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Die .Merßtiitz.Zettmrs" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg., zweimonatlich L4 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. Meißerih-Ieitlmg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Jnlerate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes -ine sehr wirk same Verdrehung finden, werden mit 12 P^., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder dere r Raum berechnet. — Ta bellarische und kompli zierte Inserate mit ent sprechendem Aufschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten zeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Kömgliche AmtsiMptmannschast, das Königliche Amtsgericht und de« Ktadtrat zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jelzin. - Druck und Verlag von Carl Jelpke in Dippoldiswalde. Mit achtseltigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Nr. 29. Sonnabend, den 7. März 1903. 69. Jahrgang. . -- . - ' 7^-— - » Zur parlamentarischen Lage. Die Verabschiedung des jetzigen Reichstages wird nun also doch erst nach Ostern erfolgen, obwohl man bislang allgemein geglaubt hatte, er würde wegen der zweifellos bereits im Juni stattfindenden Wahlen zum neuen Reichstage noch vor dem Ostertermin geschlossen werden. Die nachösterlichen Reichstagsverhandlungen dürften unter dem sich mehrenden Lärm der Vorberei tungen auf den kommenden Wahlkampf auch unstreitig leiden, und von diesem Standpunkt aus betrachtet, wäre es wohl besser gewesen, die Regierung hätte den alten Reichstag etwa Anfang April definitiv nach Hause ge schickt. Aber alsdann hätte vor allem die dem Reichs tage erst kürzlich zugegangene Novelle zum Kranken kassengesetz unerledigt bleiben müssen, und da die ver bündeten Regierungen Weit darauf legten, daß dieser nicht unwichtige sozialpclitische Gesetzentwurf noch vor dem Auseinandergehen des Reichstages zu stände komme, so war schon deshalb ein nachösterlicher Abschnitt seiner Session unvermeidlich. Außerdem sollen in letzterem noch die Vorlage betr. das Verbot der Phosphorzttndwaren, und der Gesetzentwurf über die Neuregelung des Wahl reglements für die Reichstagswahlen, erledigt werden, während man bis zu den Osterferien neben dem Etat noch das in zweiter Lesung bereits angenommene Gesetz über den Schutz der gewerblichen Kinderarbeit fertigzu stellen hofft. Freilich ist der Reichstag aber gerade mit seinen Etatsarbeiten diesmal noch bedeutend zurück, er hat namentlich mit den beispiellos ausgedehnten sozialpolitischen Debatten beim Etat des Reichsamtes des Innern unge mein viel Zeit vertrödelt, und er wird sich daher tüchtig sputen müssen, wenn der Reichshaushaltsetat für 1903 bis zum äußersten verfassungsgemäß zulässigen Termin, Lis zum I. April, unter Dach und Fach gelangen soll. Ob bei der gedrängten Geschäftslage im Reichstage noch viel Zeit für Debatten über Interpellationen und Initia tivanträge herausspringen wird, das ist recht fraglich; auch an eine Erledigung der Vorlage betreffs der kauf männischen Schiedsgerichte ist kaum mehr zu denken. -Gleich dem Reichstage wird auch der preußische Landtag über Ostern hinaus versammelt bleiben müssen, da er mit seinen gesetzgeberischen Arbeiten ebenfalls vielfach noch im Rückstände ist. In besonderen ist dies, wie auch schon im Reichsparlamcnte, mit den Etatsverhandlungen der Fall, die sich im Abgeordnetenhaus« breitspurig aus einer Woche in die andere hineinziehen. Dann und wann kommt aller dings Abwechslung in diese langstieligen Etatsdebatten. So waren in der Sitzung vom letzten Sonnabend Jnler- pellationsdebatten über die Regulierung der Flußläufe der Havel, Spree, Elbe und Oder, sowie über den Ausbau des Schiffahrtkanals vom Rhein zum Dortmund-Ems kanal durch das Einschertal im Gange, in der darauf folgenden Montagssitzung aber befaßte sich das Haus mit der nationalliberalen Interpellation betreffs des Auftretens des Bischofs vr. Korum in Sachen der paritätischen höheren staatlichen Töchterschule in Trier. In seiner Be antwortung der vom Abgeordneten Hackenberg vertretenen Interpellation konnte Ministerpräsident Graf Bülow nicht umhin, sein und der Regierung tiefes Bedauern über dies Vorgehen des Trierer Bischofs auszusprechen, aber darüber kam der leitende Staatsmann nicht hinaus. Er sprach allerlei von der Notwendigkeit gegenseitiger Verträglich keit der Konfessionen im Lande, von der Erreichung eines praktischen mockus vivencki auf konfessionellem Gebiete usw., aber über ein etwaiges energisches Vorgehen der Staats regierung wider den streitbaren Bischof schwieg sich der Ministerpräsident klüglich aus. Er begnügte sich mit dem Hinweise darauf, daß der preußische Gesandte beim Vati kan angewiesen worden sei, die Aufmerksamkeit der Kurie .auf den Trierer Vorgang hinzulenken, und schloß mit dem Ausdrucke der Erwartung, die Kurie werde in Ueber- einstimmung mit der preußischen Regierung dafür sorgen, daß der bedauerliche Zwischenfall von Trier ohne bedenk liche und schädliche Folgen für die Beziehungen zwischen Staat und Kirche und für die Allgemeinheit bleibe. Hoffentlich geht diese Hoffnung des Herrn Ministerpräsi denten in Erfüllung! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Ansteckende Tierkrankheiten traten auch in der zweiten Hälfte des Februar im Königreich Sachsen nur in geringem Umfange auf und zwar der Milzbrand in 8 und die Tollwut in einem Gehöfte. In der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde war es der Milzbrand, der in einem Gehöfte in Reichenau auftrat. — Zum Besuche des Konzertes der freiwilligen Feuerwehr, das dieselbe am 8. März zum Besten ihrer Helmkasse veranstaltet, sei auch hiermit nochmals aufge fordert. — In der Nacht vom 5. zum 6. d. M. ist hier bei dem Lohgerbermeister Earl Straßberger ein Einbruchs diebstahl ausgeführt worden. Der Dieb scheint nur die Absicht gehabt zu haben, Geld zu stehlen, da er aber keins gefunden, hat er zwei goldene Ringe (l Trauring, gez. j. 8. 8/4. 97 und l Siegelring mit einem lilaen Steine) mitgenommen. Am Tatorte ist eine Brustlaier mit einem 3 Centimeter breiten Zentrumsborer zurückge lassen worden, welcher wahrscheinlich auf die Spur des Täters führen wird. — Am Montag hielt die hiesige Schützengesell schaft im Sternsaale ihren diesjährigen Konvent ab, wobei nach Richtigsprechung der Rechnung auf 1901 die jenige auf 1902 zum Vortrag kam. Laut derselben hat ein Umsatz von 3600 Mark stattgesunden. Der gesamte Besitzstand der Gesellschaft an Mobilien und Immobilien beträgt 14275 Mark ist aber nur zum kleinen Teil zins tragend; auch steht ihm noch eine Hallenbauschuld von 3640 Mark gegenüber. Der Abend hielt die Schützen mit ihren Frauen bei heiterem Konzert und flottem Ball noch mehrere Stunden beisammen. Reinhardtsgrimma. Ende dieses Monats verläßt der seit 2 Jahren hier amtierende 2. ständige Lehrer Herr Robert Klett unseren Ort, um wieder in seinem Vater lande Preußen, in Maßnitz bei Zeitz, Provinz Sachsen eine Stelle zu übernehmen. Als sein Nachfolger ist Herr Richter, zur Zeit Hilfslehrer in Sohland a. d. Spree ge wählt worden, welcher mit Beginn des neuen Schuljahres sein Amt hier antreten wird. — Vorige Woche verunglückte der Vrennerlehrling Lorenz, indem er früh eine Treppe herunterstürzte und eine schwere Gehirnerschütterung erlitt. — Ein anderer, gleichalter, junger Mensch, ein ebenso begabter wie strebsamer Fortbildungsschüler und Lehrling, befindet sich seit November v. I. wegen geistiger Um nachtung in der Heilanstalt „Sonnenstein" zu Pirna. — Ein Bericht über die Kirchenvisitation am ver gangenen Sonntag folgt in nächster Nummer. Hermsdorf im Erzgeb. Am Mittwoch abend hielt Herr O. Lonke aus Kipsdorf seinen hochinteressanten Vor trag „Vom Weltall". Alle Zuhörer lauschten voll Be wunderung den Ausführungen des Redners, der voll Be geisterung von der Größe und Herrlichkeit der Welt schöpfung sprach. Unterstützt und veranschaulicht durch Lichtbilder machte er die Zuhörer mit der Sonne, den Fixsternen und Planeten bekannt, machte mit ihnen eine Reise nach dem Monde und zeigte an Bildern die groß artigen Ringgebirge desselben. Dann sprach er noch von der Milchstraße und den Sternschnuppen und schloß seinen Vortrag mit einer Veranschaulichung der Bewegung der Planeten und Monde um die Sonne. Dresden, 5. März. Der König empfing heute mittag im Residenzschloß in Gegenwart des Ministers des Aeußeren v. Metzsch den schwedisch-norwegischen Ge sandten Graf Taube, darnach den spanischen Gesandten in Berlin Ruata-y-Sichar und den österreichisch-ungarischen Gesandten v. Velics zwecks Entgegennahme ihrer Be glaubigungsschreiben. Nach der Audienz wurden die Herren Gesandten von der Prinzessin Mathilde, dem Kronprinzen, dem Prinzen und der Prinzessin Johann Georg empfangen. Graf Taube reiste unmittelbar darauf wieder ab. Der spanische und der österreichisch-ungarische Gesandte wurden zur Tafel geladen. Dresden. Um das Gedächtnis König Alberts zu ehren, soll eine König Albert-Gedächtnisstiftung errichtet und am 19. Juli 1903 — ein Jahr nach dem Tode König Alberts — der Königin-Witwe zur freien Verfügung zu gunsten der von ihr begründeten Liebes- werkc überreicht werden. Es hat sich ein Landes ausschuß gebildet. Die sächsische Bank mit ihren Filialen hat sich bereit erklärt, als Hauptsammelstelle der zu diesem Zwecke gesammelten Beiträge tätig zu sein. — Die Urteilsbegründung in dem Ehescheidungs- Prozeß des sächsischen Kronprinzenpaares beschränkt sich, wie der „Franks. Ztg." mitgeteilt wird, auf das eigene Geständnis der Prinzessin Luise, mit Giron Ehebruch be gangen zu haben. Das Geständnis wurde von den Prozeßbeteiligten nicht angezweifelt; die Beweisführung durch Vernehmung von Zeugen wurde weder gefordert noch durchgeführt. — Mit Rücksicht auf die Deutsche Städte-Ausstellung wird der Verein sächsischer Gemeindebeamten seine dies jährige Generalversammlung im August in Dresden ab halten. — Die 35jährige Witwe Schmelzer in Dietersdorf wurde im Brunnen des Arbeiters W. Böttcher tot auf gefunden. Die Leiche wies Verletzungen auf, welche mit Bestimmtheit auf einen Mord bindeuten. Es ist anzu nehmen, daß der Mörder sein Opfer in den Brunnen stürzte, um die Spuren der Tat zu verwischen. Der Mordtat verdächtig ist der Landwirt Otto Aehle, der mit der Toten ein Liebesverhältnis unterhielt. Er ist ver haftet worden. Pegau. Vor kurzer Zeit ist hier ein bemerkens werter Getreidefund aus vorgeschichtlicher Zeit gemacht worden. Aus einer sogenannten Herdstelle von umfang reicher trichterförmiger Gestalt wurden etwa fünf große Karren dunkler Erde herausgeschafft, zwischen der sich eine Unzahl gut erhaltener, doch schwarz aussehender Getreidekörner fand. Eine in der landwirtschaftlichen Lehranstalt zu Pegau angestellte Untersuchung ergab, daß man es in dem Funde mit humifizierter Gerste zu tun habe, die durch die im Humus enthaltenen Säuren so weit verwandelt war, daß sie bei scharfem Druck der Finger wohl völlig zerrieben werden konnte, daß ab« die starken Hüllspelzen die Form der Körner noch be wahrt hatten. Die Gerste unterschied sich auffällig von unserer heutigen Frucht, war im ganzen kleiner als diese uud außerdem von ganz ungleicher Entwickelung in den einzelnen Körnern. Die vorgeschichtliche Herkunft der Körner konnte nicht angezweifelt werden, weil zwischen ihnen auch Gefäßreste, Knochen, und vor allen Dingen Stücke gebrannten Lehmes lagen, wie sie zusammen häufig in den angeschnittenen vorgeschichtlichen Herdstellen der Umgegend Pegaus vorkommen. Unter den Lehmstücken weist eins deutliche Eindrücke nach, die von dicht ge preßtem zerkleinerten Stroh herzurühren scheinen. Man nimmt an, daß der Ursprung des Fundes in die slavische Zeit zurückdatiert. Plauen i. B. Vom hiesigen Stadtrate sind polizei liche Vorschriften über weibliche Bedienung in den Gast- und Schankwirtschaften aufgestellt worden. Der Stadt gemeinderat hatte sich in seiner letzten Sitzung zu den Vor schriften gutachtlich zu äußern. § I des Regulativs lautet: „In Gast- und Schankwirtschaften, wo Kellnerinnen zur Bedienung der Gäste gehalten werden, sind in den Schankräumen alle Einrichtungen verboten, wodurch Räume oder Plätze derart verhüllt werden, daß sie dem freien Ueberblick vollständig entzogen sind." Im vorigen Jahre gab es in Plauen 73 Schankstätten mit Kellnerinnen. Tagesgeschichte. Berlin. Der Termin für die bevorstehenden Reichstagswahlen scheint wieder einmal zweifelhaft geworden zu sein. Man beginnt sich ans eine längere parlamentarische Saison einzurichten, als in der letzten Sitzung des Seniorcnkonvents des Reichstages in Aussicht genommen war. Wohl rechnet man darauf, daß es ge lingen werde, die Etats sowohl im Reichstage als auch im preußischen Landtage vor Ostern zu erledigen; aber man befürchtet, daß sich die Nachsession beider Parlamente bis tief in den Mai hinein erstrecken könnte. Unter solchen Umständen darf man sich nicht wundern, daß in der Presse bereits wieder die Mitteilung auftaucht, daß die Neichstagswahlen erst im Herbst stattfinden sollten. Bei der jetzigen Entwickelung der Wahlbewegung würde es jedoch sehr zu bedauern sein, wenn diese Nachricht be gründet wäre. Die Regierung sollte nun — schon um die Zweifel zu beseitigen und die Wahlbewegung nicht zur Versumpfung zu bringen — nicht länger zögern, den Wahltermin bekannt zu machen. Später als um die Mitte Juni wird er ohnedies nicht festgesetzt werden dürfen, da dann die Ferien- und Reisezeit im Wege stehen würde. Erwiese sich der Reichstag nach Oster« leistungsunfähig, so würde dessen Schluß herbeigeführt werden müssen. — Der Kaiser und die Kaiserin werden, wie jetzt endgültig feststeht, aus Anlaß der diesjährigen Kaiser manöver in der Zeit vom 2.—7. September d. I. im königl. Schlosse zu Merseburg Wohnung nehmen.