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Dresdner Journal : 22.05.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187305221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18730522
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18730522
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1873
-
Monat
1873-05
- Tag 1873-05-22
-
Monat
1873-05
-
Jahr
1873
- Titel
- Dresdner Journal : 22.05.1873
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V117 Fdaoo«»oowxr«l»» r Kiorew« ^ruvmerv: 1 Axr 8t«o>p«tt»»obl»g dlL»o. I» ki-su»»« tritt zübrUost 3 l'btr gtewp^I^ebäür, »»»«rtuUd 6v« äeut«.st«» ltvieb«» ko«t- »oll Iw ä«»t»«ü«» L«1vä»: ^UdrUod ... 6 l'dlr. ZtztUrrllod: 1 l^lr. 1» It^r. loder eoprvlsvr Kür 6«a k»»ro «wer reopoltoovo 2«i1o: i zt Hgr. Unter „Liogvo» llt" llis 2«ile: 3 ^xr. Lrovsteloeor « IN^Uvd, mit X»»o»dms 6er Lorrn- »oll keiert»-«, Fdooä» kür llvo koi^voäso ^»8- 1873 DonnnStaz den 22. Mai Dres-ntrÄMmal Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. lneernteonnnnkm« »ueNkrter l-stpil^ Kranll»t«tter, Commiooiooür 6e« * Oroolluer Journal»; «beoä»».: L«Ae»> />nrt u. L Fr«^«r, S»wdur^-L«rU»- Vi,»-I.,iP,i^-L«»«I-Lr«»I»u-rr»r>Ilfllrt» « : //«a^rri«tri»> <t ^vA/rr, L«rUi> -Vl,ll - S^mburx - kr»^ - l.»ix«ix - k-»ok- kirrl «.U-Nünoll»»: ^«6. Ako«««,' Lortin^ ^rtemer/er. /nrakicktn^an^, A ^1/dr«c/i<, Srsw-o: L i8c>tivtte, Lr«« l»u: F.ÄanAen'süilro»»; Oksmvit» />. kr»»ä- tart» il : L ^orAer^üekv u.F CF/«r»tann'»<:l>v kucdst., /Zuobe F 6o.; VSrUt»: tr ^kü/Zer, L»»oov«r kitii Larc», IxiMe, Lutt«>rF<7o.; St»tt^»rr: Dai«be et <?o, §Ü(i6 Annonce»»-^«rea«. Visu: ^1t. 0/</>etit. llernuexederr * Lüoigl. Lrpsllitioo 6e» vreollosr Journal», vr«»6«u, llorg^rotttvogwiov bio. l. Amtlicher Theil. Dresden, 13. Mai. Se. Majestät der König haben allergnädtgst geruht, dem Schmirdemeister Adam Gott lieb Neumann zu Spitzcunnersdorf die silberne Me daille vom Albrechtsorden zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. Uebersichl. Telegrapdifche Nachrichten. »agesgrschichte. (Berlin. Breslau. Allenburg. Aus Thüringen. Wien. Prag. Pefth. Paris. Genf. Solo thurn. Rom. London. Kopenhagen. St. Petersburg. New-Aork.) Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Buchholz. Schneeberg. Rade burg. Falkenstein. Burgstädt.) Berauschtet. Ltatistik und Lolttwirthschaft. Beilage. Deutscher Reichstag (Sitzung vom 20. Mai.) Dresdner Nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Mittwoch, 21. Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Ueber die Reisepläve des Kaisers Wil helm erfährt die ,,Prov.-Corresp": Se. Majestät werden am 1S. Juni nach Frankfurt a. M. gehen, um mit dem Kaiser von Rußland zusammen zu treffen und gemeinsam mit demselben einen Besuch in Jugenheim (bei der Kaiserin von Rußland) und in Darmstadt zu machen. Bon dort aus dürfte iu der zweiten Hälfte des Juni die Reise drS Deutschen Kaisers nach Wien erfolgen und in der ersten Woche des Juli wird Te. Majestät sich so dann zur Cur nach EmS begeben. Der Besuch des Schahs vou Persien am hie- figtn Hofe erfolgt voraussichtlich am 5. Juni. Pesth, Dienstag, 2V. Mai, Abends. (W.T.B.) Der „Pesther Lloyd' veröffentlicht den Wortlaut des Schreibens, welches der österreichische Finanz- Minister Baron de Prelis unterm 16. d. in An gelegenheit der Suspension der Bankactr an den nngarischen Kinauzminister Kerkapolyi gerichtet hat. In seiner Antwort auf die Note Kerkapolyr's (vgl. die »Tagesgeschichte" unter Wien) dankt Baron de Pretis für das Entgegenkommen der ungarischen Regierung in Betreff der Suspension der Bankacte. Indem der österreichische Finanzminister weiter erklärt, daß er das Verlangen der ungarischen Regierung bezüglich Er höhung der Dotation der ungarischen Bankfilialen bei der Nationalbank wärmstens befürwortet habe, theilt er zugleich den Beschluß der Nationalbank mit, wonach dieselbe nicht nur alle gesunden Bedürfnisse des un garischen Handels und der ungarischen Industrie zu be friedigen willens ist, sondern auch die Dotation der Pesther Filiale um 4 Millionen Fl. vorläufig auf die Dauer von drei Monaten erhöht. Versailles, Dienstag, 20. Mai, Abends. (W. T. B.) Ja der heutigen Sitzung der Nationalver sammlung constituirteu sich zunächst die Bureaux. Lon den Lorfitzeuden derselben, welche alsbald ge- wählt wurden, gehören 13 der Rechten oder dem rechten Centruw, 2 dem linken Centrum au. Bei der hierauf vorgenommeuen Wahl eines Präsidenten der Nationalversammlung erhielt der bisherige Präsident Buffet 359 Stimmen, 289 Stimmen fielen auf Martel; Buffet ist somit ge wählt. AlS Licepräfidenten gingen auS der Wahl hervor: Goulard, Benoist d'Azy und Litet; Martel erhielt keine genügende Majorität. Von dem Justizminister Dufaure wurde das neue Wahlgesetz vorgelegt. Die Regierung hat ihr Eiuverständniß damit erklärt, daß die Debatte über die Interpellation der Rechten betreff» einer Modifikation des Ministeriums in entschieden kon servativem Sinne am Freitage stattfinde. Versailles, Mittwoch, 21. Mai. (W.T.B.) Thiers beabsichtigt, sich künftigen Freitag an der Debatte über die Interpellation der Rechten za betheiligen. Die Abstimmung erfolgt wahrschein lich erst am Sonnabend. Die radikalen Blätter greifen auf das Lebhaf teste die Regierungsvorlage über die Organisation der öffentlichen Gewalten an. Rom, Mittwoch, 21. Mai. (W.T.B) In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde der Antrag Mancini s auf Ausweisung der Jesuiten (vgl. unter „Tagesgrschichte") in längerer Debatte, in welcher der Ministerpräsident, der Justizminister und der Finanzminister sich gegen den Antrag er klärten, mit 179 gegen 157 Stimmen abgelehnt. Hierauf folgte eine lebhafte Debatte über einen Antrag Dedonno's auf Ausschließung deS Jesuiten- general» von den durch Artikel II. de» Kloster- gesetzt» den OrdenSgenerälen zugrstandenen Be günstigungen. Venedig, Mittwoch, 21. Mai. (W.T.B) Der Kronprinz und die Kronprinzessin des deutschen Reiche» und von Preußen find hier eingrtroffen. Cngtsgeschich!?. O. Berlin, 20. Mai. Der Reichstag nahm den Gesetzentwurf, betreffend die Erweiterung und Umge staltung der deutschen Festungen, in dritter Lesung an und beschäftigte sich sodann mit einem Anträge des Abg. l)r. Tellkampf u. Gen., in welchem der Reichs kanzler um baldige Vorlegung eines Gesetzes über das Bankwesen ersucht wird. Während der Discusston, in welcher der Antrag von keiner Seite angefochten wurde, erklärte Bundescommissar Or. Michaelis, daß der Bun- desrath das Reichskanzleramt mit der Ausarbeitung eines Bankgesetzes beauftragt habe, welches in der näch sten Sitzung zur Vorlage gelangen werde. Der An trag wurde mit sehr großer Majorität angenommen, ebenso ein Antrag des Abg. Petersen u. Gen. um Vor legung eines Gesetzes über den Schutz von Waarcn- und Fabrikzeichen. (Vgl. den Sitzungsbericht in der Beilage.) — Der Hauptetat des deutschen Reichs für das Jahr 1874 ist heute ausgcgeben worden. Der selbe balancirt in Einnahmen und Ausgaben mit 139,857,294 Thlr. Von den Ausgaben sind 122,363,126 Thlr. fortdauernde, 17,494,168 Thlr. einmalige Aus gaben. Von den Einnahmen sind durch Matricular- beiträge aufzubringen 23,011,036 Thlr., 1,636,831 Thlr. weniger als für das Jahr 1873. Die Rcpar- tition unter die einzelnen Staaten ist noch Vorbehalten. — Der preußische Landtag ist heute geschlossen worden und zwar durch den Ministerpräsidenten Gra fen v. Roon, da Se. Majestät — wie die „N. A. Z." meldet — seiner Gesundheit wegen Schonung dringend anzurathen ist. Dem Landtagsschluffe waren Vormit tags noch in beiden Häusern Sitzungen vorausgegangcn, in welchen von dem Ministerpräsidenten die königliche Botschaft verlesen wurde, durch welche die Mitglieder beider Häuser des Landtags aufgefordert wurden, sich um 2 Uhr im weißen Saale des königl. Schloss s zu versammeln. Das Herrenhaus erledigte sodann noch einige rückständige Petitionen nach den Anträgen der Commission, während das Haus der Abgeordneten gleich den Bericht seines Präsidenten über die in dieser Session erledigten Arbeiten entgegennahm. Um 2 Uhr erfolgte sodann der feierliche Schluß des Landtags im weißen Saale des königlichen Schlosses, wobei Graf v. Roon folgende Schlußrede verlas: „Erlauchte, edle uud geehrte Herren von beiden Häoseru des Landtages! Mit dem von Sr Majestät dem Kaiser nvd Kduige be fohlenen Schluffe des Landtages der Monarchie erreicht die gegenwärtige Session ihr Ende. Wir können auf dieselbe mit großer Genngthuung blicken. Reich an mühsamer Arbeit, aber auch an werthvvllen Re sultaten auf fast allen Gebieten der Gesetzgebung nimmt sie einen hervorragenden Platz in der Reihe der Sessionen deS preußischen Landtages ein Die Reform der ioueren Verwaltung, seit Jahren erstrebt, aber durch tiefgehende MeiuuaoSkämps« aufgekalteu, ist ru ibrem erste» und grundlegenden Theile zum Abschlusse gelaugt. Schon jetzt scheint sich die Erwartung zu erfüllen, daß bei der Ausführung derseld u die zuvor strerteudeu Krätte aemeiusam uud patriotisch Hand aulegeu werden, um da- Werk ffgeo- drivgeod für das Land zu gestalten. Nicht minder lebhafte Kämpfe haben die Berarhuug der wichtigen Gesetze begleitet, durch welche die Beziehungen deS Staats za den großen Kircheugemeiuschasten klarer uud fester als bisher geregelt worden siud; die Regieruua Sr. Majestät behaart in dem festen Vertrauen, daß diese Gesetze den wahren Frieden unter den Angehörigen der verschiedenen Bekeuulviffe fördern nnd die Kirche dahin führen werden, dem lauteren Dienlte des göttlichen Wortes allein ihre Kräfte zu weihe». Dank der glücklichen Finanzlage deS Staats und der Be reitwilligkeit der Häuser des Landtage« ist durch den Staats- bauShaltsetat den Bedürfnissen der Bevölkerung und der Ver waltung uach allen Seiten bin reichere Befriedrguug als srit- der gewährt worden Die Gesetz« über die Umgestaltung der Klassentteuer, die auderweite Regelung der Erbschaftssteuer und die Aushebung oder Ermäßigung gewisser Stempeladgaben wer den, neben einer beträchtlichen Erleichterung, namentlich der weniger bemittelten BevölkernugSschichteo, eiue gerechtere Ver- «Heilung der Steuerlast sichern Durch die erhebliche Verbesserung der Lage der Staats beamten gewinnt die ersprietz iche Eotwickelung deS StaatS- wesenS eine erneute Bürgschaft. Die von Ihnen der Staatsregierung ertheilte Ermächtigung zur Ausführung einer umfassenden Erweiterung deS Eisenbahn netzes wird dem in erfreulichem Aufschwünge b-griffeneo Ver- kehrsleben und der Vertheidiguogssähigkeit des LaudeS in allen seinen Theilen zu Statten kommen. Meine Herre»! Die gegenwärtige Session ist Voraussicht- lich die letzte einer Leg Slaturperiode, wilche inmitten einer denk würdigen, sür Preuzen und Deutschland bochbedeutougsvolleu Zeit begann, und welcher es Vorbehalten war, die reichen Er- folge uud Früchte jener Epoche auch für die besoudern Auf gabe» der preußischen Monorchie zu verwertheu. Wenn die Arbeiten Vieler Legislatur aas allen Gebieten der Gesetzgebung eine» erfolgreichen Verlaus gehabt babeo, so ist dies vor Allem dem Geist de» vertrauensvollen Zusammenwirkens zwischen Staatsregierung und Laodesvertretung zu danken, welcher durch die erhebende» Ereignisse jener gewaltigen Zeit mächtig belebt und gestärkt worden ist Je erfreulicher die Früchte sind, welche das Walteu diese- Geist,S iu der nunmehr beendigten Legislaturperiode gebracht hat desto berechtigter ist die Hoffnung, daß das preußische Volk bei den bevorstehenden Wahlen der künstigen Landesoeriretung sich vou vemselben patriotischen inne leiten laff-n weide, von dem Sinne sefter und vertrauensvoller Gemeinschaft mit der Regierung Sr. Majestät zur allseitigeu Förderung deS wahren Wohls und Gedeihens nuferes Vaterlaudes. Im allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät deS Kaiser», noserS allerguädigsten Königs uud Herrn, erkläre ich die Session des Landtages der Monarchie sür geschloffen." Der Präsident des Herrenhauses, Graf Otto zu Stolberg-Wernigerode, brachte darauf ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, in welches die ganze Versammlung mit Begeisterung ein stimmte. — Der Prinz Friedrich Wilhelm, ältesterSohn des Kronprinzen, ist gestern Nachmittag mit seinem Mi- litärgouverneur, General v. Gottberg, aus Wien hier wieder eingetrofien. (Der Kronprinz und die Kron prinzessin haben sich bekanntlich am 19. b. Mts. von Wien nach Venedig begeben.) — Morgen Vormittag findet auf dem Exercirplatze westlich der Tempelhofer Cbaussöe die Besichtigung der combinirten Gardeinfantericbri- gade (Kaiser Franz Gardegrenadierregiment Nr. 2 und Gardefüsilierregiment) durch Se. Majestät den Kaiser und König statt. — Am 26. d. M., Nachmittags 4 Uhr, wird aus Anlaß der an diesem Tage auf dem Tempel hofer Felde abgehaltenen großen Frühjahrsparade im weißen Saale des königl. Schlosses hierselbst ein großes Diner stattftnden. — Nach einem Telegramme der „A. Z." hat sich die Strafproceßordnungscommission mit allen gegen drei Stimmen für die Schöffengerichte an Stelle der Schwurgerichte ausgesprochen. Etaatsminister vr. FLustle beantragte bcim Bundesrathe, daß in .Zukunft die Ausarbeitung der Reichsgcsetzentwürfe im Rcichs- kanzleramte erst nach vorgängiger Vernehmung der Bun desregierungen erfolge. Feuilleton. (Redigirt von Otto vaock.) Literarische Revue. (Fortsetzung au» Nr- NS) Diese Abneigung gegen die Prosa drängte in Rückert's Poesie alle für dir Prosa geeigneten Eindrücke und Gedanken hinein, der Geist hatte nur noch ein Svnntagsgebiet, um sich darauf auSzuleben und wurde dabei auch sür die kleinste Stimmung zu rhythmisch feierlicher Geberde veranlaßt. Und auch bei der rüh rendsten, tief innerlichsten Gcmüthscmpfindung zeigen sich die nachtheiligen Konsequenzen. So bei diesen „Kindertodtenlirdrrn", deren Leid und Wehmuth in ein zelnen Klängen unser Herz erschüttern, deren Reim- spiele und gekünstelte Hüllen selbst in leisen Trauer- accorden auStönen, — und dennoch hat sie drS Dichters Verweilen bei den flüchtigen Eonnenblicken und dem Kleinjammer deS irdischen Lebens auf einen Umfang von 400 Seiten ausgedehnt, der sich auch durch ein nicht für den Druck berechnetes Privatdichten von Wahl und Geschmack keineswegs rrklänn läßt. Ein kleines Büchelchen von Werth fußt in pro saischer Darstellung auf echt poetischem Gebiete. E» heißt: „Euriosr Geschichten" von Theodor Piderit (Berlin bei Otto Janke) und hat viel Sensation in der journalistischen Kritik der deutschen Prefse hervor- gerufin. Wenn auch der große Haufe sich vorzugs weise an daS „Euriose" gehalten hat, so find doch wohl viele der Leser und Lober bewußt und unbewußt von dem sittlichen sowie dichterischen Gehalt berührt worden. Er offenbart keineswegs größere Productiontkraft oder besonderen Gedankenrrichthum, doch rS zeigt sich darin eine kluge sinnvolle Beobachtungsgabe, eine gesunde Keckheit, .originell zu sein, wenn rS Stimmung und Gegenstand natürlich mit sich bringen und endlich ein zwangloses Hinübergreifen von der realistischen Er zählungsweise in das Reich des Märchens. Dabei ist die Form so kurz gefaßt und schmucklos behandelt, daß der allerliebste kleine Gehalt nicht wie ein Zwerg durch ein bauschiges Faltenkleid lächerlich gemacht wird. Mehrere Bände solcher kurzer Geschichten würden sich gegenseitig paralysiren; einige wenige wirken frisch und anregend in unserer weitschweifigen Unterhaitungs- literatur, deren Arbeiter vor Erfindungskraft nicht dazu kommen können, dem guten Geschmack und dem correc- ten Stil ein Sühnopfer zu bringen. Da der Deutsche oft genug an einer verblendeten Auswanderungslust, an einem Verkennen der Heimath leidet, so will ich hier als Probe mitthrilcn, wie der Verfasser einen Auswanderer schildert: Tiefbrkümmert schritt der Vater an der Seite seines Sohnes, denn dieser wollte fort in die weite Welt. „Vater", sprach er, „laß mich ziehen, gieb mir die Freiheit! Ich habe Muth im Herzen und einen starken Arm! Hier verträume ich meine Jugend, — meine besten Kräfte verkümmern, Körper und Seele erschlaf fen mir. Ich bin krank wie der Wandervogel im Käfig; es treibt mich in die Ferne mit unwitersilh- licher Gewalt! — In der Fremde, wo Niemand mich kennt, wo ich allein siche >m Gewühl de» Lebens, da will ich kämpfen und rüstig streben, da will ich meine jungen Kräfte erproben und das Glück crjagcn! — Glaubst Du nicht mir, so glaube dem Dichter: „Und sitzt Ihr nicht selber daS Leben ein, nie wird Euch da- Lebrn gewonnen srin l" „Mein Sohn," sagte der Va ter, „Dich beherrscht rin thörtchter Wahn! Bitter ist das Brod der Fremde! In der Heimath wurzeln alle Fasern unserer Seele, — da quillt der reinste Born deS Menschrnglück-, und wer sich verwesten loSreißt vom heimathlichen Boden, wer in jugendlichem Ueber- muthe htnauSsteuert auf da- weite, wüste Meer dr» Lebens, der finoet nicht Glück und Frieden, sondern Noth und Sturm. Und wenn es ihm endlich glückt, sein Lebensschiff noch zu retten in einen schützenden Hafen, so ist es mit gebrochenen Hoffnungen und na gender Reue im Herzen!" — Schweigend schritten sie weiter durch das stille Waldthal. Auf Bergen und Wiesen lag die warme Nachmittagssonne, die Lerchen stiegen jubelnd in den blauen Himmel hinein, und in der Tiefe rauschte leise der Mühlbach. „Wie wirst Du Dich in der Fremde sehnen nach dem Frieden Deiner Heimath!" sprach der Vater. „Nein, nein!" antwortete der Sohn; „dieser langweilige Frieden, diese todte Ruhe ertrag' ich nicht länger! Ich haste diese Berge, wir die Mauern meines Gefängnisses und — wahrhaftig, wenn der liebe Gott vom Himmel herunterschauie in das ewige Eincrlei dieses verschla fenen Erdenwinkrls, es würde ihm gehen, wie mir, er würde gähnen vor Langerweile!" — Die Fte des WaldthalS hatte diese Worte gehört; erzürnt schwebte sie zu dcm Jünglinge hin, und ungesehen berührte sie mit ihrer Hand sein Herz. Erschrocken blicb er stehen, — ein jäher Schmerz durchzuckte seine Seele und mit weitgckffnrtcn Augen starrte er in die Gegend hinaus. War sie ihm doch plötzlich wie verzaubert! — In märchenhaftem Farbenschimmer glänzte und leuchtete Alles ringSnmher, und dabei tönte fern auS d«m Walte tin wuntersames Klingen und Rauschen — schmerzlich süß wie rin ltise vtihallendtr Abschictsgesang. Dtr Vater abrr sprach: „So fahrt drnn hin, mein Sohn, und folge Ltinem Schicksale!" — Da war der Zau ber gebrochen, und Alle» war wiedrr wir vorher. Jahr auf Jahr rollte dahin. — Der Jüngling war zum alten Manne geworden; sein Haar war gebleicht in der hei ßen Sonne der Tropen; matter floß da» sonst so un- minime Blut durch seine Adern, und gebeugt war ihm da- vorwal» stolze Haupt. Er hatte Lander und Meere — Der Bundesrath hielt heute Nachmittag um 2 Uhr eine Plenarsitzung unter dem Vorsitze des Prä sidenten Delbrück im Reichskanzleramt. Nach den ein leitenden Geschäften trat man in Berathung über den vom Reichstage beschlossenen Gesetzentwurf, betreffend die Gründung des Reichsinvalidenfonds. Der Bun desrath stimmte dem Gesetze zu, welches unmittelbar dem Kaiser zur Vollziehung unterbreitet werden wird. Es folgten dann mündliche Ausschußberichte über die Kosten für die vollständigere Ausstattung der Artillerie werkstatt in Straßburg und über den früher bereits inhaltlich mitgctheitten Gesetzentwurf wegen der Regi- strirung und Bezeichnung der Kauffahrteischiffe. Fer ner einigte man sich über die dem Reichstage zu ma chende Mittheilung, betreffend das Ergrbniß der Er örterungen bezüglich der Salzstcueraufhedung. — Wegen Veröffentlichung der päpstlichen Weihnachtsallo- cution ist heute die „Germania" auch in zweiter In stanz von dem hiesigen Kammergericht freigesprochen worden. Wäre die Verurtheilung erfolgt, so wären dann auch die anderen Zeitungen noch weiter verfolgt Worten. BreSlau, 19. Mai. Zur Beleuchtung der Ver hältnisse in Oberschesien gehen der„Schles. Ztg." mehrere beachtenswerthe Erörterungen zu. Aus Glei- Witz wird dem genannten Blatte geschrieben, daß trotz der reichsfreundlichen Großgrundbesitzer und ihrem Ein fluß, trotz altkatholischer Vereine und weltlicher Schul- inspectoren, die Masse des Volkes sich ablehnend gegen jede freiere Richtung und gegen jeden Versuch einer Einwirkung in diesem Sinne verhält. Dem polnischen Bauer, dem Arbeiter, dem Kleinbürger erschienen alle Veränderungen, die in den letzten Jahren im öffent lichen Leben sich vollzogen, nicht als Aeußerungen des Staatswillens, einer aus dcm Zusammenwirken ver schiedener Factoren beruhenden Gesetzgebung, sondern als Acte einer rein persönlichen Willkür. In diesem Lichte erscheine es dem Dorfbewohner, wenn er jetzt den weltlichen Schulinspcctor im Dorfe siebt, in diesem Lichte betrachte er die neue Kreisordnung, die Kirchengesetze u. s. w. Eine nothwcndige Folge dieser Auffassung sei es, daß dem Gesetze seine Lebensfähigkeit, seine Dauer abgespro chen wird. Vieles wirke zusammen, um in den Leuten die feste Meinung zu erwecken, daß Alles nicht so blei ben könne und werde, wie es gegenwärtig ist. Kurz, der Glaube an die Dauer des Bestehenden, an die Kraft der Gesetzgebung und ihre Durchführung sei in einer systematischen Weise aufs Bedenklichste erschüttert. Der königl. Landratheamtsverweser zu Pleß hat unterm 14. ds. aus Anlaß der Beunruhigungen in einigen Theilen dieses Kreises eine Bekanntmachung erlassen, die wir hier folgen lassen: „Ja ei»,etwa Theile» deS Kreise- ist i» freveotlicher Weise daS Gerücht verbreitet worden, daß die Kinder der polmsch redenden katholischen Laoddeoölkerun;, im Falle sie geimpft worden, und namentlich diejenigen, deren bisheriger Schul besuch gute Fortschritte iu der deutschen Sprache erkennen läßt, demnächst aus Verantaffuog der königl. SlaaiSregierung ihren Aeltern gewaltsam entsühn, in die »euerworbenen Retchspro- v ozeu übersiedelt und dort io der evangelischen Consessio» er zogen werden würden. Ich habe nicht für möglich gehalten, daß ich in die Lage kommen könnte, Gerüchten so überaus widersinniger Art amt lich entgegen treten zo müffeu. Nachdem sich aber — als «in trauriges Zeichen deS niedrigen Bildungsgrades in einzelnen Schichten der Bevölkerung—her- ausgestellt hat, daß das erwähnte Gerücht io der That Gläu bige gefuodeo, nachdem insbesondere, laut wiederholter Mel- duoa der Kreissauilätsbeamteo, in zahlreichen ländliche» Ort schaften die Gestellung der impspflichtigeo Kinder unterblieben ist, weil, wie allgemein verlautete, deren Aeltern sie nicht der Entsührung und dem ReligiooSwechsel preisgeben wollten, uud nachdem endlich an einem Orte des Kreise» aus dem gleichen Grunde mehrere dieser Bethörten sichderartig zu gewaltsamen Störungen des Unterrichts und zu Widerseylichkeiteo gegen die Obrigk-lt haben hioreißen lassen, daß ich bei der königlichen Staatsanwaltschaft Strafanträge zu stellen genvthigt war. rehme ich hiermit Veranlassung, vor jeder Betheiliguug au der feroeru Verbreitnog dieser verleumderischen, die kvmgl. Staats- regieruug herabsetzenden Gerüchte ernstlich zu warnen. Alle Wohlgesinnten im Kreise, namentlich alle Diejenigen, welche eiu kirchliche» oder weltliches Lehramt bekleiden, fordere durchzogen; sein Beutel war voll — sein Herz war leer! — In ruheloser Hast, in wachsender Angst hatte er dem Phantom seiner Jugend nachgejagt, aber weiter und weiter war es ihm entschwunden, und so stand er nun da — mit ungestillter Sehnsucht, ohne Glück und Frieden. Die Fee seiner Heimath hatte sich an ihm gerächt. Seit jcncm Tage, als ihre Hand ihn berührte, lag ihm die Wehmuth im Herzen, — zuerst wie eine leise, schmerzliche Ahnung, oft übertäubt im lauten Geräusch des Ledens; abrr, im Laufe der Jahre wachsend, umrankte sie nach und nach mit Dornen seine ganze Seele. Und auch das wunderbare Klingen und Singen seines heimathlichen Waldes tönte ihm immer wieder, — anfangs wie die halb entschwundene Erinnerung eines holden Kindermärchens, abrr dann lauttr, vernehmlicher — und nun lauschte er begierig den alten, lieben Klängen, wie rin verirrtes Kind dem ferncn Rufe der Mutter lauscht. So wanderte er zu rück in seine Heimath. — Er stand allein; — sein Vater war längst gestorben. Aber, als er wieder ein kehrte in daS stille Waldthal, da sank er weinend zur Erde nieder; — und wieder strahlte und leuchtete Alles um ihn her in zauberhaftem Lichte wie damals, — und wieder klang es im Walde wie ferner Gesang, innig und wehmulhsvcll. Da fand endlich der müde Wan- derer, waS er in der Ferne vergeben- gesucht hatte, — seinen Frieden, und für alle Schätze der Welt würde er seine Heimath nicht mehr verlaffen. Wenn er nun einsam durch die weiten Hallen der Wälder wandelt, wenn er im Abrndsonnenfchein von der Höhe sinnend hinabblickt auf die dunkler werdenden Schatten im Thalr, dann scbaut wohl manchmal die Fer zu ihm hin, freundlich lächelnd. Sie ist nun versöhnt, — und wenn sie ihm noch einmal dir Hand legt auf da- klopfende Herz, — dann hat alle Noth de- Leben- ein Ende, (Schloß fol,t.)
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