Volltext Seite (XML)
Nummer 47 — 24. Jahrgang 6mal wöchtl. BczugspreiS: für Februar 2.35^Leni!chl. Bestellgeld, «uze gcnpreiser Tie laesp. Pctilze'le tzO Stellengeiuche 20 Ls. Tie Pettt-Rellamezeile 89 Millimeter breit, 1 Ofsertengebühr für Selbst abholer 20 bei Uebecsendimg durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10. SountagS.Nr. 15 Geichäjtlicher Teil: Joses Fohmann, Dresden. Sückslsctie Donnerstag, 26. Februar 1925 Im Fall« büherer Gewalt erlischt >ed« Verpsllchtun- aus Lieferung sowie Erfüllung ». «nt.-»ufttäge« «. Leistung v. Schadenersatz Für undeutlich «. d. Fernspr. übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine ver« antwortung. Unverlangt eingesandte u. mit «ückporttz nicht versehene Manuskripte werden nicht aufbewahrt, Sprechstunde der Redaktion k bis 6 Uhr nachmt/tagS. tzauptschriftleiter: Dr. Joses »lbert. Lretzdea. volrsMung iEn tSes»äs>sfteNe der Eächs>so>«n Volkszittnna »nd Drink und Verlag! Saronia-Buchdruckerei GmbH.. Dresden-.'NM. 18. Holbeinslratze 48. itemruf 327-2. Postslkeilkooto Dresden 14797. Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsische» Volks,ettnng Trcsden-Mlst. 16. HolbeinUrahe ,8. Fernruf 32722 und 33838. i Das NarrenWel Der große Fastnachtstrubel ist vorüber. Die Narren hoben sich ousgetobt, die Zeit lotgeschlagen, das Geld aus gegeben und sind spät in der Nacht (oder manche noch spater) nach Hause gekommen. Sie brauchen einige Stunden, um die Besinnung wieder zu erlangen, dann sind sie die Alten und gehen ihre früheren Wege. Es gibt Menschen, die über diese Narren sehr viel schimpfen und poltern, die den ganzen Fastnachtskram als für unsere Zeit nicht angemessen erklären, die lieber ernsten Ge sichtes und gemessenen Schrittes in die Fastenzeit ein lenken. Sie haben gewiß nicht unrecht, sie würdigen die Zeitumstände und sind besorgt um die Ehre ihres Volkes. Denn der Ernst des Lebens ist ja noch lange nicht vom deutschen Volk gewichen, die Not steht immer noch lauernd an allen Ecken, Tausende deutscher Volksgenossen be finden sich im Elend. Wer die Dinge rein objektiv sehen will, wird nun sehr gut zu unterscheiden wissen zwischen einem wirklich unwürdigen Verhalten eines Volkes, oder einer augen blicklichen sozusagen zwangsläufigen, vorübergehenden Stimmungslage. In diesem letzteren Sinne müssen mir zum großen Teil die Volks-„Ausgslassenheit" am Fast nachtstag verstehen. Es ist nicht allzu schwerwiegend, wenn in diesem Jahre zum erstenmal wieder die Volks massen am Fastnachtsabend teilweise sogar maskiert durch die Straßen der Stadt wogten, Konfettischlachten liefer ten, sich gegenseitig in sanfter Weise die Kopfbedeckung einschlugen und schließlich den „ordnungsmäßigen Ver kehr" in nicht unerheblicher Weise verhinderten. Warum soll nicht einmal die Weit anders aussehen, als wie sie jeden Tag aussieht. Diese Maskierten erlauben sich ja letzten Endes nur einen Scherz, sie verbergen nicht ihr wahres Gesicht, weil sie es nicht zur Schau tragen könn ten, sondern sie empfinden einfach das Bedürfnis, sich einmal der Welt für einige Stunden anders zu zeigen als sie für gewöhnlich sind. Sie wollen die Welt erheitern, sie wollen dem Volk ein Stück Humor wiedergeben, weil es so arm daran geworden ist. So kommen wir zum rich tigen Verständnis dieses Trubels. Die Narretei ist nur äußerlich. Die „Ausgelassenheit" beschränkt sich nur auf einige Stunden, um dann den harten Weg des Lebens weiterzugehen. Diese Narren sind in der Tat nicht die schlimmsten. Wir reden naturgemäß hier nicht auch von jenen, die in irgendwelchen obskuren Lokalen oder Vergnügungsstätten ganz andere Tendenzen verfolgen, als Erheiterung und Belebung. Aber das sind ja auch nur „gewisse Klassen", die diesen Weg gehen. Das Volk in seiner Gesamtheit geht ihn bestimmt nicht. Es gibt aber in Deutschland noch eine andere Sorte von Narren. Jene, die zwar nicht als solche gelten möch ten, die aber von Haus aus die Veranlagung dazu in sich tragen und deshalb nicht etwa die Fastnachtszeit zu ihren Possen benutzen, sondern scheinbar gezwungen sind, ihr ganzes Leben damit auszufüllen. Diese haben es sich zum Grundgesetz gemacht, die bestehende Ordnung zu stören und, wenn nötig, auch anderen die Köpfe ein- zuschlagen. Die Waffen, die sie benutzen, sind nicht so harmlos, wie die der Fastnachtsgecken. Alle Welt weiß, wer hier gemeint ist: Die Volksverderber, die Partei süchtigen, die aus Egoismus nach der politischen Macht Strebenden. Während des Krieges waren diese politischen Kräfte ausgeschaltet, der Militarismus hatte die Ober hand. Aber nach dem Kriege traten die „neuen Kräfte" auf, um i h r Spiel zu treiben. Zuerst der Linksterroris mus. heute der Rechtsterrorismus. Wir haben diese Linksradikalen in Mitteldeutschland vollauf kennen ge lernt. Wir haben ihre Methoden bis zum Ueberdruß aus gekostet. So kam die Zeit, wo sie sich überlebten und anderen Platz machen mußten. Nicht nur in Sachsen, Thüringen und Braunschweig, sondern im ganzen Reich. Eine beharrliche und verantwortungsbewußte Politik der Mitte hat es verstanden, das deutsche Volk von „diesem Schrecken" zu befreien und ruhigere Zeiten zu ermög lichen. Wir sahen ein neues Leben aufsteigen, wir sahen allmählich die Gesundung des Volkes und durften auf eine bessere Zukunft hoffen. Aber es hat zu allen Zeiten Menschen und Klassen gegeben, die eine friedliche Ent wicklung nicht vertragen können, weil ihre Existenz sich auf Haß und Hader gründet. So erlebten wir in den letzten Monaten mancherlei Sensationen. Regierungs krisen überstürzten sich, Barmataffären wurden in unge heuerlichster Art ausgebeutet, alles zu dem Zweck, den Frieden des Volkes zu stören und die Zeit reif zu machen für einen „neuen Kurs". Das Links hat sich in rechts verwandelt. Die Extreme lösten sich ab. Zwei Mittel werden zu dieser Umstellung vor allem benutzt. Einmal die politische Waffe der Verleumdung, und zum anderen Mal ein großes „vaterländisches" Gebaren. Im ersten Falle steht eine „ausgezeichnete" Presse zur Verfügung, die wohlorganisiert ist und genau so Kr -!e WWW Mer M Paris, 25. Februar. Tie Botschaftcikvnscrcnz ist Be- raiuiia der Kölner RcininnngSsrcige für nächsten Freitag ei-,berufen Warden, In nnternchtcten Kreisen wird daher angenommen, das; das MNiiärtamitee bis dahin sein Gutachten über den Kontroll- bericht fertiggestellt haben wird. Der französisch-englische Meinungsaustausch Paris, 25. Februar. Ter diplamatische Meinungs-mstanich zwischen London und Paris dauert fort, ohne dast in der Lage eine Aendernng eingetreien ist. Am Quai d'Orsay wurde gestern erklärt, dass entgegen englischen Blüttermeldnnge» die Begegnung C h a in b c r l a l n s und Hcrriots ans der Neils des briti schen Anstenmlnisters nach Genf zu erwarten sei. WaS die Ab rüstungskonferenz anbelangt, >o erscheine es zweifelhaft, ob sie wegen der belgi>che„ politischen Krise in Brüssel znsammentreten kann, Ter belgische Ministerpräsident Thcun > s hält an seinem Entschluß, von de» Geschäften zurückzutrete». unerschütterlich ,est, London, 25. Februar. Auf eine Anfrage im llnterhauie über dw Rede Birsenheads, die als scharfer Angriff auf Frank reich ausgelegt worden ist, antwortete Baldwin: Tast die Wiedergabe der Rede ungenau gewesen sei. Virkenhead habe nur allgemein gesprochen und sich nicht mit Frankreich, sondern ledig lich nnt der Aufnahme der britischen Vorschläge durch d>e ver bündeten Mächte besagt. Ans eine weitere Anfrage, ob England mit der letzten Note an Frankreich endgültig versucht habe, vie französischen Schulden beizntreiben, und. wenn nicht, ob noch weitere Schritte unternommen werden sollen, um Frankreich vom Ernst der britischen Negierung zu überzeugen, antwortete Batdwin, dast dies ein höchst interessanter Punkt sei, der jedoch n»t der Frage an sich nichts zu tun hätte.'' Zer 3M -er« WiMMns Paris. 25. Februar. „Daily Mail" glaubt zu wisse», daß sich Chamberlain In Gens Gewißheit darüber verschaffen Die Zentrnmspresse schreibt anläßlich des Sturzes des Kabinetts Marx mit vollem Rechte: hinter den Kräften, die den Sturz herbeigeführt hätten, stünden mehr antikatho lische Tendenzen, als es dem oberflächlich die Dinge Be trachtenden zunächst schien. Diesen Saß möchten wir im gegen wärtigen Augenblicke zur Kennzeichnung des Kampfes und der Ziele, um die es geht, unterstreichen. Es ivird immer deutlicher, das; gewisse Kreise „Morgenluft zu wittern" beginne». Infolge der politischen Entwicklung waren sie von der beherrschenden Stellung, die sie bis dahin inne gehabt halten, verdrängt worden, und nun greifen sie erneut nach der Macht. Aus den Worten des deutschnationale» Abgeordneten Schlange sprach dieser Geist so deutlich, der den Abgeordnete» Dr. Schwerins; vom Zentrum zu der Frage veranlaßte, ob er die Ausführungen des Redners als eine Drohung an die deutschen Katholiken auffassen solle! — Starke Schichten gönnen dem deutschen Katholizismus die freiere Stellung, die er seit der Re volution gewonnen hat, nicht, und der Kamps für das sogenannte „System" Seoering ist, so paradox das für den weniger Tief blickenden auch klingen mag, gleichzeitig auch ein Kamps gegen die Ausschaltung des katholischen Volksteils, insbesondere in der höheren Berwaltungslanfbahn Preußens. Was hier vom Zentrum an altem Unrechte gesühnt werden konnte, war nur dadurch möglich, daß die Sozialdemokratie, die sich jahrzehnte lang in derselben Lage wie das Zentrum und der katholische Volksteil befunden hatte, sich klug genug zeigte, für die Forde rung des Zentrums nicht nur cinzutreten, sondern sie auch, weil sie gerecht waren, zu unterstützen. Die Beseitigung dieses Systems würde daher nichts anderes bedeuten, als gleichzeitig einen Stoß wider die gesamte Position, die der katholische Volks teil in Preußen seit der Revolution und unter harte» Kümpfen, insbesondere gegen die Rechte sich erworben hat. Nichts ist scheinheiliger und pharisäerhafter als die ewigen Klagen über die angebliche Ausschaltung der Rechten. Sie sind niemals in Wahrheit ausgeschaltet gewesen, im Gegenteil: ihr schreibt, wie es verlangt wird. Diese im Solde der Ver leumdung stehende Presse hat schnell all das vergessen, mas ihr gestern noch irgendwie heilig und vernünftig schien. Achtung vor Personen und Verdiensten ist ihr fremd geworden. So bleibt es nicht ans, daß sie eine Un summe von Gift in das deutsche Volk nussät und alle snngen Triebe und Keime van neuem zerstört, die mit unsäglicher Mühe in den deutschen Boden gelegt wurden. Jenes dreifache Wort: Seid einig, einig, einig, das deut sche Männer ihrem Volk in sturmbewegter Zeit zuriefen, verwandeln diese Wegbereiter der öffentlichen Meinung in den dreifachen Fluch. Dr. Luther hat sehr „nette" Worte auf dem Berliner Bankett vor der Presse gespro chen. Aber wir hätten gewünscht, wenn er mehr ernste als schöne Worte gemacht hätte. Wenn er der Verant wortliche des Reiches sein will, so ist seine erste Pflicht die Entgiftung der öffentlichen Meinung und die Brand markung der parteipolitischen Selbstsucht. Dafür märe auf dem Bankett die beste Gelegenheit gewesen. will, ob der Völkerbundrat seine Beschlüsse aus Grund des Ver sailler Vertrages einsti m in i g fassen müsse oder ob Mehrheits beschlüsse zulässig seien. Dieser Frage kommt die größte Bedeutung zu, da Ausschüsse des Völkerbundes demnächst die Militürkoulrolle in Deutschland und den anderen ehemaligen Feindstaatcn über nehmen. Wenn einer dieser Ausschüsse, so sagte „Daily Mail", eine militärische Aktion gegen Deutschland vorschlage,, würde und sür die Ergreifung von Sanktionen ein Mehrheits beschluß genüge, so könne der Fall eintretcn. daß sich Großbritan nien gegen seinen Willen an kriegerischen Handlungen beteiligen müsse. Chamberlain werde deshalb in Genf ausdrücklich darauf bestehen, daß die Beschlüsse des Völkerbundrates einstimmig gesaßt werden müssen. Noch kein Abschluß der Wirtschaflsverhandlungen Paris, 25. Februar. Die Meldung des „Lavenir", nach der der deutsch-französische modus vivendi bereits am Freitag unter zeichnet wird, entspricht nicht den Tatsachen. Aus beiden Seiten wird eine Verständigung über die Grundlagen eines solchen modus vivendi erwartet. Die Verhandlungen werden durch die Abreise der deutschen Delegation, die sür Ende der Woche vorgesehen ist, noch nicht znm Abschluß gebracht. Tie deutschen Delegierten werden höchstens zwei Wochen von Paris fernbleiben und wahrscheinlich eine oder mehrere Unlerkom- misi'wnen zur Beratung der Einzelfrage» in Paris zurücklassen. Einige Mitglieder der deutschen Delegation sind bereits nach Berlin abgereist, darunter auch Geheimrat Manthis. der oon einem Teil der französischen Presse irrtümlich als Privatsekreiär Trendelenburgs bezeichnet wurde. Mathis hat eine schriftliche Ausarbeitung mit nach Berlin genommen, die an Berliner zuständiger Stelle zwar vorgelcgt werden soll, aber nicht die Be. dentung hat, die ihr die französische Presse beizumessen scheint. Die deutsche Delegation steht mit den Berliner Steilen in siän- diger telegraphischer Verbindung und hat auf diesen Wege fast immer die wichtigsten Instruktionen erhalten. Kampf geht darum, auch die letzten Zieste ihrer nur formalen Ausschaltung im Parlamente zu beseitigen und die gesamte M acht in die Hand zu nehmen. Denn fast den gesamicn B e - amtenapparal beherrschen sie auch heute »och aus das rücksichtsloseste. Ihre Ideen kommen also im Staalsleben aus das stärkste zur Geltung. Die verhältnismäßig geringe Macht der anderen Parteien im Parlamente, die übrigens erst ?üns Jahre alt ist, und der gegenüber eine hundertjährige Alleinherr schaft steht, bedeutet demgegenüber wenig. Die ganze Unehrlichkeit derselben Leute, die gegen den Sozialismus zu Kämpfen vorgebcn, tritt aber durch keine Tat sache schärfer in die Beleuchtung und erregt den größten Abscheu über die dabei gezeigte Hinterhältigkeit, indem diese selben Par teien im Landtage sich dauernd mit den weit schlimmeren Kom munisten aus das engste verbinden und diese zu den eigent lichen parTamentarischeu Machthabern in Preußen ausrücken lassen. Es gehört sckon ein starkes Stück, von Pharisäertum dazu, um angesichts dieser Tatsachen noch über das System Seve- ring. dem mau klug das sozialistische Mäntelchen umhüugt. Lärm zu schlagen. Daß man mit solcher Kampfesart auch den deut sche» Katholizismus trifft, davon sagt man natürlich nichts, man ist aber auch gleichzeitig nicht bereit, den Katholiken in Preußen diese Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die ihnen die Sozia listen anstandslos gegeben haben. Es geht in Preußen wirklich um mehr, als um einen parla mentarischen Kampf; es geht um einen Kampf der G r u n d s ä tz e u n d d e r W c l t a n s ch a u u n g. Es ist immer hin erfreulich, daß die Zuspitzung dos Kampfes die Rechte zur Demaskierung auf der ganzen Linie gezwungen hat. Nun haben die Wähler in Preußen das Wort, und wir hoffen, daß sic ein mütig die Politik der Fraktion billigen werden, die in ihren Grundgedanken nicht nur staatspolitisch orientiert war. sondern auch gleichzeitig alles tat. um den deutschen Kalbolizismns in seiner Machtstellung zu schützen, und ihn vor Schaden durch Scheinheilige zu bewahren. Für das zweite Mittel des großen „vaterländischen" Gebarens steht wieder eine ansehnliche Schar Getreuer zur Verfügung. Es sind jene, die die großen „nationalen" Umzüge und Tagungen veranstalten, um das Volk zu Patrioten zu erziehen. Wir haben im Kriege erfahren, wie lange diese „Begeisterung" anhält, wenn nicht eine echte, aus dem Grunde der Seele aufsteigcnde Liebe zu Volk und Heimat ihre Triebkraft ist. Die Er ziehung zum Patriotismus ist an und für sich etwas Selbstverständliches, aber es kommt auf die Methode der Erziehung an. Und verderblich ist jener Umstand, daß jene Vorlauten das Recht der Vaterlandsliebe für sich allein in Anspruch nehmen, lind daß sie gleichzeitig die ehrenvollen Farben des alten Deutschen Reiches so leicht für eine patriotische Maskerade mißbrauchen. Wir möchten hier dieses Bild nickt noch weiter ent rollen. da jeder, der aufmerksam den Geist der Zeit ver» folgt, es sich allein vervollständigen kann. Für uns kommt es auf den Unterschied an, von dem wir bei Betrachtung Der SiNN Äes KamKses um Preutzezr W