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beeinflußt, das übrigens ebenfalls mottohaft vom Soloinstrument eröffnet wird. Aber auch die virtuose Klaviertechnik Chopins und Liszts mag Anregungen ge boten haben. Nicht ohne Grund hat Hans von Bülow Grieg einmal den „Chopin des Nordens“ genannt. Nach dem energischen Vorspruch stellt das Orchester das anfangs rhythmisch-markante, dann in fließende melodische Bewegung übergehende Hauptthema vor, das auch vom Klavier aufgegriffen wird. Der Solist leitet sodann zum lyrischen Seitenthema über, das zuerst in den Celli erklingt rhapsodisch frei zügig, gedrängt ist die Durchführung. Zum pianistischen Höhepunkt des Satzes wird die große Kadenz, in die die Reprise mündet. Das Hauptthema wird hier prächtig ausgeschmückt. In der kurzen Coda erklingt nochmals das Einleitungs motto. Echten Griegschen Personalstil bietet der zweite Satz (Adagio) mit seiner ruhig stömenden Des-Dur-Mclodie, die gedämpfte Streicher vortragen, bis sie der Solist aufgreift und zu einer imposanten Steigerung führt. Nur durch eine Fermate getrennt, schließt sich das Finale an. Norwegische Volkstanzrhythmen bestimmen das Hauptthema. Einer energiegeladenen Kadenz folgt eine stürmische Stretta. Dann wird der Satz mit dem lyrischen Seitenthema in jubelnder Ausdruckssteige rung gekrönt und beschlossen. Fryderyk Chopin, der große polnische Klaviermeister, vollendete das Klavier konzert e-Moll, op. n, ebenso wie das f-Moll-Konzert, op. 21, im Jahre 1850. Da das e-Moll-Konzert, op. ix, 1833 als erstes veröffentlicht wurde, trägt es allgemein die irreführende Bezeichnung 1. Klavierkonzert, obwohl es n a c h dem f-Moll-Konzert entstanden ist. Das am 11. Oktober 1830 in Warschau mit dem Komponisten als Solisten uraufgeführte Werk ist dem damals hochgeschätzten deutschen Klavier virtuosen und Pädagogen Friedrich Kalkbrenner gewidmet. Diese Widmung er klärt auch die betont virtuose Anlage des klar und übersichtlich geformten Kon zerts, das bezeichnendes Licht auf den typisch romantischen Geist seines Schöpfers wirft. Ein längeres Orchestervorspicl stellt das thematische Material des ersten, in Sonatenform angelegten Satzes vor (Allegro maestoso). Zwei Themen mit elegant sentimentalem Charakter bieten Chopin Gelegenheit zu ornamentaler, figurativer, phantasicvoll-virtuoscr Arbeit. Das Klavier bemächtigt sich bald der führenden Rolle, während das Orchester fortan - wie überhaupt in den Konzerten Chopins - nur noch untergeordnet in Erscheinung tritt. Der ganze Reichtum der schöpferischen Phantasie Chopins entfaltet sich im Klavierpart. Ein zauberhaftes Klangbild stellt der zweite Satz, eine Romanze, dar mit typischem Nocturne-Charakter. Der Kom ponist schrieb über diesen Satz, daß seine Stimmung „romanzenhaft, ruhig und melancholisch“ sei, daß er „den teuren Anblick des Fleckens Erde vor uns erstehen lassen soll, wo tausend liebe Erinnerungen sind ... So ein Hinträumen von einer herrlichen Stunde im Frühling, bei Mondenschein.“ Dem Rondofinale (Vivace) gibt der Rhythmus des feurigen polnischen Volkstanzes Krakowiak sein sprühendes Gepräge. Virtuose Passagen und Läufe des Solisten führen am Schluß des Konzerts zu einem wahren brillanten Feuerwerk, zu tänzerischer Entfesselung - konsequenter Gipfelpunkt eines aus gärender, jugendlicher Leidenschaftlichkeit heraus geborenen Werkes, das die erste Schaffensperiode des polnischen Meisters beschloß. Dieter Härtwig LITER ATI! R HINWEISE : Schnoor: Weber, Gestalt und Schöpfung, Dresden 1953 Cherbuliez: Fr. Chopin, Leben und Werk, Zürich 1948 Schjelderup-Nicmann: Edv. Grieg, Leipzig 1932 VORANKÜNDIGUNG: 14. April 1962, 19.30 Uhr 13. AU SS ERORD EN TL ICH ES KONZERT Gastdirigent: Konstantin Hiev, Sofia G. Fr. Händel: Wassermusik — Bearbeitung Hamilton Harty Lazar Nikilov: Konzert für Streichorchester P. Tschaikowski: 6. Sinfonie, h-Moll (Pathetique) Freier Kartenverkauf! Druck: VEB Landesdruckerei Sachsen, Dresden 6071 Ra III-9-5 362 1,55 ItG 009/10/62 \ \ \ I 12. Außerordentliches Konzert