Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189108216
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910821
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910821
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-08
- Tag 1891-08-21
-
Monat
1891-08
-
Jahr
1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1891
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
früh 6'/, Uhr Rrdoclion und Erpr-itim» Joha»oe«gaffe 8. Lprrchünlltrn der Lrdactio» Vormütag« 10—12 1U>r. Nachmittags -— 6 Uhr. k»d» »»ck«»»« «,,,jo»»«kr «acht Sch »i« »rd«r>o» »ich! »-rsmdNch. S««atz«e »er für die nächstfolgende N»««er »rstl««teu Anserate an Sochentagr» dia 3 Uhr Nachmittag«. m> Sonn- und Festtagen früh dt» '/,v Uhr. 2» -rn IUialrn für Ias.-^nnahme: vtto »le««'« Sortim. «llsred Hahn), lluiversitätssirabe 1, L-ui« Lösche. ketharineusir. 14, pari, und Söaigsplatz 7, «nr bi« '/,3 Uhr. tMM Anzeiger. Organ siir Politik. Localgeschichte, Handels- nnd MwnnemeittSpreiS vierteljährlich 4»/, Mk. sti Alt-Lcipziq, incl. Brinqeriohn 5 Ml., durch die Post bezogen 0 Mk. Einzelne Nrn. 30 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren siir Extrabeilagen <in Tageblatt-Format qefalzts ohne Postbesorderung KO Mk., nnt Postbesorderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut uns. Preisverzeichnis» Tabellarischer u.Ziffernsatz nach hvherm Tarii. Nrclamen unter dem Redactionsstrich die4g«spalt Zeit« 50Ps., vor den Familien Nachrichten die Kgespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die Expedition za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuumernnclo oder durch Post» Nachnahme. 233. SreitaH den 21. August 1891. 85. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekaniltmachuilg. Für Michael!« dss. IS. sind 4 Ausstattungsspenden im Betrag« ton 77 25 -H. 67 58 40 64 ^ und 40 .4 56 H an hiesige arme unbescholtene Frauen, welche sich in der Zeit zwischen Mchaelis vorigen und Michaelis dss. IS. verheirathet haben, von uns zu vergeben. Die Spende von 40 64 ^ kann nur an ehelich Keborcne, die von 40 56 nur an hiesige Bürgerstöchter vcr- geben werden. Gesuch« sind unter Beifügung der Eheschlietzungs- bescheinigung, eines von zwei hiesigen Bürgern bei Bürgerspflicht ausgestellten Zeugnisses über die Unbescholtenheit und Bedürftigkeit der Bewerberin und einer Geburtsbescheinigung bis zum 36. Äp- teinber dss. IS. auf dem Rathhause, I. Obergeschoß. Zimmer Rr. I I, einzurcichea. Leipzig, am 17. August 189 l. Ter Rath »er Stadt Leipzig. vr. Gc orgi. Pücker. Lekauntmachung. Der Rotz- «,» Biehmarlt im Ltadtbejirl Leipjig-Sutritzsch wstd Montag, den 31. August d. A. abgehalten. Etwaige Gesuch« und Ansragen sind au unsere» Marktinspector Renlsch. Raschmarkt Rr. 1, 1U. Stockwerk zu richten. Im Uebrigen bewendet eS bei der durch unsere Bekanntmachung vom 24. Deccmber 1889 anderweit zur Kennlnib gebrachten Be stimmung in 8. 2 der hiesigen Vieh- und Schlachthosordnung vom 14. Juni 1888, nach welcher alle« Schlachtvieh von diesem Markte ausgeschlossen bleibt. Leipzig, am 18. August 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Ge orgi. Leistner. Leklmntmachmlg. Der diesjährige H. Vieh- und ilrammarkt im Stadtbezirk Leipzig-Liudcnau findet am 1. und 2. September statt. Etwaige Gesuche und Ansragen sind an unseren Marktinspector Nciitsch, Raschinarkt Nr. I, III. Stockwerk zu richten. Im Uebrigen bewendet es bei der durch unsere Bekanntmachung vom 27. December 1890 anderweit zur Kenntniff gebrachten Be- stimmung in 8. 2 der hiesigen Vieh- und Schlachlhosordnung, nach welcher alle« Schlachtvieh von diesem Markte ausgeschlossen bleibt. , LeWt» 18. August 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgs.Leistner. Die Wohnungsvermiethungen. Im städtischen Feuenvehrdcpot in Leipzig-Reudnitz, Marschall stratze Rr. 3, ist di« im 3. Obergeschoß links gelegene, ans 4 Linden, 1 Kammer, Küche, Bodenkammer »nd Kellerobiheilung bestehende Wohnung sofort oder vom 1. Oktober dS. As. ab, in- gleichen die im 4. Obergcschotz links gelegenen, aus je 1 Stube. 2 Istimmera, Küche, Bodenkammer nnd Kellerabtheilung bestehenden Wohnungen vom 1. Oktober ds. ArS. ab anderweit zu ver- mirtden. Mieihaesuche werden aus dem hiesigen Rathhause, I. Ober geschoß, Zimmer Nr. 8, entgegengenommen, woselbst auch sonst etwa gewünschte Auskunft ertheilt wird. Leipzig, den 18. August 189t. Ter Rath der Stadt Leipzig. I». 2978. 2984. vr. Georgi. Wagner Nitlergulsoerkauf. DaS zum Nachlaße des verstorbenen Rittergutsbesitzers Karl Theodor Lehmann auf Trebsen gehörige Rittergut Trebsen nebst de» Vorwerken Rothersdorf »nd Rcnweitzcnbor», jedoch ausschließlich der dazu gehörigen sogenannten Wassermühle und der in Flur Trebsen gelegenen Parcelle 192 des Flurbuchs, mit einem Gesammtflächenstibalt von circa 1780 Ackern oder 982 Hektar, soll einschließlich des lebenden und tobten Inventar« nnd der Vorräche, aber mit Ausschluß der im Herrenbansc befindlichen Mobilien, der Kutschpferde und Kutschwagen, freihändig verkauft werden. Die dazu gehörigen Gebäude sind mit 345 100 .4 in der Landesimmobiliarbrandversicheruug versichert. Die aushastenden Hypotheken können vom Käufer mit übernommen werden. Zur näheren AuSkunftsertheilung über di« Lage, Beschaffenheit der Grundstück«, der Güte und Ertragsfähigkeit des Bodens sind Herr Rechtsanwalt vr. Georg Kormann in Leipzig und Herr Privat, mann Paul Schneider in Wermsdors in Sachsen bereit, auch können die Grundstücke jederzeit besichtigt werden. Kaufsangeboten mit Angabe deS in Aussicht gestellten Kauf Preises, welche an das unterzeichnet« königliche Amtsgericht zu richten sind, wird eittgeaengesehen. Grimma, am 14. August 1891. KSnigltchea Amtsgericht. I. V.: Müller, Ass. Köhler, G-S. „Times" hat sich bemüht, diesen Mangel dadurch auSzuglcichen, daß sie die Richtigkeit aller Schlußfolgerungen leugnet, welche aus deni Besuche Kaiser Wilbclm'S in London und des französischen Geschwaders in Kron stadt gezogen worden sind. Die Politik der Großmächte beruhe aus der Grundlage der Interessengemeinschaft und daran werde durch keine Kundgebung etwas geändert. Tie Behauptung ist mit großer Sicherheit ausgestellt, aber richtig braucht sie darum doch nicht zu sein. Die „Times" hat eö nicht hindern können, daß der Besuch des französischen Ge schwaders in Kronstadt Frankreich und Rußland einander sehr genähert hat und daß er den beiderseits vorhandenen Sympathien zu kräftigem Anödruck verhelfen bat, in einem Maße, daß dadurch die Friedensbürgschaften keinesfalls ver größert worden sind. Es ist der „Times" auch nicht gelungen, die Meinung zu zerstöre», daß England gewisse Vereinbarungen zur Ausrecht ballung des bestehenden Zustandes im Mittclmccr getroffen hat, eö braucht darum »och nicht ein Schutz- und Trutzbünd- niß mit irgend einer Macht deS Festlandes geschlossen zu haben, was die „TimeS" weit von sich weist. Aber darum ist doch eine politische Bcrändcrung cingetreten, an welcher England auch tbälig bctbeiligt ist, nnd der Acl deS Aus tausches internationaler Höflichkeit, welcher sich in diesen Tagen in PorlSmouth vollzieht, läßt diese Angelegen heiten unberührt. Wir sehen bei diesem Anlaß wieder, daß die Form deS diplomatischen Verkehrs, welche Fürst Bismarck cingcfübrt hat, noch lange nicht überall Geltung gesunken hat. ES wird noch von einem großen Thcilc Europas an dem allen Talleyrand'schcn Grundsatz festgehallcn, daß die Sprache den Zweck hat, die Gedanken zu verberge». Rußland, Frankreich unk England begegnen sich in der Uu aufrichtigkeit ihrer Politik; alle diese Mächte sind stets de 'trefft, anders scheinen zu wollen, als sie sind, andere Beweg runde ihrer Handlungsweise vorzuschützcn, als durch die Ihalsachen bestätigt wird. Rußland und Frankreich behaupten, daß ihre Abmachungen rem abwehrcnder, aber nicht angreifender Natur sind, und England ist bemüht, als nach keiner Seite hin gebunden zu erscheinen. In der Hauptsache ist eö ja so: England bat eit dem Krimkriege sich von allen festländischen Streitig keiten scrngcbalten und lediglich seine Interessen zu Rathe gezogen, aber diese Interessen weisen cS eben darauf bin, den bestehenden Zustand im Mittclmeer aufrecht zu halten. Es mag unbequem sein,diesen Sachvcrbalt meinem Augenblickanerkennen müssen, in welchem sich eine Flottenabtheiluni der dabei am meisten betbeiligten Macht an der englischen Küste befindet, aber Thatsachen lassen sich durch Worte nicht ungeschehen machen. Frankreich weiß, daß ihm die eng lische Flotte bei dem Versuche, Tripolis oder Marokko zu de etzen, entgegentreten würde, und deshalb betreibt eS die Beendigung der englischen Besetzung Egyptens mit größtem Eifer. Das ist der Punct, welcher England von Frankreich trennt, und deshalb kommt ein französischer Flottenbesuch an der englischen Küste nicht über kühle Höflichkcitsbezcugungeii hinaus. Die Vertreter beider Mächte haben Hintergedanken, denen sie nicht Worte zu leihe» vermögen, und daS thut der Das französische Geschwader in England. Der Unterschied in der Bedeutung des Besuches deS sranzösischen Geschwaders in Rußland und des Besuches in England tritt schon äußerlich in einer gewissen Tbeilnabm losigkeit Europas an dem Aufenthalt des sranzösiscben Ge scbwaderS in England hervor. Die öffentliche Meinung Europas saßt den Besuch in PortSmoutb als Das au was er ist, als einen HöflichkeitSact, wäbrend sie dem Besuche in Rußland das Interesse enlaegenbrachte, was einem politischen Ereignisse zukommt. Trotzdem ist auch die Feststellung dieses Unterschiedes nicht unwichtig die Lage gewinnt dadurch an Klarheit, und man steht Tbatsachcn gegenüber, die sich nicht aus der Welt schaffen lassen. Immerhin war cS wünschcnSwerlb, daß irgend elwaS geschah, um die öffentliche Aufmerksamkeit von dem Schauspiel der russisch-französischen Verbrüderung ab zulenken und ihr weniger aufregende Begebnisse vorzusühren Tie Kundgebungen in Kronstadt und Cberbourg, in Moskau und Pari« mußten auf die Dauer ermüdend wirken, selbst große Begeisterung fordert Maß und Ziel, und nachgerade sebnte man sich nach Vorgängen, weiche der ruhigen Be trachtung zugänglicher sind. Die Begrüßung de- französischen und englischen Ge schwater« aus der Rbede von Epitbead bat am Mittwoch slattzesunden. natürlich fehlte eS nicht an zahlreichen Zu schauern zu Lande wie zu Wasser, welche dem französischen Geschwader ihren Willkommensgruß zuriesen, aber von einer Stimmung von der Höhe, wie sie in Kronstadt mit elemen tarer Gewalt bervorbrack, war nicht- zu spüren, und daS konnte auch nicht der Fall sein, weil dem Besuch deS fran zösischen Geschwader« io PortSmooth der politische Hinter g.iiod fehlt. Herzlichkeit der beiderseitigen Beziehungen entschieden Eintrag. DaS Verhältuiß der europäischen Mächte zu cinander cr- sihrt durch den Besuch des französischen Geschwaders in PortSmouth keine Aenderung, weder wird sich daraus eine Annäherung Englands an Frankreich, noch eine Enlsremdung zwischen beiden Mächten ergeben, es bleibt Alles beim Alte», »nd der mangelnden Freundschaft wird durch schwungvolle Zeitungsartikel, vielleicht auch Reden, nur ein Mäntelchen umgehängt. Frankreich ist zwar sehr liebebcdürftig^ aber seine Liebe ist nicht uneigennützig, eS will nur eine so genannte Vernunft-Verbindung schließen, die auf dem beiderseitigen Vortbeil der die Verbindung anstrebendcn Parteien beruht. Von England bat Frankreich nicht-, von Rußland Alles zu erwarten, weil Rußland über ein Heer verfügt, stark genug, um dem Dreibund Schwierigkeiten zu be reiten, wenn Frankreich von der andern Seite seine Streit kräfte entfallet. Diese Erwägung ist der leitende Gesichtspunkt für die Handlungsweise Frankreichs, und die Begeisterung der Franzosen für Rußland ruht auf sehr materieller Grundlage. Natürlich würde eS Frankreich willkommen beißen, wenn eS möglich wäre, die englische Flotte zu seiner Verfügung zu stellen, aber Frankreich ist nicht in der Lage, die Vorbedingungen für dieses Verhältuiß ru erfüllen. Tie Interessen Frankreichs und Englands im Mittelmccr stehen einander unauSgleichbar feindselig gegen über, und daran vermag keine Begegnung der beiderseitigen Flotten etwas zu ändern. Ja, wenn cS möglich wäre, England ein Gegengewicht für DaS zu biete», waS cS im Verein mit Italien und zum Tbeil auch mit Oesterreich Ungarn vertheidigt, dann würde die Waagschale zur See zu Unguosten deS Dreibünde- beeinflußt, aber die Verhältnisse liegen eben so, und die Interessen sind so geartet, daß eine solche Verschiebung beS bestehenden Gleichgewichts nicht möglich ist. Insofern bat die „Times" Recht, wenn sie behauptet, daß die Gemeinschaft der Interessen die einzige und wahre Grundlage der internationalen Be» ziebunzen bildet. Gemeinsame Interesse» waren es, welche die den Dreibund darstellenden Mächte zusammengesührt babc», nnd ebenso find eö gemeinsame Interessen, welche den franzö sisch - russischen Gegcnbund gestiftet haben. England sicht zwischen diesen beiden Vereinigungen zwar nach keiner Seite gebunden, aber doch nicht ganz interesselos. Es will seinen Besitzstand am Mittelmccr aufrecht erhalten, aber nur daS unerläßliche Maß von Verpflichtungen dafür übernehmen. Bisher ist ihm diese Schaukelpolitik geglückt, für die Dauer wird eS ohne erhebliche Hindcroiffe nicht durchkommcn. Leipzig, 21. August. * Der Kaiser ist am Mittwoch, wie bereit- gemeldet, in Kiel zum ersten Male wieder zu Pferde gestiegen, welches aus dem königlichen Marstall eigen« zu diesem Zwecke nach Kiel gebracht war. Der Monarch ritt ohne Beschwerde in verschiedenen Gangarten. — Weiter wird gemeldet: Als der Kaiser um 7 Uhr zum Galadiuer von Bord der „Hoben rollern" sich nach dem Schloß begab, wurde derselbe beim Landen mit stürmischen Hurrabrusen begrüßt. Der Kaiser dankte freundlich; er sah vortrefflich auS und legte den Weg nach den, Schlosse zu Fuße zurück. Der Kaiser trägt einen Vollbart. * Die .Nationalzeitung" bemerkt zu der Mittheilung über den Vorschlag, den seiner Zeit Fürst Bi«marck ia Bezug auf das Vvrgcben der preußischen Truppen gegen Wien bcz. die Linksschwenkung in die Gegend von Prcßburg gemacht hat, noch Folgendes: Da der Kaiser Wilhelm I. später in Versailles, dem Grasen Slotberg gegenüber, sich in dem Sinne ausgesprochen haben soll, wie die Münchener „Allgemeine Zeitung" de» Vorgang hinzu- scellen weiß, in dem General-Lieutenanls-Patcnte des Fürsten Bismarck auch dieses Einwirlens aus den Gang der müitairijchen Ereignisse in jenem denkwürdige» Kriege rühmend gedacht wird, so dürfte es wohl ausser Zweifel stehen, das; der Leiter der preußischen Politik damals mit praklischcm Blicke die mililairische Lage z» durchschauen wußte »nd demgemäß mit Ansichten hervortrat, weiche die Billigung des obersten Kriegsherr» fanden. Eine andere Frage ist es jedoch, ob die Idee deS Links - Abmarsches, welche einen strategisch geschulle» Blick voraussetzcn lassen muß. rin Kind Bismarck'scher Er wägungen war, oder ob der Fürst sich damals nur zum Träger und Bertheidiger einer Ansicht ausgcworse» hat, die ihm von anderer Seite entgegengetrage» worden war. Vielleicht erhalten wir, bei der Offenheit, mit der der Eremit von Fricdrichsruh sich heute über alle ihn betreffenden Angelegenheiten vernehmen laßt, durch die ge nannten Blätter näheren Ausschluß, da es dann erst möglich sein kann, sich ein entsprechendes Uriheil darüber zu bilde», inwicwcit Fürst Bismarck nun» 18G>, durch ein persönliches Eingrcise» i» die »niitoiriichen Tispvsilionc», sich ein specielleS Verdienst erworben Kat. Daß zwischen einzelnen preußischen Minislern und dem Grasen Moltke über die Prineipien, nach denen der Fortgang eines Feld zuges ersolge» solle, außer dem hier citirtcn Falle, Meinungsvcr- ichiedcnheilen bestanden Koben, ist aus de» jungst veröffentlichten Briefen des Feldmarschalls Grase» Roon zu entnckmen. Durch den Inhalt dieser vertraulichen Schriftstücke wird als Tkatiache hingesiellt, daß der Kriegsministcr bei der Bewältigung von Paris die Ausnahme d.-S Bombardements von Hause aus ins Auge gefaßt, der Chef des GenrralstabS indeß beim Kaiser Wilhelm die Ansicht zu vertreten wußte, daß der Mangel an Nahrungs mitteln die Millionenstadt schon von selbst veranlassen würde, ihre Thore der dculschen CernirungSarmee bald zu öffnen: eine Voraussetzung, deren Erfüllung aber bekanntlich une» wartet lange aus sich warten ließ. Im Uebrigen muß man dein Fürsten Bismarck die Gerechtigkeit widerfahren lasse», daß er mit weitgehendem Scharfblicke die iiiilitairischen und politische» Verhälliusje derjenigen Staaten verfolgte, die es darauf abgesehen, Preußen um seine Großiiiachlstelluiig zu bringen, und daß er bei seinen Speculationen die inilitairischc Leistungs- sähigkeit seines Landes sachgemäß in Rechnung zu stellen wußte. Daß es durchaus keine so leichte Aufgabe ist, allzeit die politischen Ziele mit den militairischen Rothwcndigkciten richtig in Einklang zu bringen, dies dürfte sich z. B, daraus ergeben, daß der deutsche Reichskanzler beim Friedensschlüsse 1871 eigentlich nur die Sprach grenze als die natürliche Grenze von Deutschland und Frankreich anscden, sich also mit dem Elsaß begnüge» wollte »nd nur daraus hin, daß Graf Moltke den Besitz von Metz beim nächsten Kriege leichbedeutcnd mit einem PluS von 100000 Mann erachtete, sich ozu bestimmen ließ, auch einen Thcit von Lothringen zu fordern. Jedenfalls muß dem Fürsten Bismarck ungeschmälert das Verdienst zuerkannt werden, daß er es bei den Friedensschlüssen nieislerbaft verstand, dahin zu wirken, daß die Feder nicht dasjenige wieder verdarb, waS das Schwert errungen; eine Kunst, die de» preußischen Staatsmännern entschieden abging, welche »ach Beendigung der Freiheitskriege die Interessen unseres so schwer heimgesuchlcn Vater landes auf dem Friedenscongreß zu vertreten hafte»! * Gemäß der im preußische» Ahgeordnetciihause von dem Ministerpräsidenten v, Eaprivi gemachten Zusage ist zweifellos, daß die Regierung dem nächsten Landtage eine Vorlage bezüglich deö Welfe nfondS unlcrbrcitcn wird. Läßt sich auch bis jetzt noch nicht abseken, in welcher Richtung sich dieselbe bewege» wird, und nur dies Eine anncbmen, daß »ach wie vor eine Rückgabe der Gelder an den Herzog von Eunibcrland ausgeschlossen bleibt, so ist man nach sicheren Anzeichen doch zu der Annahme berechtigt, daß eine ausgiebige Verwendung für Zwecke, welckic der Provinz Hannover zu Gute kommen, in daS Auge gefaßt ist. In dieser Beziehung möchten Eingaben a»S der Provinz selbst, welche bereits vor liege», nicht unberücksichtigt bleiben. Auch dürsten Vorschläge deS FiiiaiizmiiiisicrS Miguel, des Oberpräsideiiten v. Bennigsen, welche mit de» Verbällnissen vertraut sind, für die zu fassenden Beschlüsse maßgebend werte». * Eine Zuschrift deS Grasen von Kanitz an die „Kreuz zeitung" legt der Regierung nahe, sich doch zum zeitweise» Aufheben der Kornzölle zu entschließen, und die fortschrittliche Presse verzeichnet dies mit dem Bemerken, daß „sogar einer der eingefleischtesten Agrarier" mehr Einsicht habe u. s. w Unseres Dafürhaltens kann das Eintreten gerade dieses Führers der extremen Agrarier für die Zollausbebung nur die entgegeilstchciitcn Pcdenken verstärken, denn bisher ist am allerwenigsten vom Grafen von Kanitz selbst rin Hehl daraus gemacht worden, daß alle Bewegungen und taktischen Züge der extremen Agrarier unter dem entscheidenden Ge sichlöpunct bestimmt werden, wie der Handelsvertrag mit Oesterreich zu Fall gebracht werden könne. * Der EntrüstuiigSsturm der Freisinnigen und Socialdemokratcn gegen die Gctrcidezölle bat seinen Höbepunct erreicht. In den Blättern beider Parteien wird nickt bloS behauptet, daß mit der Aufhebung der Getreide zolle der Getreidcpreiü um den ganzen Zollbctrag fallen werde, sondern auch angedeutet, daß alle Noth und alles Elend der Zeit seinen Ursprung den Zöllen verdanke und mit ihnen vom Erdboden verschwinden werde. ES ist wirk sich weit mit einem Tbeile der freisinnigen Blätter gekommen, daß sie fick im Kampfe um eine wirlhschastliche Maßrcgej solcher Mittel bedienen, die bisher nur eine Domaiue der Socialdemokratie bildeten. Aber man hält scheinbar in der Hitze des Gefechtes Alles für erlaubt. Da dürste cS doch angezeigt sein, daran zu erinnern, daß Noth und Elend stets auf der Welt waren, soweit die Geschichte reicht, auch zu den Zeiten deS strammsten Freihandels. Es ist deshalb auch völlig verkehrt, die Negierung für alle Uebel der Zeit verantwortlich machen zu wollen Die Regierung bat sich vor eiue einfache Frage gestellt ge sehen. Die Aushebung der Getreidezölle garantirt durchaus nicht eine Ermäßigung der Getreidepreise um den Zollbetrag. Im Gegcntbcil, die Thatsache, daß bei einer falschen Nachricht von einer Suspension der deutschen Getreidezöllc die Welt marktpreise sofort stark anzozen, hat zur Evidenz kundgcthan, daß, wenn überhaupt, dem deutschen Eonsumenten durch eiue solche Maßregel nur ein ganz verschwindender Vortbeil ge währt werden würde. Dagegen wäre mit dem Ausgeben der Getreidezölle einmal unmittelbar die deutsche Landwirtkschast um einen ihr doch wahrhaftig zu gönnenden Verdienst ge kommen. Sodann aber bätte Deutschland damit das geeignetste CompensationSobject au« der Hand gegeben, welches e« zum Besten unserer Industrie bei den HandelSvertragSverbandlunaen mit anderen Ländern ver wenden kann. Bei den Berhaudlungen mit Oesterreich- Ungarn ist e« bereit» so verwerthet worden, daß vre ReichSregierung sich für unsere Industrie auS diesem Handelsverträge Vvrlbeilc verspricht. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß daS Mittel anderweit eine ähnliche Be nutzung finden kann. Bei etwa in Aussicht zu nehmenden Verhandlungen mit Rußland wäre dieses CompensationSobject beispielsweise geradezu unentbehrlich. Die Frage spitzte sich also für die Regierung so zu. Für die Gegenwart war durch die Aushebung oder Suspension der Getreidezöllc, wenn überhaupt, nur ein kleiner Vorthcil für die Consumcnte» zu erringen. Dagegen war damit auf Gegenwart und abseh bare Zukunft für die Produccntcn eine starke Schädigung verknüpft. Die Regierung hat sich in Erkenntniß der letzteren Gefahr gegen die Ansbebung der Getreidezöllc entschieden, und alle die Kreise, welche davon überzeugt sind, daß in den productiven Ständen unsere Stärke liegt, werden ihr, wenn sic auch bedauern, daß die Zeitverhälinisse die Eonsumtion außerordentlich erschwert haben, bezüglich ihres Entschlusses Recht geben. * Liste die „Kölnische Zeitung" mittbeilt, verlautet, daß gegen FuSaugcl Untersuchungshaft beschlossen sei. Deutsche Lehrer, welche bisher in den russischen Ostsecprovinzen beschäftigt waren, sind massenhaft zur Rückkehr nach Deutschland bewogen worden, weil man von ihnen die fertige Kciintiiiß der russischen Sprache und Er- theilung deS Unterrichts in derselben verlangt hat. * Einen Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der E cn trumS- partei erbringt beule die „Germania", indem sie den Wahl kreis Ingolstadt z» der „glänzenden Wahl" deS Herrn Prof. )>r. Schädlcr besonders beglückwünscht, desgleichen den Ge wählten selbst und de» bayerischen Landtag zu der Erwerbung diese- Mitgliedes, das sich „im Reichstage rasch die allgemeine Anerkennung als eine- der begabtesten, hingehendsten, fleißig sten und hoffnungsvollsten der jüngeren Eentrumsinitglieder erworben" habe. Noch mehr Superlative wären wohl nicht möglich. Nun ist es a» und für sich schon aussallenb, daß mit solchem Applomb von einer „glänzenden Wahl" gesprochen' wird, wo gegen den ullramonlanen Sieger weiter Niemand im Felde stand, als noch ein Ultramontaner. Der Erfolg deS Herrn 1>r. Schädlcr kann also nur in dem Sinne glänzen", daß er die Ueberwindung eine- innerhalb der Partei selbst bestehenden Zwiespalts izu bedeuten bat, nnd anders ist er in Wahrheit nicht zu verstehen. Die Intransigenten und Ministcrstürzlcr in Bayern haben seit Iabren keine reine Freude mehr an dem phlegmatischen Element innerhalb der Partei erlebt, haben aber auch den Punct bisher nicht zu finden vermocht, wo der Hebel gegen diese schwerfälligen und genügsame» Bestand- tbeilc einzusetzen gewesen wäre. Denn — cS waren dze Eingesessenen" der Wahlkreise! Nun ist cS zwar bei den letzten LaiidtagSwablcii geglückt, auf sogenanntem gütlichen Wege den ersten Pfälzer Ullramoiitaiicn aus dem Umwege über Dillingen, also von einem schwäbischen Wahlkreis aus, in den Münchener Landtag zu befördern Der zweite Pfälzer unlernabm eö jetzt, in Ingolstadt offen gegen daS „ein gesessene" Element in die Schranke» zu treten und zwar mit dem Erfolg, daß er 102, der „eingesessene" Ultramontane nur 22 Stimme» erhielt. DaS ist eS, was die „(stermauia" zu einem Dithyrambus veranlaßt. Zeitlich fällt die Schild- erbebung deS IntraiisigciitcntbumS zusammen mit einem Wicdcrcrwachcn leitenschastticher Hetzereien in der kleineren »llramontancn Presse des Landes gegen die „norddeutschen Brüder". * AuS München wird nuS vom 19. August geschrieben: Gestern baben sich in zwei Bezirken Nachwahlen zum bayerischen Landtage vollzogen, die selbst für weitere Kreise eines gewissen Interesses nicht entbehren. Im Wahl bezirke Traunstein (Oberbayern), von dem mau zu sagen pflegt, daß er Gott sei Dank wie die niederbayerischcn Districte noch gut katholisch ist, candibirte ein durch Erbschaft »er möglich gewordener früherer Lehrer am EadctlcncvrpS, Hr. Kleitncr, der zwar selber sich zur Ecntiumspartci be kennt, aber sich der Partcidictatur I»r. Dallcr und Orterer nickt unterwerfen will. Da Kleitncr als Münchener Ge meinderath gegen die gcwalltbätigc Beschnciduiig deS EultuS- ctatö durch die Ultranivntancii im Landtage, insbesondere gegen die Abstriche a» Münchener Kniistpostulaten opponirte, ward er ein „unsicherer Eantonist" genannt und siet unter Anzweiflung seines KatholiciSinuS (wie daS jetzt i» Bayern Mode geworden ist) bei den Parteihäuptlinge» in Ungnade. Klcilncr'S Eandidatur im Wahlkreise Traunstein ward be sonders vom Kleruö fanatisch bekämpft und strengte »ia» Alles an, um die Eandivatur unmöglich zu machen. Oel ins Wahlseuer bcdculcte sodann die Kleitiicr'scbe Enthüllung, daß dcr Parteiches Dr.Daller alsGcistlicher und Rector cineöLyeeumS öffentlich die bayerischen Bischöfe „Salber", also als Leute hingesiellt habe, die lediglich ihren kirchlichen Verrichtungen obliegen (salben ----- firmen) und sich um weiter, zur Freude der Regierung, nichlS kümmern. Ui» Kleitncr gründlich zu ärgern, stellte man als corrccten EentrumScandidaten einen Vieh händler auf, der gestern nach beispiellosem Wahlkampse mit einer Majorität von 16 Stimmen gewählt wurde. An diesem Factum wäre nun nicht« von besonderem Interesse, aber bei näherer Untersuchung der Sachlage crgiebt sich die Tlmtsache, daß im Stille» innerhalb der sog. bayerischen „Patrioten" — «!. Eentrumspartei — eine Opposition erstarkt ist, die, unzu frieden mit der Partcipolitik und den Führern, Mutb und Krast besitzt, sich offen gegen die staatSgcsährdcndc Partci dictatur aufzulcducn. Des Viehhändlers waschechte EentriimS- candidatur wurde von katholischen Geistlichen und EcntrumS- angehörigcn so nachdrücklich bekämpft, daß Kleitner alle Hoffnung bekam, gewählt zu werden. Nur um 16 Stimmen handelte eS sich, und die Opposition >m bayerischen Ccntrum hätte den ersten Erfolg errungen und damit wäre der erste Schritt zur Verschiebung der starre» Parteiverbältniffe in Bayern geschehen. Die Alles tcrrorisirende ultramontane Majorität im Landtage beträgt nur zwei Stimmen, mit Kleitner« Wahl, der sich dem Elubzwang nicht zu unterwerfen versprach, wäre sie aus eine einzige Stimme hcrabgesuoken, der Wilvklerikake hätte da« Zünglein an der Waage der Abstimmungen spielen können. Die Parteileitung hat die Gefahr gemerkt und die äußerste Kraftprobe gemacht, wahrscheinlich zum letzten Mal; die Herrschaft der Ultramontane» im Lande ist in Frage gestellt, der Beweis ist geliefert, baß selbst in streng katholischen Wahlkreisen die unbedingte Unterordnung und Gefolgschaft gegen die jetzige Parteileitung bereit« von einer sehr respek tablen Anzahl gutkatbvlischer Mäoaer und selbst von Klerikern vrrvxigert wird. Für dir allgemeinen Neuwahlen in drei
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite