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Sonnabend, den 25. Juni 1910. 76. Jahrgang Nr. 73. Bon der Königlichen Kreishauptmannschaft zu Dresden ist der ortsübliche Tage lohn gewöhnlicher Tagearbeiter in Gemäßheit des § 8 des Krankenverstcherungs- gesetzes in der Fassung des Reichsgesetzes vom 25. Mai 1903 für den hiesigen Ver waltungsbezirk auf 2 M. 10 Pfg. für männliche Erwachsene, 1 „ 20 „ für weibliche Erwachsene, 1 „ — „ für männliche Jugendliche, — „ 90 „ für weibliche Jugendliche und — „ 50 „ für Kinder von 12 bis 14 Jahren festgesetzt worden. Diese Neufestsetzungen treten am 1. August 1910 in Kraft. 796 ff. Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 20. Juni 1910. Die Mühlenbauanstalt und Maschinenfabrik vorm. Gebc. Seck beabsichtigt, in dem unter Nr. 155 des Flurbuchs für Schmiedeberg gelegenen Grundstücke eine ÜAsisßlgieke^ei zu errichten. Gemäß § 17 der Reichsgewerbeordnung sind Einwendungen hiergegen, soweit sie nicht auf besonderen Brivatrechtstiteln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, hier anzubringen. Dippoldiswalde, am 22. Juni 1910. 424 ffl. Königliche Amtshauptmannschaft. Formulare und andere Drucksachen für Gemeinde- und andere Behörden liefert in zweckentsprechender Ausführung die Buchdruckerei von Carl Sehne, Dippoldiswalde. Ae LMmMsm in WchÄihmM. Die schon feit längerer Zeit lautgewordenen Wünsche der Elsaß-Lothringer nach Gleichstellung ihres Landes mit den übrigen deutschen Bundesstaaten sollen bekanntlich bis zu einem gewissen Grade nunmehr Berücksichtigung finden. In Straßburg haben vor kurzem Konferenzen des Staats sekretärs des Neichsamtes des Innern Delbrück mit Abge ordneten aller Parteien des elsaß-lothringischen Landes- ausschusses stattgesunden, in denen die Grundlage der ge planten ueuen Verfassung für Elsaß-Lothringen, das ein- zuführende neue Wahlrecht, erörtert wurde. Da sich der Landesausschuß schon vorher in einer Erklärung einmütig für das Proportionalwahlsystem ausgesprochen hatte, so durfte man annehmen, daß die Straßburger Konferenzen das gleiche Ergebnis zur Folge haben würden. Aber diese Erwartung ist getäuscht worden, denn bei den Kon ferenzen des Staatssekretärs Delbrück mit den Vertretern der elsaß-lothringischen Parteien ist gar nichts heraus gekommen. Zwar bekannten sich die liberalen Herren Wolf und Or. Schwander zu den Beschlüssen des Landesaus schusses betreffs des Proportionalwahlrechtes, aber die übrigen anwesenden Mitglieder des Landesausschusses gaben die Beschlüsse nicht nur leichtherzig preis, sondern verurteilten sogar das, was sie einige Wochen vorher als den Wunsch des ganzen Landes vertreten hatten, in schärfster Weise. Und als Herr Delbrück auf ihre Be schlüsse im Landesausschuß hinwies, machten einige von ihnen diese geradezu lächerlich. Und damit nicht genug! Statt nun wenigstens gemeinsam etwas neues vorzuschlagen, brachte jede Gruppe ihre Sonderwünsche vor, sodaß der Staatssekretär vor einem Tohuwabohu auseipandergehender Meinungen stand, aus denen sich nichts, aber auch gar nichts Greifbares für eine etwaige Aenderung des Wahl- rechtsentwurfes herausnehmen ließ. Dieser erstaunliche Umfall der Mehrheit der Vertreter des Landesparlaments bei den Straßburger Konferenzen vernichtet natürlich der Regierung das Fundament ihrer Wahlreformpläne für Elsaß-Lothringen vollständig. Denn nur durch den ein mütigen Wunsch des Landes ließen sich Reformen recht fertigen, die bei den Bundesregierungen und bei großen Parteien de» Reichstages auf Schwierigkeiten gestoßen wären. Und an Stelle dieses Fundamentes hat die Mehr heit der elsaß-lothringischen Volksvertreter jetzt der Reichs- regierung den Eindruck vollständiger Zerrissenheit und Disziplinlosigkeit gegeben! Die einzige reichsländische Zentrumszeitung, die das in beschränktem Maße anerkennt, ist die „Lothringer Bolksstimme". Sie schreibt wenigstens, daß der entscheidende Augenblick ein kleines Geschlecht ge funden habe, und daß die Elsaß-Lothringer ein Schauspiel von Uneinigkeit geboten hätten, das sie unter keinen Um ständen hätten bieten dürfen. Die übrigen klerikalen Blätter suchen ihren Verrat an den Interessen des Volkes dadurch zu verdecken, daß sie im Chor aus die Liberalen schimpfen. Als ob diese etwas dafür könnten, daß die Zentrumsabgeordneten nicht Mann genug waren, für ihre Beschlüsse einzustehen! Angesicht« des negativen Ergeb ¬ nisses der Straßburger Konferenz ist es nun sehr zweifel haft geworden, ob Elsaß-Lothringen stn absehbarer Zeit ein neues Wahlrecht erhält. Hiermit verringern sich aber auch die Aussichten auf die Verwirklichung des übrigen Verfassungsreformwelkes für Elsaß-Lothringen, wozu vor allem die Vertretung des Reichrlandes im Bundesrate gehört. Im Interesse einer zeitgemäßen Entwickelung der politischen Verhältnisse Elsaß-Lothringens und ferner einer weiteren Annäherung des Reichslandes an das Reich wäre es allerdings nur aufrichtig zu bedauern, wenn tatsächlich der jetzige Anlauf zu einer Verfassungsreform für Elsaß- Lothringen scheitern sollte. Man darf darum vielleicht hoffen, daß es trotz der entstandenen Schwierigkeiten dennoch möglich sein wird, einen gangbaren Weg auf- zusinden, auf dem sich die neue Verfassung für das Land Herstellen lassen wird. Bereits ist dmn auch der Vorstand der Liberalen Landespartei von Elsaß-Lothringen mit einer Erklärung auf dem Plane erschienen, in welcher er sich energisch zugunsten der völligen Gleichstellung Elsaß- Lothringens mit den anderen Bundesstaaten ausspricht und darauf hinweist, daß sich der Reichskanzler selber am 14. März im Reichstage für die Durchführung der elsaß- lothringischen Verfassungsreform eingesetzt habe. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Zur Berichtigung der auch von uns seinerzeit gebrachten Notiz, daß beurlaubte Unteroffi ziere und Mannschaften sich nicht mehr an dem Orte, wohin sie beurlaubt sind, zu melden brauchen, wird jetzt mitgeteilt, daß in Sachsen nur die Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz und Plauen i. V. zu den großen Festen Ostern, Pfingsten und Weihnachten keine persönlichen Meldungen entgegennehmen, sondern daß diese Meldungen nur schriftlich durch die beteiligten Stäbe und Truppenteile erfolgen. In allen übrigen Orten mit oder ohne Garnison hat Meldung nach wie vor zu erfolgen, ebenso in vor genannten Städten außerhalb der hohen Feste. Im be nachbarten Preußen haben gleichfalls einige größere Garnisonen mit über 100000 Einwohnern der obigen Einschränkung, betreffend die Meldepflicht, zugestimmt. — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder I auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den uns benachbarten Flußgebieten, 2. Dekade Juni 1910; Vereinigte Weißeritz: beob. 33, norm. 2b, Abwchg. -s-7; wilde Weißeritz: beob. 42, norm. 31, Abwchg. -s-11; rote Weißeritz: beob. 54, norm. 30, Abwchg. -s-24; Müglitz: beob. 75, norm. 30, Abwchg. -s-45. Schmiedeberg. Wie alljährlich, so findet auch Heuer am Johannisseste abends 7 Uhr auf hiesigem Friedhöfe eine schlichte Feier statt, wobei der „Gemischte Chor" mehrere Gesänge vortragen wird. Aus früheren Zeiten, noch bis Mitte der 70 er Jahre, dürsten älteren Gemeinde- gliedern die Johannis- und Bergfeste hier noch in lieber Erinnerung sein. Nach Aufzug der gesamten Berg- und Hüttenleute und nach der Bergpredigt in der Kirche, ver gnügte sich die Gemeinde bei Tanz und Freibier auf dem Saale des alten Herrenhauses. Altem Brauche gemäß WeWH-Mimg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde Mit achtseitigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". MU land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle »md an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donnere- zag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- SenAbenden ausgegeben. Preis viert eijährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 34 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern iO Pfg. - Alle Postan- Kaltcn, Postboten, sowie WsereAusträgernehmen Bestellungen an. Pfg., solche au« unsere» Amtshauptmai uschast mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. zv Pfg. - Tabellarisch« und komplizierteJnserate mit entsprechenden, Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, die Spaltenzeile 30 Pfg Hnndesperre. Am 23. dieses Monats ist bei einem in Frauenstein aufgegriffenen herrenlosen Hunde — schwarzbrauner männlicher Dachs mit mahagonifarbenen Abzeichen, Kehle und Brust weiß, Hinterfüße weige Zehen, Vordersüße kleine weiße Flecke an den Zehen, Halsband ohne Steuermarke — Tollwutverdacht festgestellt worden. Es wird deshalb gemäß 8 38 des Neichsgesetzes, die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen betreffend, vom in Verbindung mit 8 20 der zur Aus ¬ führung dieses Gesetzes erlassenen Instruktion vom 27. Juni 1895 für die Orte: Frauenstein mit Staatsforstrcvier, Kleinbobritzsch, Reichenau, Hartmanns dorf mit Neubau und Steinbrückmühle, Burkersdorf, Nassau mit Staatsforst- reoier, Dittersbach und Friedersdorf bis auf weiteres die Hundespürre nach Maßgabe der Bekanntmachung vom 20. No vember 1909 in Nr. 135 der „Weißeritz-Zeitung" vom 23. November 1909 und Nr. 135 des „Frauensteiner Anzeigers" vom gleichen Tage hiermit verhängt. Die Ortsbehörden haben die genaueste Befolgung dieser Anordnung sorgsam zu überwachen, vorkommende Zuwiderhandlungen aber anher anzuzeigen. Dippoldiswalde, am 23. Juni 1910. Nr. 770 O. Königliche Amtshauptmannschaft. Wntlicht Atzung der AMmurSntlen zn HMWM lAvniisg, äon 27. ^unl 1910, abends 8 Uhr, im 8lt2NN882imillvr äö8 LL1KLU8S8. Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. wird auch an einem der nächsten Sonntage in der Kirche nach dem Gottesdienste das sogenannte „Iohannigeld" aus dem Legate Sr. Erz. des Freiherrn von Alemann, dem Stifter unserer Kirche, an 30 hiesige Arme verteilt. Schmiedeberg. Es sei darauf hingewiesen, daß am nächsten Montag, den 27. Juni, in Schenks Gasthof, von Herrn Pastor Hickmann, Kipsdorf, ein Vortrag gehalten werden soll über das aktuelle Thema: Brauchen wir einen evangelischen Männer-Verein? Der Vortragende selbst ladet alle für dieses Thema interessierten, evangelisch ge sinnten Männer zu einer freien Aussprache darüber ein. Glashütte. Die von der Uhrmacher-Verbindung „Urania" errichtete Urania-Sternwarte soll am kommenden Sonntag eingeweiht werden. Morgens 1/2 9 Uhr findet Kirchgang, um 1 Uhr gemeinsames Mittagessen statt. Um 3 Uhr wird zur „Urania-Warte" aufgebrochen, die alsdann geweiht wird. Abends ist Ball, für den nächsten Tag Besichtigung Glashütter Etablissements vorgesehen. Dresden. König Friedrich August kifft heute nach mittag 5 Uhr von seiner Reise nach Essen, Wahn, Bitsch wieder hier ein, nachdem er vorher noch der Einweihung des Bezirksstiftes Obergöltzsch beigewohnt hat. — Unter eigenartigen Umständen hat die Kriminal polizei in Dresden einen guten Griff getan. Sie hat einen steckbrieflich verfolgten Defraudanten im — Frack verhaftet. In einem vielbesuchten Studentenlokal verkehrte vor einigen Tagen ein elegant gekleideter und distinguiert aussehender Ausländer. Schon am Abend fiel der Mann durch sein schneidiges Auftreten auf. Er fand Anschluß an Studenten und bald war er der Lustigsten einer. Am nächsten Morgen fand er sich präzise zum Frühschoppen ein und hatte zur Feier des Tages einen eleganten Frack angezogen Der Frühschoppen wurde bis zum Nachmittag ausgedehnt und der Fremde saß immer noch vor dem gefüllten Humpen, als schon der letzte der Müsensöhne den Weg ins Kolleg angetreten hatte. Vorgestellt hatte sich der Fremde als österreichischer Oberleutnant, der seit kurzem den bunten Rock wegen eines körperlichen Fehlers habe ausziehen müssen, dafür aber eine ansehnliche Pension aus des Kaisers Schatulle beziehe. Man glaubte dem Herrn Oberleutnant aufs Wort und auch die beiden Kellnerinnen besannen sich keinen Augenblick, dem Gaste die besten Leckerbissen und die feinsten Weine vorzusetzen, die er dann nicht bezahlen konnte. Die Annahme der Polizei, daß man einen flüchtigen Defraudanten vor sich habe, bestätigte sich. — Ein Einwohner von Bauda übergab am Dienstag nach Beendigung des Ferkelmarktes in Großenhain seinem 14 jährigen Lehrling B. einen Handwagen mit zwei Ferkeln mit dem Auftrage, den Wagen mit den Ferkeln nach Hause, also nach Bauda, zu fahren. Mitt woch früh war aber der Lehrltng mit Wagen und Ferkeln dort nicht eingetrosfen. Nicht unangenehm berührt war am nächsten Morgen ein Eilenbahnbeamter, der sich auf sein Feld begeben wollte, als ihm aus den Sträuchern munteres Ferkelgrunzen entgegentönte. Wagen und Ferkel waren also wiedergefunden, doch der Lehrling blieb ver-