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Sächsischer Landes-Anzeiger : 26.08.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188608263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860826
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860826
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-08
- Tag 1886-08-26
-
Monat
1886-08
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 26.08.1886
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Bet Bestellungen von AuSwärt» wolle mau Insertion,betrag (in Briefmarken) betss ' tteo Silben Korpusschrift bilde» ea. 1 Z> AnnonceuMnahme.' nur bi» Bormil Inserate nehme» außer der «erlag»" Expedition die Annoncen »Bure«« a» Fernsprech st eile WM«: „Tägliches UnlerhsUungsblatt" md hiimMsch iWmter Somloz-bloit „Lustiges Bilderbuchs Für de« Monat September nehme» dle Popanstaltm, sowie ln Chemnitz und Umgegend dle Ausgabestellen AbounementSbestellnngeu ans den „Sächsischen Land«». Anzeiger" mit seinen Beiblätter« zum Preise von 60 Pfg. entgegen. Der Sächsische LandeS-Auzeiger ist l» der dentscheu Post-ZeltungS-PreiSlist« unter Nr. 4633, in der öster reichischen unter N,. 2108 eingetragen. Im Beiblatt »Tägliche» UnterhaltuugSblatt* bringen wir i« September di« Erzählungen: „Verschlungene Schicksale" von Marie Calm und Friedrich der Große «ad Mirabemr" von W. Pafsauer. Abermaligem Beitritt neuer Abonnent«« steht entgegen die Verlags-Expedition des Sächsischen Landes-Anzeigers. Amtliche Bekanntmachungen sächsischer Behörden. Ueber da» BermSgen de» seither in Chemnitz wohnhaft gewesenen, der« muthllch in» Ausland ausgetreten, von dem Auctionator Karl Wilhelm Keil in Chemnitz als Abwesenheitsvormund vertretenen Handschuhfabrikanten Friedrich Ernst Schulze, unbekannten Aufenthalts, Wied heute am 20. August 1886 Nachmittags 6 Uhr das ConcurSverfahren erbsfnet. Der Rechtsanwalt Theodor Müller in Chemnitz wird zum ConcurSverwalter ernannt. ConcurS- forderungen sind bis zum 30. September 1886 bet dem Gerichte anzumelden. ES wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über di« Bestellung eine» Gläubigerausschusses und eintretende» Falles über die in 8 120 der ConcurSordnung bezeichneten Gegenstände — auf den 21. September 1886 Vormittags 11 Uhr — und zur Prüfung der angemel deten Forderungen auf den 19. Oktober 1886 Vormittags 10 Uhr — vor dem unterzeichnet«» Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur ConcurSmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur ConcurSmasse etwa» schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den G.meinschuldner bez. an seinen obengenannten BbwesenheltSvormund zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem ConcurSverwalter bi» zum 12. Oktober 1886 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz Ueber doS Vermögen der offenen Handelsgesellschaft in Firma „Robert Meyer L Weibslog" in Chewuitz wird heute am 28. August 1886 Vormittag» 9 Uhr das Konkursverfahren eröffnet- Ter Rechtsanwalt Hammer In Chemnitz wird zum Konkursverwalter ernannt. KonkurSforderungen sind bis z 9. Oktober 1886 bei dem Gerichte anzumelden. Ts wird zur Beschlußfassr . über die Wahl eine- anderen Verwalter-, sowie über die Bestellung eines GläubigerauSschusseS und eintretenden Falles über die in 8 12V der Konkurs- orduung bezeichneten Gegenständ« auf de» 22. September 1886 Vormittag» 1V Uhr und zur Prüfung der ongemeldeten Forderungen auf den 12. November 1886 Vormittags IO Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberanmt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache Ä Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgcgebeu» nichts an die Gememschuldnerin zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auf« erlegt, von dem Besitz« der Sache und von den Forderungen, sür welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkurs Verwalter bi» zum 20. Oktober 1886 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. gehalten und erst heute stekgelafse«. In Rustschul werden alle Depeschen zmückzehaltm. Der Eintritt in da» Telegraphenamt wurde selbst den Telegraphen-Beamten verboten. Der Chef allein ist in Verbindung mit der provisorische» Regierung. Transitdepeschen, au», genommen gewisse nach Rußland bestimmte, werden gleichfalls zurück- gehalten. — Zwischen den bulgarischen und rumänischen Donau Ufer- Städte» find di« Verbindungen wieder hergestellt; die bulgarischen Behörden verbieten jedoch den Uebertritt nach Rumänien. Nach ge- wissen Jndkcieu soll in Widdiu und auf anderen Punkten eine Militär-Bewegung zu Gunsten de» Fürsten bevorstehen. Ueber den Aufenthalt de» Fürste» in noch immer nicht» belauut. — Nach der Aursage eine» englischen Journal-Correspondenteu, welcher in einer Barle von Rustschuk nach Giurgewo fuhr, wäre der Fürst au der Spitz« von 10,000 Man» von Widdiu gegen Sofia im Anmarsche. Nach verläßlicheren Nachrichten war der Fürst jedoch nicht in Widdiu. Der Kammer-Präsident Stambnlow ist in Tirnowa, leitet die Protestbewegung und trachtet, Meeting» zu Gunsten de» Fürsten zu organifire». Nach anderweitigen Meldungen wäre der Fürst in Widdiu, weil Zankow au alle bulgarischen Distrikte, mit Ausnahme jene» von Widdiu, da» von Karawelow Unterzeichnete Rundschreiben mit der Meldung von der Absetzung de» Fürsten ver sendete. Au» Widdin wird gemeldet, daß die Armee mit der revolutionären Bewegung unznfrieden sei unddaßdi« uni ereuBolk-cIMen von dieser Bewegung noch gar nicht» wissen. — DieAgence Hgva» meldet auf Grund von Privatnachrichten Folgende»: Mit Rücksicht ans die dem Fürste« günstige öffent- liche Meinung läßt die provisorische Regierung, «m die öffentliche Meinung zu täuschen, eine di« Notabiliiäten aller verschiedenen Parteien umfassende^Ministerliste eirculiren. Dieselbe bestehe au» Karawelow, StambMw, RadoSlawow, Manow, Magyarow, Velitschkow, Stojlow, Zankow, Brumow, Grekow, Jkonomow, Major Nikiforow und Major Gruew; allein eine solche Zusammen- sttzung scheine geradezu uümöglich und nur zur Brciuflnffung der öffentlichen Meinung bestimmt. — Nachdem ein Einvernehmen zwischen Rußland und der provisorischen Regierung conftatirt wäre, so flüchtete au» Besorgniß vor den Conseqmnzen de» russischen Einflusses eine Anzahl Personen nach Rumänien; hier unter befänden sich htt ehemalig« Präsident der ostrnmelischen provi sorischen Regierung während de» Aufstandes in Philippopel, Stojanow, und mehrere russische NihWteu, welche al» Osficiere drei >aits^ i Telegraphische Vtacheicikten. Vom 24. August. Franlfurt a. M. Noch einer Meldung der »Franks. Ztg " au» Genna ist dort di« Cholera ouSgebroche». Hamburg. Der Pofldawpfer „Hungarla" der Hamburg Amerikanischen Packitfahrt-Aktieugesrllschast ist, von Westiudieu kommend, heute in Havre «»getroffen. Wie«. Reichsfinanzwkvistrr Kallah ist nach Bo»nie« abgereist. Pest. Wie der »Budapest« Torrespoudenz" an» Belgrad telegraphirt wird, erhielt die serbische Regierung die erste Nachricht über de» AnSbrnch der Revolution in Sophia von der Pirol« Grenz, behörde. Nach diesen Meldungen wurde Fürst Alexander thatsächlich 1« Sophia verhaftet uvd, von Karawelow begleitet, Nachts nach Lom Palanka geführt, um dort über die Grenze geschafft zu werden. Sehr auffallend ist, daß die bulgarischen Zollbeamten schon Samstag er klärten, dir Grenzt sei strengsten» gesperrt und kein Reisender dürfe au» Bulgarien und Serbien durchgelaffe» werden. Die Revoluiiou in Sophia ist vom Militär unter de« Rufen: „Cs lebe der russische Lzar l" ausgeführt worden. In Lom-Palanka wartet da» bulgarische Schiff .Loeotnenza", nm den Fürsten Alexander, dessen Aufenthalt» ort gestern früh »och unbekannt war, außer Land zu bringen. Ei wird auch gemeldet, daß eine Manifestation der Bolkimeuge vor dem russischen Consnlot stattfand und daß der russische Bertrete» an die Meng« rin« Ansprache hielt, in welcher er die Revolution billigte. Pari». Nach hier an» Koustantinopel «iugetroffeuen osficiellen Nachrichten hat sich die Revolution in Bulgarien derart vollzogen, daß da» Palais de» Prinzen Alexander von Truppen und der Volk» «enge »mri»gt, der Prinz in seinem Arbeitszimmer gefangen genommen und dann in einem Kloster interulrt wmde. Später wurde er. wie «an an» Koustantinopel weiter meldet, über die Grenze gebracht. Bor dem russischen Consulat in Sophia fand eine Demonstratio» zn Gunsten Rußland» patt. Der russische Tousul hielt ein« DaukeSrede. London. Line zweite provisorisch« Regierung z« Gunsten de» Prinzen Alexander «>«r» Vorfitz Stambonlvw'S ist in Tiruowa ge bildet und errichtet worden. Belgrad. Infolge der jüngsten Ereigniffe in Bulgarien fand «och gestern Abend noch Rückkehr de» König» au» Kragujevotz im Konak eine Ministerberathuug statt, der anch General Ljeschauin und mehrere höhergestellte Osficiere beigezoge» wurden. Gestern früh wurde «uter Vorfitz de» König» abermals eine Mivlsterrathtfitzuug abgehalte«. Der König verschob sein« Reise nach Gleichenberg. Garaschanirr soll telegraphisch znrückberufe« worden sein. Di« bulgarische Grenze ist vollkommen abgesperrt, daher von dort keinerlei Nachrichten elntreffeu. Zwischen Bugrad und Wien findet ein lebhafter telegraphischer Ver kehr statt. Der österreichisch ungarische Geschäftsträger, LegationSrath v. Schießl, ist heute bereit» zweimal in den Konak berufen worden. Jassy. L» gilt al» positiv, daß bei der Entthronung de» Fürsten Alexander rin blutiger Zusammenstoß unter den Truppen stattfand, so daß e» viele Tobte »nd Verwundet« gab. Petersburg. Nach der Beendlguug der Truppenmanöv« verabschiedete» sich gestern di« au»lä«disch«n Offiziere von dem Kaiser »nd der Kaiserin, welche hierauf nach Prterhof überfiedelten. Heul« findet bei Kronstadt vor dem Kaiser eine Flottrnschau statt, zu welcher Lg Schiff- versammelt find. Bukarest. Reisende au» Koustantinopel, welche mit dem Blitz- den gestern in Rustschnk zurück- zuge weitrrfahreu wollten, wurden Schiffe der bulganschm Flottille befehligten. Gewissen Nachrichten zufolge brach die Revolution auS, während der Fürst die Positionen von Slivokca inspkrirte nnb zvr Inspektion'der Trupps« nach Widdiu gehe» wollte. Die Nachricht, wonach der Fürst in einer Dacht donauaufwärt» gefahren wäre, ist «»richtig, da die rnmänischeu Be- Hörden an den Donau-Ufern nicht» Aehnliche» bemerkten. Am be glaubigtesten ist di« Version, daß der Fürst verhaftet wurde und in einem Kloster bei Sophia eingeschloffen wäre. New-York. Cntting ist von der mexikanischen Regierung wieder in Frelheit gesetzt worden. Wien, den 28. August. Au» Giurgewo wird mitgetheilt, daß die de« Fürste« Alexander ergkbeneu Truppen in Ostrnwelieu zn Gunsten de» Fürsten eine» Ausstand versuchten. Von de» Truppen ist Oberst Mntknrow znm Ehes der Regierung aukgernsm Auch die Garnisonen von Schuwla, Tirnowo und die dortige Bevölkerung haken sich für den Fürsten erklärt. Ueber den Aufenthalt de» gefargene« Fürsten ist Sichere» nicht bekannt. Wiener Blätter heute« an, die Verschwörer hätten sich russisch« Muster anch vielleicht insoweit zum Bo,bilde genommen, daß der Fürst au» dem Wege geschafft sei; von anderer Seite wird gemeldet, Alexander werde in einem Kloster bei Sofia gefangen gehalten. Der verrätherische Premierminister Karawelow ist von den Zaukowisten bei Seite gkpofen «vd verhaftet. Der Telegraphen- und Eisenbahnverkehr mit Bulgarien ist ans Befehl der provisorischen Regierung noch immer unterbrochen. Wie e» heißt, ist e» zwischen de« Anhängern de» Fürste« und denen der provisorische« Regierung znm Kampf gekommen. Serbien besetzte die bulgarische Grenz«. Bukarest, 28. Aug. 12 Uhr 2« Min. Die Erhebung Ostruweliens zu Gunsten Alexander» nimmt große Dlmenfionen an. Auch in Bulgarien wacht sich eine Gegenströmung bemerkbar. Allge «ein gilt der Einmarsch der Russen als nahe bevor« keheud. Das persönliche Schicksal des Bulgare« Arsten Ist noch völlig unbekannt. Frankfurt, den SS. Angust, S Uhr SS Min. Die „EnropSifche Korrespondenz" meldet soeben ans kalafat: Tie provisorische Regierung ist gestürzt Armee und Volk rusen de« Fürsten Alexander zurück. Zum bulgarischen Staatsstreich. Der erst« Eindruck, den die Nachrichten über di« Entthronung ! >e» Fürsten Alexander von Bulgarien Hervorrufen, ist ein Gefühl de» Abscheu«» vor der Erbärmlichkeit seiner sog«- annten Minister» di« im vorigen Jahre hinter dem Rücken Rußland» sich verschworen» um die Vereinigung Ost-Rumelien» mit Bulgarien zn vollziehen und nunmehr Im Dienste Rußlands sich gegen den Fürsten verschwören, der mit seinem Schwerte die Frucht der Revolution von Philippopel für Bulgarien vertheidigt hat. Der nächste Eindruck aber ist ein Gefühl de» Erstaunen» darüber, daß >alb Europa gewissermaßen mit in der Verschwörung sich befand, so »aß, ehe wir noch den genauen Hergang der Palast-Revolution kennen, wir schon die genauesten Informationen darüber besitzen, daß man »wohl in Berlin als in Wien über die Consequenzen derselben voll- ömmen beruhigt ist, und daß die Revolution gegen den Fürsten — vom Standpunkte de» monarchischeu Princlp» entbehrt die» nicht der Pikantrrie — förmlich «in Mittel gewesen ist, den arg gelockerten Drei-Kaiser-Bund wieder sestznkuüpfeu. Da» Letztere kann kaum mehr bezweifelt werden. Denn nachdem die russische Regierung die längste Zeit de« heftigsten Angriffen der russischen Presse gegen Deutschland und Oesterreich ein ebenso beharrliche» als bedeutsame» Schweige» entgegengesetzt hatte, kommt heute zugleich mit den Nachrichten Über die bulgarischen Ereigniffe ein amtliche» Commnnlquü an» Petersburg, welches die leidenschaftliche« Drohungen «nd Aeußernugeu de» Haffe- gegen Oesterreich als „willkürliche und unrichtige Ansichten über die zwischen der kaiserlichen Regierung und de« andere« Mächten be stehenden Beziehungen" bezeichnet «nd zu dem Schluff« gelangt, «s seien keine Umstände in Aussicht, welche al» Grund z« der Be fürchtung dienen würden» daß diese Beziehungen gestört werden könnten. Auch ohne die halbamtlichen Wink« au» Berki» würde diese Lrttärung, in dem gegenwärtigen kritische» Augenblick« abgegeben, genügend darüber orientire», daß Rußland auf seinem Wege in Bulgarien kein Hinderniß finden werde, welche- die beiden Kaisermächte ihm bereiten, und daß, wenu nicht audet- wektlge unvorhergesehene Ereigniffe «intreten, die Wiederaufrichtun- des russische« Protektorat» ln Bulgarien sich ungestört vollziehen werde. E» ist nicht zu leugnen, daß diese Lage der Ding« der Er haltung de» europäischen Frieden» in hohem Grade zu statten kommt, und, sür den Augenblick wenigsten», gegen weitere Berwicklnnge» eine gewisse Beruhigung gewährt. Denn di« Thatsache, daß Oester reich und Deutschland der Feindseligkeiten Rußland» gegen dm Fürsten Alexander von Bulgaren freie« Lauf lassen, scheint hin länglich auzndeuten, daß, wenn sie hätte» Einspruch erheben wolle«, die» nur mit den Waffen in der Hand hätte geschehen könne». Allein er ist gar sehr zu befürchten, daß dieser augenblickliche Bor- thekl für den Frieden auf Kosten der znlüuftkgm friedlichen Ent wicklung der Dinge im Orient erreicht worden ist. Zunächst ist e» in hohem Grade wahrscheinlich, daß England nicht blo» die Ansichten Deutschlands und Oesterreich» bezüglich der bulgarischen Ereigniffe nicht theilt, sondern vermuthlich Alle» aufbieteu wird, um die Ersatz« der russischen Politik zu durchkreuzen, und da in dieser Sache auch sehr mächtige persönliche Triebfedern mitspielen, da di« Vorliebe de- englischen Hofe» für de« Fürsten Alexander beinahe ebenso groß ist, wie die Abneigung de» Czar» gegen dies« Persönlichkeit, so kann es leicht geschehen, daß England auf bulgarischem Boden sich derselbe« Mittel bedient, wie Rußland, und daß eine» Morgen» der Telegraph Ueberraschungen in ganz entgegengesetztem Sinne bringt. Ja, wenn die bulgarischen Verschwörer di« russische« Vorbilder, die st« augenscheinlich copirten, nicht ln allen Stücken uachgeahmt und den Fürsten Alexander, über dessen Verbleib die Depeschen in den bedenklichsten Widersprüchen sich bewege«, nicht ans dem allerficherstm Weg«. beseitigt h-dW sollten» so kann dieser kühne und immerhin «ine gewisse Popularität genießende Mann noch eine sehr werthvolle Figur in der englischen Partie werden, vorausgesetzt, daß Lord Salisbury Zeit gelassen wird, sie z« spielen. Die englischen Blätter wenigsten» find fast ekumüthig der Ansicht, daß di« Entthronung de» Fürsten Alexander al» «ine Nieder lage der englischen Politik anzusehe» sei, und selbst die Gladstone'« scheu Organe stehen in diesem Falle auf Seite derjenigen, welche er warten, England werde sich diesen Streich nicht ohne Gegenwehr ge fallen lasse«. Allein wenn anch England vermöge seiner Jsolirung und weg«» der Schwierigkeiten im Innern, die seine Hände binden, die passive Rolle übernehmen sollte, welche die deutsche offiziöse Presse ihm zu weist, so bleibt noch die Frage übrig: Wird Rußland sich mit der Beseitigung de« Fürsten Alexander begnügen? ES ist kaum möglich, diese Frage zu bejahen, auch wenn man da» ausgiebigste Vertrauen in die Vorsicht der Staatsmänner von Kisfingeu und Gastein zn setze» entschlossen ist. Wa» war denn der Gmnd de» unstillbarm» brennenden Hasse» Rußland» gegen den Fürsten Alexander? Seine Selbstständigkeit, sein offenkundige» Bestreben, bei aller Dankbarkeit für die russische« Befreier Bulgarien den Bulgaren zu erhallen, au» seinem Lande «inen sich selbst regierenden Staat und nicht «in« Satrapie Rußland» werden zu lassen. Wäre r» Rußland um nicht» zu thun, al» um die Freiheit, Selbstständigkeit und Blüthe Bulgarien», so hätten ein solcher Fürst und ein« solche Politik seinen Beifall haben müssen, wie sie den Beifall fast ganz Europa» hatten. Wenn aber dieser Fürst und diese Politik in Rußland «ine» so hohen Grad von Erbitterung Hervorrufen konnten, daß e» die Beseitigung Beider znm offenkundigen Ziele seiner Bestrebungen machte, daun mnß Ruß land in Bulgarien andere Zwecke verfolge«, als die Beglückung der Bulgare», und daun erinnert mau sich unwillkürlich daran» daß diese» Land auf dem Wege Rußland» «ach Konstantinopel liegt. Dari« liegt da» Gefährliche der neuesten bulgarischen Revolution. L» mag sein, daß Rußland sich de» beiden anderen Kaisermächten gegenüber verbunden hat, sich mit der Beseitigung der Person de» Fürsten zu begnügm und um diesen Preis auf weiter« selbstständige Unternehmungen im Orient zu verzichten. Aber wer die Geschichte der russischen Orient- Politik überblickt, wird zugeben müssen, daß der Bestand eine kräftigen, ansblüheudeu «nd nicht ganz jedem Hauche au» Peter»burg ich beugenden Bulgarien eine bessere Bürgschaft für die Genügsamkeit Rußlands wäre. Jedenfall» ist diejenige Lösung der Orientfrage, welche an die Stelle der zurücktretendm Türkei eine Anzahl freier und selbstständiger Nationalstaaten gesetzt «nd den Bortheil sür sich hätte, daß sie allmählich die gefährliche Rivalität Rußland» und Oesterreich» auf der Balkan-Halbinsel beseitigt hätte, al» für geraume Zeit verlassen zu betrachten, und man muß jede» Tag gewärtig sei», neue gefährliche Fragen der Compensatio«, de» Gleichgewicht», der Abgrenzung der Interessensphären austaucheu zn sehe«. Heute schon giebt e» Leute in Wim die erstaunt fragen, ob da» Versprechen, irieden zu halten, Alle» ist, wa» Rußland dafür bietet, daß Oester eich zu dem großen Schritte auf dem Wege nach Koustantinopel, >er in der Beseitigung de» Fürsten Alexander» gelegen ist, seine Zu- immung giebt. Mag sein, daß die Staatsmänner der drei Reiche ich auch darüber geeinigt haben» aber wir baden in Skierniewice nnd Kremfier gelernt, gegen die vorherige Ordnung künftiger Ereig- niste mißtrauisch zn sein. Verbessert hat sich die Lage im Orient auf leinen Fall, und vielleicht ergiebt schon die Wiederaufnahme der o trumelischen Unionsfrage, welche sich Rußland kaum wird entgehen ffm, neue Mißverständnisse. Da» einzige Tröstliche, daS sich der neuesten Wendung in Bulgarien abgewinnen läßt, ist der Gedanke, daß e» noch viel schlimmer hätte kommen können und daß e» ohne da» Llnverständniß der Kaisermächt« wahrscheinlich anch viel schlimmer geworden wäre.
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