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-xped. «. Redaktion LrcStzeu-Neustadt kl. Meißner »ässe L. Lie Zeitung erscheint Tiensta», LBanersta« und «onnahen» früh. Abonnement»« ächsislhe DoißtidiG Inserate werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: die Ispalt. Zeile ISPf. Unter Eingesandt: 30 Pf. Fnseraten- Aunahmestellen: Pret». »ierteljährl. M. 1,50. Zu beziehen durch die kaiserlichen Poß- anstaltcn und durch unsere Boten. Lei freier Lieferung in» Haus erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pf. Ar. 119. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasenstein L Vogler, Rudols Mosse, G. L. Daube « Co. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, Kcsselsdorf u. s. w. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmauu Müller in Dresden. Sonnabend, den 9. Oktober 1897. 59. Jahrgang. Politische Weltschau Deutsches Reich. Der Zusammenschluß der Ordnungsparteien im Königreiche Sachsen anläßlich der Landtagswahlen findet bei der Mehrheit der nationalen Blätter ungetheilte Anerkennung. Von nationalliberaler Seite wird z. B. geschrieben: Sachsen wird nachgerade derjenige Staat in Deutschland, der von den anderen Bundesstaaten um seinen gesunden, politischen Sinn beneidet werden muß. Dort hat man die große Aufgabe der Zeit, die Bekämpfung der socialen Revolution, längst begriffen und dieser Er- kenntniß gemäß mit klarem Blicke und entschlossenem und festem Willen gehandelt — trotz alle- Geschreis, das demokratischerseits dagegen erhoben wurde. Wortes tortuna achuvat! (die Tapferen begünstigt das Glück). Das beweist der Ausfall der zum ersten Male auf Grund des neuen Wahlgesetzes vorgenommenen Land tagswahlen. Was für Unheil haben, als cS sich vor 1',2 Jahren um den Erlaß dieses Gesetzes handelte, die Unglücksraben, nicht nur aus dem socialdemokra tischen, sondern auch auS dem bürgerlichen Lager, zu prophezeien gewußt! Jetzt zeigt sich, daß der Zweck, den man verfolgte, vollkommen erreicht ist. Bisher ist nur das Eraebniß der Wahlmännerwahlen zu über» blicken, die Abaeordnetenwahlen stehen noch auS; aber eS ist außer Zweifel, daß die Socialdemokratie von den sieben Mandaten, die sie zu Vertheidigen hatte, höchsten- eins behaupten wird. Das bedeutet die Ver« § drängung der Socialdemokratie aus dem sächsischen ! Landtage. DaS hat man erreicht, nicht, wie vielfach j behauptet wird, durch eine Maaßrearl brutaler Un gerechtigkeit, sondern durch die Rückkehr zum gesunden Menschenverstände und zur Gerechtigkeit. Sachsen hatte vor drei Jahrzehnten ein dem Reichstagswahlrechte > fast vollständig gleichkommendes Wahlrecht eingesührt. ! Im Reiche mag man die absolute Gleichheit des allge meinen Wahlrechts wenn nicht rechtfertigen, so doch entschuldigen mit der allgemeinen Wehrpflicht und den indirekten Steuern; im Einzelstaate fallen diese Gründe i fort und es bleibt bei absoluter Gleichheit des Wahl- i rechts nur ein in die Augen springende- Mißverhältniß ! zwischen Recht und Leistung. Das sächsische Bürger thum würde indeß die in dem allgemeinen Wahlrechte liegende Ungerechtigkeit ertragen haben, wenn nicht das gleiche Wahlrecht einer erklärtermaaßen auf den Umsturz der bestehenden Staatsordnung ausgehenden Partei als Sprungbrett gedient hätte, um in der Ab- geordnetenkammer eine den ersprießlichen Fortgang der Geschäfte hindernde und die Zukunft gefährdende Position zu erlangen. Erst die zwingende Erkenntniß, daß dieser Gefahr vorgebeugt werden müsse, ist der Anlaß dazu gewesen, daß man da- Wahlrecht durch Einführung des DreiklaffensystemS und der indirekten Wahl in einer Weise abgestuft hat, welche das gesunde Verhältniß zwischen Leistung für den Staat und Einfluß auf die Leitung desselben nach Möglichkeit herzustellen bestrebt ist. Die- Verfahren war so vernünftig, so selbstver ständlich, daß man noch heute nicht begreift, wie sich im bürgerlichen Lager auch andere Leute al- solche, welche auS Parteirückfichten auf das Kokettiren mit der Soctaldemokratie angewiesen sind, dagegen ereifern konnten. Man pflegt diejenigen, welche auf schärfere Waffen gegen die Umsturzgefahr bedacht find, einer übertriebenen Furcht vor der Socialdemokratie zu be schuldigen. Umgekehrt darf man behaupten, daß jene anderen, die immer mit erhobenen Händen vor der „verbitternden Wirkung- solcher Waffen warnen, von der bleichen Angst vor der Socialdemokratie besessen find. Sie find natürlich auch jetzt wieder auf dem Plane. Während die Socialdemokraten unter sich über die Bedeutung des sächsischen WahlaussalleS sehr ver. schiedener Meinung find, ganz allgemein aber einen auffallend kleinlauten Ton anschlagen, giebt eS im bürgerlichen Lager und zwar nicht nur bei der De mokratie und dem Freisinne, nicht wenige, die, weil sie es nun einmal vor Jahresfrist so prophezeit haben, durchaus glauben machen wollen, daß die revolutionäre Bewegung durch diese Wahlen gestärkt sei. — BemerkenS- werth ist eS übrigens, daß die socialdemokratische Presse eS in der Hauptsache zugesteht, daß nicht das neue Wahl gesetz, sondern das Kartell der Ordnungsparteien die Niederlage ihrer Partei herbeigeführt habe. Von ver schiedenen Seiten wird angesichts dieser neuesten Erfolge des Kartellgedankens in Sachsen ein ähnlicher erneuter Zusammenschluß der nationalen Parteien im ganzen Reiche gegen die Socialdemokratie befürwortet und auch Fürst Bismarck tritt in einem Artikel der „Ham burger Nachrichten- hierfür ein. Leider erscheint aber gegenwärtig bei dem kleinlichen Zwiespalte der Parteien die Verwirklichung dieses echt patriotischen Gedanken- ziemlich aussichtslos. Der Reichs-Versicherungsentwurf, welcher in diesen Tagen an die Mitglieder des VersicherungS- beirathes zur Abgabe eine« Gutachtens übersandt wird, beschränkt sich, der „Post- zufolge, nur auf die Rege lung der öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Privat- Verficherungsgesellschaften und werde in keiner Weise Geltung für die öffentlichen Feuer-VerficherungSgesell- schaften haben. Der Widerstand gegen die Beseitigung der Vorrechte der öffentlichen Versicherungsanstalten sei aus Süddeutfchland gekommen und es habe, um überhaupt die Möglichkeit für ein ReichS-VerficherungS- Waffen von Ker Berücksichtigung solcher An- Atm "nm-h-ld »-« R-hmm« -'n,, s-lchm «bftand nm'ftm Angobm üb-r di« b-°°r- Marineforderungen ist eS von beson- ^tereffe einen Ueberblick über die einmaligen Dentscken Reiches zu gewinnen. Im Jahre 1872 würden «ür M°rln-jw-ck-n »u,°mmm gl MMonm Marl b-wMIgl. davon 15 M>m°n-N an sortd-u-mdm und 16 Millionen an einmaligen Ausgaben. Im Jahre darauf trat ein Rückgang von 5 Millionen ein da rur 8 Millionen fortdauernde Ausgaben bewilligt wurdm. D-sür b,trugen 1874 bereit- di- Gelammt, ausgaben gegen 39 Millionen, wovon allem 22 Mil lionen auf das Ex»raordtnar,um kamen. Im Jahre 1875 hatten die Gesammtau-gaben bereits die Höhe von 49 Millionen erreicht, 1876/77 waren sie gar auf 60 Millionen gestiegen, gingen daun fieilich beständig zurück bis aus 36 Millionen im Jahre 1882/83, um von da an wieder beständig zu steigen und zwar auf 71Millionen in 189091, wovon 41 auf die fort dauernden und 30-/. auf die einmaligen Ausgaben kamen 1891/92 wurden bereits 75 Millionen, nemlich 45 bezw 30 auSgegeben, 1892/93 waren zum ersten Male die dauernden und einmaligen Ausgaben unge fähr gleich, nemlich 45»/. und 44»/. Millionen, 1893/94 hatten sich die dauernden auf 48 Millionen gehoben, die einmaligen waren auf 33 Millionen zurückgegangen, 1894 95 betrugen die fortdauernden 51, die einmaligen nur 27'/, Million, 1895/96 war die Spannung noch größer geworden <58'/, zu 27'/,), 189697 wurden dauernd 55'/, und einmalig 31 Millinen bewilligt, im vorigen Jahre waren beide Ausgaben wieder un gefähr gleich geworden (59 zu 58 Millionen), sie hatten zum ersten Male zusammen die Summe von 100 Mil lionen weit überschritten (117 Millionen). In den nächsten 7 Jahren sollen sich die einmaligen Ausgaben ungefähr auf der vorjährigen Höhe halten (etwas über 60 Millionen), abgesehen vom nächsten Jahre, wo etwa 50 Millionen an einmaligen Ausgaben gefordert werden dürsten. Nach den bisherigen Erfahrungen wird man aber überdies jedenfalls auch mit weiteren Steigerungen des OrdinariumS zu rechnen haben, die hauptsächlich durch die entsprechende Vermehrung des Marinepersonal hervorgerufen werden dürften. Wie verlautet, besteht die Absicht, die auf die Marine bezüglichen Gesetzesvorschläge, sobald sie endgiltig festgestellt sein werden, durch den „Reichs anzeiger- zu veröffentlichen, um den Rrichstagsmit- gliedern Gelegenheit zu geben, sich mit dem Inhalte der Vorlage vertraut zu machen, ehe sie noch zur Par. Ieuilleton. Der Spion. Historischer Roman aus der Geschichte des heutigen Rußlands von Julius Grosse. (Nachdruck verboten.) l1. Fortsetzung.) „AuS den höheren Kressen?- „Doch nicht. Der Held ist eigentlich, obschon ein interessanter, doch obskurer Mensch gewesen, der gleich, wohl in den Mittelpunkt der weltgeschichtlichen Ent- scheidungen kam. Wie eS zuweilen zu gehen pflegt, daß in den Falten der Weltgeschichte sich manche- Einzelgeschick von Menschen verbirgt, deren Mitwirkung auf die großen Ereignisse ein Helle- Licht wirft, so auch hier. Zudem war er, wenn auch eine problema tische und räthselhafte Natur, doch ein Mann, dessen Geschick in Schuld und Verdienst vollkommen tragisch verlief. Manche werden ihn einen Verbrecher, einen Schurken nennen, der vor dem nichlSwürdigsten Verrath nicht zurückschreckte und doch muß der Kern seine- Wesen- edel und nicht unbedeutend gewesen sein, ein Charakter, der seinen eigenen Biographen und Psycho- logen verlangt. Von diesem nun könnte ich Ihnen wohl Mittheilunaen machen, ohne Indiskretion zu begehen.- Der Vorschlag wurde mit Beifall ausgenommen und schon am Abend desselben Tage- saß man in einem Hinterstübchen der Restauration von Renner io brr Brüderstraßkü wo man io engerem Kresse bisher schon öfter zusammen getroffen war. Professor D. erschien mit mehreren sauber ge schriebenen Heften, die er neben sich auf den Tisch legte. „Erschrecken Sie nicht über so viel Ballast. Ich wählte nur rinen Jahrgang heraus. Die Episode, die ich Ihnen lesen will, spielt in dem Jahre 1825 und steht mit den erschütternden Ereignissen jene- Jahres, mit dem Tode Kaiser Alexander's und dem Militär- ausstande unter Nikolaus im engsten Zusammenhang. Fragen Sie dann nach einzelnen Personen, so kann ich Aufschluß geben, denn Biele habe ich später noch persönlich kennen gelernt. Manche Nebendinge weiß ich auS dem Munde de- Generalmajor- und über Einzelne-, wa- nicht in den Memoiren steht, gestatten Sie mir, nöthige Einschaltungen zu geben.- Und so geschah eS. Im Ofen de- hohen Gemache- knisterte ein leichte- Feuer. Die Kerzen, welche auf Wunsch neben den Professor gestellt waren, verbreiteten festliche Helle. Auf dem Tische stand eine gefüllte Punschbowle und der alte Herr begann zu lesen, nach dem auf sein Verlangen die Thür sorgsäliig verschlossen und der Kellner fortgeschickt worden war. AuS den Aufzeichnungen des Generalmajors v. P. „Nunmehr brach da- verhängnißvolle Jahr 1825 herein mit seinen schweren Heimsuchungen und Ereig nissen, deren Folgen auch in unserem entlegenen, sonst so stillen Novomirgorod sühlbar waren, wohin ich ein halbe- Jahr vorher auS den nördlichen Militärkolonien von Nowgorod versetzt worden war. Ganz Ruhland war damals in fieberhafter Be wegung. Von Tage zu Tage hoffte man, daß der Kasser für den glorreichen Aufstand der Hellenen Partei ergrerfin sollte Der heldenmüthige Kampf de- kleinen Volkes entflammte jede- Russenherz und Mil lionen sahen die Zeit gekommen, in der sich da- soge nannte Testament Peter'» des Großen erfüllen würde, hatte doch der Großfürst Konstantin, de- Kaiser- Bruder, nur deshalb diesen Namen empfangen, wie man sagte, um einst in Konstantinopel seinen Thron zu errichten. Aber die Gebete de- Volke- waren umsonst. Kaiser Alexander war von dem Aufstand wie von einem unheimlichen, elementaren Ereign'ß erschrickt, dessen Wirkungen er fürchtete. Da- heilige Woit „Freiheit- hatte für ven Schüler Laharpe's seit der heiligen Allianz langst seinen Zauber verloren. Da- Volk aber murrte und die Erbitterung wuchs auch in den höheren Ständen. Alle Welt sah in den schrick- lichen Naturereignissen, in dem Mißwachs wie in der surchtbaren Sturmfluth vom November 1824. die zahl losen Bewohnern von Petersburg das Leben kostete, nur die gerechte Strafe des Himmels. «uf memer Risse nach dem Süden beschloß ich, meinen alten Ehef und Waffenbruder Uschakoff, unter dem ich als jüngster Leutnant den Feldzug nach Frankreich vor zehn Jahren mitgemacht und dm ich seit so langen Jahren völlig au- dem Gesicht verloren, m feiner Heimath aufzusuchen. Uschakoff hatte auf Grund seiner Verwundung auf dem Monimartre nach Ende di- KriegkS seinen Abschied genommen und sich auf seine Güter im Gouvernement Smolensk zurückgezogen, wo er em glänzendes Leben führen sollte. in t lvußte, der alte Herr, der beiläufig um mehr ^undzwanzig Jahre älter al- ich war, besaß eine schöne Frau . id wenn dem Gerücht zu glauben.