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Dresdner Journal : 08.09.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188009089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800908
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800908
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1880
-
Monat
1880-09
- Tag 1880-09-08
-
Monat
1880-09
-
Jahr
1880
- Titel
- Dresdner Journal : 08.09.1880
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^20». Mittwoch, de« 8, September. 1880. lm 4«at»ri«»o N«teK»: . . 18 Zl jLkrUod: 4 il»r>r 80?k. Liorelos^uioiosrv: 10 kt L»—tt>»N> 6«äsot»cd«> Keieti« tritt ?o«t- uoä 8temp«Iru«:dl!t8 kirn«. l»»«nt1e»pr^itte: k>ür ä«a k»om eioer ^v«p»lt«veo ?«6treils 20 ks. Unter „kir«e»»uät" äis 2eit« bv kt. l^iied mit Xanmtiw« äsr 8oim- nvä keiert«^» Xvenä» für <isn folgen<i?n Dresdner Murim!. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. lotteraten»»n«Iime »n«H»Nrt>ir ^>r /1ra»»</»t«tte-, t.vuii>>>8>»»u>i- «i», Oresäuer ^ouru^Ki; S»«dorU - v«rU» Vien l-etprt? L»»«I - Lr«,I»o r°r»nllsllrt K.: ?/aa»e»»«t«n L ^»Aier,- Lsrlia V>,uH»mdur^ kr»ß - l^tp«iss - kreni-cui-t » » »üneksa: /t»e< L»rlM: L. Xarriict, , Sremsu: Lc^otte / Lr»»I»a: <§tar>srp> « Uuretttu; vdemnit,: /> ^siAti kren^turt ». A.: F ^ar^nclw u. F 6' 7/e-rrmann- «cde Uuoklit»uNInob; ÜvrUtr: e/ ^Uük/cr, Sennover: er Lc/i«tt^/. t,' r»ri, Lerim-rrenkeurt » u Stutt^ert: />aud« L co.,' L-uodar^: ^ievelAen, Ä«»«'. N e r »ii« x v d « r: irsnisl. Lrpeclition äse Oresäuer äouru»I«, liresäsn, «ivin^ertttruss« Ho 20. Amtlicher Theil. Von der Rheinisch-Westfälischen Rückver. fichrrung»-Actien-Gesellfchaft in München- Gladbach ist den Vorschriften in tzH 2 bi» 4 der Verordnung über den Geschäftsbetrieb ausländischer Versicherungsanstalten im Königreiche Sachsen vom 16. September 1856 allenthalben Genüge geleistet und die Stadt Dresden als Sitz der Anstalt im Königreiche Sachsen erwählt worden. Nach Maßgabe tz 6 der angezogenen Verordnung wird dies andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, den 1. September 1880. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Für den AbtheilungSvorstand: v. Charpentier. Fromm. Nichtamtlicher Theil. U e b e r s i ch t. Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Temps. Journal deS DöbatS. National. La Justice. Räpublique franyaise. Siecle. Gazette de France. FranyaiS. UniverS.) Tagesgeschichte. (Leipzig. Berlin Prag. London.) Zur orientalischen Frage. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Die BetriebSergebniffe der königl. StaatSeisen- bahnrv. (KohlentranSport.) Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Crimmitschau. Geringswalde. Kamenz.) Vermischtes. Statistik und LolkSwirthsckaft. EingesandteS. Feuilleton. Lotteriegewinnliste vom 6. September d. I. TageSkalender. Inserate. Beilage. Börsennachrichten. Telegraphische WitterungSberichtr. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Paris, Montag, 6. September, AbendS. (W. T. B.) Anläßlich verschiedener Jonrnalmitthrilungen wird von amtlicher Seite erklärt, daß die Regie rung weder in Bezug auf den Vatikan, noch in Bezug auf deu Nuntius oder irgend eine andere Person irgendwelche Verpflichtung betreffs Aus führung der Märzdrcrete über die Congregationen übernommen habe. Die ActionSfreiheit der Re gierung sei eine vollständige, und ihre Ent schließungen hängen nur von ihr allein ab; jede entgegrnstehende Behauptung sei unbegründet. Brüssel, Montag, 8. September, AbendS. (W. T. B) Heute wurde in Gegenwart deS Königs der auch auS Deutschland zahlreich besuchte inter nationale volkSwirthschaftliche Congreß durch den Minister der öffentlichen Arbeiten, Saintelette, eröffnet. Zum Präsidenten wurde Dansaert (Brüssel), zu Licrpräfidenten Euer, Prof. v. Kauffmann (Aachen) und van der Zypen (Köln) gewählt. Die erste Sitzung deS CongresseS findet morgen Statt. London, Dienstag, 7. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Ein amtliches Telegramm auS Kandahar vom 3 d. MtS. meldet, Ajub Khan habe, von Hassim Khan und der heratischen Reiterei begleitet, die Flucht nach Herat ergriffen. (Vgl. die „Tagesgeschichte".) Die Nachricht des „Daily Telegraph" anS Kon - stantinopel von gestern, daß die Botschafter der Mächte der Pforte infolge des letzten unbefriedi genden Vorschlags derselben zur Lösung der Dul- cignofrage die Klottendemonstration angrkündigt hätten, wird in den hiesigen diplomatischen Kreisen als durchaus ungenau bezeichnet. Dresden, 7. September. Der „Culturkampf* in Frankreich ist durch die Crkl äru ng der nichtautorifirten Congregationen in eine neue Phase getreten, welche nicht nur aus die Beziehungen der republikanischen Regierung zur Kirche, sondern auch auf die inneren Verhältnisse der repu blikanischen Partei von wesentlichem Einflüsse fein dürfte. Bekanntlich bewegte sich die mit den März- decreten angebahnte Action der Regierung nach zwei Richtungen hin: einerseits gegen die Jesuiten, bezüglich deren das betreffende Decret verfügte, daß ihre Gesell schaft in Frankreich aufgelöst sei, daß ihre Etablisse ments zu schließen und zu räumen seien, und daß für die jesuitischen Unterrichtsanstalten die Schließungsfrist bis zum 31. August verlängert werden könne; anderer seits gegen die übrigen nichtautorifirten Congregationen, deren Weiterbestand in den Märzdecreten davon ab hängig gemacht wurde, daß diese Congregationen nun mehr um die gesetzliche Autorisation ansuchen. Während seither die Decrete in Bezug auf die Jesuiten zur that- sächlichen Ausführung gelangt waren, hatte es mehr und mehr den Anschein gewonnen, daß die maßgeben den Factoren es verschmähen würden, den übrigen nicht anerkannten Ordensgesellschaften deren Positionen in Frankreich durch einen förmlichen Pact mit der Repu blik zu sichern. Der Kampf war in solcher Weise auf der ganzen Linie lichterloh entbrannt. Da tauchte plötzlich die neueste Erklärung aus, welche sämmtliche Oberen der in Rede stehenden Congregationen Unter zeichnen sollen und welche der Cardinalerzbischof von Paris dem Ministerium officiell überreichen wird. Aus dieser Erklärung geht hervor, daß die Vor steher der religiösen Genossenschaften sich zu einer halben Unterwerfung entschlosfen haben. Von einer ganzen Unterwerfung kann man nicht sprechen, da die Adresse der Congregationen keineswegs die Absicht kundgiebt, die staatliche Autorisation nachzufuchen, und darum drehte sich doch am Ende der ganze Streit. Wie also die Regierung das Entgegenkommen der reli giösen Orden auffassen wird, bleibt abzuwarten. Die Entscheidung dürfte noch längere Zeit ausstehen, da der Präsident Grevy, sowie die Mehrzahl der Mit glieder deS CabinetS erst um die Mitte dieses Monats in Paris zurückerwartet werden. Gegenüber dem Zetergeschrei der Radikalen über eine „Politik der Kriecherei vor dem Papste* suchen die der Regierung nahestehenden Organe den Rückzug des Ministerpräsi denten durch die Behauptung zu decken, daß Freycinet die Ausarbeitung der Erklärung nicht veranlaßt und den Text nicht gekannt habe. Man giebt aber zu, daß der Gesandte beim päpstlichen Stuhl, Desprez, geäußert haben könne, ein Act der Unterwerfung könne vielleicht die Regierung zu einer Vertagung der Ausführung der Decrete bestimmen. Es hätten darüber jedoch weder Unterhandlungen im diplomatischen Sinne des Wortes stattgefunden, noch auch habe die Regierung irgend welche Verpflichtungen eingegangen. Darum än ¬ dere auch die Erklärung an der Lage der Congregationen gar nichts, und die Regierung bleibe nach wie vor Herrin ihrer Action. Der „ TempS * sagt: „ Der Ministerpräsident ist von dem Gesetze mit diScretionären Gewalten auS- gestattet, die er nicht aufgeben kann, noch aufgeben will. Entschlossen, wie er ist, ein Gesetz über die Genossen schaften vorzulegen, wird er bis dahin nur gegen die jenigen Congregationen einschreiten, deren Verhalten eventuell eine sofortige Execution rechtfertigen würde. Dies ist der genaue Sinn der Erklärungen des Mi nisterpräsidenten, und in diesem Maße scheinen sie uns mit dem öffentlichen Gefühle durchaus übereinzustim- men." — Das „Journal deSDöbatS" nimmt den Ministerpräsidenten „gegen seine offenen und versteck ten Feinde* in Schutz und erblickt m der Declaration der geistlichen Orden eine sehr annehmbare Basis für einen Ausgleich. Wenn die bedeutende Tragweite dieser Erklärung noch eines Beweises bedürfte, so hätte die clericale Presse ihn geliefert. „Es ist ein Manö ver, eine Spitzbüberei, der Gipfel der Dummheit und Lächerlichkeit.* Diese Uebertreibungen, diese heftige Sprache, dieser schlecht verhehlte Aerger hätte den Jntransignenten die Augen öffnen und ihnen darthun sollen, daß die Regierung einen wirk lichen Sieg über den unduldsamen Fanatismus davon getragen hat; aber hätte der intransigente Realis mus noch einen Existenzgrund, wenn er auf seinen Grundsatz in der Politik: „Alles, oder nichts* ver zichtete? Das „Journ. deS DebatS" fährt dann fort: „Aus der Umgestaltung der nicht anerkannten unter richtenden Congregationen in Civilgesellschaften schmieden die Radikalen eine neue Waffe gegen die Regierung. Man sollte aber doch vernünftig sein und, wenn man die vollständige Versammlung--, Vereins-, UnterrichtS- freiheit, alle möglichen Freiheiten und noch einige darüber hinaus verlangt, sie auch Denen nicht ver weigern, welche sie innerhalb der von dem Gesetze ge zogenen Grenzen ausüben. Hr. Chevriaux wird den Jejuitenpater ersetzen, welcher die Schule der Rue-de- Madnd leitete; an Stelle des k. Dulac in der Anstalt der Rue-Lhomond tritt der Abbe Darblade; wahr scheinlich werden diese Institute darum vom Stand punkte des freisinnigen und patriotischen Unterrichtes, nach dem wir streben, nicht viel mehr taugen, und das ist gewiß ein Unglück. Wir kennen aber kein Mittel, eS zu verhindern, und da die radicale Presse ein ein ziges vorschtägt, das darin besteht, den ?. Dulac in die Landwehr und seine jüngeren Collegen in die active Armee zu stecken, so ist anzunehmen, daß es in der That keines giebt.* — Der „National* schreibt: „Die Unterwürfigkeitsformel, welche dem Minister von den Oberen der nicht autorisirten Congregationen über reicht werden soll, ist vielleicht eine Kriegslist; jeden falls aber ist sie auch ein Symptom. Die Ueber- raschung, der Mißmuth der monarchischen Organe sind sehr reell und durchaus gerechtfertigt. Die Congre gationen verbleiben vielleicht im Grunde ihres Herzens Anhänger der Legitimität oder sonst einer monarchischen Form, sie verleugnen dieselbe aber officiell in einem öffentlichen, unterzeichneten Aktenstück. Sie unterwerfen sich der Republik; hierbei thun sie weiter nichts, als ihre Pflicht; allein sie thun dieselbe zum ersten Mal. Sie proclamiren gerade nicht, daß die Republik das Recht ist; sie erkennen aber, daß sie die Gewalt ist. Sie gestehen zu gleicher Zeit die Schwäche der roya listischen Parteien: Etwas, was nicht geeignet ist, das Prestige dieser letzteren wiederherzustellen." — Das Clemenceau'sche Organ „La Justice" bringt folgende Drohung: „Die Kammermajorität verlangt von dem Ministerium die Anwendung der bestehenden LandeS- gesetze. Gegen ihren Willen sind Unterhandlungen mit Rom angeknüpft. Die Minister werden sehen, daß die Majorität „kein Mädchen für Alles* ist." — Die „Republique franyaise" bemerkt: „Schon der gesunde Menschenverstand sagt eS, daß sich die Regie rung ihren Gegnern gegenüber nicht durch Verpflich tungen binden konnte, die im Widerspruch mit denen standen, welche sie mehrmals der nationalen Vertretung gegenüber eingegangen hatte. Wenn also die volle Freiheit der Regierung außer Frage steht, giebt es dann Gründe, um die Decretvollftreckung noch weiter zu vertagen? Wir glauben im Gegentheil, daß sie nothwendiger, als je geworden ist, um allen mehr oder weniger aufrichtigen Interpretationen ein Ziel zu setzen; eine unentschlossenen Haltung würde dieselben nur auf recht erhalten, die öffentliche Meinung beunruhigen und ihr Vertrauen schwächen. . . . Weil eS sich bei dem Ganzen um ein Gesetz handelt, das die Regierung vorzulegen gedenkt, so möge diese die Bedeutung desselben sehr wohl überlegen; wir glauben nicht annehmen zu können, daß die Regierung den Congre gationen gestatten will, sich unter den Bedingungen zu reformiren, unter denen sie bestehen und die eine Verletzung aller Grundsätze unserS LivilrechteS sind. Eine Regierung, die versucht sein sollte, diesen Weg zu beschreiten, und das kann bei dem gegenwärtigen Cabinet nicht der Fall fein, würde genöthigt sein, jeder Hoffnung zu entsagen, die Kammer mit sich fort zuziehen, welche die Anwendung der bestehenden Gesetze gefordert hat. ... Es bleibt also nur noch die Auflösung möglich. Wir sind also überzeugt, daß dieser Moment nicht mehr lange auf sich warten lassen wird." — Im „Siecle" heißt es: „Wen täuscht man hier? Die nichterlaubten Congre gationen „sind eingeladen", eine heuchlerische und ge wundene Erklärung zu unterschreiben. Sie geruhen zu erklären, daß sie der Republik nicht so feindlich sind, als man geglaubt habe, und Dank dieser Erklärung würden die Decrete null und nichtig fein. Wer hat die Congregationen „eingeladen", ein solches jesuitisches Document zu unterzeichnen? Die Regierung? Cleri cale und selbst republikanische Blätter nehmen dies an. Darüber muß die Regierung unbedingt mit voller Klarheit sich aussprechen. Wir sind nicht in Venedig; der Rath der Zehn ist nicht in Function. Wir sind in Frankreich, wo die Regierung nur im Auftrage des Souveräns handelt. Dec Souverän ist die Nation, ist Frankreich. Danach hat Frankreich ein Recht, zu verlangen, daß mit offenen Karten gespielt wird. Hat die Regierung nichts zu schaffen mit der Aus arbeitung dieses Schriftstückes und mit der geheimniß vollen „Einladung", so möge sie es sagen. Wenn sie die Gesetze und die Decrete nicht anwenden will, so muß Frankreich es wissen. Wir verlangen Licht, volles Tageslicht. Man gebe es uns!" — Die clericalen Organe warnen die Congregationen in den eindring lichsten Worten, auf keine Transaktionen mit de Frey cinet sich einzulassen. Die „Gazette de France" fetzt des Längern auseinander, daß de Freycinet der am meisten opportunistisch gesinnte Minister sei; er habe niemals officiell erklärt, daß er die Märzdecrete nicht ausführen werde, im Gegentheil habe er noch in feiner Rede von Montauban ausgesprochen, daß er von den „Rechten" des Staates auch nicht das Ge ringste preisgeben werde; er warte nur darauf, fein „freiheitswidriges" Gesetz über die Vereinsfreiheit durch zubringen, um dann den Congregationen selbst die Schuld ihrer Auslösung auszubürden, da diese den Beding ungen des neuen Gesetzes sich nicht fügen könnten. Das Ganze sei ein derartig grober Fallstrick, den Congregationen vom Ministerium gestellt, daß diese durchaus nicht zu entschuldigen seien, wenn sie sich sangen ließen. — Auch der „Fran^ais* mahnt zur Eintracht und setzt hinzu: „Weder der päpstliche Stuhl, noch der Episkopat, noch die Oberen der Congregationen haben aufgehört, die Sache der Jesuiten als Sache der Kirche und religiösen Freiheit zu betrachten, und keiner derselben wollte einen Schritt thun, der wie Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. AuS Beethoven'S Leben. (Fortsetzung und Schluß zu Rr. 2»8.) ES war eine „weltverlorene Existenz", die Beethoven'S in feinen letzten Lebensjahren. Als ihn vr. Ignaz Jeittele» mit dem schwedischen Poeten Atterborn in seiner Wohnung im Schwarzfpanierhause besuchen wollte, fanden sie die Thüre offen, das Vorzimmer leer. Da auf ihr starke- Klopfen Niemand antwor tete, traten sie ein. Da stand, nur mit einem kurzen Hemde bekleidet, Beethoven, an der den Besuchern gegenüberliegenden Wand, an welcher kolossale, mit Kohle rastrirte Papierbogen klebten, und schrieb zu weilen mit rothem Stifte flüchtige Noten an die Wand. Dann trat er vor und zurück, tactirtr wohl auch und schlug auf seinem saitenlosen Clavier einige Tasten an. Die Besucher wagten ihn nicht zu stören. Wenn er auS diesem träumerischen Schaffen erwachte, überließ er sich wohl mit ganzem Grimme dem — Kampfe mit den Dienstboten, die bei all' ihren Fehlern auch eine Harle Tour mit einem solchen Dienstherrn hatten; nicht nur seine „ altniederländrsche Störrigkeit", sein Jähzorn und seine „sultanifche Laune", sondern auch die Ueberreiztheit seiner ganzen physischen Natur führte diesen „Lärm mit den Dienstboten" herbei. Als der Neffe sich bei einem Selbstmordversuch eine Kopfwunde beibrachte, mit der Polizei in Lollision kam und in» Spital gebracht wurde, da wurde Beethoven, noch ein Fünfziger, zum starken Siebziger an Aussehen. Der Neffe, für den er Alles gethan, lohnte ihm so und hatte überdies noch die unqualificirbarr Herzlosigkeit, von einem solchen Onkel als vom „alten Narren" kurzweg zu reden. Beethoven war noch immer die Zärtlichkeit selber gegen dies muuvai« su)et; er be suchte ihn im Spitale und ging dann mit ihm aufs Land nach Gneixendorf zu seinem Bruder Johann, mit dem er bekanntlich niemals recht harmonirte. Anfangs ging eS gut da draußen. Um >46 Uhr früh — so erzählt Beethoven'S in Gneixendorf aufge- nommer Diener — stand er auf, setzte sich an seinen Tisch, schlug mit Händen und Füßen den Tact, und begann singend und brummend zu schreiben. Nach dem gemeinsamen Frühstück schlenderte er auf den Feldern herum, „schrie, agirte mit den Händen, ging einmal sehr langsam, dann wieder sehr schnell, oder blieb plötzlich stehen und schrieb in eine Art Taschen buch. ..." Dabei zeigte sich aber schon sehr seine Gebrechlichkeit, Krankheit und daS Kindische des Alters im Handeln sowohl als in der äußeren Erscheinung. Als er einst mit seinem Bruder, dem Gutsbesitzer, einen Besuch beim Ortschiruraen machte und sich be scheiden auf die Ofenbank niederließ, füllte die Frau deS Chirurgen, einen Bedienten in ihm vermuthend, ein irdene- Krügel und reichte eS ihm mit dem Worten: „Na, da hat er auch einen Trunk." Ein ander Mal hatte Bruder Johann ein AmtSgeschäst beim Syndikus abzuwickeln, Ludwig stand während der langen Ver handlungen regungS und theilnahmSloS an der Thüre. Beim Abschiede machte der Syndikus gegen diesen viele Bücklinge und frug dann seinen Kanzlisten Fux, einen Enthusiasten für Beethoven'sche Musik, für wen rr wohl den Mann bei der Thüre gehalten habe. Fux meinte: „Da ihm der Herr Syndikus so viele Complimente machten, mag eS wohl mit ihm ein eige nes Bewandniß haben, sonst aber hätte ich ihn für einen Trottel gehalten." Der Aufenthalt in Gneixendorf endete mit schrillen Dissonanzen. Bruder Johann ließ allzudeutlich er kennen, wie erwünscht ihm des Componisten Abreise wäre und stellte ihm für dieselbe das elendeste Fuhr werk zur Verfügung, so daß Beethoven im strengen Winter ganz krank in Wien eintraf. Die Wassersucht kam, man machte den Bauchstich, und 5^ Maß Wasser kamen zu Tage. „Besser Wasser auS dem Bauche, als auS der Feder", sagte Beethoven. Dir zweite Punction ergab 10 Maß Wasser. Man war mit den Aerzten nicht zufrieden und ersuchte um GotteSwillen den italienischen Arzt vr. Malfatti, den Beethoven einmal ernstlich beleidigt hatte, zu kommen. Endlich kam er, und am Krankenbette sanken sich die beiden Feinde versöhnt in die Arme. Aber Rettung gab eS nicht. Davon wußte Beethoven freilich nichts; er glaubte fest an Genesung. Wien schien ziemlich theilnahmloS. „In früherer Zeit ist man in Equi pagen vorgefahren, wenn er nur unpäßlich war, jetzt war er ganz vergessen, al» wenn er nie in Wien ge lebt hätte." DaS edelmüthige Geschenk von 1000 Fl. LonventionSmünze, das ihm die philharmonische Ge sellschaft von London „L conto de- sich vorbereitenden ConcerteS" verehrte, freute ihn außerordentlich. „Nun können wir uns manchmal wieder einen guten Tag machen", äußerte er, und gleich am nächsten Tage mußte statt de- „Rindfleisch mit Gemüse", auf da» er in der letzten Zeit beschränkt war, sein LieblingKgericht „Schill mit Kartoffeln" auf den Tisch. Erst, als man «hm in 'zartester Weise die Nothwendigkeit darlegte, sich mit den Sterbesacramenten versehen zu lassen, dachte er an den Tod, verrichtete ergebungsvoll seine Andacht und sagte zu den Freunden: „?Iuuäit,e umiei, Luita eat oomoeäia!" In den letzten Stunden kam vom Verleger Schott in Mainz eine Kiste mit Flaschen echten Rüdesheimer. Schindler stellte ihm zwei Flaschen ans Bett. Er sah sie an und sagte: „Schade, schade, zu spät!" DaS waren seine letzten Worte, gleich darauf verfiel er in Agonie. Sein kräftiger Körper, seine ungeschwächten Lungen kämpften riesenhaft mit dem hereinbrechenden Tode. „Die Verwandten Beethoven'S haben sich" — so berichtet Schindler an MoscheleS — „gegen daS Ende auf daS Niederträchtigste benommen; er war noch nicht ganz todt, so kam schon sein Bruder und wollte Alles fortschleppen, selbst die 1000 Fl. aus London; allein wir haben ihn zur Thüre hinaus geworfen." Al» dem Kranken daS Consilium der Aerzte ein Heublumen- blad verordnete, ersuchte ein Arzt den anwesenden Bruder Beethoven'S, einen Sack mit Heu dazu hertragen zu lassen. Der Bruder aber entschuldigte sich, sein Heu sei zu schlecht nnd blieb dabei. Auf die Bitte um eine Badewanne verhielt sich derselbe Bruder eben so ablehnend, da seine Wanne zu klein sei; die alte Haushälterin mußte erst zwei Vorstädte nach einer käuflichen Wanne durchsuchen, und der Kranke bekam da» Bad statt Morgens erst am Abend. Die 'reue Kathi, ein endlich glücklich gefundener Musterdienstbote, wie man ihn laut Zeugmß der Frau v. Breuing unter 1000 Wiener Dienstboten nicht fand, pflegte ihn. Löffelweise gab man ihm von dem Rüdesheimer au»
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