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Wenn das Glück der Menschheit durch die Zahl der Konferenzen bestimmt würde, die vor allem seit dem Hcreinbruch der Weltwirtschaftskrise abgehalten bzw. noch abgehalten werden sollen, dann würde es uns allen ganz außerordentlich gut gehen. Man kann eher um gekehrt sagen: Je mehr Konferenzen es gibt, desto schlechter geht es uns. Es ist dieselbe Geschichte wie mit der militärischen Abrüstung. Je länger darüber verhandelt wird, desto intensiver geht es an die Verstärkung der Rüstungen. Aus der Weltwirtschaft, wie sie auf Grund der Arbeitsteilung zwischen den Völkern vor dem Kriege be stand, ist heute ein erbittertes Gegeneinander geworden. Ein jeder Staat, ein jedes Volk sucht sich da durch aus der Krise zu retten, daß man sich möglichst scharf gegeneinander absperrt. Nur sich selbst will man gegen den Sturm der Krise schützen, obwohl man doch schon längst dunkel ahnt oder auch offen bekennt, daß gegen diesen Sturm eben nur alle Völker mit geeinter, gesam melter Kraft sich wieder aufrichten können. Diese Eini gung, diese Sammlung soll, wie schon vor einem halben Jahre „gefordert" wurde, auf einer Weltwirt schaftskonferenz erfolgen, für die auch schon ein Tagungsort, sogar auch ein Präsident bestimmt ist — Mac donald, Englands Ministerpräsident —, die aber bloß den einen immerhin recht wesentlichen Nachteil besitzt, daß Win Mensch zu sagen vermag, ob und wann sie überhaupt stettsindet. Erst war sie für den Februar geplant, — daran ist gar nicht zu denken! Dann sprach man davon, sie werde im Juni stattfinden, — auch das ist abgesagt worden. Jetzt ist in dem Bericht des Organisations ausschusses, der die Konferenz vorbereiten soll und der sehr eifrig gearbeitet hat, gar kein Termin mehr angegeben worden. Tenn man hat bei diesen Vorbesprechungen ein gesehen, daß es kein Mittel giot, etwaige Vereinbarungen oder Empfehlungen der Weltwirtschaftskonferen; dann auch praktisch zur wirklichen Durchführung bei den ein zelnen Staaten und Völkern zu bringen. Und so gipfelt der Bericht des Organisationsausschusses in der Empfeh lung au die verschiedenen Staaten, durch Vorverhandlun gen untereinander in den nächsten Monaten den Weg zu ebnen für gegenseitige Zugeständnisse. Eigentlich ist dies auch das Vernünftigste, was man bei Lage der Dinge tun könnte, nur hat man es sich ein bißchen anders gedacht, als der Gedanke bei der Weltwirtschafts konferenz geboren wurde. Sie sollte sozusagen das Fazit aus der Bereinigung der Weltwirtschaft vom Irrsinn der deutschen Tributverpflichtuugen ziehen, aber man hat dabei die Bedeutung der interalliierten Kriegs schuldenfrage weit unterschätzt. Eine Einigung und „Flurbereinigung" hierbei zu erzielen, scheint heute viel wichtiger und — schwieriger zu sein, ist überhaupt erst die Voraussetzung für das Herangehen an die Weltwirtschafts- Nöte, das auf einer solchen Konferenz erfolgen soll. Wird man aber in dieser Schuldenfrage weiter sein, wenn nach drei Monaten jener Organisationsausschuß wieder zu sammentritt, um sich über den Termin für die Abhaltung der Konferenz zu unterhalten? Es ist vorläufig also noch gar nicht abzusehen, wann diese Konferenz stattfindet und »b dies überhaupt geschieht. Mit bemerkenswerter Schärfe wendet sich der Bericht V. gegen die heute schon überaus zahlreichen Versuche, durch eine mehr oder weniger „kontrollierte" Inflation das überall vorhandene Defizit im Staatshaushalt zu decken oder ähnliche Wege bei der öffentlichen Arbeits beschaffung zu behen. Das hat aber z. B. Dänemark in allerjüngster Zeit auch wieder getan. Englands Pfund- Abwertung verfolgte übrigens auch das Ziel, auf diese Weise — also ohne Lohnsenkung — zu einer Herabsetzung der Warenkosten und -preise zu kommen. Der Ausschuß bericht empfiehlt aber das gerade Gegenteil, nämlich eine „größere Elastizität" in der Wirtschaft durch Auflockerung der Kontroll- und der tarifpolitischen Lohnbindungen. Es hört sich natürlich sehr gut an, wenn der Ausschuß es als die Hauptaufgabe der Weltwirtschaftskonferenz er klärt, eine „wirtschaftliche Abrüstung" der Staaten und Völker anzubahnen. Daß sie ebenso notwendig ist wie die militärische Abrüstung, damit auch hier eine wirkliche Befriedung der Welt eintritt, ist von größter Selbstverständlichkeit, ist aber eine ebenso große — Theorie, lind bisher ist es nach dem Kriege doch eigentlich nur in lehr, sehr seltenen Fällen geschehen, daß man das Selbste verständliche auch Wirklichkeit werden ließ. Die Manzvorlage von der französischen Kammer angenommen. Herabsetzung der Heeresausgabcn um 508 Millionen. Die französische Kammer nahm nach längerer Debatte die Kürzungen der Militärkredite in Höhe von 508 Mill, an, wie sie die Regierung gefordert hatte. Nach über 37stündiger Sitzung hat die Kammer dann die Finanzvorlage der Negierung um 23.20 Uhr lM.E.Z.) mit 359 aeaen 235 Stimmen angenommen. MngMer AMstiWM in Genf. Niemand will an einem Mißerfolg der Konferenz schuld sein. Die gegenwärtigen Verhandlungen auf der Abrü stungskonferenz werden in unterrichteten Kreisen in wach sendem Matze unter dem Gesichtspunkt der Schuldfrage und Verantwortlichkeit für einen etwaigen ergebnislosen Ausgang der Konferenz gewertet. Es besteht allgemein der Eindruck, daß in den Kreisen der ehemals alliierten Großmächte nicht mehr mit praktischen Ergebnissen der Konferenz gerechnet wird, und daß daher die Haltung dieser Mächte wesentlich von dem Gesichtspunkt beeinflußt ist, im Falle eines Mißerfolges der Konferenz die öffentliche Meinung der Welt auf ihrer Seite zu haben. Auf französischer Seite werden die Aussichten für eine Annahme der Sicherheitspläne Frankreichs wenig günstig beurteilt. Man will daher im Falle der Ablehnung dieser Pläne auf den baldigen Abschluß eines vorläufigen ersten Abrüstungsabkommens dränaen. * Deutschland fordert Klarheit. Die Abänderungsvorschläge zu dem englischen Arbeits- Programm in Genf. Deutschlands Vertreter auf der Abrüstungskonferenz, Botschafter Nadolny, hat dem Präsidenten Henderson die deutschen Abänderungsvorschläge zu dem Arbeitsprogramm der englischen Negierung, das jetzt im Hauptausschuß der Konferenz behandelt wird, über reicht. Die deutschen Vorschläge beziehen sich lediglich auf den die materielle Abrüstung behandelnden Teil des englischen Programms. Zu d e m Teil, in dem die Gleichberechtigungsfrage behandelt wird, nimmt die deutsche Abordnung nicht Stellung, da nach deutscher Auffassung die Gleichberechtigungsfrage durch Vereinbarung der fünf Großmächte vom 11. Dezember endgültig geregelt ist. Die deutschen Vorschläge fordern u. a. eine ziffern mäßige Festsetzung der Truppenbestände für jeden Staat, Prüfung der Frage der Herabsetzung der kontinen tal-europäischen Armeen auf einen gleichförmigen Typus, Festsetzung einer Höchsttonnage für T a n k s (falls ihre Aufrechterhaltung anerkannt wird) und Festsetzung des Zeitpunktes für die Vernichtung des verbotenen schweren Angriffsmaterials. Innerhalb von 20 Tagen sollen dem Hauptausschuß Vorschläge für die Regelung der sich auf die Truppenbestände beziehenden Fragen vorgelegt werden. Der Hauptausschuß soll ferner unverzüglich ent scheiden, ob die gesamte militärische Luftfahrt ab» geschafft werden soll in 'Verbindung mit einer inter- nationalen Kontrolle der Zivilluftfahrt und ob die Lust» b o m b a r d i e r ung vollständig verboten wird. Falls das vollständige Verbot der militärischen Luft fahrt ab gelehnt wird, soll der Hauptausschuß das Höchstgewicht und die Zahl der zugelassenen Militärflug zeuge festsetzen. Der Hauptausschuß soll auch zu der Frage der Befestigungen Stellung nehmen. Zum Schluß beantragt die deutsche Abordnung, der Hauptausschuß solle die notwendigen Bestimmungen für die Dauer, Kündigung und Revision des künftigen Abrüstungsabkom mens treffen. Die deutschen Abänderungsanträge bei der Durch beratung und Abstimmung über das englische Arbeits programm bezwecken eine eindeutige Stellung, nahmeder Konferenz zu den für Deutschland entscheiden den Hauptfragen der Abrüstung herbeizuführen. Paris denkt nicht an Abrüstung. Im Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz forderte Botschafter Nadolny unverzüglich eine Ent scheidung über das Verbot und die Zerstörung der großen Angriffswaffen. Er erinnerte dabei vor ollem an den Ab rüstungsvorschlag Hoovers, in dem dis Abschaffung der schweren Angriffswaffen als erste Vorbedin gung für die allgemeine Abrüstung und Sicherheit be zeichnet wird. Der deutsche Vorschlag wurde von England unterstützt. Auf starken Widerstand stieß natürlich der deutsche Vorschlag bei Frankreich. Paul-Bo ncour erklärte, es sei „unmöglich", über das Kriegsmaterial zu beraten, ohne vorher eine grundsätz liche Entscheidung über den künftigen Charakter der H e e r e zu fällen. Ter Umfang des Verbots des Kriegs materials hänge von den Heeren ab, denen die Waffen zur Verfügung gestellt würden. Das Kriegsmaterial und die effektiven Trnppenbestände seien „unlösbar zusammen hängende Fragen". Nadolny, der fortgesetzt in die Aus sprache eingriff, wies auf das einzig mögliche Verfahren hin, die Efsektivfrage durch den zustän digen Ausschuß behandeln zu lassen und die unerläßlichen grundsätzlichen Entscheidungen über das Kriegsmaterial im Hauptausschuß sofort zu treffen. Die Verhandlungen nahmen eine andere Wendung, als der Reihe nach die Vertreter der französischen Staawn- gruppe, Tschechoslowakei, Polen, Spanien und Rumänien, eingriffen und Paul-Boncours durchsichtige Ablenkungs manöver unterstützten. Schließlich kam ein Kompro miß zustande: Ein sogenannter Redaktionsausschuß wurde eingesetzt, der dem Hauptausschuß bis zur nächsten Sitzung die grundsätzlichen Fragen und Richtlinien für die Behandlung der Heeresfragen vorlegen soll. Der Hauptausschuß soll dann zunächst über diese Fragen eine grundsätzliche Entscheidung fällen. Botschafter Nadolny beantragte zum Schluß der Sitzung, daß vor der Über weisung der L ib-ft r ü stu n g e n an den Luftfahrtaus schuß der Hauptausschuß grundsätzliche Entscheidungen über die völlige Abschaffung der Militärluftfahrt treffen toll. Versailles eia WM für die ganze Welt Deutsche Außenpolitik. Eine Unterredung mit Reichskanzler Hitler. Zu einer in der Londoner Zeitung „Sunday Expreß" erschienenen angeblichen Unterredung mit dem Reichskanzler Hitler wird von zuständiger Stelle mitgeteilt, daß verschiedene Ausführungen, die dem Reichs kanzler in den Mund gelegt würden, nicht gefallen seien. Die Unterredung sei dem Obersten Ethcrton als Ver treter der „Daily Ma i l" und der ihm angeschlossenen Presseorgane bereits am 7. Februar schriftlich übergeben worden. Die Art der Veröffentlichung entspreche nicht den Abmachungen. Da die Unterredung falsch wiedergegeben worden ist, wird nunmehr der richtige Wortlaut amtlich veröffentlicht. Auf die Frage, wie er über das Problem der Abrüstung denke, antwortete der Reichskanzler: Jede deutsche Regierung steht selbstverständlich auf dem Standpunkt, daß eine Abrüstung mit allen Kräften anzustreben sei, aber keine irgendwie ver klausulierte, sondern eine ehrliche und klare. Es hängt bei der Lösung dieses schweren Problems hauptsächlich auch davon ab, wie sich die angelsächsischen Völker, d. b. die Briten und die Amerikaner, zu dieser Fraae itc" und welches Gewicht sie in dcke 'Waagschale zu legen ge denken, um die Abrüstung wirklich durchzuführen. Was Deutschland anbetrifft, so hat es seinen Anteil nicht nur in der Theorie zur Lösung dieser Frage beigetragen, sondern die größte Armee in einem Umfang abgerüstet, daß nur ein unverhältnismäßig kleines Heer zurück geblieben ist." Aüf die Frage, wie der Reichskanzlei' über den Versailler Vertrag denke, erwiderte er: „Was ich darüber denke? — Der Ver sailler Vertrag ist ein Unglück nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere Völker. Es ist ein Unglück, für immer die Welt in Sieger und Besiegte einteilen zu wollen. Der Versuch einer solchen Einteilung untergräbt das Ver trauen der Völker untereinander, was sich auch auf die Wirtschaft ausdehnt, welcher durch diesen Vertrag der schlechteste Dienst erwiesen worden ist, und was die Ver besserungsmöglichkeiten dieses verfehlten Vertrages an betrifft, so kämpfen wir gegen die alle schädigenden Diffe renzen zwischen den Nattonen, die dieser Vertrag auf gerichtet hat. Ich glaube, daß nach einer Revision des Versailler Vertrages nicht nur wir rufen, sondern einst die ganze Welt rufen, wird. Jedenfalls wird jede deutsche Regierung fordern, daß das in diesem Vertrag niedergeleate Unrecht wieder gutgemacht wird."