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und Anzeiger mr das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur fett» AenbolU. ,ür »i, Inserat« verantwortlich: Malter llrao» Seide in Au» i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Nuer Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit kluenahme der Sonntag» nachmittag» von st—» Uhr. — Celegramm-Adreffer Lageblatt Rneerzgebirge. — Fernh^recher »». Für unoerlangt eingesandt» Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. vrutk und Verlag äme-»«Ü-uv«>>»g»--wttdchM nt. d. kj. in A», i. Eqged. Bezug,prei»: Durch unsere Boten srei in,fiau, monatlich »o0fg. »ei der Seschüstrstelle abgeboltmonatlich stopfg. and wSchentlich io Osg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich >.»o Mk., monatlich »o psg. — Durch den Briefträger frei in» Hau» vierteljährlich >.qr E, monatlich »st Psa. - einzelne Nummer so Pkg. — Deutsch« Postzeitungikatalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, m« Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. M»i Jnserttonrprei»! Die siebenge^allen« Aorpuszeile oder deren Raum für Inserat« au» Au« und dm Drisch Amtihauptmannschaft Schwarzen»«- <0 psg., sonst >» psa. Reklamevetitzeil« rs psg. Bet grSsterm Abschi streckender Rabatt. Annahme von Anzeigen bi» spätesten, Uhr vormittag». Für Ausnahme von Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn st« am Tage vorher bet an» etng ftiek, «»'«»' « teile. eA'ÄNgft, vom Lage Zm Reichst« gr kündigt« Minister v. Brritenbach für den Beginn der nächsten Session ein« Vorlage zur Reform der Fahrkarienileuer an. Die Nordd. All. Ztg. veröffentlicht einen tlu « < ng aus den Auaführung«destimm»ng>-n -am Reichümert- zuwachssteucrgesetz. Bei der S t r a n l> u n g d e r D a m p s e r « B r u c e an t>»r kana bischen Küste sindzweiunddreitztg Passagiere ertrunken. O In Rußland ist eine Verichwürunq e a t >« ck t wordrn, die bezweckt, sämtliche Universitäten in Brand zu stecken, um en S i u v e n t e n a u S st a n d zum Siege zu bringen. » Der Zustand des russischen Minister« deSAeustern Sassnnow bat sich derart verschlimmert, daß die Herzte keine Hoffnun, mehr haben, denPatien- ten am Leben zu erhalten. Die englische S ü d p o l a r»Exp e d i t t o n begegnete am 4. Februar lt>4 Grad weftl. Länge oer Fr am, dem Expedlton«schifsdesStorw«g»r»Lmundsen. Die deutschen Interessen in ^hiua. Die Petersburger Zeitungen Bjätsch und Swjrt erfahren an, durchaus glaubwürdiger Quell«, daß die Antwort China, gestern d«, rusfischeu Regierung behändigt worden ist «nd daß China stch darin bereit erklärt, all« Forderungen Rußland» zu «rfüll«n «ad w«it«rhi« freundschaftlich« Beziehungen «it Rußland -u pflegen. Da, «ach dürft« der Konflikt al» b«e«dtgt «»schein«». Amtlich ist noch nicht» über da» Eintreffen d«r Rot« «nd des»,'Inhalt bekannt. Gestern, am 28. März, lief der letzt« Fristtermin ab, den Rußland der chinesischen Regierung gestellt hatte, um den Forderungen nachzukommen, di« Rußland mit einer Berufung auf den Bertrag vom Februar 1881 begründet«. China, da» minde- sten» für di« nächsten zehn Jahre nicht hinreichend gerüstet ist, um selbst dem schlechten militärischen Material entgegenzutreten, da» die Russen im äußersten Osten auf' di« Bein« bringen kön nen, konnte in diesen Augenblick nicht» andere» tun, al» in allen Punkten nachgugeben, um dann später, wenn es zur Au»sührung der russischen Forderungen kommt, zu versuchen, praktisch von di«. ! sen nachträglich so viel al» möglich abzuzwacken und di« Russen möglichst über da» Ohr zu hauen . In Wahrheit sucht natürlich Rußland «inen Str «ttgrund: «» möchte mit jener bei ihm beliebten Energie, die e» immer dem Schwächeren gegenüber ge habt hat, gern ein« Veranlassung gewinnen, um über China her- zufallen und nicht nur den Kuldschadtstrtkt, sondern di« ganze Mongol«i «inzustecken. Denn «in Geheimparagraph de» Mand- schureiMonrmen» mit Japan gibt ihm die Zustimmung feine» alt«n Gegner» und heutigen Bundesgenossen zur Besetzung der Mongolei. China soll die drei Suzeränitätsg«biete verlieren, über di« es heut« verfügt: di« Mandschurei wird unter Japan «nd Rußland geteilt, die Mongolei kommt an Ruß land, Tibet wird von England genommen. China wird wie «in« Artischocke verspeist, blattweise^ di« äußeren Blätter zuerst. Rußland sähe, um einen diplomatischen Vorwand für die Besetz ung der Mongolei zu erhalten, e» gern, wenn China die Zustim mung zu seinen Forderungen verweigerte. China ist intelligent genug, die Absicht Rußland» zu durMchguen : e» tat daher Ruß land nicht den Gefall««, Wasser äLf dessen Mühlen zu gießen und Rußland den ersehnten Vorwand zu dessen militärischem Spa- ztergang nach Kuldscha und weiter bi» nach Urga zu geben — denn dann ständen bald die russischen Truppen unmittelbar nord- westlich vor der Großen Mauer, im Herzen der chinesischen Haupt provinz Tschtlt. Nun wäre natürlich nicht» unzutreffender al» etwa ein« übertrieben« Sentimentalität gegen China. Der Chinese ist bös artig und voller Ränke — er sieht in jedem Weißen «inen hahns werten Menschen, den e» zu schädigen gilt, und die bösen Boxer tag« von ISVst könnten sich, wenn di« Chinesen di« Kraft dazu ! fühlten, jeden Tag wieder erneuern. Der Chinese ist weit ent- j fexnt davon, das Unschuldslämmchen zu sein, da» dem bösen russi- j schen Wolf oberhalb de» Flusse» um jeden Preis da» Wasser ge trübt haben soll. Eine solche Auffassung wäre unhistorisch ünd schlüge aller Volkspsychologie in» Gesicht. Mr uns Europäer und insbesondere für uns Deutsch« kommt lediglich die Frage in Betracht, ob die Entwicklung der Ding«, die gerade vor sich geht, geeignet ist, unsere Interessen zu fördern oder zu schädig en. Rußland» Hunger nach Land erscheint unersätt, lich: obgleich in Sibirien Tausende und Abertausend« von Qua dratkilometern gänzlich «„bewirtschaftet find, sucht«s immer neu« Provinzen zu besetzen, und damit von der übrigen Weltwirtschaft abzusperven. Wo einmal der Russe seinen Schlagbaum hingSsetzt hat, hält «r all« Nichtrussen durch eifern« Zusperrung der Grenz» fern. Wir müssen aber di« Tatsache al» gegeben -inne-men, daß in einiger Zeit die Nordmandschuret «nd die Mon golei, wenn st, endgültig unter russischer Herrschaft stehen »er den, für dm internationalen Verkehr geschlossen sein werden. Zwei riesig«, reich«, wirtschaftlich höchst wertvoll« Länder werden damit der Weltbetätigung, auch dem deutschen Arbeitsfleitze, verloren gehen. Da« BetütiguiMgebiet für den freien Wettbewerb der sKulturnationen wird «Wer «nger und enger, und man wird gezwungen sein, an die deutsche Regierung die Frage zu richten, ob st« irgeickwelche Schritte getan hat, dem deutschen Handel die stveitigen Gebiet« offen zu halten resp. ihn für den drohenden Verlust zu entschädigen. Noch viel schlimmer aber steht es, wenn in China stch die lleberzeugung verbreiten sollt«, daß Rußland sich zu seinem gewaltsamen Vorgehen gegen China durch die Abmachungen ernnttigt fühle, die bei der letzten . PotsdamerEntrevuegetroffenseien. Schon hat die fran. zöfische Presse, der Tomp» voran, dieser Verleumdung Ausdruck g». geben, daß die einsichtsvollen chinesischen Diplomaten selbst ehrlich genug find, da» Lügnerische, di<« BchWptungen anerkennen: die in Brüssel erscheinend«, VW derMnMtzckDeKrtmgamttich unterstützte Revue Jaune hat ausdrücklich festgSstellt, dich der Hin tergrund des russischen Gewaltaustreten» der Mandschureivettrag mit Japan, nichtdie Potsdamer Abmachung ist.' Aber der Ein, fluß Frankreich» ist in China, namsntltch durch die «roßen Jesus- Immissionen in Schanghai, Pckng, Tschiftl und vielen and««» Orten außerordentlich mächtig, ihre Zöglinge verkehren in dm höchsten und wetteten Kreisen, und jeder Franzose «nd Fran-ö» ling fühlt sich im äußersten Osten verpflichtet, schon um Frankreich bei dm Chinesen zu nützen, stch al» Feind Deutschland» zu ge- berden. Da es nun Tatsache ist, daß Deutschland in Potsdam Nordpersien an Rußland preisgegeben hat, so wird m dm zahlreichen Gegnern Deutschland» in China ein leichtes werden, auch dt« Meinung zu verbreiten, Deutschland habe Rußland Ln- nexionsgelüste auch aus China gelenkt. Und vor allem wird diese Meinung durch das in Ostasien so mächtige, über «ine sehr ausge dehnte Press« verfügende England unterstützt werden, denn der Engländer läßt sich in Ostasien kein« Gelegenheit ent gegen gegen Deutschland Stimmung zu machen. Der Baro«. Eine Schülergeschicht« von v*tty Ritt»«-«. Bon allen Seiten eilten die Schüler dem Gymnasium zu, einem altersgrauen Gebäude, da» der Frühling soeben mit dem ersten jungen Grün geschmückt hatte. Gruppen bildeten sich; Klassen genossen, kenntlich an dm verschiedenfarbigen Mützen, fair- den sich zusammen und bertchtetm einander von ihren Erleb- nissen. Dann aber wurde aller Aufmerksamkeit auf einen Punkt gelenkt. Lin eleganter leichter Wagen hielt vor dem Gymna- fium. Neben einer schönen, blonden Frau in tiefer Trau« saß ein vielleicht 17jähriger, schlanker Junge, der stch, al» die Pferd« zum Stehen gekommen, rasch erhob und den Wagen verließ. Er blieb einen Augenblick zögernd am Schlag stehen, dann küßt« er die Hand der Dam«, die ihm, unbekümmert um ihre Umgebung, zärtlich üb« die Wange strich und ihn dabei mit warmem, liebevollem Blick umfaßte. Der junge Mensch «tlte auf da» Ge bäude zu, sich noch «in paar mtrl dem Wagen -»wendend und mit der Hand di« Dame grüßend. Ein Neuer — so ging', poft schen den Schülern hin uick her, und besonder» dt« Primaner und Sekunda»« waren in lebhafter Bewegung. Donnerwetter, feine. Equipage! Di« Hand küßt « s«in« Altm — zum Brüllen! Ach, da» ist gewiß di« Dam«, di« da, Waldschlößchen gekauft hat. Die soll ja bärmmäßig reich sein. Wmn der Bengel aber denkt, da» imponiert uns, so ist er sehr im Irrtum, weit«« Aeuß«. rungen der jugendlichen Schar wurden durch den Klang d«r Schulglocke verhtndert. Nach «in paar ««künden lag d«r Sben noch so belebte Platz »«lassen, und kur, darauf mischten stch Harmontumklänge und Choralgesang aus der Aula mit dem LenzliSd d« Amseln «nd Finken. Keiner der Schüler, dt» dem Abschied -wischen Frau Anna Falke und ihrem Sohn «b«n beigewohnt hatten, war imstande gewesen, die Bedeutung, die dies« Abschied für dt« zwei Men- schen hatte, zu «fassen. In jahrelangem Stillten mit einem gelähmten, zuletzt nicht mHr im VollbchZ sein« geistigen Kräfte befindlichen Gatten und Vater hatten ftch Mutt« und Sohn fest und innig aneinandergeschlossen. Gerhard» Unterricht wurde von Hauslehrern geleitet, und erst nach dem Tod de» Gatten ent schloß stch Fra« Anna, ihren Sohn einer öffentlichen Schule zuzw führen. Ihr und Gerhard war da» Her- unendlich schwer g«. wesen während der heutigen Morgenfahrt zur Stadt. Ihr graute davor, in da» leere Hau» -urückzukehren, und Gerhard ängstigt« sich vor dem Gedanken, von nun an einer unter vielen zu sein. Etwa« erleichtert fühlt« « sich, al« er glücklich aus seinem Platz gelandet war, am Ende «in« Bank, so daß er nur «inen Neben- mann hatte. Al» di« «st« Stund« vorüber poar, wandle sich Gerhard höflich an feinen Nachbar Rudolf Horn« : „Möchten St« mir, bitt«, Ihren Stundenplan bi« morgen zum AbfchreiLen überlassen? Ich —" ,Ste? Na, da» ist famo«! Sie wissen wohl nicht, daß bei un» der Du-Komment herrscht?" ,Flein, da» wußte ich nicht. Und da» — ich kann doch nicht zu all den fremden Schülern — ich mein«, da muß man -gch erst yäher miteinander — da» heißt, natürlich, wenn es üblich ist, dann-«" bitte, legen St« sich keinen Zwang-an, Herr — Herr — wie Sie heißen, wetß ich natürlich nicht, aber daß Sie minde sten» «in Byron find, davon bin ich überzeugt —" Rudolf Hör- n« hatte mit «hoben«! Stimme gesprochen, und es hatte stch «in Kreis von Zuhörern um ihn und Gerhard gebildet. D« aber stand wie mit Blut überMen «nd stammelt« veavirrt: „Ab« ich bitte Sie -- ich bitte dich — so hab' ich da, doch nicht gemeint. Ich bin heute -um ersten Mal« tn ein« öffentlichen Schul«, und wenn ich di« herrschenden Gebräuche noch nicht kenn«, so denk' ich doch nicht dran, mich ihn«n zu «nt»i«hen. Also ich darf euch all« Du nennen und —" „Mich nicht, ich dank« «rgSbenst!" rief Horner höhnisch, und di« Umstehenden gaben ihr« Zustimmung lebhaft zu erkennen. Die große Pause wurde von den Unterprimanern zu «ifrtg« Beratung über den Fall benutzt, «nd der Neue wurde feierlich in Verruf getan. Und gerod«, weil« «inen bürgerlichen Namen trug — Horn«, hatte ihn auf Gerhard» Heftmr gelesen —> sollte « den Spitznamen Baron behalten. Da» würde ihm sicher höchst unangenehm sein. Nun hielten sie all« zusammen gegen Gerhard mit der gan zen Härt« unfertig« Jugend. Alle, bis auf etnmr, der ab« gar nicht in Betracht kam. Heinrich Wendland hatte eigentltch «äh. rend d« ganzen Schulzeit isoliert da-estanden. Er war «in kör perlich schwächlich« Junge. Heinrich ging stet» fast ärmlich ge ¬ kleidet, und schon deshalb schätzten ihn sein« Mitschüler nicht be sonder». Man tat ihm nicht» zuleide, man ignoriert« nur ein fach sein Dasein. So standen di« zwei Unterprimaner allein unter den andern. Aber fie kamen stch anfänglich nicht näher dadurch. Erst nach und nach fügte sich», daß die Leiden mawh- mal auf dem Schulhof tn» Gespräch kamen. Di« übrigen Unter- priman« machten pch lustig über dt« seltsame Freundschaft und stichelten fortwährend. So verlebte Gerhard Falke die ersten Schulwochen unter «in«m steten Druck, der um so schwer« auf ihm lastete, al» er ängstlich bestrebt war, ihn sein« Mutter zu ver bergen. »Dring' doch manchmal «in paar Kameraden mit herao», Gerhard," so schlug Frau Anna eine» Morgen» vor. „Du hast'» so still hier bei mir, und ich glaube, die Jungen» kämen gaiq gerne. Ich könnte euch einen Platz zum Fußballspiel zurechft machen lassen —" „Nein, nein, Mutter, ich dantt dir, ab« ich bin ja täglich mit den andern tn d« Schule zusammen. Vas genügt mir; hi« bet dir vermiss« ich nichts." So erwiderte Gerhard und erhob ftch dabei rasch vom Frühstück»ttsch, um sein« Verlegenheit zu verbergen. Wenn Mutt« wüßte, wie « sich nach Anschluß, nach fröhlichen Genossen sehnte! AL« ste durfte e» nicht jwtssen. Si« würde noch mchr darunter leiden, als St selbst, und ste hatte so schwer, traurige Jahre hinter ftch Einen Augenblick überlegte Gerhard dann, ob « nicht Wend- land einmal mit -erausnchmen soll«, ab« gleich sagte er sich dcch der nicht in di« vornehm« Häuslichkeit passe, ftch da un möglich «ohlfühlen würde. Heinrich war da» älteste von vier Kindern und nur durch da» Wohlwollen sein«! Lehrer, die den außergewöhnlich begabten Schüler auf jede weise unterstützten, war e» ihm möglich das Gymnasium durchzmnachen. Schon jetzt half er jünger«» Schülern nach und verdient« sich damtt «1« Taschengeld. Mr da» Studium hatte der Mathematik« des Gymnasium», »in seht wohlhabend« Mann, ihm einen jähr lichen Zuschuß in Aufsicht gestellt. Sq schien für den körperlich unansehnlichen, geistig ab« hervorragend«» jungen Menfchrn die Zukunft gesichert. Da trat «tn Ereignis ein, das dies« Pläne zu vernichten drohte. Der alt» w«ndland hatte «im« Geldbrtef unterschlag««, und ab» dt« Sach» entdeckt wurde, «hängte «sich, sein» Familie hiM« zurücklassmw. Der Fall «regt* großes Aussehmr in des Stadt, Md die allseMtne Annahme ging zu-