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76. Jahrgang Sonnabend, den 21. Mai 1910 Formulare und andere Drucksachen für Gemeinde- und andere Behörden liefert in zweckentsprechender Ausführung die Buchdruckerei von Carl Jehne, Dippoldiswalde. — Von der Stellmacher-Innung zu Dippoldiswalde vurde am 17. Mai das diesjährige Hauptquartal abge- -aiten, welches leider nur schwach besucht war Nachdem Jahres- und Rechenschaftsbericht vorgetragen, letzterer von zwei Mitgliedern geprüft und für richtig befunden, wurde )er Kassierer entlastet. Die Wahlen gingen an ihre bis herigen Inhaber zurück. Ausgenommen wurde ein Mit glied und ein Lehrling und losgesprochen wurden zwei ilusgelernte. Nach Erledigung innerer Angelegenheiten and die Versammlung ihrer Abschluß Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am vergangenen Mittwoch, 18. Mai, vollendeten sich 60 Jahre, daß die hiesige städtische Spar kasse bestand und zum Wohle der ganzen Stadt und des Bezirkes ihr« Tätigkeit ausübte. Dem umfänglichen gewühlt worden. 25 c. 8. Königliche Amtshauptmannfchast Dippoldiswalde, den 18. Mai l 910 Rationale Politik. In allen politischen Kämpfen und Sorgen der Gegen wart wird sehr oft der Versuch gemacht, durch die Schlag worte national und deutschnational und nationales Pro gramm die Schärfe und Bitterkeit der gegenseitigen partei politischen Angriffe auszulösen oder doch zu mildern. In diesen Bestrebungen ist offenbar der richtige Gedanke ent halten, daß alle Deutschen durch ein gemeinsames Band an das Vaterland geknüpft sind, und datz diese nationale Gemeinsamkeit niemals durch Parteikämpfe gänzlich zer rissen oder aufgehoben werden sollte. Der Hinweis auf die gemeinsamen Interessen aller Deutschen und die An rufung der nationalen Gefühle hat nun sicher in den politischen Kämpfen seine große Berechtigung und Be deutung, und es wäre sehr zu wünschen, wenn sich alle Parteien im gewissen Sinne auf ein nationales Programm einigen und es bei gewissen unablässigen Forderungen der Regierung betätigen würden. Es mutz aber auch darauf hingewiesen werden, datz bei der Ausstellung nationaler Programme auch oft Mißbrauch getrieben wird und geradezu unter der Flagge „Nationale Politik" oft ganz falsche Werte ausgegeben werden. Dies geschieht in allen den Fällen, in denen mächtige Jnteressentengruppen wirtschaftspolitische Forderungen niit einem nationalen Programm aufstellen. In solchen Fällen kann schwerlich von einer nationalen Gesinnung noch die Rede sein, denn das wesentliche einer nationalen Politik besteht doch darin, datz der einzelne Bürger mit seinen besonderen Forde rungen und Interessen zugunsten der Gesamtheit der Bürger zurücktritt oder doch jedenfalls Erwerbsinteressen nicht in den Vordergrund rückt. In dieser Hinsicht ist in der Parteipolitik der letzten zwanzig Jahre im Deutschen Reiche sehr viel gefehlt worden. Treten dann von ver schiedenen Seiten wirtschaftliche Forderungen in den Partei programmen auf, so bleibt oft nichts anderes übrig, als diese Forderungen gegenseitig zu kompensieren, und da durch wenigstens einen Ausgleich zu schassen und nicht einen Erwerbsstand zugunsten eines anderen zu schädigen. Aber nicht nur die Verquickung wirtschaftlicher Interessen mit politischen Forderungen schädigt eine großzügige nationale Politik, sondern es mutz auch noch darauf hin- gewiesen werden, daß zu einer echten nationalen Ge sinnung auch eine vornehme Denkungsweise und eine Achtung vor dem politischen Gegner gehört, denn nur auf diese Weise wird man die giftigen Pfeile in den politi schen Kämpfen beseitigen können und schlimmen Leiden schaften den Boden nehmen. Line vornehme Art der politischen Denkungsweise und eine ritterliche Art des Kampfes wird aber auch alle Parteien am leichtesten dahin bringen, datz sie die wirklich großen gemeinsamen nationalen Interessen auch gemeinsam schützen. Wir müssen hoffen, daß alle deutschen Parteien diesen großen nationalen Standpunkt in den politischen Kämpfen endlich voll und ganz einnehmen werden, und selbst von der sozialdemokratischen Partei muß man diese Hoffnung hegen, denn wir glauben nicht, daß in der Stunde großer Gefahr die sozialdemokratische Partei es unternehmen würde, eine antinationale Politik zu treiben. Da jetzt die Zeit gröberer politischer Ruhe gekommen ist, so könnte die Periode des politischen Stillebens auch einmal dazu dienen, politische Einkehr zu halten, und die Parteipro gramme im wahren nationalen Sinne einer Revision zu unterziehen. Wir möchten behaupten, datz eine solche Revision nicht nur den Interessen des großen gemein samen Vaterlandes dienen, sondern datz sie auch das An sehen aller Parteien in den politischen Kämpfen heben würde. Zahlenwerk eines erstatteten Berichtes ist zu entnehmen, daß am Jahresschlüsse 12 627 Sparkassenbücher in den Händen der Sparer verblieben sind, datz der an die Stadt kasse abgeführte Ueberschutz innerhalb der 60 Jahre die Summe von 709273 Mark 46 Pf. erreichte, datz daneben noch ein Reservefonds von 322590 Mark 77 Pf. ange sammelt worden war, daß sich gegenwärtig das Einleger guthaben auf 6606288 Mark 93 Pf. beläuft, und daß 6062819 Mark 21 Pf. gegen hypothekarische Sicherheit ausgeliehen sind. — „Fünfundzwanzig Jahre vollendeten sich am 1. Dezember 1909 seit dem Bestehen der reichsgesetzlichen Krankenversicherung, sowie auch unserer Ortskrankenkasse." Diese Worte bilden die Einleitung des gegen früher wieder umfangreicher gewordenen Geschäftsberichts der Orts krankenkasse zu Dippoldiswalde auf das Jahr 1909, aus dem wir auszugsweise einiges hier wiedergeben. Während die Zahl der Krankenkassen in Deutschland in den 25 Jahren von (in runden Zahlen) 18 700 auf 23200, die der Mitglieder von 4300000 auf 12 300 000 stieg und allein im Jahre 1908 bei diesen Kassen die Krankheitskosten mehr als 297 Millionen Mark betrugen, stieg bei unserer Ortskasse die Zahl der Pflichtmitglieder von 367 auf 1225, die der freiwilligen Mitglieder von 7 auf 160. Das Jahr 1909 bezeichnet der Geschäfts bericht als nicht besonders günstig, da bei einer Mitglieder zunahme um 2,6«/o die Ausgaben für Krankenunterstützung um 8,70/o stiegen. Daß es trotzdem möglich war, dem Reservefonds 2500 Mark zuzuführen und ihn so auf die gesetzliche Höhe zu bringen, ist nur dem Steigen der Beitragseinnahmen (um 7 0/0) zu verdanken. An Krank heitstagen, für welche Krankengeld oder Krankenhauskosten zu leisten waren, kamen (in Klammern stehen die gleichen Werle von 1908) auf ein männliches Mitglied, wie eine Berechnung ergibt, 4,97 (5), auf ein weibliches 5,17 (4,16). An den Kassenarzt wurden gezahlt 5164,05 M. (5078,78), an andere Aerzte 712,20 M. (813,30), an Zahnärzte und Zahntechniker 711,90 M. (399,90), für Arzneimittel ver ausgabte die Kasse 3306,62 M. (2839,86), für Bandagen 284,95 M. (292,75) usw. Die Gesamtunterstützungskosten betrugen 24 978,50 M. (22803,54), die Gesamtausgaben nach dem Rechnungsabschluß 34953,27 M., die Gesamt einnahmen 35 105,72 M., das Vermögen Ende 1909 28294,08 M. (25555,59), auf den Kopf 20,77 M. (19,27). Ebenfalls aus den Kops berechnet wurden verausgabt für ärztliche Behandlung 4,84 M. (4,74 j!907 4,47j), für Arznei und Heilmittel 2,73 M. (2,42 jl907 2,72j), an Krankengeld 4,80 M. (4,84 s5,08j), dagegen an Beiträgen und Eintrittsgeld vereinnahmt 21,48 M. (20,43 s20,46j). Seit Bestehen der Kasse wurden an Beiträgen und Ein trittsgeld rund 281 000 M. vereinnahmt und für Kranken unterstützung 233 600 M. verausgabt. An Beitragsmarken für die Invalidenversicherung kamen 1909 64195 Stück zur Verwendung im Werte von 15755,52 M. Durch die Bezirksversammlung ist Herr Oberförster Söttodor-Barenfels an Stelle des aus dem Bezirke verzogenen Forstmeisters Lrsltlolck-Rehefeld auf dessen Wahlzeit — bis Ende 1910 — als freigewählter Vertreter zum Mitgliede des Bezirkausschusses Der am 30. v. M. fällig gewesene I. Termin der Gemeindeanlagen ist nunmehr sofort an die Stadtsteuereinnahme zu entrichten. Gleichzeitig wird auf die Fälligkeit der Staatssteuern hingewiesen. Stadtrat Dippoldiswalde, am 19. Mai 1910. — Die vielgefürchtete Nacht vom 18. zum 19. I Mai, in der unsere Erde den Schweif des Halleyschen Kometen passieren sollte, liegt hinter uns. Ob wir diese Materie wirklich durchflogen haben oder nicht, das bedarf erst der wissenschaftlichen Feststellung. Das eine aber steht jetzt schon fest: Mutter Erde bewegt sich auch heute mit gewohnter Pünktlichkeit in ihrer alten Bahn. Mit dem „Weltuntergang" war es also wieder einmal nichts. Die Leute, die „den groben Augenblick" nicht versäumen wollten und gestern früh vor und nach 4 Uhr das Firma ment beobachteten, sahen auch nur das, was man an einem schönen Frühlingsmorgen stets sehen kann; etwas Außergewöhnliches war nicht zu verzeichnen. Deuben. Ein dummer Jungenstreich führte Dienstag abend auf Zechels Höhe zu einem bedauerlichen Unfall. Im Uebermut erfaßte ein 16 Jahre alter Glasarbeiter ein leeres Bierfaß und ließ es die Anhöhe Hinabrollen. Unglücklicherweise traf das rollende Fatz «inen Knaben, der sich in Begleitung seines Vaters auf dem Heimwege befand. Der Knabe erlitt erhebliche Verletzungen, be sonders an der Schulter. Der übermütige Urheber des Unfalls wurde ermittelt und dem Kgl. Amtsgericht Döhlen zugesührt. Dresden. Die Schweiz hat beschlossen, aus der Internationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1911 einen eigenen Ausstellungs-Pavillon zu errichten, in dem die schweizerische Landesausstellung Platz finden wird. — König Friedrich August wird am 27. Juni Teile der Amtshauptmannschaft Meißen besuchen. Die erste Begrüßung erfolgt in Zehren bei Meißen; dann sind geplant ein Besuch von Nimtitz, des Ritterguts Leutewitz und Krögis, von Lommatzsch, Wendischbora, Deutschen bora, Dittmannsdorf, Reinsberg, Siebenlehn und Nossen. — Die Kinderheilanstalt zu Dresden, zu deren Besten am Nachmittage des 29. Mai im Garten des Japanischen Palais in Dresden-N., Kaiser-Wilhelm-Platz, ein großes Frühlingsfest abgehalten wird, beging im vorigen Jahre ihr 75 jähriges Jubiläum. Das große Interesse, das der Anstalt hierbei entgegengebracht wurde, bestimmte den Berwaltungsrat, die Erweiterung des Kinder hospitals durch einen Neubau in Angriff zn nehmen, um den hygienischen neuen Bedürfnissen in rauchfreier Lage zu entsprechen. Die Kinderheilanstalt auf der Chemnitzer Straße gewährt erkrankten Kindern unbemittelter Eltern möglichst billige Verpslegung in ihrem Hospital und hat in den vergangenen Jahren von etwa 26000 Verpsleg- tagen etwa 18000 Verpflegtage frei gewähren können. Diese gemeinnützige Anstalt, die schon viel Segen zum Heile der leidenden Kinderwelt auch in unserem amtr- hauptmannschaftlichen Bezirke gestiftet hat, erfreut sich der wohlwollenden Fürsorge Sr. Majestät des Königs, unter Allerhöchstdessen Schutze sie steht. Se. Majestät werden vor aussichtlich in Begleitung der Prinzen und Prinzessinnen das Gartenfest besuchen. Der Eintrittspreis beträgt l M, Kinder unter 10 Jahren die Hälfte. Ls finden statt: Promenadenkonzerte von 2 Musikchören, Tombola mit über 2000 Gewinnen (Hauptgewinne: 10 große Näh maschinen, Fahrräder), Preis des Loses 50 Pf., Vorführung der Tänze Ludwig XIV. nach Prof. Buchmayer. Möchte dem Unternehmen lebhafte Unterstützung zuteil werden. Wie wir hören, nimmt auch Herr Amtshauptmann vr. Sala freundliche Gaben gern entgegen. Groitzsch, 18. Mai. Das in dieser Woche von der Schützengesellschaft gefeierte 175jährige Jubiläum erreichte heute seinen Höhepunkt in einem historischen Festzuge. 18 prächtige Festwagen befanden sich in dem Zuge, an dem die Schützengilden der Nachdarstädte mit Fahnen und Musik teilnahmen. Dem Festzuge ging eine Feier voraus, n der nach der Begrüßung der zahlreichen Gäste durch den Bürgermeister Rühling Pastor Pollack die Festrede hielt. Oelsnitz i. B. Auf seltsame Weise ein Auge rin ge büßt hat am 2. Pfingstfeiertage der 20jährige Tischler gehilfe Paul Simon von hier. Er wollte beim Verlassen .«tzeGeritz-ZeUim^ erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denAb endenausgegeben. — Nächsten Sonntag findet im Schützenhausgarten von nachmittags 3 Uhr ab ein öffentliches Sommerfest, anläßlich der Vorfeier des Geburtstages des Königs vom hiesigen K. S. Militäroerein veranstaltet, statt. Mancherlei vom Festausschuß vorgesehene Veranstaltungen werden ihren Zweck, die Gäste angenehm zu unterhalten, nicht verfehlen. Bei ungünstigem Wetter findet die Veranstal tung nn Saale statt. Inserate werden mit tt Pfg., solche aus unsere» Amtshauptmuttttschast mit 12Pfg. die Spaltzeil« oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen aus der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. 30 Psg. - Tabellarische und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, Im redaktionellen Teile, dl» Spaltenzeile 30 Psg Mtt achtfettigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Irhne in Dippoldiswalde. LtsseMe Sitzung Ser SsMer-Meten z« HpMWM Heute ckvn 20. Asi 191V, abends 8 Uhr, im Sltsavtzsslmmsr äs» Lsldsasos. Die Tagesordnung hängt im Rathause aus Preis viert eljübrlich 1M. 25 Psg-, zweimonatlich S4 Psg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern »0 Psg. — Alle Postan- Mten, Postboten, sowie snsereAusträger nehmen Bestellungen an.