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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.03.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140310011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914031001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914031001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-03
- Tag 1914-03-10
-
Monat
1914-03
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe für LeipU» un» Vorort» Sur» unser« Lr»a«r "LAU Avp» »1^» » »äs Sprötteur« Lmaltägll» In» Nou» gebrockt: monatlich 1.« M., oi»rt«liührUch Z.7Z M. S»i S«r »«schäslostcUr, nusrrn Zillal«» nn» Knogadryellen adgeholt: monatlich 1M., vl«rt«li»hrllch z M. Lurch »t» Post: innerhalb LrutschlaaS» unü »»r »rutsch«« Kolonien monatlich 1^0 «., oierteljührllch » S» M., au»schU«-ltch postb»st»llgelS. La» LeipzigrrLagedlott rrschrint Werktag» rmal, Sonn» u. Feiertag« tmai. In Leipzig, Sen Nachbarorten unS Sen ckrten mit eigenen Filialen wir» »>« MdeoSauogad« noch am stdeuS »eo «rscheinen» in» hau« geltesert. Serliner keSakti««: 2n Sen Zelten 17. Zernsprech-staschlust: Moadit Nr. 447. /trritsdlE des Rockes und despolizeuurrtes der Studt Leipzrg KeSaktlon un» Sefchüftoftell«: Zohanntogast» Nr.». o Zernsprech-stnschlu- Nr. >4044. 14S4Z un» 14644. ISS. Jahrgang kür Inserat« au» Letozig UN» Umgebung »i« IspaltigepetitieileSSps., Si«N«klamr,rllrl M., von auowürta zo Pf.. Krklamen t.r» M.. Klein« stnzeigen Siepetltzeilc nur S0pf.b.w>«Srrk»l.Nab.,Insrratr von SebörSen im amNickcnLetl Sie Petit» z«tl« S» Pf. chischaftoanzetgen mit piahoortchrift im Preise erhöht. Nabatt nach Laris. Veilagenr S«>amtaufl.»M.Sa»Lausen» auoschl.postgediihr. flnzetgra-flanadm«: lodanntsgasse». bei s»mtlt»cn Filialen »«»Leipziger Lageblatt«» uns allen stan»n««n»Lxpeülttonen Se« In» un» stuslanSr». »eschttftsstellr für Veritn u.Sie pr.vronSendurg: DirektionWalter Zliegel, Serltn w i» MargarethenstraKe ». ZernspreG-flnschlug: Liihow 547l. Nr. 12S. virnswg, »en io. MSrr. 1Sl4. vss wichtigste. * Von dem in Leipzig-Stötteritz wohn ¬ haften angeblichen Monteur Otto Heyer ist am Montag an zwei Damen in Tharlottenburg ein Raubmordversuch verübt worden. (S. des. Artikel.) * Die Zweite Kammer bewilligte am Mon tag die Ausgaben für mehrere Bahnhofsumbauten und erledigte einige Petitionen. lS. Der.) * Im Reichstage wurde am Montag die zweite Lesung des Kolonialetats fortgesetzt. Staatssekretär Dr. So l f sprach sich ausführlich über die Ziele der deutschen Kolonialpolitik aus. (S. Art. und Bericht.) * In Rom hat der Generalstreik als Protestkundgebung gegen die Schließung einiger Krankenhäuser am Montag früh begonnen. (S. Ausland.) ' * Die Wahlen in Bulgarien ergaben eine große Mehrheit der Regierungs parteien. (S. Ausl.) * Bei Metalka an der bosnisch-montene grinischen Grenze kam es zwischen östcrrcichi - sch en und montenegrinischen Soldaten zu einem Zusammenstoß. (S. Ausl.) * In St. L o u i s ist das Gebäude des Missouri- Athletik Klubs am Montag völlig ni eder- gebrau nt, wobei sieben Personen getötet und gegen fünfzig verletzt wurden. (S. Sp. u. Sp. und L. Sportn.) vir klirr ckrs Soiaalen. Der Erlaft des bayrischen Kriegs- ministcrs gegen die Soldatenmift hand ln n g c n hat Aufsehen erregt. In den früheren preußischen Erlassen wie in den Erlassen für die sächsische Armee und in sonstigen zahlreichen Kundgebungen hoher Befehlshaber wurde in haltlich ungefähr das Gleiche gesagt, der bay rische Erlaft betont aber mit besonderem Rach druck die Pflicht der Offiziere, nach dem Rechten zu sehen; er macht sie verantwortlich für die Behandlung der Soldaten und erklärt, das; Of fiziere, die ihre Dienstaufsicht leicht nehmen, f n r i h r e n B c r n f n n ge c i g n e t s i n d. Der Erlaft enthält ferner eine Wendung, die sehr zu beachten ist. Es wird da am Schlüsse ge sagt, daft durch eine üble Behandlung der Mann- schaften der Armee die meisten Feinde ent stehen, während bei gerechter Behandlung „sich auch Leute zu brauchbaren Soldatcü erziehen lassen, die mit einem Bor urteil zum Heere ein gerückt sind." Dieser Hinweis ist ebenso deutlich wie richtig. Biele gc wissenhafte Offiziere werden die Rich tiakeit aus eigener Erfahrung bestätigen. Aber warum muft dies noch gesagt werden? Offenbar ist cs notwendig, daft es gesagt wird. Wie viel beruhigende Erklärungen sind im Reichstage, so oft die Soldatcnmifthandlnngen zur Sprache kamen, abgegeben worden! Es war stets eine allgemeine Genugtuung, zu hören wie stark sich die Strafsälle wegen Soldatenmiß- handlungen verminderten. Dennoch ist der neue bayrische Erlaß gewiß nicht erschienen, weil der Kriegsminister etwa nur seinen besonderen Eifer zeigen wollte, sondern weil eben der Zustand noch nicht befriedigend ist. Es sind vermutlich bestimmte Wahrnehmungen aus letzter Zeit, „frische Fälle", die zu einer kritischen Unter suchung der Ursachen führten. Wo ist nun der schwache Punkt? Er liegt zweifellos in dem Zwiespalt zwischen einer veralteten Auf fassung der Soldatenerziehung und einer zeit gemäßen. Bei so vielen Soldatenmißhand- sungen zeigte es sich, daß nicht Roheit allein im Spiele war, sondern eine falsche Auffassung des Drills den Ausschlag gab; nämlich die Sucht, den Soldaten zu einem willenlosen Werkzeug zu machen. Also eine Uebertreibung des Begriffs der Disziplin. In diesem und jenem Fall r.izte cs den Unteroffizier, eine Probe auf den Grad der Unterwürfigkeit zu machen, seinen Willen dem Soldaten aufzuzwingen, sei cs auch zu einem ganz unvernünftigen Zweck; daher die sinnlosen Befehle, die entwürdigenden Zumutun- gen. Was ist das aber anders als ein Rest aus jener Zeit, wo der Soldat ein aufgclcsener Mann war, die Heere, wie unter Friedrich dem Großen, zum guten Teil aus dem fragwürdigsten Bolte bestanden. Nur durch die atlerschärsste Zucht unter ausgiebiger Verwendung des Prügelstockcs waren diese Soldaten zu Ordnung und unbe dingtem Gehorsam zu erziehen. Einmal ein- gereiht, im Donner der Schlachten bestrahlt von dem Ruhm des Königs und seines Heeres, gedieh freilich in ihnen eine Soldatcnehre, gedie hcn der Stolz und die Fähigkeit zur Hingabe deS Lebens. Und doch sah Friedrich, der selbst gelegentlich im Aergcr zu sei nem Krückstock griff, ein, daß die Knechterei aus die Dauer nichts taugte. 1785> sagt ein Parolebcfehl den Offizieren, es sei eine irrige Meinung, den Soldaten durch „Barbarei" zur Schuldigkeit anzuhalten. „Sc. Maj. der König haben keine Schlingel, Kanailles, Raeailles, Hunde und Kroppzeug im Dienste . ." Je mehr das Heer zum Bolksheer wurde, nm so mehr mußte der Ehrbegriff sich heben. Der Soldat von 181'1 stand neben dem freiwillig eingetretencn Bürgersohn, und dieser brachte s.jnc Menschenwürde und Bürgerehre mit. Run haben wir schon reichlich lang das „Bolt in Waffen". Die Zahl der gebildeten Soldaten steigt in gleichem Maße wie die Schulbildung gepflegt wird, und der Prügelstock ist längst nicht mehr das Abzeichen der Soldatenerziehnng. Es geht auch ohne Prügeln. Aber- genau ivie einst, als die Prügelstrafe ab kam, alte Offiziere ineinten, nun müsse die Manneszucht aus Rand und Band gehen, der „echte Svldatengeist" werde schwinden, so gibt cs auch heute, wie neulich aus den Zuschriften der „Kreuzzeitung" zu scheu war, alte Militärs, die da meinen, es führe zur „Verweichlichung" des Soldaten, wenn er „zimperlich" behandelt würde. Nun, der bayrische Erlaß tadelt aus drücklich die „gewohnheitsmäßige Anwendung von Schimpfwörtern". Eine faule Zimperlich keit soll gewiß nicht gepflegt werden; aber der Erlaft will eben, daft die persönliche Ehre des Soldaten geschützt bleibe, nicht nur ge schützt, weil der anständige Mensch diesen Schutz beanspruchen kann, sondern auch, weil dies für den Geist und den Wert des Heeres notwendig ist. Der Geist des Heeres? Ja, faßt der Begriff der Disziplin diesen Geist nicht ein; sind beide nicht dasselbe? Ist die Mannsznchl nicht die allererste und wichtigste Voraussetzung? Das ist sie; allein zu bedenken ist, daft die Mittel zu ihrer Erzielung der Zeit und den allge meinen Zuständen anzupassen sind, etwa ebenso, wie wir von der Schule verlangen, daß sic ihre Mittel auf eine vorgeschrittene Auffas sung cinrichtet. Je mehr gesittete Leute ein gereiht werden, um so mehr hebt sich die Durch schnittshöhe, und dem muft Rechnung getragen tverden. Zn bedenken ist weiter, daß ein künf tiger Krieg unter der Wirkung der heutigen Kricgsmittcl voraussichtlich an die Standhaf tigkeit und Willigkeit des einzelnen Mannes noch weit höhere Anforderungen stellen wird als früher. Darum ist auf eine cingedrillte äußer liche Mannszucht allein kein Verlaß. Die Sol datenehre, die sich im Felde in der vollen frei willigen Hingabe bewähren soll, muft in dem einzelnen Menschen festsitzen. Man kann diese Soldatenehre nicht erst anzaubern, wenn sic auf die äußerste Probe gestellt werden muft. Sie muß da sein. Mißhandlungen und demütigende Beschimpfungen ertragen und dann das Höchste in moralischer Tüchtigkeit leisten sollen — das ist zu viel verlangt. Einfache Lehre: der Mensch darf im Dienste nicht erniedrigt werden. Regelmäßig wurde auf solche oder ähnliche Betrachtungen erwidert: Soldatcnmißhand- lungen werden in einem so großen Heere immer Vorkommen; wir müssen uns dabei beruhigen, daft cs sich stets um vereinzelte Fälle handelt. Gewiß, das ist immer mit Recht gesagt worden; wenn aber damit die Sache ein für allemal erledigt wäre, so verstünde man nicht, was ein Erlaß, wie der des bayrischen Kriegsmini- stcrs, überhaupt bezwecken soll. Nein, es ist eine strenge uno dauernde Einwirkung von oben herab notwendig. Das wird durch den Erlaß selbst bewiesen. Müssen wir erst nach einer Nutz anwendung suchen? So bitter jede Er innerung an die unselige Zaberner Geschichte ist, so muß man sich doch sagen: wäre dort sofort nach den Forderungen, wie sie der bayrische Erlaß an die Dienstaufsicht stellt, ge handelt worden — und sic sind doch nicht neu, sondern längst allgemein bekannt — so hätte es keinen „sz-all Forstner" gegeben und wahr scheinlich all das andere nicht, was sich daraus entwickelte. Durch ein festes Zngreifen im rech ten Augenblick! Statt dessen . . . Doch wozu die abgeleierte Kette von neuem aufrollen? Der selbe Leutnant v. Forstner ist dieser Tage in einem Prozeß wegen Soldatenmifthandlungen zu vier Wochen verschärftem Arrest verurteilt wor den. vr. Solf über öle deutsche Kolonialpolitik. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) D Berlin, 9. März. Auch die heutige Fortsetzung der Aussprache über den Kolonialetat trug die Züge, die wir schon am Sonnabend hier nachzu,zeichnen versucht hatten. Man bemängelt Einzelheiten, wie z. B. die noch be stehende Haussklaoerei. Man wünscht mehr Bahnen, man nimmt sich, je nachdem, der Plantagenbesitzer oder der Neger an, aber im großen ganzen marschiert man doch, an Kolonialdebatten früherer Jahre ge messen. bei gedämpfter Trommel Klang. Davon macht, wie gesagt, nicht einmal die Sozialdemokratie mehr eine Ausnahme, obschon cs diese mit der bequemen Formel, daß alle Gebresten und Wünsche aut dieser Erdenwelt von dem Kavitalismus herrühren, ver hältnismäßig leicht hat, die Kolonialpolitik in Bausch und Bogen zu verdammen. Den redlichen Willen brachte ja wohl auch Herr Henke, der neue Stern, der über Bremen strahlt, mit. Aber es ist etwas, was die Sozialdemokratie an der Ausübung solchen Rüge amt-es einigermaßen behindert: Das ist die überaus sympathische Persönlichkeit des derzeitigen Staats sekretärs, die doch auch dem Rötesten der Röten ein ge wisses verhaltenes Wohlwollen abnötigt. Herr Dr. Solf hat sich, wie zu erwarten war, heute an der Aussprache beteiligt; er hat sogar eine sehr lange Rode gehalten, in der er sich so ziemlich mit allen Borwürfen, die am Sonnabend und heute laut ge worden waren, auseinandcrfetzte. Und wieder war es eine wahrhaft ästhetische Freude, zu beobachten, in wie hohem Maße auch unser Kolonialminister die Kunst der Menschenbehandlung beherrscht. Ja diesem Punkt überragt Herr Dr. Solf noch beinahe Herrn von Tirpitz, den wir vor kurzem gerade unter diesem Ge sichtswinkel rühmten. Herr Dr. Solf hat nämlich eines, was dem verdienten Leiter unserer Marine verwaltung abgeht, den Humor, jenen behaglichen Humor, der aus einer überlegenen, die menschlichen Dinge nie pathetisch, nur mensch lich wertenden Weltanschauung fließt. Da wird z. B. über das Trinkan der Neger geklagt. Nicht doch, wehrt Herr Dr. Solf ab: Die Neger seien keine Dauertrinker, sie trinken nur bei festlichen Ge legenheiten, dann freilich mehr „als die Aesthetik zu lügt". Schallendes Gelächter: Und aller Grimm löst sich in milde Heiterkeit auf. Herr Dr. Solf hat heute noch mehrfach solche Dinge zum Besten gekohlt, und selbst der sozialdemokratische Sprecher Henke mußte, im stillen entwaffnet, eingestehen: Der Staatssekretär hätte Ocl auf die erregten Wogen gegossen. Im übrigen brachte unser Kolonialminister auch sachlich mancherlei Neues, nicht nur in den Schilderungen aus den einzelnen Kolonialgebieten, die ja im wesentlichen Bekanntes widerholen mußten. Auch hier war es im übrigen interessant zu hören, daß Kamerun nach der Ansicht des Staatssekretärs sehr bald die bestzahlende Kolonie sein werde, und daß ihr Emporblühen noch durch eine Bahn von Norden nach Süden beschleunigt werden solle. Auch Togo solle möglichst bald eine Bahn erhalten, und später solle Kamerun uns als Holzlieferant dienen. In dem Streit zwischen Pflan zern und Eingeborenen nahm der Staatssekretär eine vermittelnde Stellung ein. Er hält, wohl mit Recht, den Pläntagenbau nicht für entbehrlich, weil er den Eingeborenen die notwendigen Vorbilder liefern müsse. Die Klagen, die aus den Kolonien kommen, aber riet er — und erwies auch hierin seine Menschenkenntnis — nicht allzu tragisch zu nehmen, weil sic doch aus 49 Grad Reaumur geschrieben würden. Don der Haussklaverei verhieß er, daß sie in spätestens zehn Jahren aufgehört haben wurde. Die Erörterungen werben morgen noch fortgesetzt. poliMesie UebersieM Der sächsische Kronprinz in München. Wie wir kurz bereits in der gestrigen Abend nummer berichteten, fand am Montag mittag 1 Uhr im Kapitelsaale der Reichen Zimmer in der Residenz München zu Ehren des Kronprinzen von Sachsen eine Familientafel statt, an der außer dem Königspaar noch teilnahmen: K ronpri n z Rupprecht, Erzherzogin Adelgunde von Modena. Prinz Karl, Prinz und Prinzessin Franz, die Prinzessinnen Abclgundc, Hildegarbe, Wiltrud, Helmtrudis und Gundelinde, Prinz und Prinzessin Ludwig Ferdinand, Prinz und Prinzessin Alfons, Prinzessin Klara, die Herzöge Christoph und Luitpold, die Herzcginwitwe Max von Württemberg sowie Infantin Eulalia von Spanien. Gleichzeitig fand Marschalltafel statt. Der König und Kronprinz Rupprecht hatten sächsische, Kronprinz Georg bayrische Uniform angelegt. Nach der Tafel begab sich der Kronprinz in das Deutsche Museum, wo Reichsrat Ritter von Miller und Professor von Dyck die Führung bei der Besichtigung übernahmen. vom Wahlkampfe in Sorna-Pegau. Am Freitag sprach der nationalliberale Kandida Nitzschke in Pegau. Unter den etwa 199 Per sammlungsteilnehmern befanden sich an die l.',9 So zialdemokraten. In mehr als einstündiger Rede ver breitete sich Abg. Nitzschke über Zwecke und Ziele der nationalliberalen Partei, namentlich über die Stellungnahme der letzteren zu den hauptsächlichsten Erwerbsständen des deutschen Volkes, die Landwirt schast, den Mittelstand, den Beamtcnstand, die In dustrie und den Arbcitcrstand. In sachlicher Weise wies der Redner die Unterstellung nationaler Un zuverlässigkeit seiner Partei zurück und führte des weiteren die Erfolge auf, die auf nationalliberaler Seite u. a. bei der Wehrvorlage, bei der jüngsten Wahl in der Lausitz, durch die Heranziehung der fort schrittlichen Volkspartei zur Mitarbeit bei der Ko lonial- und Agrarpolitik zu verzeichnen seien. Ein Paktieren mit der Sozialdemokratie lehne seine Partei ab. Ohne Ausnahmegesetze müsse jedoch die Wiedergewinnung der unter sozialdemokratischem Zwange stehenden Arbeiterkreise sür die nationale Sach: betrieben werden. Im Falle Zabern habe die nationalliberale Fraktion des Reichstags geglaubt, durch ihre Stellungnahme Recht und Gesetz schützen zu müßen. Redner versicherte, im Falle seiner Wahl getreu den Forderungen der nationalliberalen Partei all sein Tun und Handeln einzustellen aus das Motto: Deutschland, Deutschland über alles. Dem Vortragenden zollte die Versammlung leb hasten Beifall. Da Debatteredner sich nicht meldeten, nahm Aba Nitzschke nach kurzer Pause d.rs Schluß wort. Hierbei legte er u. a. dar, wie große Steuer fragen lDecknng für die Wehrvorlagej in liberalem Sinne gelöst werden könnten, gab seiner Abneigung gegen den Ultramontanismus offen Ausdruck und be stritt die Berechtigung der Einwendungen gegen An nahme eines Doppelmandates. Die anwesenden So zialdemokratcn hatten sich während der Pause zum guten Teil entfernt. Die Versammlung verlies in ruhigster Weise. Der „Dtsch. Tgsztg." ist die Feststellung, daß kon servative Wähler im Wahlkreise Borna Pegau für die Stichwahl die Unterstützung Les So zialdemokratcn angekündigt haben, und daß die Schriftleitung der „Sachs. Umschau" bereit ist, diese Acußerungen vor Gericht zu vertreten, höchst unangenehm. Anstatt aber gegen diese Konservativen vorzugehen, fährt sie unwirsch gegen die „Sachs. Um schau" los und schreibt: „Wir können dieses ganz eigenartige Spiel nur im höchsten Maße zweifelhaft und bedauerlich fin den. Die „Umschau" hätte die Verpflichtung gehabt, sofort -Namen zu nennen und sofort auch Ort und Zeit, wo und wann die betreffenden Herren ihre Aeußcrungcn getan haben sollen. Dann wäre sic in der Lage gewesen, rechtzeitig die Sache aufzuklärcn, gleichviel wie diese Aufklärung ausgefallen wäre. Daß hier gekennzeichnete Zö gern und Hin- und Herziehen von Behaup tungen, die nun nicht mehr rechtzeitig auf,zuklären sind, kann nur zu der einen Folgerung fuhren: daß diese ganzen Behauptungen nacbgerade nicht mehr den geringsten Anspruch darauf machen können, von irgend jemand ernst genommen zu werden." Die „Sächsische Umschau" hat die Namen der fünf Konservativen in ihrer Nummer vom 1. März ge nannt. heute sind zeitdem neun Tage vergangen. Zeit genug, „die Sache auizuklüren", war also vor handen. Warum ist diese Zeit von den Schützlingen der „Dtsch. Tgsztg." nicht benutzt worden? Die Herren von der Rechten sind doch sonst außerordcnt lich empfindlich. Jedenfalls können wir das Berliner agrarische Blatt versichern, daß jene für die Konser vativen so überaus peinliche Feststellung im Wahl kreise Borna—Pegau sehr ernst genommen wird, weil sie eben vor Gericht erhärtet werden kann. Eine Mahnung an Rußlanö. EZ ist sür die zwischen Deutschland und Ruß land zurzeit herrsckzendc Atmosphäre bezeichnend und für die (Stimmung, die allgemach auch un sere amtlichen Kreise zn ergreifen begonnen hat, ftaft heute selbst der offiziöse „Berliner Lokal- Anzeiger", ocr sich noch bis vor wenigen Tagen mit Dämpfen und Beschwichtigen nicht genugtun zil können glaubte, nun ganz offen ans die deutschfeindliche Agitation in Rußland hin weist. Zn einem immerhin sehr beachtenswerten Artikel erklärt er, daft in bezug auf die Aeuße- rnngen Ssasonows in der Dumakommission über die Mililärmission des Generals Liman von Sanders von russischer ^.citc hinreichende Er- tlärungen gegeben worden feien. Gleich nns legt der Offiziosus auch auf die russischen Rüstungen nicht das Hauptgewicht, erklärt viel mehr, daft sie nach einem in unseren maßgeben den Kreisen bekannten Programm sich vollzögen. Dann führt der „Lokal-Anzeiger" folgender maßen fort: „Größeres Gewicht hätte unserem Er messen nach auf die nun schon seit Jahren andauernde gewissenlose Verhetzung der öf fentlichen Meinung in allen Kreisen und Schichten Rußlands gelegt werden müssen, der gegenüber auch die langjährige, vom Stärke bewußtsein und von moralischer Uebertegen- heit getragene Geduld des deutschen Bol tes naturgemäß einmal plötzlich zu Ende gehen kann. In der nahezu einmütigen Auf lehnung unserer Presse aller Schattierungen gegen die wüsten und unreinen Verschwörungen und Unterstellungen, die seit Jahren ohne Unterlaß über die Grenze hinüber gegen uns geschlendert werden, sehen wir den Beweis, daft gerade im gegenwärtigen Augen blick mit einem solchen Stim- m nngs w echsel e r nstli ch gerechnet werden muß. Obgleich die deutsche Presse in ihrer Sachlichkeit und Leidcnsclzaftslosig- tcit im allgemeinen viel zu hoch steht, daß sie jemals auf das sprachliche Niveau eines gewissen Teiles der russischen Presse her- absinkcn tünntc, müßte sie cs doch mit Be dauern registrieren, daß alle Langmut und nie abrcißcndc Dienstbeflissenheit gegen über Rußland nichts andres ausgelöst haben als Haß, Mißtrauen und Undank. Wir wissen es wohl, das russische Bolt ist so friedfertig, ivie wir selbst cs sind, aber dem Treiben einer gewissenlosen Presse auf der anderen Seite der Weichsel sct;eint leider kein genügendes Gegengewicht mehr gegeniibcrzustchen, und das erfüllt uns manches Mal mit Sorgen." Das sind nachdenkliche Worte, die bei der Stellung des Blattes europäische Beacht tung verdienen. Sic zeigen, wie recht von uns hier die Situation beurteilt worden ist. Im übrigen möchten wir glauben, daß diese halb amtliche Erklärung in Rußland einen starken Eindruck machen wird. In Rußland imponiert nichts mehr als ruhiges Selbstbcwußtsein und hat uns nie etwas mehr geschadet als die Liebenswürdigkeiten, die wir bei jedem Anlaß an die Herren Russen zu verschwenden pflegten
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