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für .. Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -er Kgl. Amtshauptmannschaft und -er Kgl, Schulinfpection zn Kavtzea, sowie -es Königlichen Verichtsamtes un- -es <Kla-trathes z« Kischofswerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabend« und kostet einschließlich der Sana« abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich l Mark LV Pfg. (IS Ngr.). Inserate werden bi« Dienstags und Freitags früh v Uhr angenommen und kostet die gesp ltene Corpuszeile oder deren Raum 1V Pfennige. ! Sonnabend, den SU. Januar. ! 1877. Die Konferenz in Konstantinopel. Den in Constantinopel verhandelnden Diplo maten mangelt just das, was in der Welt Ansehen verschafft, nämlich der Erfolg, und Journale, die sonst gewohnt sind, in tiefster Hochachtung vor jedem diplomatischen Frackzipfel zu ersterben, erlauben sich nachgerade über die constantinopolitanische Danaiden- Arbeit Bemerkungen, die nichts weniger als Hoch achtung verrathen, sondern dem G-enthcil dieses Gefühls zum Verwechseln ähnlich sek . Freilich hält es schwer, „keine Satyre zu schrei ben," wenn wir täglich oder doch wenigstens ein paarmal ^per Woche der lauschenden Welt verkün digen sollen, daß die nächste die letzte oder allerletzte Sitzung der Conferenz sein solle, und wenn in der nämlichen Viertelstunde noch der Telegraph uns mit einer Bemerkung dementirt, aus welcher hervorgeht, daß auch die allerletzte Sitzung noch eine oder meh rere Fortsetzungen haben wird. Als die Mittwochssitzung der vergangenen Woche angekündigt war, meldete das Rcuter'sche Bureau aus der türkischen Hauptstadt, daß die Conferenz im Laufe dieser Woche voraussichtlich ihre „Thätigkeit" abschließcn werde. Wer vermochte aber daran zu glauben, da mancherlei Anzeigen daraus hindeutcten, daß die Conferenz-Bevollmächtigten jetzt erst so recht ins gemüthliche Handeln und Feilschen hineinge- rathen sind. So wurde der Wiener „Politischen Correspondenz" über die jüngste Montagssitzung ge meldet, daß der Verlauf derselben „aller Voraussicht entgegen" kein ungünstiger gewesen sei, indem Graf Corti in einem Vortrag über den Mangel an Logik in den türkischen Vorschlägen daran erinnert habe, daß die Pforte ja die dem neuesten Conferenzpro- gramm entsprechenden Forderungen der Andrassh'schen Rote bereits angenommen ; dieser Uebergang auf ein beiden Theilen gemeinsames Gebiet habe zu einer «vcilianten Verhandlung Anlaß gegeben, in welcher mancher Punkt prineipiell erledigt wurde. Da nun aus anderweitigen Angaben erhellt, daß dtp Worte in ihrer Negation der Forderungen der Wichte mit -er neuerHngs gewohnten Schroffheit Awkiulldhreißigstrr Jahrgmi-. beharrt, so können die „prineipiell erledigten Punkte" über die indessen Näheres nicht mitgetheilt wird, nur eine fortschreitende RückwärtS-Concentrirung der europäischen Diplomatie markiren, und es ist kein Wunder,, daß der „Norddeutschen Allgemeinen Zei tung" die Galle überläuft und sie aus Zorn darüber, daß noch nicht dreingeschlagen wird, bissig bemerkt: „Jede Renitenz der Türken wird mit einem neuen Entgegenkommen beantwortet, und wenn es in diesem Tempo noch eine Woche weitergeht, so sehen wir vielleicht noch die sogenannte türkische Verfassung, obwohl da« „Journal de St. Petersburg" dieselbe als einen schlechten Scherz bezeichnet, von der Con ferenz feicrlichst approbirt und als die langgesuchte Quadratur des Zirkels der orientalischen Frage sanctionirt werden. Jedenfalls ist der seitherige moäu8 xrooiäeuäi wenig geeignet, den Türken vor dem am Bosporus versammelten „Europa" großen Rcspcct einzuflößen. Sie benutzen bereitwillig die ihnen zur Vollendung ihrer Rüstungen gewährte Frist, um nach erreichter Schlagfertigkeit die Con ferenz höflichst cinzuladen, sich nicht länger mit den inneren Angelegenheiten der Türkei zu bemühen." Aber das verehrliche Blatt, das seine Urtheile da zu schöpfen behauptet, wo man Politik macht, giebt uns keine Auskunft darüber, warum den Ber liner Russen der Geduldsfaden reißen will, wenn der tapfere General Jgnatieff noch immer in der Lage ist, in Gemeinschaft mit seinen Collegen jede Reni tenz der Pforte auch seinerseits mit neuem Entgegen kommen zu beantworten. Sollte auch Fürst Bis marck russischer sein wollen als die Russen, und, wie es neulich hieß, das russische Cabinet zu der Actio« drängen, die es so großsprecherisch angekündigt, die es aber jetzt aus guten Gründen einschlasen läßt? Das glaube, wer will ; uns kommt es vor, als ob der Verlauf der Conferenz-Verhandlungen, bei denen ihn sein harmlosester Diplomat vertritt, den Reichs- canzler auf's Höchste befriedigen muffe, wenn nicht weil, so doch obgleich er die europäische Diplomatie dem Achselzucken der Welt apssetzt. /V