschäftigt, innerlich an sei ner Arbeit interessiert und kann daher auch kein« Langeweile empfinden. Erst wenn es in den Jahren weiter vorwärts geht, wenn das innere Leben einen größeren Reichtum — inhaltlich wie der Kraftbetäti- gung nach — erhält, dann erst tritt zuzeiten die Langeweile auf. Im allgemeinen wird sie nicht bei allen Kindern gleichmäßig auftreten. Wo geistige Regsamkeit vorhanden, wo ein reicher Vorstellungs schatz da ist und der Geist sich gern beschäftigt, wird sie, wenn eben die Seele in ihrem Leben gehemmt wird, häufiger auftreten als bei beschränkten Na turen. di« ja häufig dann auch nur dahinvegetieren, die aber diesen Lebensstillstand noch nicht als Lange weile empfinden. Ihren phlegmatischen Vorstellungs verlauf könnte man vielleicht treffender Stumpfsinn nennen. In diesem Sinne hat der Schwachsinnige, >«d B»r»tt« d«ch »nl«r» Svrdttro»« r»«l tialtch ... acht:» Vt- »onatl, LT» »«. oi«rt«ljährl. v«t »nlera FUtal»« «. L«. nadm«si,Ü«, a^d-U: 74 M. »onatü. Dav» »U Va«: bmerhalb D«uIIchla»d» »ad d«r d««t<chen Xoloai«n vtertkliähkl. ».« »tt„ »««att. llrv Mk. auajchl. PoltdefteUaeld. K«rn«r in Belgt««, Dänemark, de« Donauftaaten. Italien. Luiemdura, Sttederland», Stör» w«a«n. Oesterreich «Unaarn, Stadland, Schweden und Echweti. 2« allen übrtaen Staaten nur direkt durch di« Lelchäst»- Kelle de« Blatte« erhältlich. Da» L«tp,t««r Laaedla« «rlchernt -mal täglich. Sann. «. Feiertag» nur morgen». Abann«m«nt».!ilnnahm». 2»hamit««aII» S, dei unseren Trägern. Filialen. Spediteuren »d »nnahmelrellen, >owi« Boliämtern »nd Briefträgern. Et»«,l»,rrU»k»»r«»» U» Bt für Nnlerat« uu» Uelpag ui»v Umgebung di, Npultig» Petitzeil« NM dl«Beklame« »eil» l Mk. oon aurmart» .10 PI. Reklamen l^U Mk. Inlerat« oon Behörden im amt lichen Teil die Petit.eil» Sn Pf. Selchäsiean,eigen mit Plagoorlchritten im Breil» erhöht. Badatt nach Tarif. Beilage,«blldr Selamt- auslag» 5 Mk. o. Taulend «rkl. Poltgedühr. Teildetlag« höher FefterreUt» Äufträa» können nicht »urück« gezogen werden. Für da» Erlchelnen an veltimmten Tagen und Blähen wird kem« Garantie üdernommen. Änietgen. ttnnaüme: a,d«n«i»galle 6, dei lämtlichea Filialen «. allen Annoncen» Expeditionen de» 2n» und Au»lande». Druck und Berlag »an gliche» L Nitrite« Inhaber: Baut Nlirfti». SledaNioa und iSelchatt»li«ll»: 7>ohannt»ga!lr ll. daopr»Filiale Dr«»de«: Seenrad« 4, l (Telephon 4621). den, während die einzelnen Vereine der national liberalen Jugend in unsere Organisation organisch eingegliedert werden. Daraus erhoffen wir engeres Zusammenarbeiten zwischen alt und jung (Beifall.) Aus dieser Verbindung muß natürlich auch den Vereinen der nationallibcralen Jugend ein Recht erwachsen und deshalb haben wir die Be stimmung beschloßen, daß in die Keschäftsleitung der landschaftlichen Verbände der Partei auch die Ver eine der nationalliberalen Jugend nach ihrem Stärkcvcrhältnis hineingehören. Hieraus wiederum ergibt sich für die landschaftlichen Ver bände die Bestimmung, daß sie bei der Designierung ihrer Vertreter für den Zentralvorstand auch die Vereine der nationalliberalen Jugend entsprechend zu berücksichtigen haben. (Beifall.) Ein Verbot des Weitcrbestehcns des Reichsvcrbandes der nationallibcralen Jugend ist vom Zentralvorstand nicht beschloßen worden. Ls besteht nach unseren Satzungen überhaupt kein Hindernis, daß sich irgendwelche Organisationen unserer Partei außerhalb der Partei unter einer eigenen Leitung vereinigen. Ob das allerdings immer wünschenswert ist, mag dahingestellt bleiben. (Sehr richtig!) Ob die Verhältnisse, wie sie nun jetzt beibehalten werden sollen, aus die Dauer werden bestehen bleiben können, kann keiner von uns heute abschen. (Hört! Hört!) Wir glauben aber, daß zurzeit wenigstens dieses Nebeneinander von offi zieller Parteiorganisation und der außerhalb dieser Organisation stehenden Jugendorganisation mit einer eigenen Spitze sehr wohl von uns ertragen werden kann. (Stürmische Beifallskundgebungen.) Hierauf wurden, nachdem alle Abänderungs anträge zurückgezogen waren, die Beschlüsse des Zen- traloörstandes «n blae und ohne Debatte einstimmig angenommen. sErneute stürmische Beifallskund gebungen.) Gleichfalls angenommen wurde eine Resolution des früheren Reichstagsabg. Dr. Weber, die die landschaftlichen Verbände der Partei ver pflichtet, ihre Satzungen mit den Beschlüßen des Ver- tretertages der Nationalliberalen Partei, und zwar längstens bis zum 1. Oktober d. I. in Einklang zu bringen. Vorsitzender Dr. Paasche: Damit ist dieser wichtige Gegenstand unserer Tagesordnung erledigt. Hierauf ergriff, von minutenlangen Bcifallskund gedungen und Hochrufen begrüßt, Keichsragsavgrordnetrr Vasscrmann das Wort zu seinem Vortrag über die politische Lage. Er führte aus: Es ist mir ein Herzens bedürfnis, zunächst Ihnen allen zu üancen für de» mir zuteil gewordenen warmen Empfang. Er ist mir ein Ausgleich für manche schwere Stunde in den hinter uns liegenden Wochen und Monaten. Die Waffen ruhen in der nntionalliberalen Partei. der Idiot überhaupt keine Langeweile. So haben wir auch hier einen Maßstab für bas Wesen, die Be gabung und die Regsamkeit unseres Kindes vor uns. Wenn wir den psychologischen Ursachen der Langeweile nachgehen, so finden wir deren haupt sächlich zwei. Si« wird entweder entstehen, weil der Seele zu viel oder zu wenig Neues, Anregendes ge boten wird. Stürmt auf den Geist zu viel auf ein mal ein, wenn es überhaupt noch fremd ist, so kann er es nicht fassen, verarbeiten, zumal wenn es im vorhandenen Gedankenkreise nicht Anknüpfungspunkt« genug findet. Das Neu« erdrückt dann den Geist, wie allzuvicle und allzuschwere Arbeit den Körper. Nicht selten wird dem Kinde dann zumute wie dem Faust- schen Schüler, wenn er klagt: Mir wird von alledem so dumm, als ging ein Mühlrad im Kopf herum! Was über die Kraft geht, das lähmt den Geist, er kann das Neu« nicht schnell genug assimilieren, er gibt zuletzt jeden Versuch dazu auf, wird völlig un tätig und erzeugt dadurch oben die Langeweile. Oesters wird noch das Gegenteil vorkommen, wobei der Seele zu wenig geboten wird, wo sie überall nur Bekanntes wiedersindet und doch gezwungen wird, bei diesem Bekannten zu verharren, wo der Vorstel lungsverlauf verlangsamt wird, der Anreiz mangelt, wo daher der Geist einschlummert oder das Gefühl des Ucberdrusses geweckt wird. Weil die Langeweile doch zum mindesten Unlu st- ge fühle in uns weckt, da sie aber auch schädlich werden kann — denn nicht zuletzt ist sie Zsitverschwen- dnng, Lebcnsverneinung —, werden wir sie energisch bekämpfen müßen. Auch rm Leben des Kindes in fortgeschrittenen Jahren spielt sie häufig genug eine Rolle. Oft wird sie während des Schulunterrichts auftreten. Hier nennt si« Herbavt bezeichnend die größte Sünde des Unterrichts, und ganz mit Recht. Denn wenn sich die Kinder langweilen, dann sind sie geistig nicht genügend beschäftigt, dann hat der ganze Unterricht nicht den Nutzen, den er doch Haden konnte und sollte. Aber der Pädagoge meint hier auch den be sonderen Fall, daß sich eine ganze Klaß« langweilt. Der Unterricht des Lehrers kann aber auch noch so lebendig, so anregend sein, und doch werden sich manche Schüler langweilen müßen, denn die Schule kann bei der Maß« der Schüler nur den Durchschnitts menschen im Auge haben, und bei ihrer Uniiformie- rungsmethode wird immer den Talenten zu wenig, drn Beschränkten zu viel geboten werden: auch beim besten Willen kann der Lehrer, besonders in großen Klaßen, nicht individualisieren. Das Haus kann auch aus diesen Tatsachen praktische Folgerungen ziehen. Es sollte nicht so häufig vorkommen, daß Schüler ohne genügende Begabung zum Besuch der höheren Schulen gezwungen werden, wo sie sich so manche Stunde langweilen, weil, wie das Wasser über dem Ertrinkenden, der Stoff über ihrem Geiste zusammen schlägt. Aus demselben Grunde sollte man sich leich ter damit abfinden, wenn das Kind einmal sitzen bleibt. Im zweiten Jahre wird es häufig mit Lust und Kraft bewältigen, was ihm im ersten Jahre so unsäglich schwer war. Ein verlorenes Schuljahr ist noch lange kein verlorenes Lebensjahr. Auch im häuslichen Leben soll das Kind möglichst vor Langeweile bewahrt bleiben. Jede Ueberanstrengung ist daher zu vermeiden. Kommt das Kind aus der Schule, so soll es nicht sofort wie der zur Erledigung der Schularbeiten getrieben wer den, denn sein ermüdeter Geist braucht Erholung, Kräftigung. Ueberhaupt hüte man sich, das Kind mit geistigen Arbeiten zu überladen. Es ist ein Irr tum, zu glauben, es könne kein« Langeweile ent stehen, weil ja Arbeit genug vorhanden sei. Die Langeweile wird doch nur dann verhütet, wenn sich der Vorstellungsverlauf glatt abwickelt, wenn dem Arbeitspensum eine gewiße Kraft frei und leicht ent- gegcnkommt, wenn ein gewisses Gefühl der Arbeits freudigkeil aufsteigt. Das ist aber unmöglich, wenn der ermattete Geist zur Arbeit erst gezwungen wer den muß. Es muß ja mancher bei verhaßter Arbeit vom frühen Morgen bis zum späten Abend arbeiten, und doch fühlt er sich vor lauter Langeweile tief un glücklich. Ebenso ist darauf zu achten, daß die Arbeit d>r kindlichen Entwicklungcstufc angemessen sei. Die Verfrühung in geistiger Beschäftigung kommt in Schule und Haus noch viel zu häufig vor; sic beschleu nigt aber di« Entwicklung nicht, sondern sie quält das Kind nur und erzeugt nur Langeweile. Dagegen wird es von Vorteil sein, das Kind recht nach seiner individuellen Neigung zu beschäftigen. Nicht immer, aber oft wird sie deutlich hervortreten und imstande sein, di« Langeweile in ihr Gegeteil, die Kurzweil, zu verwandeln. Auch in anderer Beziehung wird die Der- frühung gefährlich und zur Ursache der Lange weile: Er ist verfrüht, das Kind schon vorzeitig in die Welt drr Erwachsenen einzuführen, es mit Dingen bekannt zu machen, die ihm besser noch jahre lang unbekannt blieben, ihm Vergnügen im reichen Maß zu gewähren, die für Kinder nicht da sind. Da durch wird dem Kinde sein kindliches Wesen ausge trieben, es wird übersättigt mit Genüßen, es wird altklug, blasiert, geziert, anspruchsvoll. Das sind dann die Kinder, die sich gelangweilt von Dingen abwenden, worüber ein echtes Kind noch sein« rein«, tiefe Freude hat, denen ein sparsamer Genuß gar nichts Lebensfestliches an sich hat, die eine Steige- rung im Genießen und im Freuen kaum noch kennen und schon in jungen Jahren alt geworden und mit einem Gefühl der Leere, Oede, Langeweile, der Lebensmüdigkeit durch die Welt gehen. Unglückuck-e Opfer blinder Verziehung! Um das Kind vor langer Zeit zu bewahren, wird es angebracht soin, Abwechslung in seine Arbeit zu bringen. Immerfort in einer Richtung tätig zu sein, das fällt schon dem Erwachsenen nicht leicht, aber noch viel schwerer dem leicht ermüdenden Kinde, das eine besondere Vorliebe für di« Veränderung hat. Die Erfahrung lehrt ja, daß eine neue Arbeit am Anfang beßer vonstatten geht. Sie bringt dem Gc- müte neue Anregungen uns erfrischt dadurch auch den Geist. Am zweckmäßigsten w-rd es sein, geistige und Handarbeit abwechseln zu laßen, was ja in der häuslichen Erziehung leicht einzurichten ist, und das Interesse, jene große Triebfeder der Arbeit, für alle Beschäftigungen wachzurufen und zu erhalten; das Interessante wird nie langweilig. Vor allen Dingen sorge man aber für Er holung. Dies« steht insofern zur geregelten Arbeit im Gegensatz, als die erholende Beschäftigung ihren Zweck in sich selber hat, als sich der Geist frei, spielend betätigen kann. Diese Erholung ist durchaus nicht dasselbe wie Müßiggang. Der Erwachsene wird die Erholung manchmal rm bloßen Nichtstun, im Träumen und in Stunden der Einkehr in sich selber finden. Beim Kinde ist das weniger ange bracht, liegt auch weniger in seiner Natur. Es soll ja auch lernen, das Leben auszukosten — im guten Sinne des Wortes — also immer beschäftigt zu sein. Und es gibt ja soviel, was ihm ein gewißes Ab ruhen und doch auch eine Betätigung gewährt. Denken wir nur an das Wandern in die freie Natur hinaus mit seinen Anregungen für di« Sinne, an das Lesen guter Bücher, an die Blumen- und Tierpflege, an das Modulieren. Musizieren, Malen, an die weib lichen Handarbeiten, an di« mannigfachen Lieblings beschäftigungen. Rechte Arbeit und rechte Erholung in der rechten Abwechslung! Damit geben wir unserem Leben einen glücklichen, würdigen Inhalt. Zum mindesten bewahren wir uns damit vor dem Gespenst der Langeweil«. Die Erziehung sollte daher sorgsam darauf hinzielen, daß diese beiden Begriff« auch schon vom Kind« als Richtung gebend für das Leben er kannt würden. ? 8.
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